Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 492

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 492 (NJ DDR 1959, S. 492); kreuzung näherte, fuhr er in einer Entfernung von etwa Vj bis 1 Meter von der Bordkante des rechts von seiner Fahrbahn gelegenen Gleiskörpers der Straßenbahn entfernt auf der Fahrbahn der Georg-Schumann-Straße. Im Bereich einer Haltestelle standen R. und B. etwa einen halben Meter auf der Fahrbahn und warteten auf die Straßenbahn. Beide schenkten dem sich nähernden Fahrzeug des H. keine Beachtung. R. wurde von dem rechten vorderen Kotflügel des Wagens angestoßen und auf den Gleiskörper der Straßenbahn geschleudert. Dadurch erlitt er einen Schädelbruch, an dessen Folgen er noch an der Unfallstelle verstarb. Der Angeklagte bemerkte den Unfall nicht. Erst als er in Höhe der P.-Straße durch Passanten Zurufe erhielt, stoppte er seine Fahrt ab. Bei Anwendung der Fahrlässigkedtskonzeption von Lekschas wäre H. frei von strafrechtlicher Verantwortlichkeit. Dieses Ergebnis stünde jedoch im Widerspruch zum Rechtsbewußtsein der Werktätigen und entspräche nicht der Gesellschaftsgefährlichkeit der Handlung. H. hat, weil er entscheidende Pflichten im Verkehr mißachtete, schuldhaft einen gesellschaftsgefährlichen Erfolg herbeigeführt. Daß er dabei nicht vorsätzlich gegen ihm obliegende Rechtspflichten verstoßen hat, ist wiederum nicht ein „bloßer Verstandesmangel“, sondern der leichtfertige Verzicht auf ein Verhalten, das die sozialistische Gesellschaftsordnung zu ihrem Schutz fordern kann und muß. Der Angeklagte, der weder den R. gesehen noch vom Anstoß etwas gespürt hat, war seinen Pflichten völlig abgewandt. Deshalb soll er aber nach Lekschas ohne Strafe bleiben, während der, der sich zwar Gedanken über seine Pflicht macht, jedoch bei ihrer Vernachlässigung meint, etwa drohendes Unheil ab wenden zu können, bestraft wird. Die Verhaltensweise des H. enthält tatsächlich einen derartigen Grad an Gesellschaftsgefährlichkeit, daß sie als kriminalstrafwürdig - fahrlässige Handlung - angesehen werden muß. Schon an Hand dieser Fälle aus dem Straßenverkehr wird ersichtlich, daß die Fahrlässigkeitskonzeption Lekschas’ die Kriminalstrafwürdigkeit von Fahrlässigkeitsverbrechen in einem Maße einschränkt, die mit den Interessen unserer sozialistischen Gesellschaftsordnung nicht übereinstimmt und der bewußtseinsfördernden Rolle des Rechts nicht gerecht wird. Auch in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens würden bei Verwirklichung des Vorschlags von Lekschas ähnliche unbefriedigende Ergebnisse erreicht werden. Erinnert sei wieder zuerst an ein Beispiel Lekschas’ (S. 39). Der Rangierer, der durch unbewußt regelwidriges Rangieren einen Unfall verursachte, wurde - soweit es die äußerst knappe Sachverhaltsdarstellung erkennen läßt - nicht wegen der dem Regelverstoß folgenden Kopflosigkeit bestraft, sondern wegen des Mißachtens seiner Pflichten. Was heißt denn unbewußt regelwidriges Rangieren? Denkt der so unbewußt Handelnde etwa an ein neues Lottosystem, oder stürmen eine Menge Anweisungen und Aufgaben beruflicher Art auf ihn ein, die ihn vom regelrechten Rangieren ablenken? Beide Male unbewußter Verstoß dennoch grundverschieden von der subjektiven Seite her. Eine Mißachtung der Rechtspflichten kann also auch im unbewußten Verstoß liegen. Ein solcher kann nicht einfach als „Verstandesmangel“ oder „momentanes Versagen“ abgetan werden. Lediglich ein Versagen oder Verstandesmangel liegt auch im folgenden Fall nicht vor: Eine Mutter von 26 Jahren hatte einen Topf mit Wasser zum Kochen auf einen elektrischen Kocher gesetzt, der nur behelfsmäßig auf einem Küchenstuhl stand. Ihre beiden Kinder, die wegen eines Streites in die Küche gekommen waren, hatte sie wieder hinausgewiesen, jedoch ohne darauf zu achten, ob die Kinder der Weisung nachkamen. Plötzlich schrie der 3jährige Junge auf, und als die Mutter sich herumdrehte, sah sie, daß er den Topf heruntergerissen und das kochende Wasser über sich gegossen hatte. Er starb an den Verbrühungen. Die Mutter hat auf Grund ihrer Sorgepflicht alles irgendmögliche zu tun, damit das Kind nicht Schaden nehmen kann. Selbst wenn es ihr nicht leicht geworden wäre, die erforderliche Sicherheit im Umgang mit dem Kocher zu schaffen, mußte sie diese Pflicht erfüllen. Sie tat es in diesem Falle - wahrscheinlich unbewußt - nicht. Dieses Verhalten ist gesellschaftsgefährlich, da sich darin ein nicht vertret- oder entschuldbares zu geringes Verantwortungsbewußtsein äußert und eine negative Einstellung vorliegt, die zu einem gesellschaftsgefährlichen Erfolg führt. Ein weiteres Beispiel, dessen Sachverhalt außerdem kaum durch die von Lekschas angestrebten Rechtsregeln erfaßt werden könnte, zeigt, wie sehr Lekschas’ Auffassung in Frage gestellt werden muß: Wer mit seinem Sportspeer auf unübersichtlichem Gelände trainiert und, ohne daß ihm die Möglichkeit einer Gefahr überhaupt bewußt wird, dadurch einen anderen tötet, verletzt sicher keine der von Lekschas genannten konkreten Pflichten und kann folglich auch nicht bewußt dagegen verstoßen. Dennoch scheint uns unerläßlich, auch hier strafrechtliche Verantwortlichkeit anzunehmen. Der Täter hätte eben auf unübersichtlichem Gelände kein Training durchführen dürfen. Sowohl aus den von Lekschas angeführten als auch aus unseren Beispielen ergibt sich: 1. Die Konkretisierung und Einengung der fahrlässigen Schuld kann auf die von Lekschas vertretene Weise u. E. ohne Beeinträchtigung der Schutzfunktion des Strafrechts, d. h., ohne daß gesellschaftsgefährliche Handlungen unbestraft blieben, nicht erreicht werden. 2. Das Erfordernis der Rechtspfliehtverletzung zur Begründung fahrlässiger Schuld ist als Kriterium zwar erstrebenswert, jedoch im Sinne von Lekschas nicht erreichbar, da die Pflicht selbst wieder nur in sehr unbestimmter Form ihre gesetzliche Regelung finden könnte. Dagegen ist die Beschränkung auf bewußte Rechtspflichtverletzungen nicht nur eine Einengung des Fahrlässigkeitsverbrechens, sondern im Grunde des gesamten Strafrechts und seiner gesellschaftlichen Funktion. 3. Das Verweisen auf sog. Unglücksfälle und auf „Verstandesmangel“ und „momentanes Versagen“ gibt eine gewisse Fehlorientierung. Außer acht bleibt dabei, daß auch der unbewußt gegen eine Rechtspflicht Verstoßende gesellschaftsgefährlich handeln kann. Es gibt eine kriminalstrafwürdige Leichtfertigkeit. Die schädliche Einstellung zur Arbeiter-und-Bauem-Macht kommt darin zum Ausdruck, daß der Täter seinen Willen nicht in dem Maße zur Erfüllung seiner Pflichten anspannt, wie es die Werktätigen unter Berücksichtigung aller Umstände fordern können. 4. Im Grunde bedarf es zwar einer Präzisierung der Voraussetzungen für die Fahrlässigkeit, jedoch keiner grundsätzlich neuen Konzeption der Fahrlässigkeit. Wir vertreten die Auffassung, daß bei sorgfältiger Anwendung des bestehenden Fahrlässigkeitsbegriffs richtige Ergebnisse erzielt werden. Hierzu ist auf das erste Beispiel von Lekschas (S. 36) und auf das dritte (S. 41) zu verweisen. In beiden Fällen besteht bereits nach der gegenwärtigen Fahrlässigkeitsauffassung keine strafrechtliche Verantwortlichkeit. Hier liegen Überforderungen des „Erkennenmüssens“ und der Möglichkeit des „Vermeidenkönnens“ vor. Es konnte nicht Aufgabe dieses Diskussionsbeitrags sein, den Fahrlässigkeitsbegriff zu präzisieren; dazu bedarf es weiterer tiefgründiger Forschungsarbeit. Es ist das Verdienst Lekschas’, dazu einen ersten, bedeutende# Schritt getan zu haben. Soeben erschienen: Eine große Reise des guten Willens Von Hermann Matern VEB Deutscher Zentralverlag, 40 Seiten einschließlich 16 Bilder; Preis: 0,50 DM Der Vizepräsident der Volkskammer Hermann Matern schildert in sehr lebendiger Weise die Eindrücke und Erlebnisse, die die Delegation der Volkskammer auf ihrer großen Reise hatte, die sie nach Indien, Ceylon, Vietnam, China, Korea und in die Mongolische Volksrepublik führte. Die Schrift trägt dazu bei, die Kenntnisse über die wirtschaftliche und politische Entwicklung der besuchten Länder zu festigen. Die Bilder veranschaulichen die Erlebnisse der Delegation wirksam. 492;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 492 (NJ DDR 1959, S. 492) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 492 (NJ DDR 1959, S. 492)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Der Leiter der Abteilung Staatssicherheit untersteht dem Minister für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen den Bedarf an Strafgefan- genen für den spezifischenöjSÜeinsatz in den Abteilungen gemäß den Festlegungen der Ziffer dieses Befehls zu bestimmen und in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung Durchführung der Besuche Wird dem Staatsanwalt dem Gericht keine andere Weisung erteilt, ist es Verhafteten gestattet, grundsätzlich monatlich einmal für die Dauer von Minuten den Besuch einer Person des unter Ziffer und aufgeführten Personenkreises zu empfangen. Die Leiter der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung und der Leiter der Abteilung entgegen. Er informiert den zuständigen Leiter der Untersuchungsabteilung über die Weisungen. Durchgeführte Überprüfungen der Untersuchungshaftanstalten und erteilte Weisungen des aufsichtsführenden Bezirksstaatsanwaltes sind protokollarisch zu erfassen und der Abteilung Staatssicherheit , eine Überführung des erkrankten Verhafteten in eine medizinische Einrichtung oder in ein Haftkrankenhaus zu organisieren. Der Transport und die Bewachung werden von der Abteilung in Abstimmung mit dem Generalstaatsanwalt der per Note die Besuchsgenehmigung und der erste Besuchstermin mitgeteilt. Die weiteren Besuche werden auf die gleiche Veise festgelegt. Die Besuchstermine sind dem Leiter der Abteilung rechtzeitig zu avisieren. ffTi Verteidiger haben weitere Besuche mit Verhafteten grundsätzlich mit dem Leiter der Abteilung in mündlieher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Dem Leiter der zuständigen Abteilung Kader der Hauptabteilung Kader und Schulung Abteilung Kader und Schulung der Bezirksverwaltungen im weiteren als zuständiges Kaderorgan bezeichnet abgestimmter und durch die Leiter der Abteilungen mit den zuständigen Leitern der Diensteinheiten der Linie abzustimmen. Die Genehmigung zum Empfang von Paketen hat individuell und mit Zustimmung des Leiters der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges ist nicht zulässig. Verantwortung für den Vollzug. Für die Durchführung der Untersuchungshaft sind das Ministerium des Innern und Staatssicherheit zuständig.

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