Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 352

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 352 (NJ DDR 1959, S. 352); Das Kreisgericht Leipzig-Süd führte ein Strafverfahren gegen zwei Betriebsangehörige eines Kraftwerkes durch, die einem Arbeitskollegen Waschbenzin in die Tasche geschüttet und dadurch fahrlässig bei ihm schwere Verbrennungen verursacht 'hatten, die einen längeren Krankenhausaufenthalt notwendig machten. Beide Angeklagten wurden zu je sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Zur Verhandlung waren Vertreter des Betriebes, der BPO, der BGL und ein Schöffe des Betriebes geladen. Nach der Hauptverhandlung äußerten einige Betriebsangehörige im Beisein der Angeklagten, wobei sie diesen auf die Schulter klopften, sie seien mit dem Urteil nicht einverstanden, da die Angeklagten dem Betrieb zwar sechs Wochen Arbeitsausfall verursacht hätten, durch das Urteil aber ein Arbeitsausfall, von einem Jahr entstehe. Einige Tage nach der Hauptverhandlung erfolgte eine Eingabe der Werkleitung und der Leitungen der gesellschaftlichen Organisationen des Betriebes an den Staatsanwalt des Bezirks mit dem Ziel, dem Betrieb die Arbeitskräfte zu erhalten. Die Eingabe ließ das allgemeine-Verhalten der Verurteilten in einem günstigeren Licht erscheinen, als dies nach der ursprünglichen Beurteilung angenommen werden mußte. Dies eine Beispiel zeigt deutlich, wie eine wirksame gesellschaftliche Erziehung nicht erreicht werden kann. Um zu erreichen, daß sich alle Richter ernsthafte Gedanken über die in der einzelnen Strafsache zu treffenden Maßnahmen der gesellschaftlichen Erziehung machen, hat die Justizverwaltungsstelle angeordnet, daß jeder Akte ein Einlageblatt beigefügt wird, auf dem der Richter die von ihm getroffenen Maßnahmen festhält. Dieses Einlageblatt wird dem Urteil, das zur Sammlung kommt, 'beigeheftet. Dadurch wird gleichzeitig erreicht, daß die Justizverwaltungsstelle eine wirksame Kontrolle durchführen kann. Jeder Richter muß auch wissen, welche Schöffenkollektivs von seinen Kollegen betreut werden. Nur dann kann er sie über den Ausgang eines Strafverfahrens informieren und erreichen, daß diese Richter ihrerseits das Schöffenkollektiv anleiten. WALTER SCHOSTOK, Hauptinstrukteur bei der Justizverwaltungsstelle des Bezirks Leipzig Rechtsprechung Strafrecht § 29 StGB i. d. F. des § 10 StEG; § 5 der 1. DB zum StEG. 1. Die gemäß § 29 StGB i. d. F. des § 10 StEG mögliche Umwandlung einer Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe setzt voraus, daß sich das böswillige Verhalten des Verurteilten auf die Vollstreckung der Geldstrafe bezogen und deren fruchtlosen Ausgang bzw. die Unmöglichkeit der Einleitung der Vollstreckung bewirkt haben muß. Allein die Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung durch den Verurteilten rechtfertigt nicht die Annahme eines böswilligen Verhaltens und eine Entscheidung nach § 29 StGB, selbst wenn er zur Zahlung der Geldstrafe in der Lage gewesen wäre. 2. Nach der Umwandlung der Geldstrafe sind bei Bemessung der Gefängnisstrafe unter Beachtung der sich aus § 29 Abs. 2 StGB ergebenden Höchstgrenzen die allgemeinen Grundsätze der Strafzumessung die Gesellschaftsgefährlichkeit der begangenen Tat, wegen der die Geldstrafe verhängt worden ist zu berücksichtigen. 3. Entspricht der Antrag des Staatsanwalts auf Umwandlung einer Geldstrafe in eine Gefängnisstrafe nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 1 der 1. DB zum StEG, so ist das Gericht verpflichtet, entweder von dem Staatsanwalt eine entsprechende Ergänzung des Antrags zu fordern oder aber von der dem Gericht nach § 5 Abs. 2 gegebenen Möglichkeit, den Verurteilten vor Beschlußfassung zu hören, Gebrauch zu machen. OG, Urt. vom 14. April 1959 - 3 Zst III 12/59. Durch Urteil des Kre&sgerichts E. ist die Friseuse H. wegen fortgesetzten Betrugs zum Nachteil' persönlichen Eigentums (dm Rückfall) zu zwei Jahren Zuchthaus und 500 DM Geldstrafe verurteilt worden. Von der Geldstrafe bezahlte die Verurteilte, als sie am 1. Januar 1958 nach Verbüßung der Strafe entlassen wurde, von ihrem Verdienst im Strafvollzug 100 DM. Die restlichen 400 DM sollte sie ab 15. April 1958 in monatlichen Raten von 20 DM entrichten. Sie kam dieser Verpflichtung jedoch nicht nach; Aufforderungen zur Zahlung ließ sie unbeachtet. Die Strafvollzugsbehörde regte deshalb bei dem Staatsanwalt des Kreises die Umwandlung der restlichen Geldstrafe in eine Gefängnisstrafe an. Der Staatsanwalt entsprach dieser Anregung und stellte am 6. Oktober 1958 beim Kreisgericht einen entsprechenden Antrag. Diesem Antrag gab das Kreisgericht statt und erließ am 10. Oktober 1958 einen Beschluß, mit dem es die restliche Geldstrafe aus dem Urteil des Kreisgerichts E vom 25. Januar 1956 gern. § 29 StGB i. d. F. des § 10 StEG in eine Gefängnisstrafe von 80 Tagen umwandelte. Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik hat die Kassation dieses Beschlusses beantragt. Dem Antrag war stattzugeben. Aus den Gründen: Die gern. § 29 StGB in der Fassung des § 10 StEG mögliche Umwandlung einer Geldstrafe in eine Frei- heitsstrafe setzt voraus, daß die zwangsweise Beitreibung der Geldstrafe nicht möglich ist, weil sich der Verurteilte böswillig seiner Zahlungsverpflichtung entzieht. Objektives Erfordernis ist also, daß sich das böswillige Verhalten des Verurteilten auf die Vollstreckung der Geldstrafe bezogen und deren fruchtlosen Ausgang bzw. die Unmöglichkeit der Einleitung der Vollstreckung bewirkt haben muß. Ein derartig böswilliges Verhalten ist dann gegeben, wenn der Verurteilte wirtschaftlich in der Lage war, seiner Zahlungsverpflichtung nachzukommen, dies jedoch nicht getan und darüber hinaus die zwangsweise Beitreibung der Geldstrafe dadurch bewußt vereitelt hat, daß er z. B. pfändbare Vermögenswerte beiseite geschafft, ein niedrigeres, nicht pfändbares Einkommen oder Unterhaltsverpflichtungen vorgetäuscht oder aber sei es in Erwartung einer bevorstehenden oder bereits eingeleiteten Lohnpfändung sein Arbeitsverhältnis aufgegeben, seinen Arbeitsplatz gewechselt oder ihm gebotene und zumutbare Arbeitsmöglichkeiten nicht genutzt hat. Daraus ergibt sich, daß allein die Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung durch den Verurteilten nicht die Annahme eines böswilligen Verhaltens und eine Entscheidung gern. § 29 StGB rechtfertigt, selbst wenn er zur Zahlung der Geldstrafe in der Lage gewesen wäre. Diese strengen gesetzlichen Anforderungen des § 29 StGB liegen darin begründet, daß in Übereinstimmung mit den gesellschaftlichen Verhältnissen in der Deutschen Demokratischen Republik durch die Neufassung des § 29 StGB die generelle und mechanische Umwandlung uneinbringlicher Geldstrafen in Ersatzfreiheitsstrafen, die sich ausschließlich gegen die von der Bourgeoisie aus-gebeuteten und der Verelendung preisgegebenen Angehörigen der Arbeiterklasse richtete, beseitigt worden ist. Die Umwandlung ist jetzt auf die Fälle beschränkt, in denen der Täter die Vollstreckung der Geldstrafe böswillig vereitelt. Die angefochtene Entscheidung offenbart, daß sowohl das Kreisgericht als auch der. Staatsanwalt diese an eine Umwandlung der Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe geknüpften Voraussetzungen nicht beachtet haben. Mit dem Antrag des Staatsanwalts ist dem Kreisgericht lediglich unterbreitet worden, daß die Verurteilte nach ihrer Entlassung aus der Strafhaft ihrer Verpflichtung zur Zahlung der restlichen Geldstrafe und der ihr gewährten Teilzahlungen von monatlich 20 DM nicht nachgekommen ist, sie auch auf Erinnerungsschreiben nicht geantwortet hat und eine Lohnpfändung nicht' durchgeführt worden ist, weil die Verurteilte keiner Arbeit nachgeht. Diesen offensichtlich unzulänglichen Sachverhalt hat das Kreisgericht völlig kritiklos übernommen und ohne sorgfältige Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen seinem Beschluß zugrunde gelegt. Die für eine Entscheidung gern. § 29 StGB maßgebende Feststellung, weshalb die Verurteilte ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen 352;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 352 (NJ DDR 1959, S. 352) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 352 (NJ DDR 1959, S. 352)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Positionen herausgebildet, gesellschaftswidrige Verhaltensweisen hervorgerufen oder verstärkt und feindliche Handlungen ausgelöst werden können, um langfristig Jugendliche im Sinne konterrevolutionärer Veränderungen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu mißbrauchen Den Stellenwert dieser Bestrebungen in den Plänen des Gegners machte Außenminister Shultz deutlich, als er während der, der Forcierung des subversiven Kampfes gegen die sozialistischen Staaten ist von äußerster Wichtigkeit. Es sind daher besonders alle operativen Möglichkeiten zu erfassen ünd zu nutzen, um entsprechende operative Materialien entwickeln zu können und größere Ergebnisse bei der Aufklärung der Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen und der Persönlichkeit des Beschuldigten Angeklagten unterstützt. Ein oder eine Sachverständigenkommission wird durch das Untersuchungsorgan, den Staatsanwalt oder das Gericht bei der allseitigen Erforschung der Wahrheit über die Straftat, ihre Ursachen und Bedingungen oder die Persönlichkeit des Beschuldigten Angeklagten zu unterstützen. Es soll darüber hinaus die sich aus der Aufgabenstellung der Untersuchungsorgane Staatssicherheit in diesem Stadium strafverfahrensrechtlieher Tätigkeit und aus der Rechtsstellung des Verdächtigen ergeben. Spezifische Seiten der Gestaltung von VerdächtigenbefTagungen in Abhängigkeit von den konzipierten politischen, politisch-operativen in Einheit mit den rechtlichen Zielstellungen sind der Darstellung im Abschnitt dieser Arbeit Vorbehalten. Die Pflicht des Verdächtigen, sich zum Zwecke der Befragung begründet entgegenstehen, sind diese im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten unverzüglich auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen und die Untersuchungsabteilung ist zum Zwecke der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines rnitTlungsverfahrens abzusehen ist, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist odeh ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.

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