Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 241

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 241 (NJ DDR 1959, S. 241); ihrer Wirkung nach die Ordnungsstrafe mit. Mit gleicher Berechtigung könnte man wohl auch das Gegenteil behaupten, denn in einer Reihe von Fällen wird wahrscheinlich eine sich finanziell auswirkende Strafe eine größere Belastung darstellen als etwa die Erteilung und Eintragung einer Rüge, die nach relativ kurzer Zeit wieder gelöscht wird. Es sei in diesem Zusammenhang aber auch auf die Möglichkeit hingewiesen, bestimmte Ordnungsstrafen in ihrer rechtlichen Ausgestaltung ähnlich wie Disziplinarstrafen zu behandeln (z. B. Mitteilung an Betriebe und Eintragung in die Kaderakten). Auch einer vorrangigen Anwendung der Disziplinarstrafe bei solchen Rechtsverletzungen, die Ordnungswidrigkeiten sind und in Ausübung der dienstlichen Tätigkeit gewissermaßen „von innen heraus“ begangen werden, ist nicht zuzustimmen. Das liegt nicht nur in den Gesichtspunkten über den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz begründet, sondern auch darin, daß dieses Kriterium nicht exakt genug ist, um eine einheitliche Rechtsanwendung zu gewährleisten. Abgesehen von Ordnungswidrigkeiten, die zweifelsfrei in der „privaten Sphäre“ begangen worden sind, bliebe es dann den Vorstellungen des jeweiligen Disziplinär-befugten überlassen, was er als eine Pflichtverletzung und Einwirkung auf die entsprechenden gesellschaftlichen Beziehungen „gleichsam von innen heraus“ ansieht. Sollte man darunter beispielsweise die Verletzung von Arbeitsschutzbestimmungen fassen oder den Verstoß gegen die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung durch einen Kraftfahrer eines VEB? Jedenfalls wären jeweils eine Reihe von Auslegungsmöglichkeiten und damit die Gefahr einer unterschiedlichen Bestrafung gleichgelagerter Fälle gegeben und entschiede letzten Endes der Disziplinarbefugte über die Anwendung bzw. Nichtanwendung einer Ordnungsstrafe. Doch das ist es nicht allein: Auch von der organisatorischen Seite her würden sich Schwierigkeiten ergeben, denen man bei der relativen Geringfügigkeit der Rechtsverletzungen am besten aus dem Wege ginge. Nehmen wir das Beispiel, daß ein Kraftfahrer die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung verletzt: Es muß zunächst in jedem Falle festgestellt werden, ob er als Kraftfahrer beschäftigt ist. Wird das bejaht, wäre zu klären, ob er eine Dienstfahrt gemacht hat, was u. U. mit Rundfragen usw. verbunden ist. Bejahendenfalls hätte die Volkspolizei als Ordnungsstrafbefugter den Vorfall, dem Disziplinarvorgesetzten bekanntzumachen. Dieser müßte ein Disziplinarverfahren einleiten und das Verhalten des Beschuldigten beurteilen, obwohl ihm dieses nur durch den Bericht der Volkspolizei zugänglich geworden ist und er gegebenenfalls gar nicht die nötige Sachkenntnis besitzt, es umfassend einschätzen zu können. Es wäre also eine weitere enge Zusammenarbeit mit dem Ordnungsstrafbefugten unerläßlich. Hinzu kommt noch, daß eventuell notwendige Schritte bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Ordnungs- und Disziplinarstrafbefugtem berücksichtigt werden müßten, so daß die Strafpraxis mit einer Umständlichkeit durchgeführt würde, die zu der Schwere der Verstöße in keinem Verhältnis stünde. Diese Problematik bliebe nun nicht auf den gerade angeführten Fall beschränkt, sondern ließe sich mit anderen Beispielen ergänzen. Wir schlagen deshalb im Interesse einer einheitlichen Straftätigkeit eine andere Regelung vor, die einmal dem unterschiedlichen Charakter der Ordnungs- und der Disziplinarstrafe gerecht wird und die zum anderen die Gewähr dafür bietet, daß die auf eine Rechtsverletzung folgenden erzieherische Maßnahmen der Schwere des Verstoßes entsprechen und nicht zu einer Strafe um der Strafe willen führen. Verletzt ein Bürger einen Ordnungsstraftatbestand, so unterliegt er, unbeschadet einer disziplinarischen Verantwortlichkeit, der Ordnungsstrafgewalt. Liegt zugleich ein Disziplinarverstoß vor, so muß die Möglichkeit einer disziplinarischen Bestrafung neben einer zu verhängenden Ordnungsstrafe gegeben sein13. 13 Aus der Diskussion über die Schaffung neuer Arbeitsschutztatbestände ist uns bekannt, daß dort die Meinung vertreten wird, Disziplinarstrafen neben Ordnungsstrafen nur dann auszusprechen, wenn es sich um solche Disziplinarstrafen handelt, die für den Bestand des Arbeltsrechtsver- Um nicht mißverstanden zu werden, sei nochmals betont, daß in diesem Falle der Ordnungsstrafe das Primat zukommt, daß es jedoch dem Disziplinarvorgesetzten überlassen bleiben muß, ob er einen seiner Disziplinargewalt unterliegenden Mitarbeiter darüber hinaus auch noch disziplinarisch zur Verantwortung ziehen will oder nicht. Dies wird keinesfalls in jedem Falle notwendig sein, so daß wir auch einen Zwang zur disziplinarischen Bestrafung ablehnen möchten.1* Man sollte aber nicht von vornherein die Frage „Entweder Oder“ stellen und jegliches Nebeneinander in der Bestrafung ausschließen. Ill" Schließlich verdienen noch eine besondere Beachtung diejenigen Rechtsverletzungen, die von Angehörigen der staatlichen Sicherheitsorgane (z. B. Nationale Volksarmee, Volkspolizei, AZKW) begangen werden. Hier sollte bei Vorliegen von Ordnungswidrigkeiten die disziplinarische Strafbefugnis den Vorrang haben. Das ist nach unserer Auffassung gerechtfertigt wegen der besonderen Stellung dieser Organe und der stärkeren erzieherischen Einwirkung, die der militärischen Disziplinargewalt innewohnt. Sollte von vornherein feststehen bzw. sich im Disziplinarverfahren ergeben, daß der Verstoß nicht in Ausübung der dienstlichen Tätigkeit erfolgte oder mit diesem nicht in Zusammenhang stand, so wäre die Zuständigkeit des Ordnungsstraforgans zu begründen, weil hier die Umstände des Falles eine gesonderte Behandlung des Beschuldigten nicht verlangen. Das beträfe etwa den Fall, daß ein Angehöriger der Sicherheitsorgane außerhalb seiner dienstlichen Tätigkeit die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung verletzt oder etwa bei einer Urlaubsreise den Vorschriften der Meldeordnung nicht nachkommt. Eine darüber hinausgehende eventuelle disziplinarische Bestrafung bliebe unberührt. Die grundsätzliche disziplinarische Verantwortlichkeit für im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit begangene Ordnungswidrigkeiten könnte für bestimmte Komplexe eine Ausnahmeregelung erfahren, wenn der Erziehungszweck der Strafe anderweitig besser erfüllt wird. Dabei wäre u. U. an Verstöße im Straßenverkehr zu denken. Voraussetzung müßte jedoch sein, daß die betreffenden Sicherheitsorgane mit der vorrangigen ordnungsstrafrechtlichen Verfolgung einverstanden sind. IV Wir kommen damit zu dem Ergebnis, daß man bei der Abgrenzung zwischen Ordnungsstrafe und Disziplinarstrafe nach den unterschiedlichen gesellschaftlichen Verhältnissen, die rechtsschutzwürdig sind, differenzieren muß und daß es durchaus wenn auch' grundsätzlich die Verhängung nur einer Strafmaßnahme befürwortet wird möglich sein kann, beide Strafen nebeneinander anzuwenden. Der vorliegende Beitrag erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, vielmehr sind, um zu einem abschließenden Ergebnis zu gelangen, noch weitere Untersuchungen erforderlich. Die endgültige Beantwortung dieser Frage kann nicht allein von der Fragestellung „Disziplinarstrafe oder Ordnungsstrafe?“ erfolgen, sondern muß in der Gesamtdiskussion über das neue Verwaltungsstrafrecht einer endgültigen Regelung entgegengeführt werden. hältnisses von Bedeutung sind (also die schwersten Disziplinarstrafen, wie z. B. Zuweisung einer geringer entlohnten Beschäftigung). Dieser Vorschlag wäre dann in Erwägung zu ziehen, wenn für die Verhängung von Ordnungsstrafen die gleichen Auswirkungen geschaffen werden könnten wie für Disziplinarstrafen, also z. B. Auswertung in einer Gewerkschaftsversammlung, Eintragung in die Akten usw. Solange das nicht der Fall ist, kann man eine solche Einschränkung nicht befürworten. 14 Das hätte Jedoch zur Folge, daß bei einer Neufassung der Disziplinarordnung die zwingende Formulierung des § 20 Abs. 2 durch das Opportunitätsprinzip zu ersetzen wäre. Die Vorschläge hierfür sind bereits über ein Jahr alt, ohne daß diese Bestimmung geändert wurde (s. Büchner-Uhder/Pätzold, Staat und Recht, 1957, Heft 11, S. 1190 ff., und Geschwandtner, Demokratischer Aufbau, 1957, Heft 23, S. 575). 241;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 241 (NJ DDR 1959, S. 241) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 241 (NJ DDR 1959, S. 241)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

In der politisch-operativen Arbeit wurden beispielsweise bei der Aufklärung und Bekämpfung feindlich-negativer Personenzusammenschlüsse auf dieser Grundlage gute Ergebnisse erzielt, beispielsweise unter Anwendung von Maßnahmen der Zersetzung. Die parallele Bearbeitung von Ermittlungsverfahren und in diesem Zusammenhang auftretende zeitliche und örtliche besondere Bedingungen finden ihren Ausdruck vor allem in solchen Faktoren wie die strikte Wahrung der Rechte und Pflichten der Verhafteten sowie die nach gleichen Maßstäben anzuwendenden Anerkennungs- und Disziplinarpraxis gegenüber Verhafteten. Deshalb sind die Aufgaben und Befugnisse des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin zu gewährleisten daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen kann. Die Untersuchungshaft wird in den Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums des Innern und Staatssicherheit vollzogen. Sie sind Vollzugsorgane. Bei dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen kann. Die Untersuchungshaft wird in den Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums des Innern und Staatssicherheit vollzogen. Sie sind Vollzugsorgane. Bei dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die allseitige Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung in den StrafVollzugseinrichtungen sowie Untersuchungshaftanstalten und bei der Erziehung der Strafgefangenen sind Ausbrüche, Entweichungen, Geiselnahmen, andere Gewalttaten xind provokatorische Handlungen sowie im Anschluß daran vorgesehene Angriffe gegen die Staatsgrenze und andere gegen die gerichtete subversive Handlungen und unternimmt vielfältige Anstrengungen zur Etablierung einer sogenannten inneren Opposition in der DDR.

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