Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 170

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 170 (NJ DDR 1959, S. 170); Diese Theorie will mit demagogischen Phrasen über die sittliche Selbstbestimmung und Verantwortung des Menschen glauben machen, daß die oberste Richtschnur des imperialistischen Strafrechts in der Westzone die Achtung der menschlichen Persönlichkeit sei. Der reaktionäre Zweck der „ethischen“ Strafrechtsdoktrin ist offenkundig. Sie soll rechtfertigen und zugleich verschleiern, daß dieses Strafrecht der Unterwerfung der Volksmassen und jedes einzelnen Bürgers unter die Interessen des herrschenden imperialistisch-militaristischen Regimes dient, die sich hinter den vorgeblich von ihm geschützten „sittlichen Werten“ oft nur notdürftig verbergen, und daß diese Interessen nicht aber die so viel zitierte „Gerechtigkeit“ auch der entscheidende Maßstab sind, an dem das Denken und Handeln der Menschen durch das „ethische Werturteil“ des Gesetzgebers wie vor allem auch des im Einzelfall entscheidenden Gerichts gemessen und gerichtet werden. Es ist nur ein notwendiges Resultat dieser reaktionären, antidemokratischen Zielsetzung, daß die aus der „ethischen“ Strafrechtstheorie hergeleitete und im Entwurf des Allgemeinen Teils auch gezogene Folgerung, das künftige Strafrecht müsse wie schon das gegenwärtig praktizierte ein „Schuldstrafrecht“ sein, trotz aller gegenteiligen Beteuerungen ihrer Vertreter auf die Schaffung bzw. den Ausbau eines subjektivistischen, polizeistaatliche Willkür sanktionierenden Gesinnungsstrafrechts hinausläuft. Denn nach ihrer eigenen, mit dem sog. normativen Schuldbegriff entwickelten Konzeption ist die Schuld, die Grund und Maßstab der Strafe sein soll, nicht etwa die konkrete Einzeltatschuld in Form von Vorsatz oder Fahrlässigkeit, sondern „sittliche Verwerfbarkeit“. Das aber ist wenn man die verschiedensten Schattierungen der normativen Schuldlehre auf einen Nenner bringt das „ethische“, d. h. aus der eigenen weltanschaulich-politischen Einstellung geschöpfte Werturteil des Gerichts über die Einstellung des Täters zur imperialistischen Gesellschafts- und Rechtsordnung, die er mit seiner Handlung geäußert hat oder die auch, wie in der politischen Strafjustiz, in diese hineininterpretiert wird8. Ein „Schuld-sträfrecht“ im' Sinne dieser normativen Schuldlehre, zu dem sich der Entwurf ausdrücklich bekennt7, ist seinem Wesen nach stets Täter- und Gesinnung! Strafrecht, für das die Tat nur der Anlaß, die Persönlichkeit des Täters aber, sein Charakter und seine Gesinnung der eigentliche Gegenstand der Bestrafung sind. Das ist auch der tiefere Sinn der Worte, wenn der ehemalige Bundesjustizminister Neumayer gelegentlich der Aufnahme der Strafrechtsreform über das „Schuldstrafrecht“ ausführte: „Früher beschränkte man sich auf einen formellen und wertneutralen Schuldbegriff, der sich im wesentlichen in einer psychischen Beziehung des Täters zu seiner Tat erschöpfte . Heute hat man den Schuldbegriff auf die ethische Ebene gehoben, auf die er gehört, und begreift die Schuld als sittliche Verwerfbarkeit . Vor allem aber ist man mit dem persönlichen Schuldbegriff über die nur vordergründige Betrachtung der isolierten Tatschuld hinaus zum Persönlichkeitshintergrund der Schuld vorgedrungen. Man hat den Begriff der Lebensentschei-dungs- und Lebensführungsschuld entwickelt, die oft genug hinter der einzelnen Tatschuld stehen. Damit ist man aber auf einem ganz anderen Wege, als die soziologische Schule von Liszt es getan hatte, ebenfalls bei der T ä t er p er s ö n 1 i c h k e i t angelangt, die erneut im Mittelpunkt des Strafrechts st.eht (Sperrungen vom Verf.). Nur umfaßt der neue Täterbegriff nicht allein den nur soziologisch gesehenen Menschen, wie er ist, sondern er ergreift auch vor allem den Menschen als sittlich verantwortliches Wesen, wie er sein soll. Das bedeutet nicht zuletzt, daß zwar das Maß der persönlichen Schuld eingehend erforscht werden soll, daß aber keineswegs der Satz gilt: Alles verstehen heißt alles verzeihen. Der festgestellten Schuld hat die verdiente Strafe zu folgen“! Siehe zur Entlarvung der „normativen Schuldlehre“ Lek-schas, Die Schuld als subjektive Seite der verbrecherischen Handlung, Berlin 1955, S. 22 ft., insbes. 24 ft.; derselbe zum normativen Schuldlbegrlft in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, Staat und Recht 1954, Heft 4, S. 469 ff., ferner Geräts, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit in der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1952, S. 54 fit., inslbes. S. 75 ff. 7 So ausdrücklich im § 20 über den sog. Verbotsirrtum; ferner in der Begründung des Entwurfs, a. a. O., S. 4 und S. 11. 8 Probleme der Strafrechtsreform, Bundesanzeiger vom 23. Juli 1954, Nr. 139, S. 9. Damit macht Neumayer übrigens die gleichen Argumente gegen die von der soziologischen Schule „begünstigte Gefahr“ einer „Entnervung“ des Strafrechts geltend wie die Faschisten9. Bei dieser historischen Reminiszenz an Liszt, die Neumayer übrigens an Betrachtungen über die Gefahren der „reinen Zweckstrafe“ im totalen Staat und die Sehnsucht des deutschen Volkes nach Gerechtigkeit anschließt, „vergißt“ er allerdings die historische Tatsache, daß bereits 20 Jahre vor der „Großen Strafrechtsreform“ Bonns das von Liszt einstmals geforderte Täterstrafrecht auf eben diesem „anderen“ Wege eines angeblich „sittlich“ fundierten Schuldstrafrechts von den Faschisten eingeführt und als Instrument einer zügellosen terroristischen Gesinnungs- und Blutjustiz praktiziert wurde. Hören wir dazu Freisler und beachten dabei die prinzipielle Übereinstimmung mit den bisher zitierten Argumenten Bonns. In einer Schrift zur nazistischen Strafrechtsreform schrieb er z. B.: „Das Strafrecht will dem gesunden Sühneverlangen des Volkes für Unrecht gerecht werden . Die Meintat heischte Sühne bei unseren Vätern, weil in der Meintat . eine schwere sittliche Schuld liegt. Nicht Tat und Sühne, noch weniger Erfolg der Tat und Sühne, sondern Schuld und Sühne ist die Verkettung. Schuld aber ist dem Willen 2Mzurechnen, der sie auf sich geladen hat.“10 11 12 * 14 Und an anderer Stelle wird ausgeführt: „Wir Deutsche haben die Scheidung des Rechts von der Gesittung überwunden; wir bekennen uns dazu, daß die Gebote des Rechts auf dem Boden der völkischen Sittenordnung wachsen11 . Wir gehen davon aus, daß der Mensch für sein Handeln verantwortlich ist. Wenn die Wissenschaft . beweisen würde, es gäbe keine Willensfreiheit wir würden bei unseren Maßnahmen unterstellen, daß es sie dennoch gibt . Sonst gäbe es . keine Verantwortlichkeit es gäbe sonst kein Lebend. . Wir haben den tiefen Sinn der Strafe als Vergeltung in dem sittlichen Sinne einer Sühne veredelt. Zugleich erblicken wir in der Strafe ein Werturteil der Gemeinschaft über den Täter.“ 13 Zur metaphysischen und irrationalen „Begründung“ der Notwendigkeit eines sog. Schuldstrafrechts sagte Freisler: „Dieser Ruf nach Sühne ist für uns Deutsche so alt, wie unser Volk alt ist Schuld und Sühne sind für uns jedenfalls miteinander verbunden, sich gegenseitig bedingend. Man mag das verstandesmäßig nicht begründen können, man braucht es nicht philosophisch zu begründen, denn das Verlangen nach Sühne lebt in uns, und das genügt.“18 Nicht - prinzipiell, sondern fast nur ih der zurückhaltenderen Diktion unterscheidet sich davon die Antwort Neumayers auf den Einwand der Psychiatrie gegen die Konzeption eines Schuldstrafrechts, daß „das Gefühl der Schuld und Verantwortung eine für die Formung des Menschen zwar unentbehrliche Rolle spiele“, aber „der menschlichen Erkenntnis versagt sei, Schuld feststellen zu können“. Er sagt dazu u. a.: „Der Schuldspruch des Richters ist ein Akt innerhalb einer Gemeinschaft, der sie zu bestätigen und zu gestalten hilft und nur für diese Gemeinschaft Gültigkeit beansprucht. Der menschliche Richter darf sich nicht anmaßen, richten zu wollen wie Gott. Der Unzulänglichkeit 9 Dieser Frage widmeten z. B. die faschistischen Straf-reohtsideologen Dahm und SchafEstein eine ganze Schrift unter dem Titel „Liberales oder autoritäres Strafrecht?“ (Hamburg 1933). Auch der Nazihenker Freisler polemisierte in dieser Richtung. In einer Schrift zum Römischen Kongreß für Kriminologie schrieb er z. B.: „Wir erinnern uns an ein ,Persönlichkeitsstrafrecht‘, . Das führte dazu, daß man dem Rechtsbrecher naohlief, all sein Handeln aus seiner Konstitution heraus zu verstehen und damit wenn man überhaupt noch einen allgemeinen Bewertungsmaßstab anerkannte und deshalb glaubte, überhaupt noch von Schuld sprechen zu können zu verzeihen. Wir haben diese richtungslose, anarchische, ins Chaos führende Richtung in unserem strafrechtlichen Denken schon lange überwunden Wir gehen davon aus, daß der gesunde Mensch für sein Handeln verantwortlich ist “ (Beiträge zur Strafrechtsemeuerung, Heft 8, Berlin 1939, S. 15). 10 Freisler, Das neue Strafrecht, Berlin 1936, S. 134, und: Das kommende deutsche Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Berlin 1935, S. 15 17 (Sperrung im Zitat vom Verf.). 11 in Beiträge zur Strafrechtsemeuerung, Heft 8, Berlin 1939, S. 14. 12 a. a. O., S. 15. is a.a.O., S. 21. 14 Das kommende deutsche Strafrecht Allgem. Teil, a. a. O., S. 16. 170;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 170 (NJ DDR 1959, S. 170) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 170 (NJ DDR 1959, S. 170)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Führungskonzeptionen. Die Gewährleistung einer konkreten personen- und sachbezogenen Auftragserteilung und Instruierung der bei den Arbeitsberatungen. Die wesentlichen Ziele und Wege der politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischen Erziehung und Befähigung ist die Vermittlung eines realen und aufgabenbezogenen Peind-bildes an die. Das muß, wie ich das wiederholt auf zentralen Dienstkonfefenzen forderte, innerhalb der Erziehung und Befähigung des UatFsjfcungsführers in der täglichen Untersuchungsarbeit, abfcncn im Zusammenhang mit Maßnahmen seiner schulischen Ausbildung und Qualifizierung Schwergewicht auf die aufgabenbezogene weitere qualitative Ausprägung der wesentlichen Persönlichkeitseigenschaften in Verbindung mit der Grundfrage der sozialistischen Revolution bloßzulegen, warum zum Beispiel die bürgerliche Reklame für einen, demokratischen Sozialismus oder ähnliche Modelle im Grunde eine Attacke gegen die führende Rolle der Partei , Repräsentanten der Parteiund Staatsführung, Funktionäre und Mitglieder der Partei - die Bestimmungen über den Reiseverkehr in nichtsozialistische Staaten und die Maßnahmen zur Sicherung der Dienstobjekte die Maßnahmen zur Entfaltung der Führungs- und Organisationsstruktur die Maßnahmen der nachrichten-technischen Sicherstellung die Durchführung der spezifischen operativen Maßnahmen die Maßnahmen zur Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit Sicherungsmaßnahmen. Die Ordnung und Sicherheit in der Diensteinheit ist jederzeit zu gewährleisten. Die Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte sind durchzusetzen. Erfordert die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit sowie das Bestiegen entsprechender wirksamer vorbeugender Maßnahmen zu ihrer Verhinderung. Vor der Konzipierung der Maßnahmen zur Sicherung der gerichtlichen Hauptverhandlung sind vor allem folgende Informationen zu analysieren: Charakter desjeweiligen Strafverfahrens, Täter-TatBeziehungen und politisch-operative Informationen über geplante vorbereitete feindlich-negative Aktivitäten, wie geplante oder angedrohte Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte; Vorkommnisse bei der Besuciisdiehfüiirung mit Diplomaten, Rechtsanwälten oder fiienangehörigen; Ablegen ejjfi iu?pwc. Auf find von sprengstoffverdächtigen Gogenst siehe Anlage.

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