Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 696

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 696 (NJ DDR 1958, S. 696); !' I f t zu einer ausgesprochenen Hetze werden. Entscheidend für die Beurteilung ist die jeweilige Klassenkampfsituation, die nicht nur im internationalen oder nationalen, sondern auch im örtlichen Rahmen zu beachten ist. Eine Bemerkung, die sonst nur als Verleumdung oder Entstellung zu werten wäre, kann in Zeiten verstärkten Klassenkampfes durchaus eine hetzerische Wirkung erzielen. Bei Maßnahmen eines Staatsorgans oder eines Betriebes, die nicht sofort von allen verstanden und etwas aufgeregt diskutiert werden, kann eine bewußt provozierend hingeworfene Bemerkung aufhetzend wirken. Sehr wichtig ist auch die Frage, wem gegenüber die beanstandete Äußerung gemacht wurde. Wenn der Täter subjektiv ver- oder aufhetzen will, wird er sich zumeist an Menschen wenden, bei denen er sich einen Erfolg verspricht. Ist der Personenkreis unbestimmt durch wahllos verteilte Schriften oder angemalte Hetzlosungen wird man den Tatbestand der Hetze als erfüllt ansehen müssen. Anders ist es jedoch, wenn es sich um einen bestimmten Personenkreis oder um einzelne handelt. Jugendlichen oder primitiven Menschen gegenüber wird eine feindliche Äußerung eine andere Wirkung erzielen, als wenn sie bewußte Werktätige hören. Der Nachweis des Vorsatzes zur Hetze ist leichter zu führen, wenn sich der Täter bewußt an Menschen gewendet hat, bei denen er auf Grund ihrer Mentalität eine mobilisierende Wirkung erhoffen konnte. Staatsanwälte und Richter hatten in der Vergangenheit manchmal Hemmungen, Hetzer als solche zu verurteilen, wenn sie ihre hetzerischen Reden gegenüber Angehörigen der Volkspolizei oder Mitarbeitern des Staatsapparates getan haben, also zu Bürgern, die sich in der Regel auf Grund ihrer gesellschaftlichen Erziehung nicht aufhetzen lassen. Es wurde dabei übersehen, daß der Täter hier die Absicht hatte, zu provozieren und den Zuhörer zu Handlungen zu veranlassen, die sich gesellschaftlich schädlich auswirken können. Diese provokatorische Hetze ist genauso staatsgefährdend wie jede andere. Allerdings sollte von jedem Staatsfunktionär verlangt werden, daß er erst versucht, überzeugend auf den Täter einzuwirken oder zumindest die Ursache für dessen Verhalten zu erforschen. Erst wenn die Absicht der Provokation festgestellt wird, sollte Anzeige erstattet werden. In der Vergangenheit wurde häufig versucht, allein nach Inhalt und Art der Äußerung die Feststellung zu treffen, ob der Tatbestand der Hetze oder der Staatsverleumdung erfüllt ist. Diese Methode ist jedoch formal und undialektisch. Eine Äußerung unabhängig von der gegebenen Situation und Ursache „an sich“ beurteilen zu wollen, ist ebenso falsch, als wollte man die Person des Täters außer acht lassen. Dieselbe Äußerung kann in verschiedenen Situationen von demselben Täter getan Hetze oder Staatsverleumdung sein; ebenso wie es unterschiedlich sein kann, wenn zwei Menschen in derselben Situation das gleiche tun. Stets muß sehr sorgsam geprüft werden, ob aus dem Inhalt der feindlichen Äußerung und der Art, wie sie ausgesprochen wurde, der Wille zum Verhetzen oder zum Aufwiegeln zu erkennen ist. Dabei muß selbstverständlich außer dem Bildungsgrad des Täters auch die in seiner Umgebung gebräuchliche Sprache und Umgangsform mitbeachtet werden. Vergessen wir nicht oder besser, erinnern wir uns daran , daß der Ton in den Betrieben und auch auf dem Lande oft mehr rauh als herzlich ist, noch dazu, wenn die Arbeit nicht so recht vorangehen will. So gesehen, ist manche Äußerung anders gemeint und wird auch von den Hörern ganz anders verstanden, als sie uns in den Ohren klingt. Ebenso muß bei der Beurteilung der strafbaren Handlung der Bewußtseinsstand des Täters zur Zeit der Tat Berücksichtigung finden. Das Bewußtsein unserer Werktätigen ist noch sehr unterschiedlich, aber bei der Mehrzahl unserer Bürger in ständiger Entwicklung begriffen. So kann z. B. ein werktätiger Bauer, der heute noch gegen die sozialistische Entwicklung auf dem Lande spricht, morgen schon überzeugt im Gründerkollektiv einer LPG sitzen Ihn dann noch für frühere Äußerungen und wären sie auch zu jenem Zeitpunkt als Hetze anzusehen zu bestrafen, wäre doch grundfalsch. Schwierigkeiten bei der Abgrenzung bestehen jedoch nicht nur hinsichtlich feindlicher Äußerungen. Fehlerhafte Entscheidungen gibt es auch, wenn es zu Tätlichkeiten gekommen ist oder wenn Gewalttätigkeiten angedroht werden. Um zu unterscheiden, ob es sich dabei um Tätlichkeiten nach § 19 Abs. 1 Ziff. 2 handelt, muß untersucht werden, wie es zu diesen Tätlichkeiten kam. Handelt es sich um Abwehrbewegungen bei der Festnahme, so wird man, auch wenn es etwas grob dabei zugeht, nur von Widerstand gegen die Staatsgewalt (§ 113 StGB) sprechen können, sofern die Tätlichkeiten nicht Fortsetzung einer echten Hetze sind. Fallen jedoch dabei Bemerkungen verleumderischer oder verächtlich machender Art, dann ist Staatsverleumdung in Tateinheit mit Widerstand anzunehmen. § 19 StEG richtet sich gegen den individuellen Terror. (Der Massenterror wird in § 17 unter Strafe gestellt.) Wenn davon ausgegangen wird, ist es auch klar, daß nicht jede Tätlichkeit, die gegen einen Bürger wegen seiner Tätigkeit oder Zugehörigkeit zu einer staatlichen Einrichtung oder gesellschaftlichen Organisation erfolgt, nach § 19 verfolgt werden kann. Eine gewisse Anwendung von Gewalt muß vorhanden sein, denn nicht jede körperliche Berührung ist als Tätlichkeit im Sinne des § 19 StEG anzusehen. Vielmehr müssen die Tätlichkeiten dasselbe Gewicht und dieselbe Zielrichtung haben wie die hetzerische Äußerung. Erst wenn die Tätlichkeiten andere veranlassen sollten, sich daran zu beteiligen, oder wenn sie den Zweck verfolgten, den Geschädigten in seiner gesellschaftlichen Aktivität zu hemmen, ist § 19 StEG erfüllt. Andernfalls wird § 20 StEG in Tateinheit mit Körperverletzung zum Zuge kommen. Ein Schlag oder ein Stoß oder auch eine nicht ernstzunehmende Drohung können durchaus als Verächtlichmachung zu werten sein. Ebenso wie die Tätlichkeit kann sich die Bedrohung mit Gewalttätigkeiten sowohl gegen Personen als auch gegen Sachen richten. Eine angedrohte Brandstiftung gehört auf jeden Fall dazu, wenn sie ernsthaft gemeint ist aber das muß genau ermittelt werden. Auch hier gilt es, die Sprache der Werktätigen zu beachten. Eine Drohung ist schnell ausgesprochen, ohne daß manchmal nur im entferntesten daran gedacht wird, sie auch zu realisieren. Wie schnell sich aus einer „Bedrohung“ ein Verfahren wegen Hetze entwickeln kann, zeigt uns das Urteil des Bezirksgerichts Suhl vom 9. Juni 1958 I 78/58. Der Angeklagte, der sonst durchaus nicht schlecht beleumdet wird, besuchte in leicht angetrunkenem Zustand eine öffentliche Gemeindevertreter-sitzung. Während der Sitzung, die sich mit dem Haushaltsplan der Gemeinde beschäftigte, versuchte er, persönliche Fragen zu klären. Nach zweimaliger Verwarnung wurde er vom Bürgermeister vor die Tür gebracht. Er kam nochmals in den Versammlungsraum und holte zum Schlag gegen den Bürgermeister aus. Hierbei äußerte er sinngemäß, „daß er ihm eine herunterhauen“ werde. Die bisher genannten Unterscheidungsmerkmale können eine Hilfe bei der Abgrenzung zwischen Hetze und Staatsverleumdung sein, wenn gleichzeitig immer geprüft wird, welches Objekt durch die Tat angegriffen wurde. Auf keinen Fall aber darf bei der Prüfung, ob § 19 oder § 20 StEG anzuwenden ist, nur nach Entschuldigungsgründen für den Täter gesucht werden. Ein Hetzer muß auch als solcher bestraft werden. Vermieden werden muß aber, daß jemand, der eine Staatsverleumdung begangen hat, nach § 19 StEG bestraft wird. In der Anleitung zu den Seminaren zum StEG heißt es: „Es liegt klar auf der Hand, daß die in der Vergangenheit in der Mehrzahl wegen ,Hetze* verurteilten Personen künftighin nicht unter den § 19 Abs. 1 Ziff. 2 StEG fallen werden. Sie werden gemäß § 20 StEG, der an die Stelle des § 131 StGB tritt, zu bestrafen sein. Unter § 20 StEG fallen zukünftig fraglos alle jene, die nicht aufwiegeln und verhetzen wollen und es vor allem objektiv auch nicht tun, sondern sich zu verleumderischen Äußerungen hinreißen lassen, weil sie sich ,Luft machen wollen*. Diese Verleumdungen werden zwar angehört, werden akustisch zwar aufgenommen, wirken aber nicht im feindlichen Sinne mobilisierend, d. h. verhetzend und aufwiegelnd auf die Zuhörer.“ 696;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 696 (NJ DDR 1958, S. 696) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 696 (NJ DDR 1958, S. 696)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels ist ein hohes Niveau kameradschaftlicher Zusammenarbeit der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung sind die Schwerpunkte in allen Diens teinheiten zu erarbeiten. Dabei ist die in meinem Referat vom über die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-oporativen Arbeit der Kreis eiist elleln Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers für Staatssicherheit. Die politisch-operativen Aufgaben Staatssicherheit im Strafvollzug der Deutschen Demokratischen Republik notwendig. Die Zusammenarbeit mit diesen hat gleichzeitig nach der Richtlinie für die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik das Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht die Durchführungsbestimmungen zum Verteidigungsgesetz und zum Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht die Befehle, Direktiven und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben; die Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anwendung des sozialistischen Rechts; Anforderungen an die weitere Qualifizierung der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen jugendliche Straftäter unter besonderer Berücksichtigung spezifischer Probleme bei Ougendlichen zwischen und Oahren; Anforderungen zur weiteren Erhöhung- der Effektivität der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Besuchen mit Verhafteten kann nur gewährleistet werden durch die konsequente Durchsetzung der Dienstanweisungen und sowie der Hausordnung und der Besucherordnung.

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