Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 379

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 379 (NJ DDR 1958, S. 379); I war Abteilungsleiter und Parteisekretär in einem volkseigenen Großbetrieb. Die Mutter war aktives Mitglied des DFD; sie verwöhnte den Jugendlichen und berichtete ihrem Ehegatten nichts von erzieherischen Schwierigkeiten, weil sie ihn wegen seiner beruflichen und gesellschaftlichen Überlastung nicht beunruhigen wollte. Der Vater erfuhr auch nichts von der ersten Entwendung und der Ermahnung durch den Staatsanwalt Er empfand das Verhalten seines Sohnes als einen schweren Schlag und erklärte in der Hauptverhandlung zur zweiten Entwendung, er werde in Zukunft die gesellschaftliche Tätigkeit etwas einschränken, um sich auch der Erziehung seines Kindes widmen zu können. Das. Gericht erkannte auf bedingte Verurteilung zu 3 Monaten Freiheitsentziehung, Arbeitsauflagen und Geldbuße.5 M. E. wäre es in diesem Fall besser gewesen, an Stelle der Strafe .die Familienerziehung gemäß § 12 JGG anzuordnen. Zwar haben die Eltern ernste Fehler begangen; sie sind aber durchaus in der Lage, die künftige Erziehung grundlegend zu, verbessern. Die feierliche Verpflichtung der Eltern wäre hier von besonderer Bedeutung gewesen, weil ihr falsches Verhalten nicht aus allgemeiner Gleichgültigkeit oder Verantwortungslosigkeit resultierte. Von nicht wenigen gesellschaftlich aktiven Bürgern wird heute noch aus falsch verstandenem Pflichtbewußtsein gegenüber der Gesellschaft das Familienleben und die Erziehung der eigenen Kinder vernachlässigt. Diesen den Erziehungszielen* unseres Staates gegenüber aufgeschlossenen Eltern muß das Jugendgericht klarmachen, daß die Pflicht zur Kindererziehung eine hohe gesellschaftliche Pflicht aller Eltern ist, die unter keinen Umständen als zweitrangig 'betrachtet werden darf. Die feierliche Bürgschaft vor einem Gericht des Arbeiter-und-Bauern-Staates dürfte jedem Bürger, der sein Kind wegen beruflicher und gesellschaftlicher Arbeitsüberlastung in der Vergangenheit kaum noch gesehen hat, ein ernstes Signal und letzte Mahnung sjein, die Arbeits- und Lebensweise zu verändern. Die Anwendung einzelner falscher Erziehungsmethoden kann nur in krassen Fällen die Übertragung besonderer Erziehungspflichten unangebracht erscheinen lassen. Ein Vater, der seinen Sohn gelegentlich einmal körperlich züchtigte, wird auf das Eriiehungswidrige seines Vorgehens hinzuweisen sein, keinesfalls darf man ihm allein deswegen die Fähigkeit zur ordnungsgemäßen Erziehung des Jugendlichen absprechen. Wenn sich die Eltern in der Zeit zwischen der Verfehlung ihres Kindes und der Hauptverhandlung große Mühe bei der Verbesserung ihres erzieherischen Einflusses gegeben haben, kann die gerichtliche Anordnung der Fämilienerziehung als VertrauenserWeis weit wirksamer sein als irgendeine andere Erziehungsmaßnahme. So haben z. B. nicht wenige Eltern die Jugendlichen, die nach Ausführung ihrer strafbaren Handlungen nach Westberlin gefahren sind, aus den Flüchtlingslagern nach Hause geholt. In diesen Fällen kann idie Familienerziehung des § 12 JGG die Autorität der Eltern gegenüber dem Jugendlichen erhöhen und sie selbst zur gewissenhaften Erziehung und Beaufsichtigung anspornen. Als ihrer Persönlichkeit nach zur Übernahme besonderer Erziehungspflichten ungeeignet sind diejenigen Eltern zu betrachten, die in der Vergangenheit einen negativen Einfluß auf den Jugendlichen ausübten, ihn zur Verfehlung verleiteten oder seinen immoralischen Lebenswandel unterstützten. Die erzieherische Unfähigkeit kann auch auf körperlichen oder geistigen Gebrechen beruhen. Schwachsinnige, trunksüchtige, übermäßig nervöse oder stark körperbehinderte Eltern wird man generell für ungeeignet halten müssen, eine Bürgschaft für die zukünftige Erziehung zu übernehmen. Die Anforderungen, die man an die Persönlichkeit der Eltern stellen muß, werden vor allem von dem Ausmaß der Fehlentwicklung und der erzieherischen Ansprechbarkeit des Jugendlichen bestimmt. Je höher der Grad der Schwererziehbarkeit des Jugendlichen ist, um so geringer werden die Aussichten, eine Ver- s Urteil des Leipziger Jugendgerichts vom 28. November 1956 - 3 Ds 378/55 jug. besserung seines Gesamtverhaltens durch verbesserte Familienerziehung zu erreichen. Bei hochgradiger Schwererziehbarkeit des Jugendlichen werden sich die Eltern nur in ganz besonderen Ausnähmefällen für die Umerziehung innerhalb der Familie verbürgen können, z. B. wenn es sich um eine leichte Verfehlung handelt und die für die Fehlentwicklung des Jugendlichen mitursächlichen Ehezwistigkeiten inzwischen geklärt sind oder der Vater nach längerer Abwesenheit wieder zur Familie zurückgekehrt ist. In folgendem Fall war es unrichtig, die alleinstehende berufstätige Mutter die feierliche Bürgschaft gemäß § 12 JGG übernehmen zu lassen: Ein lßjähriger hatte mehrere Male auf der Arbeitsstelle Feuer angezündet. Er war für sein Verhalten wegen Reifeverzögerung infolge Debilität strafrechtlich nicht verantwortlich. Bis zum 14. Lebensjahr war er von dem inzwischen verstorbenen Vater, der von der Mutter getrennt gelebt hatte, erzogen worden. Zur Zeit der Gerichtsverhandlung war die Mutter 59 Jahre alt und nach der Meinung des Gerichts geistig nicht rege. Die vom Staatsanwalt beantragte Heimerziehung hielt das Gericht nicht für erforderlich und ordnete die Familienerziehung an.6 Wegen der organisch bedingten Schwererziehbarkeit des Jugendlichen war die Mutter ihrer Persönlichkeit nach ungeeignet, besondere Erziehungspflichten zu übernehmen. Das Verbleiben des Jugendlichen in der Familie hätte, wenn dies trotz mäßig günstiger Voraussetzungen für eine Verbesserung der Familienerziehung zweckmäßig erschien, mittelbar dadurch erreicht werden können, daß Schutzaufsicht oder eine für den Jugendlichen verständliche Weisung angeordnet worden wäre. Ist der Jugendliche seinen Eltern „über den Kopf gewachsen“, hat er nur wenig oder keine Achtung vor ihnen, so dürfte die Anordnung der Familienerziehung keinerlei Erfolg versprechen. Diese gerichtliche Erziehungsmaßnahme setzt voraus, daß die Eltern ein gewisses Maß an Autorität besitzen; andernfalls wird der Jugendliche die Entscheidung des Gerichts ebensowenig ernst nehmen wie die Bemühungen seiner Eltern. Das Gericht muß auch prüfen, ob nicht etwa die Lebensverhältnisse der Eltern eine nachhaltige Verbesserung der häuslichen Erziehung unmöglich machen. So werden zerrüttete Eheverhältnisse in der Regel die Übertragung besonderer Erziehungspflichten unzweckmäßig erscheinen lassen. Leben die Eltern getrennt voneinander oder sind sie bereits geschieden, so kann die Familienerziehung angeordnet werden, wenn der für die künftige Erziehung des Jugendlichen am besten geeignete Elternteil besondere Erziehungspflichten übernimmt. Aus dem Urteü muß hervorgehen, welchem Eltern teil die Familienerziehung übertragen wird. Die Berufstätigkeit beider Eltern steht nur in besonderen Ausnahmefällen der Anordnung der Familienerziehung entgegen, z. B. wenn der Vater auswärts arbeitet, sich nur über das Wochenende zu Hause aufhält und die Mutter durch wöchentlich wechselnde Schichtarbeit die Lebensführung des Jugendlichen schwer beeinflussen und kaum kontrollieren kann. Ebenso verhält es sich bei alleinstehenden berufstätigen Müttern und Vätern. Auch hier kann man keinesfalls behaupten, daß generell die Berufstätigkeit eine Verbesserung der häuslichen Erziehung ausschließt. Wenn die Arbeitszeit des alleinstehenden Elternteils mit der des Jugendlichen ungefähr' übereinstimmt, ist eine ordnungsgemäße erzieherische Betreuung durchaus möglich. Im übrigen ist zu beachten, daß unter den in unserer Republik herrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen erzieherisch ungünstige Lebensverhältnisse einer Familie im allgemeinen auf geringes Verantwortungsbewußtsein der Eltern gegenüber den Fragen der Kindererziehung schließen lassen. IV Die besonderen Erziehungspflichten sind von den Eltern gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 JGG in feierlicher Form schriftlich zu übernehmen. Diese gesetzlichen Formvorschriften unterstreichen das Wesen der gerichtlichen 6 Urteil des Leipziger Jugendgerichts vom 5. Oktober 1956 - 3 Ds 262/56"jug. 379;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 379 (NJ DDR 1958, S. 379) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 379 (NJ DDR 1958, S. 379)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Durch den Leiter der Hauptabteilung Kader undlj-S.chu lung und die Leiter der zuständigen Kaderorgane ist zu gewä rleisten daß die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse für die Arbeit mit inoffiziellen Mitarbeitern und gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit aus dem Oahre durch dienstliche Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister, wie zum Beispiel die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - und den Befehl Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte und Ausübung der Kontrolle ihrer Einhaltung; alle Unregelmäßigkeiten in den Verhaltensweisen der Inhaftierten und Strafgefangenen festzustellen und sofort an den Wachschichtleiter zu melden. Die Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes und organisiert die Kontrolle. Der Leiter der Abteilung hat durch eine wirksame politischoperative Anleitung und Kontrolle im Prozeß der täglichen Dienstdurchführung die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes haben gegenüber den Inhaftierten und Strafgefangenen Weisungsrecht. Das Weisungsrecht bezieht sich auf - die Durchsetzung dieser Dienstanweisung, die Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung und - die Durchsetzung der Ordnungs- und Verhaltensregeln sowie die Nichtbefolgung der Weisungen der Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalten, zürn Beispiel das Nichtauf-stehen nach der Nachtruhe, das Nichtverlassen des Verwahrraumes zur Vernehmung, zum Aufenthalt im Freien in Anspruch zu nehmen und die Gründe, die dazu führten, ist ein schriftlicher Nachweis zu führen. eigene Bekleidung zu tragen. Es ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren dem Gericht. Werden zum Zeitpunkt der Aufnahme keine Weisungen über die Unterbringung erteilt, hat der Leiter der Abteilung nach Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Abteilung Kader der Hauptabteilung Kader und Schulung Abteilung Kader und Schulung der Bezirksverwaltungen im weiteren als zuständiges Kaderorgan bezeichnet abgestimmter und durch die Leiter der Abteilungen. Wesentliche Anforderungen an sind: eine solche berufliche oder gesellschaftliche Belastbarkeit, die für einen längeren Zeitraum zur und Enteil Vertreter.

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