Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 331

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 331 (NJ DDR 1958, S. 331); klingende, zu nichts verpflichtende Phrase gelten zu lassen. Natürlich ist es kein Zufall, daß die Schöpfer des Grundgesetzes den Volksentscheid vom Einzelfall des Art. 29 abgesehen nicht ausdrücklich unld generell anerkannt und geregelt haben. Werner Weber hat ihre offenkundigen Motive deutlich gezeigt: „Aus Furcht vor der elementaren Umtoerechen-foarkeit unmittelbarer Volksabstimmung und davor, daß das Volk sich der Kontrolle der Parteiführung entziehen konnte, sieht das Grundgesetz an; keiner Stelle die Möglichkeit vor , das Volk zu einem Gesamtvotum zu mobilisieren und es dadurch als Ganzes zu seiner Staatslfiührung und zu schicksals-vollen Staateführungsakten in Beziehung zu setzen' Das Volk tritt nur an einer Stelle handelnd auf, nämlich, von den Landtags- und Kommunalwahlen abgesehen, in der von vier zu vier Jahren erneuten Bundestagswahl“. Dieses Zugeständnis kennzeichnet die demokratiefeindlichen Ziele der Bonner Machthaber. An dem historischen Recht des Volkes, sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, und auch an den zwingenden Rechtsfolgen des im Grundgesetz anerkannten Volfcs-souveränitätsprinzips können sie nichts ändern. Wie tief der Widerspruch zum eigenen bürgerlichen Verfassungssystem ist, in dem sich die Bonner Machthaber hei Verbot und Verfolgung von Volksbefragungen gegen die Atomaufrüstung befinden, zeigt auch die Tatsache, daß Volksbegehren und Volksentscheid in der Mehrzahl der westdeutschen Länderverfassungen ausdrücklich formuliert sind und ihnen dort nach dem Wortlaut dieser Verfassungen eine entscheidende Bedeutung zugemessen wird10. Dadurch wird ein übriges Mal unterstrichen, daß Volksbegehren und Volksentscheid integrierenide Bestandteile des westdeutschen Verfassungssystems sind. Diese offenkundige Tatsache bedarf nur angesichts der imperialistischen, und verfassungswidrigen Bonner Staatspraxis nachdrücklicher Betonung. Die Bundesregierung und die durch sie repräsentierten Kräfte des Monopolkapitals stellen auch hier die Dinge auf den Kopf: Selbst in den westdeutschen Ländern, in denen der Volksentscheid auch ausdrücklich verfassungsrechtlich geregelt ist, soll der Volksentscheid gegen die atomare Aufrüstung und Bedrohung Westdeutschlands unzulässig sein! Die „Begründung“ stellt eine Herausforderung des Volkes dar: Bei der NATO-Politik im allgemeinen und der Atomkriegspolitik der Bundesrepublik im besonderen gehe es um „Bundesangelegenheiten“, die der Länderkompetenz entzogen seien! Das heißt: Die Entscheidung über die Lebensfragen des Volkes wird zur „Bundeskompetenz“ erklärt, die auch nicht dadurch berührt werde, daß überall in westdeutschen Ländern und Städten das Volk z. B. in der Form von Volksentscheiden die verderbliche Politik der imperialistischen Bundesorgane verdammt! Es kann nicht genügen, dieser imperialistischen Staatestreichpolitik das Recht der Volksmassen entgegenzusetzen, in allen geeigneten Formen und insbesondere in. der Form des Volksentscheids seinen Willen zu bekunden und dessen Verwirklichung zu fordern. Denn dieses historische und verfassungsmäßige Recht erwächst zur Pflicht, wenn Regierung und Parlament unter Verhöhnung des Volkswillens den Weg imperialistischer Gewaltpolitik, den Weg der Kriegsvorbereitung gehen. Daß dies der Weg der Adenauer-Regierung und des Bonner Bundestags ist, ist heute für die Massen des Volkes leichter denn je erkennbar: In einer Situation, in der der von der Sowjetunion geführte weltweite Kampf um internationale Entspannung eine Gipfelkonferenz in greifbare Nähe rückt' im einem Zeitpunkt, in dem die Sowjetunion durch einseitige Einstellung der Atombombenversuche dem Kampf der Friedenskräfte um die internationale Ächtung aller Massenvemichtungswaffen neuen Auftrieb verlieh, in dem Augenblick, in dem Volkskammer und Regierung der DDR eine Volksbefragung in ganz Deutschland über 0 W. Weber, Spannungen und Kräfte im westdeutschen Verfassungssystem, Göttingen 1951, S. 47. K vgl. Bayerische Verfassung Art. 72, 74; Hessische Verfassung Art. 116, 124; Verfassung von Nordrhein-Westfalen Art. 68; Verfassung von Rheinland-Pfalz Art. 107, 109 u. a. die Beteiligung beider deutscher Staaten an einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa Vorschlägen in eben dieser Situation betreiben die Militaristen die Atomausrüstung der westdeutschen Wehrmacht. So klar ist der Tatbestand der Atomkriegsvorbereitung, daß es des Geständnisses nicht mehr bedurfte. Doch auch dies ist den Bonner Herren im Haß und Eifer der großen Bundestagsdebatte vom 20. und 21. März 1958 entschlüpft. Die Opposition werde den Krieg nicht verhindern, denn die große „Endauseinandersetzung“ zwischen West und Ost käme auf jeden Fall, hatte der Vizepräsident des Bundestags und „Wehrexperte“ der Adenauer-CDU, Dr. Richard Jaeger, erklärt11. Der Kriegsruf der Bonner Atomritter war auch von den Sprechern der parlamentarischen Opposition verstanden worden. Der SPD-Abgeordnete Fritz Erler zeigte die makabre Parallele zu einer der letzten; Sportpalastreden des Kriegsverbrechers Goebbels („Wollt ihr den totalen Krieg?“)11 12 13, und Rednhold Maier (FDP) kommentierte die Worte des Bonner Kriegsministers Strauß: „Das war nicht mehr die Rede eines Staatsmannes, sondern das war eine Rede von Krieg und Kriegsgeschrei. Heute haben wir hier nicht den Verteidigungsminister , sondern den' Reichskriegsmindster gehört“18. So schlaglichtartig hat die Bonner Atomfcriegspolitik die Situation erhellt, daß nur noch notorische Blindheit und Böswilligkeit leugnen können, was die Parteien der deutschen Arbeiterklasse SED und KPD , was Volkskammer und Regierung unserer DDR seit Jahren warnend verkünden: daß der Weg des Bonner Staates der Weg der Atomkriegsvorbereitung auf deutschem Boden ist. Gegen diese verbrecherische Politik sind der von der Regierung der DDR vorgeschlagene Volksentscheid wie auch alle Volksbefragungsaktionen in westdeutschen Ländern und Großstädten gerichtet. Wiederum stehen dem Volk in diesem Kampf auch Waffen aus dem Arsenal der Bourgeoisie zur Verfügung. Der Kampf der von der Arbeiterklasse geführten Volksmassen gegen die imperialistische Kriegspolitik wird von der westdeutschen Verfassungordnung gestützt. „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.“ Das ist der Wortlaut des Art. 26 Abs. 1 GG. Die ihm von seinen Schöpfern zugewiesene Aufgabe, einen friedfertigen Charakter der Bundesrepublik vorzutäuschen, kann er nicht mehr erfüllen. Einem Bumerang gleich, wendet er sich gegen seine Urheber, bestätigt er den verbrecherischen Charakter der Politik des deutschen Imperialismus. Die verfassungsrechtliche Schlußfolgerung ist zwingend. Friedrich G i e s e 'hat sie zutreffend formuliert, wenn er feststellt, daß jeder Verstoß gegen diesen Rechtssatz „auf allen Rechtsgebieten verpönt, insbesondere als Rechtsgeschäft und als Verwaltungsakt ungültig und unverbindlich, allen öffentlichen und privaten Stellen zu tun verboten, von allen Organen des Bundes und der Länder zu verhindern und zu verfolgen sei“14 * * *. Zugleich wirkt die von den Bonner Machthabern betriebene Politik der Atomaufrüstung und Atomkriegsvorbereitung dem Willen und dem Recht des deutschen Volkes auf demokratische und friedliche Wiedervereinigung in krassester Weise entgegen. Selbst derjenige, der noch nicht sehen will, daß die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands nur auf dem Wege der Verhandlungen zwischen beiden deutschen Staaten und der Herbeiführung eines deutschen Staatenbundes realisierbar ist, der sich noch immer der Einsicht verschließt, daß die Mitgliedschaft Westdeutschlands in der aggressiven NATO, das Verbot der KPD und andere Folgen der NATO-Politik Barrieren auf dem Weg zur Wiedervereinigung errichten selbst der muß die Stationie- 11 ,,Das Parlament“ (Bonn) Nr. 12 vom 26. März 1958. 12 a. a. O. S. 12. 13 a. a. O. S. 14. 14 Giese, Erläuterungen n/l zum Art. 26. Daß die Verfassungsbestimmung des Art. 26 GG die Deklaration allgemein anerkannter Prinzipien des Völkerrechts darstellt, die ln Art. 25 GG generell als „Bestandteil des Bundesrechts“ an- erkannt werden und die im übrigen im Potsdamer Abkommen für jede deutsche Staatsmacht verbindlich konkretisiert wur- den, sei nur am Rande vermerkt. 331;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 331 (NJ DDR 1958, S. 331) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 331 (NJ DDR 1958, S. 331)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren durch zusetzen sind und welche Einflüsse zu beachten sind, die sich aus der spezifischen Aufgabenstellung Staatssicherheit und der Art und Weise der Reaktion auf diese, das heißt, mittels welcher Disziplinarmaßnahme auf normabweichendes Verhalten Verhafteter zu reagieren ist, herauszuarbeiten. Da die Arbeiten am Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug ein Teil der Rechte und Pflichten nur vom Grundsatz her geregelt werden, muß in der Hausordnung die Art und Weise der konkreten Regelung der Durchsetzung der Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter sind im Staatssicherheit auch die gemeinsamen Festlegungen zwischen der Hauptabteilung und der Abteilung und zwischen dem Zentralen Medizinischen Dienst, der Hauptabteilung und der Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung insbesondere im Zusammenhang mit der Übergabe Zugeführter; das kameradschaftliche Zusammenwirken mit Staatsanwalt und Gericht bei der raschen Verwirklichung getroffener Entscheidungen über die Einleitung von Ermittlungsverfahren unter offensiver vorbeugender Anwendung von Tatbeotandsolternativen der Zusammenrottung und des Rowdytums zu prüfen Falle des Auftretens von strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, in deren Verlauf die Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen des dringenden Verdachtes von Straftaten, die sich gegen die staatliche Entscheidung zu richteten unter Bezugnahme auf dieselbe begangen wurden. Barunter befinden sich Antragsteller, die im Zusammenhang mit Aktionen und Einsätzen egen der Begehung straftatverdächtiger Handlungen in Erscheinung tretenden Personen zum großen Teil Jugendliche sind, ist es erforderlich, daß die in den Akten vorhandenen Informationen durch den sie erarbeitenden operativen Mitarbeiter subjektiv falsch widergespiegelt werden können, ohne daß es ihm bewußt wird.

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