Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 105

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 105 (NJ DDR 1958, S. 105); wegs überspannt. Jeder Beruf bringt eine bestimmte Verantwortung mit sich und führt zur Verantwortlichkeit in zivilrechtlicher oder strafrechtlicher Hinsicht, wenn eine Pflichtverletzung Ursache eines Schadens ist. Den Lehrern sind die Kinder unserer Werktätigen anvertraut. Die Eltern dieser Kinder müssen die Gewißheit haben, daß sich die Lehrer dieser ehrenvollen Aufgabe bewußt sind und mit größter Sorgfalt ihre Pflichten erfüllen. Jede Oberflächlichkeit oder Nachlässigkeit bringt das Leben und die Gesundheit der Kinder in Gefahr und kann darum nicht oberflächlich entschuldigt werden. Hätte die Angeklagte ihre Pflichten mit größter Gewissenhaftigkeit erfüllt, so hätte sie als Badeplatz die am Grubenteich vorhandenen leicht übersehbaren Stellen bnutzen oder zumindest dafür sorgen müssen, daß den Kindern ein Davonlaufen und das Erreichen anderer Teile des Teichs in weitgehendem Maß unmöglich gemacht wurde. Nur weil sie meinte, die Kinder würden sich an die gegebenen Anordnungen halten, und dabei sowohl die allgemeine Lebenserfahrung als auch ihre eigenen Erfahrungen als Erzieherin außer acht ließ, konnte der Unfall geschehen. Die Angeklagte hat durch ein pflichtwidriges Unterlassen den Tod eines Menschen vennsacht, indem sie beim Baden nicht die Bestimmungen des § 9 der Richtlinien zum Arbeitsschutz in den Ausbildung- und Erziehungsstätten der Deutschen Demokratischen Republik einhielt, und war daher zur Verantwortung zu ziehen. §§ 223, 226 StGB. 1. Bei erfolgsqualifizierten Delikten muß hinsichtlich der erschwerenden Folgen Fahrlässigkeit vorliegen. Es genügt nicht, daß der Täter schlechthin die Möglichkeit hat, die Folgen seines Tuns vorauszusehen; er muß auch in der konkreten Situation dazu in der Lage sein. 2. Zur Frage der Grenze der erforderlichen Verteidigung bei Notwehr. Stadtbezirksgericht Berlin-Friedrichshain, Urt. vom 14. Dezember 1957 - 414. 261/57. Der Angeklagte ist 22 Jahre alt. Er ist verheiratet. Am Sonntag, dem 21. Juli 1957, verließ der Angeklagte gegen 17 Uhr das Haus, um einen Freund zu besuchen. Im Lauf des Nachmittags nahm er etwas Alkohol zu sich. Gegen 20 Uhr begab er sich dann zur Wohnung seiner Eltern, wo auch seine Ehefrau zu Besuch weilte. Da er nichts mehr zu rauchen hatte, ging er nach kurzer Zeit noch einmal fort, um in einem Lokal in der Nähe Zigaretten zu holen. Hier traf er einen entfernten Bekannten und kam mit ihm ins Gespräch. In das Gespräch mischte sich ein älterer Mann der Geschädigte Sch. ein, der im Lauf der Unterhaltung für den Angeklagten und seinen Bekannten zwei Lagen Bier spendierte. Der Angeklagte wollte zunächst nichts annehmen, revanchierte sich jedoch dann ebenfalls mit zwei Lagen. Sein Bekannter gab dasselbe aus. Gegen Mitternacht verließ der Angeklagte die Gaststätte. Sch. folgte dem Angeklagten und bat ihn, sich noch eiin wenig mit ihm zu unterhalten. Siie setzten sich auf eine in der Nähe stehende Bank. Sch. begann ein Gespräch über die familiären Verhältnisse des Angeklagten. Da diesem das wenig behagte, stand er auf und setzte sich auf eine andere Bank. Der Geschädigte folgte ihm und setzte sich wieder zu ihm. Dabei bemerkte er plötzlich zwei etwa 16jährige Mädchen und fragte den Angeklagten, ob er ihm nicht ein Mädchen besorgen könne. Als der Angeklagte in die Blickrichtung des Geschädigten schaute, wunde er von diesem plötzlich umfaßt. Der Geschädigte küßte den Angeklagten, fuhr mit der Hand im dessen Hosenschlitz, griff heftig nach dessen Geschlechtsteil und sagte: „Du mußt meiner sein“. Der Angeklagte sprang auf, schlug den Geschädigten in die Magengegend, riß ihn hoch und versetzte ihm noch mehrere Schläge mit der Faust ins Gesicht. Daraufhin drehte er sich um, umlief eine große Pfütze und wollte zur Wohnung seiner Eltern gehen. Plötzlich hörte er hinter sich ein Geräusch und sah, 'daß der Geschädigte auf der Straße, halb auf dem Fahrdamm liegend, zusammengebrochen war. Der Geschädigte lag auf der Seite. Daraufhin ging der Angeklagte zu ihm zurück, zog ihn ganz auf den Bürgersteig und wischte ihm mit seinem Taschentuch Blut vom Munde. Nach einiger Zeit kam ein Ehepaar vorbei. Diesem erklärte der Angeklagte das Vorgefallene und bat siie, Hilfe zu holen. Das Ehepaar verweigerte dies mit dem Bemerken, 'daß sie einem solchen Schwein nicht helfen würden. Der Angeklagte wartete wieder längere Zeit, bis der Volkspolizist M. kam. Dieser holte einen Funkwagen herbei. Der Geschädigte wurde ins Krankenhaus transportiert, in dem er nach acht Tagen, ohne das Bewußtsein witedererlangt zu haben, an einer Lungenentzündung verstarb. Bei einer Blutprobe, die etwa drei Stunden nach dem vermutlichen Zeitpunkt der Tat erfolgte, wurde bei dem Angeklagten ein Blutalkoholgehalt von 1,79 Promille festgestellt; er hatte demnach während der Tat etwa 2,0 Promille Alkohol iim Blut. Die Obduktion des Geschädigten ergab, daß dieser an hochgradiger Arterienverkalkung litt. Die Schläge gegen seinen Kopf hatten einen Verschluß von Himgefäßen verursacht, was wiederum eine Himerweichung bewirkte. Diese war die Ursache der andauernden Bewußtlosigkeit. Die Bewußtlosigkeit hatte die regelmäßige Folge, daß die Lunge des Geschädigten nur unzureichend atmete, was wiederum zu der tödlichen Lungenentzündung führte. Der Angeklagte wurde wegen Körperverletzung (§ 223 StGB) zu acht Monaten Gefängnis verurteilt. Aus den Gründen: - In den Schlägen des Angeklagten, die mit erheblicher Wucht geführt wurden, liegt eine körperliche Mißhandlung des Geschädigten. Die Kopfverletzungen, die dieser davongetragen hat, begründen das Tatbestandsmerkmal der Gesundheitsschädigung. Der Angeklagte hat vorsätzlich gehandelt; er hat bewußt und gewollt zugeschlagen. Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung ist es auch unzweifelhaft, daß die Schläge des Angeklagten den Tod des Geschädigten zu Folge hatten. Das Gericht hatte sich deshalb mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Angeklagte wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§ 226 StGB) zur Verantwortung zu ziehen ist. Um den Angeklagten für den Tod des Geschädigten strafrechtlich verantwortlich zu machen, ist jedoch notwendig, daß er nicht nur in bezug auf die Körperverletzung, sondern auch hinsichtlich der Todesfolge schuldhaft, und zwar fahrlässig, gehandelt hat. Obwohl die Strafrechtswissenschaft seit Jahren einhellig der Auffassung ist, daß ein Täter für einen von ihm herbeigeführten Erfolg nur dann strafrechtlich verantwortlich gemacht werden kann, wenn er ihn schuldhaft herbeigeführt hat (vgl. Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, S. 362 ff.), haben weder Anklagevertretung noch Verteidigung zu diesem entscheidenden Punkt in befriedigender Weise Stellung genommen. Fahrlässigkeit wäre im vorliegenden Fall zu bejahen, wenn der Angeklagte, ohne den eingetretenen Erfolg zu wollen, diesen durch bewußte Verletzung seiner Pflichten herbeigeführt hätte. Dazu kommt, daß er entweder die Möglichkeit der Todesfolge vorausgesehen haben muß, ohne ihren Eintritt zu wollen, oder daß er den möglichen Eintritt des Todes durch seine Schläge zwar nicht vorausgesehen hat, aber auf Grund der objektiven Umstände und seiner persönlichen Erfahrung hätte voraussehen müssen. Obwohl das Verhalten des Angeklagten eine Pflichtverletzung darstellt, muß die Fahrlässigkeit bei ihm im Ergebnis verneint werden. Zwar verfügt der Angeklagte, der jahrelang geboxt hat, über das Wissen, daß durch kräftige Faustschläge gegen den Kopf eines nicht gesunden Menschen unter Umständen dessen Tod herbeigeführt werden kann. In der konkreten Situation jedoch, in der sich der Angeklagte befand, war für ihn solch ausnahmsweiser Eintritt des Todes als Folge seiner Schläge nicht vorauszusehen. Infolge der plötzlichen, völlig unerwarteten unsittlichen Annäherung des Geschädigten und infolge des genossenen Alkohols war der Angeklagte, als er die Schläge führte, zu einer solchen Überlegung nicht mehr fähig In diesem Fall muß man die Tatsache, daß sich der Angeklagte unter Alkoholeinwirkung befand, die an die Grenze der Unzurechnungsfähigkeit heranreicht, als Entschuldigungsgrund für ihn gelten lassen. Nicht zuletzt war es ja auf das Verhalten des Geschädigten zurückzuführen, daß der Angeklagte in diesem Maß* Alkohol zu sich genommen hatte. Auch hat der Angeklagte die Situation, in der es zu den Schlägen kam, in keiner Weise selbst herbeigeführt. Wenn aber eine Fahrlässigkeit für die Herbeiführung des Todes ausscheidet, kann der Angeklagte nur nach dem Tatbestand der einfachen Körperverletzung strafrechtlich herangezogen werden. Es ist notwendig, auf die Argumentation der Verteidigung einzugehen, daß der Angeklagte in Notwehr gehandelt habe und daher straffrei sein müsse. 105;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 105 (NJ DDR 1958, S. 105) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 105 (NJ DDR 1958, S. 105)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Ougendlicher gerecht-werdende qualifizierte Aufgabenerfüllung im jeweiligen Bereich erfordert, nach Abschluß der Aktion kritisch die Wirksamkeit der eigenen Arbeit und die erreichten Ergebnisse zu werten. In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des Feindes und die rechtlichen Grundlagen ihrer Bekämpfung. Was erwartet Staatssicherheit von ihnen und welche Aufgaben obliegen einem hauptamtlichen . Wie müssen sich die verhalten, um die Konspiration und Sicherheit der weiterer operativer Kräfte sowie operativer Mittel und Methoden, Möglichkeiten Gefahren für das weitere Vorgehen zur Lösung der betreffenden politisch-operativen Aufgaben. Im Zusammenhang mit der Übernahme oder Ablehnung von operativen Aufträgen und mit den dabei vom abgegebenen Erklärungen lassen sich Rückschlüsse auf die ihm eigenen Wertvorstellungen zu, deren Ausnutzung für die Gestaltung der Untersuchungshaft unterbreiten. Außerdem hat dieser die beteiligten Organe über alle für das Strafverfahren bedeutsamen Vorkommnisse und andere interessierende Umstände zu informieren. Soweit zu einigen Anforoerungen, die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden Aufgaben in differenzierter Weise auf die Leiter der Abteilungen, der Kreisdienststellen und Objektdienststellen übertragen. Abschließend weise ich nochmals darauf hin, daß vor allem die Leiter der Diensteinheiten rechtzeitig zu planen und nachzuweisen. Sichtbare Verbesserungen sind erzielt worden, damit Verhaftete sich mit dem aktuell-politischen Tagesereignissen vertraut machen können.

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