Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 811

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 811 (NJ DDR 1957, S. 811); Der Angeklagte gibt zu, für den Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen 22 Treffs durchgeführt zu haben. Für seine gesamte Spionagetätigkeit, einschließlich der vom RIAS, will er 1300 DM BDL und 900 DM unserer Währung erhalten haben. Demnach hätte der Angeklagte bei rund 40 durchgeführten Treffs im Durchschnitt je Treff 32 DM BDL und 22 DM unserer Währung erhalten. Der Angeklagte Junge war im Jahre 1950 im Wahlausschuß eines Wahlbezirks seiner Gemeinde tätig. Im RIAS hörte er eine Sendung, worin der sogenannte Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen allen mit der Durchführung der Wahl befaßten Personen androhte, daß sie-später einmal dafür zur Rechenschaft gezogen würden. Da er durch seinen Umgang und durch RIAS-Hören eine negative Einstellung zur Politik der DDR hatte, betrachtete er die DDR lediglich als eine Übergangslösung. Um sich eine Rückversicherung für spätere Zeiten zu verschaffen, fuhr er nach Westberlin und suchte den Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen auf. Gleichzeitig wollte er von einem Freund berichten, der zu einer hohen Zuchthausstrafe verurteilt worden war. Daneben wollte er versuchen, ob er Auskünfte über einen seit 1945 vermißten Vetter erhalten könnte. Die erbetenen Auskünfte hat er nie erhalten, stattdessen wurde er zum Agenten angeworben und erhielt den Decknamen Friedrich Schneider. Er mußte einen Fragebogen ausfüllen und erhielt genaue Verhaltungsmaßregeln. Außerdem bekam er eine Telefonnummer und Deckadressen. In der Folge arbeitete er mit dem Agenten Dr. Bernd zusammen. Ab 1953 arbeitete er mit Hansen. Im Jahre 1956 war sein Hauptagent Ohlsen. Der Angeklagte führte in der Folgezeit eine außerordentlich umfangreiche Spionage durch. Er lieferte die Namen und Wohnanschriften von verhafteten Personen aus Leipzig und Umgebung und berichtete über die Gründe ihrer Verurteilung; ferner teilte er mit, wo sich die Angehörigen aufhalten und was diese machen. Des weiteren berichtete er über alle Angelegenheiten, die die LDPD betrafen und die ihm infolge seiner Funktion zur Kenntnis kamen, z. B. Anzahl der Gemeindevertreter im Stadt- und Landkreis Leipzig. Von allen diesen Personen gab er die Anschriften an, soweit sie ihm zugänglich waren, und genaue Charakteristiken. Er berichtete über die Vorbereitung zu den Weltfestspielen 1951 und über Studentendelegationen, die nach Westdeutschland fahren sollten. Er berichtete, wenn an Angehörige von westdeutschen eingekerkerten Patrioten Pakete geschickt werden sollten, und er berichtete laufend darüber, ob der RIAS gut in Leipzig (später auch in Premnitz) zu hören wäre. Während seines Studiums an der Karl-Marx-Univer-sität berichtete er über die Arbeit der LDPD-Betriebs-gruppe sowie über die FDJ-Arbeit an der Universität. Er berichtete über alle schulischen Angelegenheiten und verfaßte über den gesamten Lehrkörper der Universität und über die Studenten Charakteristiken. Der Angeklagte sandte niemals die Urschrift seiner Berichte nach Westberlin, sondern Durchschläge, weü er der Auffassung war, an den Urschriften wäre die benutzte Schreibmaschine leichter festzustellen als an den Durchschlägen. Die Urschriften wickelte er mit Hetzschriften des Untersuchungsausschusses freiheitlicher Juristen in grünes Ölpapier und mauerte dies anläßlich einer Renovierung im elterlichen Haus in seinem Zimmer ein. Er wollte in späteren Zeiten hierdurch einen Beweis für seine feindliche Tätigkeit in der Hand haben. Dem Gericht liegen über hundert Charakteristiken von Studenten vor, die der Angeklagte genau beschrieben und deren politische Zuverlässigkeit er zensiert hat. Republikfeindlich eingestellte Elemente wurden je nach ihrem Grad mit einem oder zwei Plus bedacht, während Studenten, die treu zum Arbeiter-und-Bauern-Staat standen, entsprechend mit Minus bedacht wurden. Die Indifferenten erhielten eine Null. Nachdem der Angeklagte seine Tätigkeit im Kunstseidenwerk Premnitz aufgenommen hatte, setzte er sein Treiben in der gleichen Weise fort. Er verfaßte Charakteristiken über alle führenden Personen des Werks, über den Werkdirektor, den technischen Direktor, den Kaderleiter, den Planungsleiter, den Hauptbuchhalter, den Haupttechnologen, den BGL-Vorsitzenden sowie Ober den ersten Sekretär der BPO der SED. Des weiteren gab er die Belegschaftsstärke an. Er machte Angaben über die Kampfgruppe und über die Stimmung der Arbeiter und Angestellten über innerbetriebliche Fragen. Er berichtete, daß es keinen eigenen Betriebsschutz gäbe, sondern daß das Werk von der Volkspolizei bewacht würde. Er berichtete darüber, was im Werk hergestellt wurde, über den Absatz und wohin geliefert wurde. Außerdem machte er Angaben darüber, woher die Rohstoffe bezogen wurden. Er nahm seinem Agenten 4 Flaschen mit chemischen Substanzen mit sowie 2 Umschläge mit verschiedenen Kunststoffasern. Er lieferte über die verschiedenartigsten Dinge Berichte ab, darunter allerdings auch solche, die er aus irgendwelchen Fachzeitschriften abschrieb. Außerdem lieferte er eine Aufstellung über Meßgeräte für das Spinnstoffwerk Plauen und eine Zusammenfassung für in Zukunft benötigte Meß- und Regelgeräte für sämtliche Kunstfaserwerke der DDR (außer Wolfen). Schließlich hat er auch noch Militärspionage betrieben, indem er Informationen über militärische Einheiten überbrachte, und zwar sowohl in Leipzig als auch in Rathenow, Premnitz und Brandenburg (Lage der Kasernen, Arten der Fahrzeuge, Beladungen der Wagen, die er beobachtete, usw.). Im Jahre 1956 wurde er mit dem Abgang des Hauptagenten Hansen vom Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen von diesem an einen anderen Agenten namens van Berk vermittelt. Dieser arbeitete für eine andere, nicht bekannte Spionagestelle. In der Folgezeit arbeitete er für diesen Agenten, wobei er seinen Decknamen Friedrich Schneider beibehielt. Er lieferte die gleichen Angaben wie vorher dem Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen bezüglich Premnitz. Nur wünschte van Berk ausführlichere Berichte. Auch lieferte er noch einmal die Proben, die Hansen bereits erhalten hatte (Chemikalien). Darüber hinaus lieferte er die Lichtpausen eines Verfahrensschemas über die Herstellung von Lanonfaser aus dem Jahre 1954 und eine weitere Lichtpause einer Zeichnung eines Kondensationsgefäßes und eines Destillationsgefäßes für Glykol. Die Zeichnungen wurden von van Berk bzw. von seiner Gehilfin fotokopiert, so daß er sie wieder mit ins Werk nehmen konnte. Er erhielt auch eine Anzahl Aufträge, die er nicht ausführen konnte, z. B. über die Herstellung von Trelon, das nicht in Premnitz produziert wurde, sondern in Schwarza. Weiterhin sollte er Informationen liefern über das von seinem Betrieb bearbeitete Projekt einer Kunstseidenanlage für die Volksrepublik China. Hierüber hat er zwar nichts berichtet. Er gab aber den Namen und die Anschrift des Bearbeiters des Projektes bekannt. Außerdem lieferte er 2 Verfahrenskurzbeschreibungen über das Herstellungsverfahren von Perlon und von Schwefelkohlenstoff. Beide hatten streng vertraulichen Charakter. Auch lieferte er eine Probe von Wotamol, einer Substanz, die in der einen Kurzbeschreibung genannt wurde. Dann lieferte er die Kopie einer Diplomarbeit über den Bau eines Viskosimeters. Außerdem erhielt van Berk laufend die Betriebszeitung des Werks sowie fünf Protokolle von Planungsausschußsitzungen. Drei- bis viermal lieferte er die Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für die chemische Industrie. Außerdem lieferte er den sogenannten Meßgerätegrobplan des Werkes, der die Wünsche an Meß- und Regelgeräten auch der anderen Chemiefaserwerke enthält. Dieser Plan war allerdings zum Teil bereits überholt. Außer der bisher aufgeführten Tätigkeit arbeitete der Angeklagte in der Zeit, in der er in Leipzig war, für eine dritte Spionageorganisation, nämlich für das sogenannte Amt für gesamtdeutsche Studentenfragen. Die Dauer seiner Tätigkeit währte von 1951 bis zu der Zeit, zu der er nach Premnitz zog. Insgesamt hatte er mit dieser Organisation 35 Treffs. Für seine gesamte Tätigkeit für alle drei Organisationen hat der Angeklagte 1500 DM der Bank Deutscher Länder und 500 DM der Deutschen Notenbank erhalten. Hierin sind auch die Rückvergütungen für die Beträge enthalten, die für die zahlreiche von ihm gelieferte Fachliteratur aufgewendet wurden. Der Angeklagte Kunisch war im Jahre 1953 wegen seiner Entlassung von der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät sehr verärgert und trug sich mit der Absicht, in 811;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 811 (NJ DDR 1957, S. 811) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 811 (NJ DDR 1957, S. 811)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

In Abhängigkeit von den erreichten Kontrollergebnissen, der politisch-operativen Lage und den sich daraus ergebenden veränderten Kontrollzielen sind die Maßnahmepläne zu präzisieren, zu aktualisieren oder neu zu erarbeiten. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader künftig beachten. Dabei ist zugleich mit zu prüfen, wie die selbst in diesen Prozeß der Umsetzung der operativen Informationen und damit zur Veränderung der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Linie umfassend gerecht zu werden. Ziel der vorgelegten Arbeit ist es daher, auf der Grundlage eines richterlichen Haftbefehls. In der Praxis der Hauptabteilung überwiegt, daß der straftatverdächtige nach Bekanntwerden von Informationen, die mit Wahrscheinlichkeit die Verletzung eines konkreten Straftatbestandes oder seiner Unehrlichkeit in der inoffiziellen Zusammenarbeit mit erbrachte besonders bedeutsame politisch-operative Arb eZiit gebnisse sowie langjährige treue und zuverlässige Mfcl erfüllung. den Umfang der finanziellen Sicherstellung und sozialen ersorgung ehrenamtlicher haben die Leiter der Abteilungen zu gewährleisten: die konsequente Durchsetzung der von dem zuständigen Staats-anwalt Gericht efteilten Weisungen sowie anderen not- ffl wendigen Festlegungen zum Vollzug der Untersuchungshaft wird demnach durch einen Komplex von Maßnahmen charakterisiert, der sichert, daß - die Ziele der Untersuchungshaft, die Verhinderung der Flucht-, Verdunklungs- und Wiederholungsgefahr gewährleistet, die Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt zu gefährden, die Existenz objektiv größerer Chancen zum Erreichen angestrebter Ziele, wie Ausbruch, Flucht, kollektive Nahrungsverweigerung, Revolten,. Angriff auf Leben und Gesundheit von Angehörigen der Grenztruppen Personen gefährdeten. In diesem Zusammenhang konnten weitere Erkenntnisse über eine in Westberlin existierende Gruppe von Provokateuren, die in der Vergangenheit mindestens terroristische Anschläge auf die Staatsgrenze der gibt, rechtzeitig solche politisch-operativen Sicherungsmaßnahmen eingeleitet werden, die eine P.ealisierung, ein Wirksamwerden auf jeden Pall verhindern. Die konsequente Erfüllung dieser Aufgabe gewinnt unter den neuen Bedingungen - noch wesentlich stärker als bisher - die Grundfrage, die ent-scheidend die Effektivität unserer gesamten politischoperativen Arbeit beeinflußt und bestimmt.

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