Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 703

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 703 (NJ DDR 1957, S. 703); Rechtsprechung Strafrecht § 174 Ziff. 1 StGB. Zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen eines Abhängigkeitsverhältnisses i. S. des § 174 Ziff. 1 StGB. OG, Urt. vom 13. August 1957 - 2 Zst III 63 57* Aus den Gründen: Die Anwendung des § 174 Ziff. 1 StGB setzt voraus, daß ein Mensch unter 21 Jahren einem anderen zur Erziehung, Ausbildung, Aufsicht oder Betreuung anvertraut war. Das Gesetz dient dem Schutz der jungen Menschen, die sich auf Grund eines der unter Ziff. 1 des Gesetzes genannten Alternativen in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis befinden. Es bedarf im einzelnen Fall einer Prüfung, auf welchen Umständen ein solches Abhängigkeitsverhältnis beruht. Das Bezirksgericht hat sich in der vorliegenden Strafsache zwar mit diesen Umständen befaßt, kommt jedoch zu falschen Schlußfolgerungen. Es hat das Vorliegen eines Erziehungs-, Ausbildungs- oder Aufsichtsverhältnisses insbesondere mit der Begründung abgelehnt, daß der Angeklagte wegen mangelnder Qualifikation und ungenügender Anleitung durch den Rat des Kreises und den Heimleiter nicht in der Lage gewesen sei, erzieherische Aufgaben zu erfüllen. Diese Auffassung, wonach die rechtliche Beurteilung gemäß § 174 Ziff. 1 StGB von den Fähigkeiten des Angeklagten abhängig gemacht wird, ist irrig. Entscheidend ist die Feststellung, ob objektiv ein Ausbildungs-, Erziehungsoder Aufsichtsverhältnis vorlag und derjenige, dem junge Menschen anvertraut waren, sich dessen bewußt war. Wie der Betreffende die sich aus einem solchen Verhältnis ergebenden Pflichten als Erzieher, Ausbilder oder Aufsichtsführender erfüllte und ob er überhaupt dazu fähig war, ist für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung. Nach den Angaben des vom Bezirksgericht vernommenen Heimleiters K. hatte der Angeklagte als Wirtschaftsleiter des Heimgutes in L. nicht nur die wirtschaftlichen Aufgaben zu erfüllen, sondern gleichzeitig die eines Erziehers und Ausbilders. Er hat den Angeklagten auch auf seine pädagogischen Pflichten hingewiesen. Das Bezirksgericht hat ferner festgestellt, daß der Angeklagte durch den Rat des Kreises W. entsprechende Hinweise auf die Schwerpunkte seiner Arbeit erhalten hat. Über die Ausübung seiner Tätigkeit heißt es im angefochtenen Urteil: „Er hat die landwirtschaftlichen Arbeiten geleistet, den schwer erziehbaren Mädchen landwirtschaftliche Kenntnisse beizubringen versucht und ihnen seine Arbeitserfahrungen vermittelt. Sie waren ihm während des Arbeitseinsatzes unterstellt und hatten seinen Anordnungen Folge zu leisten.“ Entgegen der Auffassung des Bezirksgerichts begründen bereits diese von ihm selbst dargelegten Umstände nicht nur die Stellung des Angeklagten als Vorgesetzter, sondern ein unter § 174 Ziff. 1 StGB aufgeführtes Aufsichts- bzw. Erziehungsverhältnis des Angeklagten zu den jungen Mädchen, das im übrigen nicht voraussetzt, daß ein Lehrvertrag vorliegt. Das Bezirksgericht verkennt insbesondere, daß das vom Angeklagten verwaltete Gut dem Jugendwerkhof als eine Einrichtung angeschlossen ist, in welcher schwer erziehbare Mädchen arbeiten, und daß die gemeinsame Arbeit selbst ein Mittel der Erziehung ist. Die auf dem Gut zu verrichtenden Arbeiten wurden von den Mädchen unter Aufsicht von je einer Arbeitserzieherin in zwei Brigaden durchgeführt, wobei die Erzieherinnen dem Angeklagten unterstanden. Dem Angeklagten oblag nicht nur die wirtschaftliche Leitung des Gutes und die Organisation der Arbeit * vgl. hierzu auch die Entscheidungen des KrG Freital und des BG Dresden mit Anmerkung von Weber auf S. 709 ff. dieses Heftes. D. Red. der Brigaden, sondern er hatte gleichzeitig die Verpflichtung, die schwer erziehbaren jungen Mädchen bei ihren Arbeiten anzuleiten und ihre Fertigkeiten in landwirtschaftlichen Arbeiten zu fördern. Das bedeutet, daß die jungen Menschen nicht nur seiner Aufsicht anvertraut waren, sondern daß er zugleich mit der Anleitung zur Arbeit erzieherische Aufgaben zu erfüllen hatte. Dies ergibt sich vor allem auch aus der Tatsache, daß der Angeklagte Beurteilungen über den Erziehungsstand der jungen Mädchen auszustellen hatte, im Fall schlechter Arbeit bei der Lohnabrechnung Arbeitsstunden abziehen durfte und daß er an Sitzungen des pädagogischen Rates teilnahm. Nach alledem hat das Kreisgericht in seinem Urteil zu Recht ausgeführt, daß der Arbeitsvertrag, wonach der Angeklagte als „Wirtschaftsleiter“ eingestellt wurde, nicht der Feststellung entgegensteht, daß die Mädchen seiner Aufsicht anvertraut waren. Dem Angeklagten waren auch alle vorgenannten Umstände bekannt, aus denen sich ergab, daß die Heiminsassen zumindest seiner Aufsicht anvertraut waren, während sie auf dem Gut arbeiteten. Daß er sich dessen bewußt war, geht schon daraus hervor, daß er die Zeugin G. aufgefordert hat, einer gegebenenfalls das Gut aufsuchenden Kommission nichts von den Vorfällen mitzuteilen. Auch hat er sich in der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht selbst als Arbeitserzieher bezeichnet. Diese Äußerung zeigt nicht wie das Bezirksgericht meint die Schwerfälligkeit des Angeklagten, sondern macht deutlich, daß er sich über seine Pflichten im klaren war. Zur Frage der Mittäterschaft bei Verstoß gegen die VO gegen unbefugten Gebrauch von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern vom 20. Oktober 1932 (RGBl. I S. 496). OG, Urt. vom 19. Juli 1957 - la Zst 11/57. Das Kreisgericht hatte den Angeklagten wegen fortgesetzter Unterschlagung (§ 246 StGB), wegen fortgesetzten Betruges (§ 263 StGB) und wegen fortgesetzten Verstoßes gegen § 1 der Verordnung gegen unbefugten Gebrauch von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern vom 20. Oktober 1932 verurteilt. Auf die dagegen eingelegte Berufung hat das Bezirksgericht unter Abänderung des kreisgerichtlichen Urteils den Angeklagten wegen fortgesetzten Betruges in Tateinheit mit fortgesetzter Unterschlagung zum Nachteil von Volkseigentum und wegen Verstoßes gegen § 1 der Verordnung gegen unbefugten Gebrauch von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern verurteilt. Der Angeklagte ist Angehöriger der Nationalen Volksarmee. In derzeit von September bis Novemberl956 waren zwei Angehörige der Nationalen Volksarmee mit ihren Kraftfahrzeugen beim VEB D. zur Durchführung von Transporten eingesetzt. Im Oktober wurde der Angeklagte Leiter dieses Kommandos. Ihm oblag es, die erhaltenen Fahraufträge, Vergaserkraftstoff marken und Gutscheine entsprechend den erhaltenen Aufträgen an die Kraftfahrer auszugeben und nach Beendigung der Fahrten von den Fahrern die Tankquittungen und ausgefüllten Fahraufträge in Empfang zu nehmen. Ohne Auftrag des VEB D. oder seiner Dienststelle durfte er keine Fahrten ausführen bzw. ausführen lassen. An diese Weisung hielt er sich jedoch nicht und genehmigte in der Folgezeit den Angehörigen seines Kommandos Schwarzfahrten, an denen er sich auch selbst beteiligte; in einem Fall führte er allein eine Fahrt ohne Auftrag durch. So ließ sich der Angeklagte vom Kraftfahrer H. dessen Fahrzeug geben und fuhr ohne Auftrag von B. nach seinem Wohnort S. und zurück. Im November 1956 fuhr er mit dem Kraftfahrer M. in einem Dienstfahrzeug in Richtung K. Während der Angeklagte in S. verblieb, fuhr M. nach seinem Wohnort K. und holte den Angeklagten auf der Rückfahrt wieder in S. ab. Eine Woche später fuhr der Angeklagte mit dem Fahrer W. ohne Fahrauftrag des VEB D. nach S„ während W. noch 250 km weiter nach Qu. fuhr. Auf der Rückfahrt holte W. den Angeklagten in S. ab und beide fuhren nach B. zurück. Mitte November war der Angeklagte mit seinem Kommando bei N. eingesetzt. Auf der Rückfahrt ließ er den Fahrer W. einen Umweg über L. und S. machen und besuchte seine Familie. Diesen Umweg machte der Angeklagte mit W. zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal. 703;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 703 (NJ DDR 1957, S. 703) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 703 (NJ DDR 1957, S. 703)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die sich aus den Parteibeschlüssen sowie den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gosellschafts-schädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischsn Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung politischer Untergrundtätigkeit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Anweisung zur Sicherung der Transporte Inhaftierter durch Angehörige der Abteilung - Transportsicherungsanweisung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Bc? Sie haben den Staatsanwalt sofort zu unterrichten, wenn die Voraussetzungen für Untersuchungshaft weggefallen sind. Der Staatsanwalt hat seinerseits wiederum iiT! Rahmer; seiner Aufsicht stets zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige durch den Untersuchungsführer mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens alle Beweisgegenstände und Aufzeichnungen, die vom Täter zur Straftat benutzt oder durch die Straftat hervorgebracht worden sind, im Rahmen der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit zu ermöglichen. Bas Ziel der Beweisanträge Beschuldigter wird in der Regel sein, entlastende Fakten festzustellen. Da wir jedoch die Art und Weise ihrer Begehung, ihre Ursachen und Bedingungen, den entstandenen Schaden, die Beweggründe des Beschuldigten, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen sogenannte gesetzlich fixierte und bewährte Prinzipien der Untersuchungsarbeit gröblichst mißachtet wurden. Das betrifft insbesondere solche Prinzipien wie die gesetzliche, unvoreingenommene Beweisführung, die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und wirksamen Bekämpfung der Feindtätigkeit und zur Gewährleistung des zuverlässigen Schutzes der staatlichen Sicher heit unter allen operativen Lagebedingungen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X