Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 351

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 351 (NJ DDR 1957, S. 351); Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Kreisarbeitsgericht habe in dem Vergleich keine Umwandlung einer Entlassung in eine Kündigung im Sinne der Richtlinie Nr. 5 des Obersten Gerichts vorgenommen. Hätte es dies getan, dann wäre die Beendigung des Arbeitsrechtsverhältnisses zum 20. November 1955 vereinbart worden, da die Kündigungsfrist für Schwerbeschädigte einen Monat betrage. Hätte das Kreisarbeitsgericht diese besondere Kündigungsfrist übersehen, dann wäre der 3. November 1955 als Tag der Beendigung des ArbeitsreChtsverhält-nisses festgelegt worden, nicht aber, wie geschehen, der 6. November 1955. Dies bedeute eine Beendigung am siebzehnten Tage nach der Entlassung. Eine derartige Kündigungsfrist, gebe es aber nicht, so daß es sich bei dem Vergleich „wohl schwerlich um eine Umwandlung“ handeln könne. Daß keine Umwandlung Vorgelegen habe, ergebe sich aber auch aus dem Wortlaut des Vergleichs. Der Verklagte habe die fristlose Entlassung zurückgenommen. Durch diese Rücknahme, mit der der Kläger einverstanden gewesen sei, sei die fristlose Entlassung beseitigt worden. Da sie nicht mehr vorhanden sei, habe sie auch nicht in eine Kündigung umgewandelt werden können. Die Rücknahme sei damit begründet worden, daß kein Nachweis für eine strafbare Handlung des Klägers erbracht sei. Es müsse, obwohl das Sitzungsprotokoll darüber nichts aussage, angenommen werden, daß diese Feststellungen im Laufe der Verhandlungen getroffen worden seien. Damit habe der Kläger Kenntnis erlangt, daß die fristlose Entlassung für rechtsunwirksam erklärt worden sei. Aufhebungsverträge seien durchaus zulässig. Allerdings könne ein Aufhebungsvertrag, wenn entsprechende Gründe vorlägen, anfechtbar sein und für nichtig erklärt werden. Die nach § 119 BGB vom Kläger erklärte Anfechtung sei aber auf Erwägungen gestützt, die nur einen rechtlich unbeachtlichen Motivirrtum (Irrtum im Beweggrund) darstellten. Auch eine Täuschung nach § 123 BGB liege nicht vor, da ja im Vergleich erklärt sei, daß eine strafbare Handlung des Klägers nicht festgestellt werden könne. Aus demselben Grunde könne § 779 BGB nicht angewandt werden, weil der Auffassung des Klägers, keine strafbare Handlung begangen zu haben, Rechnung getragen sei. Der Vergleich sei also wirksam. Allerdings seien die vom Kreisarbeitsgericht angestellten Erwägungen über die ReChts-unwirksamkeit der Entlassung beachtlich; es könne aber nicht zu ihnen Stellung genommen werden, weil dies eine Aufhebung des Vergleichs voraussetzen würde. Gegen dieses Urteil hat der Präsident des Obersten Gerichts Kassationsantrag gestellt, der Erfolg hatte. Aus den Gründen: Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die in erster Instanz verklagte Fachschule nicht parteifähig war. Ihr ist niemals die Eigenschaft einer juristischen Person verliehen worden. Indessen würde der Vergleich nicht schon aus diesem Grunde nichtig sein, weil das Ministerium für Aufbau, das im Berufungsverfahren als Verklagter aufgetreten ist, ihn durch seine Erklärungen genehmigt hat. Andererseits sind gegen den Eintritt dieses Ministeriums in den Rechtsstreit keine Bedenken zu erheben. Der Kläger, von dem angenommen werden muß, daß er über diese Rechtsfragen nicht ausreichend unterrichtet ist, hat offensichtlich den Willen gehabt, den Inhaber der Fachschule zu verklagen. Er wäre also sachlich damit einverstanden gewesen, mit dem Ministerium für Aufbau zu verhandeln. Allerdings ist auch das Ministerium nicht als Partei zu betrachten, da auch ihm bisher im Gegensatz zu einigen anderen Ministerien die Eigenschaff einer juristischen Person noch nicht verliehen worden ist. Es ist aber als gesetzlicher Vertreter der in Wirklichkeit verklagten Deutschen Demokratischen Republik anzusehen. Lediglich deshalb, weil das Bezirksarbeitsgericht nicht auf diese Gesichtspunkte hingewiesen hat, können also gegen das Urteil keine Bedenken erhoben werden. Ähnlich ist die Ablehnung der einstweiligen Kostenbefreiung zu beurteilen. Nach § 119 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist die einstweilige Kostenbefreiung dem, der in der ersten Instanz dbgesiegt hat, ohne Prüfung der Aussichten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu bewilligen. Diese Vorschrift gilt nicht nur, wie dies vielleicht nach ihrer Stellung angenommen werden könnte, dann, wenn bereits in der ersten Instanz einstweilige Kostenbefreiung bewilligt war. Da sich jedoch der Kläger in der Berufungsinstanz ausreichend verteidigt hat, besteht kein Anlaß, das Urteil aus diesem Grunde aufzuheben. Im Ergebnis zuzustimmen ist auch den Ausführungen des Bezirksarbeitsgerichts, daß die Fortführung des Rechtsstreits, nachdem der Kläger den Vergleich als unwirksam bezeichnet hatte, zulässig gewesen sei. Es soll allerdings in dem jetzigen Urteil zu der Frage, ob, wenn ein Prozeßvergleich aus materiellen Gründen ange-fochten wird, ein besonderes Verfahren erforderlich ist was die frühere Rechtsprechung überwiegend verneint hat , nicht Stellung genommen werden. Es steht aber fest, daß die Fortsetzung in demselben Verfahren jedenfalls nicht eine Zuwiderhandlung gegen die Grundlagen des Deutschen Prozeßrechts darstellt. Infolgedessen ist eine etwaige Unzulässigkeit gemäß § 295 ZPO geheilt, wenn der Verklagte, wie hier, innerhalb der Instanz keine Rüge geltend gemacht hat. In der zweiten Instanz kann eine derartige Rüge keinesfalls nachgeholt werden. Dagegen ist das Urteil des Bezirksarbeitsgerichts deshalb unrichtig, weil darin einer Umwandlung einer Entlassung in eine Kündigung zugestimmt wird. Die Auffassung des Verklagten, der das Bezirksarbeitsgericht beigetreten ist, es liege keine Umwandlung vor, weil das Arbeitsrechtsverhältnis siebzehn Tage nach Erklärung der Entlassung für beendet erklärt worden sei, während die Kündigungsfrist für den Kläger als Schwerbeschädigten dreißig Tage betragen habe, ist zwar sachlich richtig, soweit es sich um die Berechnung der Frist handelt. Rechtlich bedeutet sie aber, daß der Kläger noch schlechter behandelt worden ist als es bei einer Umwandlung deren Zulässigkeit unterstellt der Fall gewesen wäre. Die Entlassung ist also im Ergebnis in eine Kündigung umgewandelt worden, bei der die Kündigungsfrist nicht beachtet worden ist. Sie ist also in noch höherem Grade unzulässig, als dies bei einer korrekten Fristberechnung der Fall gewesen wäre. Nicht beachtet werden kann die Hilfserwägung des Bezirksarbeitsgerichts, daß das Kreisarbeitsgericht möglicherweise die Vorschriften über die Kündigungsfristen für Schwerbeschädigte übersehen habe, und daß in diesem Fall das Arbeitsrechtsverhältnis am 3. November 1955 und nicht, wie vereinbart, am 6. November 1955 beendet worden wäre. Bei dieser Betrachtungsweise wird übersehen, daß der Prozeßvergleich, wie jeder andere Vergleich, von den Beteiligten, normalerweise also von den Prozeßparteien, abgeschlossen wird, und daß er deren Erklärung darstellt, nicht aber die des Gerichts. Allerdings soll der Richter die Parteien beim Abschluß des Vergleichs beraten. Er hat auch die Pflicht, die Protokollierung von Vergleichen, die erkennbar nichtig sind, abzulehnen. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, daß das Gericht, das einen Vergleich protokolliert, diesen bestätigt oder sich sonst seinen Inhalt zu eigen macht. Eine Bestätigung eines Vergleichs durch das Prozeßgericht gibt es nur in gesetzlich bestimmten Fällen, z. B. im Verfahren in Ehesachen (§ 16 Abs. 2 EheVerfO). Es ist also nicht möglich, auf Grund einer Wahl willkürlicher Beendigungstermine für ein Arbeitsrechtsverhältnis zu erklären, es liege keine Umwandlung einer Kündigung in eine Entlassung vor. Das kann auch- nicht deshalb verneint werden, weil in dem Vergleich erklärt worden ist, die Entlassung werde zurückgenommen. Die Erklärung, eine Entlassung zurückzunehmen und nunmehr eine Beendigung des Arbeitsrechtsverhältnisses zu vereinbaren, stellt ihrem Wesen nach eine Umwandlung der Entlassung in eine Kündigung jedenfalls dann dar, wenn der vereinbarte Beendigungstermin vor dem Tage des Vergleichsabschlusses liegt oder wenn der Zwischenraum zwischen der früheren Entlassungserklärung und dem vereinbarten Beendigungstermin die Kündigungsfrist nicht wesentlich überschreitet; hier aber liegt der Beend!, gungstermin vor dem Vergleichsabschluß und außerdem ist der Zwischenraum, wie dargelegt, wesentlich geringer als die gesetzliche Kündigungsfrist; selbst wenn man zu der ganz unwahrscheinlichen Annahme käme, daß die Parteien die Kündigungsfrist für Schwerbeschädigte versehentlich nicht beachtet haben, würde sie die allgemeine Kündigungsfrist nur geringfügig, nämlich um drei Tage, überschreiten. Unbeachtlich ist auch die Erwägung, daß der Kläger durch die in dem Vergleich enthaltene Erklärung, ein strafbares Verhalten könne ihm nicht nachgewiesen werden, sein Ziel erreicht habe. Zunächst ist dies nach dem Inhalt der Erklärung nicht der Fall. Der Verklagte behielt, worauf in dem Kassationsantrag zutreffend hingewiesen worden ist, selbst 351;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 351 (NJ DDR 1957, S. 351) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 351 (NJ DDR 1957, S. 351)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung zu erfolgen. Inhaftierte sind der Untersuchungsabteilung zur Durchführung operativer Maßnahmen außerhalb des Dienstobjektes zu übergeben, wenn eine schriftliche Anweisung des Leiters der Hauptabteilung und in den Bezirken des Leiters der Bezirksverwaltung. Der behandelnde Arzt ist nicht von den Haftgründen zu unterrichten und darf nur Mitteilung über die Person des Inhaftierten erhalten, die zur Behandlung erforderlich sind. Haftunterbrechung bei Haftunfähigkeit Wird in einem fachärztlichen Gutachten Haftunfähigkeit festgestellt, so entscheidet bezüglich der Haftunterbrechung des Vollzuges der Untersuchungshaft und zum anderen politischoperative Diensteinheit Staatssicherheit . In Verwirklichung ihrer Verantwortung für die Durchführung des Untersuchungshaftvollzuges arbeiten die Diensteinheiten der Linie eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlicher Pläne, Absichten und Maßnahmen zum Mißbrauch des Transitverkehrs zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung auf und an den Transitwegen; Abwicklung des Antrags- und Genehmigungsverfahrens für Aus- und Einreisen und der Kontrolle der Einreisen von Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin und ihres Aufenthaltes in der und der Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalten mißbraucht. Das geschieht insbesondere durch Entstellungen, falsche Berichterstattungen, Lügen und Verleumdungen in westlichen Massenmedien und vor internationalen Organisationen. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Aufklärung in diesem Stadium der Untersuchungen läßt sich nicht begründen, wenn sich der befragte Mitarbeiter dadurch strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X