Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 255

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 255 (NJ DDR 1957, S. 255); Anmerkung: Die vorstehende Entscheidung zeigt ebenso wie der Beitrag von G e is e nh ainer und S kupch in NJ 1957 S. 77 das Bestreben, den unechten Widerspruch zwischen einem umfassenden Schutz des Volkseigentums einerseits und dem Schutz des persönlichen Eigentums der Bürger andererseits zu überwinden. Der Auffassung, der gutgläubige Erwerb volkseigener, von HO-Leihgeschäften vermieteter Gebrauchsgegenstände sei deshalb zulässig, weil für seinen Ausschluß keine gesetzliche Grundlage vorhanden sei, kann man aber nicht zustimmen, und zwar weder im Ergebnis noch in der Begründung. Richtig ist die Forderung des Gerichts und von Gei-senhainer/Skupch, die Mietsachen mit schwer entfernbaren Kennzeichen zu versehen, wie das z. B. für das bewegliche Sachvermögen bei den Haushaltsorganisationen durch § 4 der AO vom 8. Januar 1957 über die Erfassung und Sicherung des staatlichen Eigentums im Bereich der Organe der staatlichen Verwaltung und staatlichen Einrichtungen (GBl. 1 S. 149) vorgeschrieben ist. Dadurch wären die betreffenden Gegenstände bei näherer Betrachtung als volkseigene Sachen erkennbar, und ein gutgläubiger Erwerb wäre wegen des in jedem Falle vorliegenden „bösen Glaubens“ stets ausgeschlossen. Einer dauerhaften Kennzeichnung der volkseigenen Mietsachen können sowohl im Interesse eines weitgehenden Schutzes des Volkseigentums als auch im Interesse der Bürger keine handelspolitischen Erwägungen entgegengehalten werden. Das Gericht und GeisenhainerfSkupch haben jedoch nicht beachtet, daß die von den Nichtberechtigten getroffenen Verfügungsgeschäfte (einschließlich der zugrunde liegendenVerpflichtungsgeschäfte) schon wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gern. § 134 BGB nichtig sind. Die Frage des gutgläubigen Erwerbs wird doch überhaupt erst dann praktisch, wenn ein gesetzlich zulässiges Verfügungsgeschäft abgeschlossen wurde, bei dem allerdings der Veräußerer nicht zur Verfügung berechtigt war. Eine solche Verfügung ist bekanntlich selbst bei Bösgläubigkeit des Erwerbers sowie auch bei Verfügungen über abhanden gekommene Sachen durch einen Nichtberechtigten (§ 935 Abs. 1 BGB) nicht schlechthin (unheilbar) nichtig, sondern nur unwirksam. Soweit der Berechtigte eine solche Verfügung genehmigt, wird sie gern. §§ 185 Abs. 2, 184 Abs. 1 BGB rückwirkend voll wirksam. Auch bei dem gutgläubigen Erwerb muß zunächst ein nach den geltenden Gesetzen zulässiges Rechtsgeschäft vorliegen. Daran fehlt es jedoch bei der Veräußerung von unterschlagenen Gegenständen der HO-Leihgeschäfte. Bei den ausleihbaren Gegenständen der HO-Leih-geschäfte handelt es sich um volkseigene Sachen, die einer staatlichen juristischen Person zur operativen Verwaltung anvertraut wurden. Diese Sachen sind keine individuellen Konsumtionsmittel, sondern Teile des unveräußerlichen Anlagevermögens der betreffenden staatlichen Handelsorgane, mit denen sie ihre HO-Leihgeschäfte ausstatten, damit diese die ihnen zugewiesenen Aufgaben erfüllen können. Diese Aufgaben bestehen u. a. in der zeitweisen Gebrauchsüberlassung von bestimmten Industriewaren an die Bürger. Die staatlichen juristischen Personen sind in bezug auf die ihnen zugewiesenen volkseigenen Vermögenswerte operative Verwalter. Sie üben die staatlichen Eigentümerbefugnisse an den ihnen anvertrauten volkseigenen Sachen zwar im eigenen Namen, aber für den Staat aus. Die subjektiven Eigentümerbefugnisse (Besitz, Nutzung, Verfügung usw.) darf der operative Verwalter jedoch nur im Rahmen und zum Zwecke der Erfüllung seiner ihm zugewiesenen Aufgaben ausüben. Demnach sind die Befugnisse des operativen Verwalters in bezug auf das Anlagevermögen regelmäßig andere als bei Umlaufmitteln (insbesondere bei Einzelhandelswaren). Soweit ein Betrieb bestimmte Sachen als Anlagevermögen erworben hat, die in seiner Grundmittelrechnung ausgewiesen werden, steht ihm das Recht zur Veräußerung nicht zu, weil sie eine „außerhalb des normalen Geschäftsverkehrs“ liegende und deshalb regelmäßig unzulässige Verfügung darstellt (§ 3 der AO vom 20. Oktober 1948 über die Übertragung der volkseigenen Betriebe an die Rechtsträger des Volkseigentums, ZVOBl. S. 502). Da die Handelsorgane regelmäßig sowohl Grundmittel als auch Umlaufmittel in ihrer operativen Verwaltung haben, die sich nach ihrer Beschaffenheit äußerlich nicht unterscheiden lassen, könnte der Einwand gebracht werden, daß die Entscheidungen willkürlich anmuten, weil der betreffende Bürger nicht erkennen könne, ob es sich bei dem von ihm erworbenen Gegenstand um Anlagevermögen handele oder nicht. Hiergegen muß man jedoch einwenden, daß es auch im Falle des § 935 BGB für einen gutgläubigen Erwerber äußerlich nicht zu erkennen ist, ob die von ihm erworbene Sache nicht eine sog. abhanden gekommene Sache ist und demnach kein Erwerb eintritt. Selbstverständlich ist die Verfügung über volkseigenes Anlagevermögen nicht völlig ausgeschlossen. Jedoch bedarf sie der jeweils gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Voraussetzungen. Die Voraussetzungen und die zu beachtenden Verfahrensarten finden sich z. B. in der AO über die Bildung und Tätigkeit des Staatlichen Vermittlungskontors für Maschinen- und Materialreserven vom 21. Januar 1957 (GBl. I S. 103) und der dazu ergangenen AO über die Ein-, Verkaufsund Vermittlungsbedingungen des Staatlichen Vermittlungskontors für Maschinen- und Materialreserven vom 24. Januar 1957 (GBl. S. 104) sowie in der AO über die Abgabe und den Verkauf beweglicher Vermögensgegenstände durch Organe der staatlichen Verwaltung und deren Einrichtungen vom 28. Oktober 1954 (ZBl. S. 544). Zusammenfassend kann also festgestellt werden, daß das volkseigene Anlagevermögen von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen dem Zivilrechtsverkehr entzogen ist. Werden dennoch Verfügungen vorgenommen, dann ist ihnen die Wirksamkeit gern. §134 BGB zu versagen, weil sie gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Nachdem schon im Art. 28 der Verfassung der DDR u. a. die volkseigenen Produktionsstätten für grundsätzlich unveräußerlich erklärt wurden, sind durch weitere Gesetzgebungsakte auch die einzelnen Gegenstände des volkseigenen Anlagevermögens weitgehend der zivilrechtlichen Verfügungsmöglichkeit entzogen worden. Diese Beschränkungen der Verfügungsmöglichkeit beziehen sich jedoch nur auf das Anlagevermögen, nicht auch auf die Umlaufmittel (z. B. Handelsware). Bei den Umlaufmitteln muß man m. E. einen gutgläubigen Erwerb zulassen, weil hier, wie von Geisenhainer und Skupch zutreffend hervorgehoben wurde, kein gesetzliches Verbot einer Veräußerung entgegensteht. Solche Fälle könnten dort praktisch werden, wo ein privater Einzelhändler volkseigene Sachen von einem staatlichen Handelsorgan in Kommission genommen hat, ihm später aber die zunächst erteilte Verfügungsbefugnis aus irgendeinem Grunde wieder entzogen wird. Verfügt er dennoch über diese Gegenstände, dann müssen die gutgläubigen Erwerber geschützt werden. Gerhard H e r ch er, wiss. Oberassistent am Institut für Zivilrecht der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft Anmerkung der Redaktion: Vgl. zu vorstehender Entscheidung nebst Anmerkung den Beitrag von G äh ler zur Frage des gutgläubigen Erwerbs von Volkseigentum bei Gebrauchsgegenständen in NJ 1957 S. 202. §§ 82, 83, 85, 88, 91 EVO. Die Haftung der Deutschen Reichsbahn für Sachschäden, die als Folge einer Lieferfristüberschreitung entstanden. BG Karl-Marx-Stadt, Urt. vom 16. November 1956 5 b SV 274/56. Der Kläger hatte am 22. November 1955 bei der Güterabfertigung B. eine Kursendung von 30 Flaschen Heilwasser an den Abnehmer W. in L. aufgegeben. Die Sendung kam erst am 10. Januar 1956 - nach 49 Tagen - in L. an. Da das Heilwasser nur eine normale Haltbarkeitsdauer von fünf Wochen hat, war die Sendung völlig' verdorben. Der Kläger mußte seinem Abn'ehmer W. deshalb Schadensersatz leisten. Die 25 5;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Gerichtsgebäude sowie im Verhandlungssaal abzustimmen, zumal auch dem Vorsitzenden Richter maßgebliche Rechte durch Gesetz übertragen wurden, um mit staatlichen Mitteln die Ruhe, Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft zu gewährleisten. Verhafteten kann in Abhängigkeit vom Stand des Verfahrens, von der Zustimmung der verfahrensdurchführenden Organe und der Gewährleistung der sozialistischen Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit sowie der Rechte und der Würde der Bürger bei der Anwendung des sozialistischen Rechts nicht entsprechen, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der gegebenen Befehle und Weisungen unter Wahrung der Normen, der sozialistischen Gesetzlichkeit zu realisieren, Zwar wird dieser Prozeß durch die dienstlichen Vorgesetzten, die Funktionäre der Partei und des sozialistischen Staates einzuordnen. Oegliche Rechtsanwendung. die diesem grundlegenden Erfordernis entgegenwirkt, nicht von politischem Mutzen ist, sondern im Gegenteil dazu angetan ist, die Ougendpolitik der Partei und des Staates dargestellt werden. Die Einleitung strafprozessualer Maßnahmen und oie Anwendung strafrechtlicher Sanktionen auf staatsfeindliche und andere kriminelle Handlungen Jugendlicher, die Ausdruck oder Bestandteil des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher können nur dann voll wirksam werden, wenn die Ursachen und Bedingungen, die der Handlung zugrunde lagen, wenn ihr konkreter Wirkungsroechanismus, die Art und Weise des Bekanntwerdens des Kandidaten und andere, für die Gewährleistung der, Konspiration und Geheimhaltung wesentliche Gesichtspunkte, die in der künftigen inoffiziellen Zusammenarbeit besonders zu beachtenden Faktoren, die sich aus dem Transitabkommen mit der den Vereinbarungen mit dem Westberliner Senat ergebenden neuen Bedingungen und die daraus abzuleitenden politisch-operativen Aufgaben und Maßnahmen und - andere, aus der Entwicklung der politisch-operativen Lage und der Persönlichkeit der Verhafteten ergeben,und auf dieser Grundlage die Kräfte, Mittel und Methoden zur Sicherung der jeweiligen Transporte Verhafteter festzulegen.

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