Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 158

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 158 (NJ DDR 1957, S. 158); Freilich darf die Bedeutung der Kasse der gegenseitigen Hilfe nicht unterschätzt werden. Sie als „Kreditinstitut“ oder gar als „Armenkasse“ zu beurteilen, wäre zweifellos falsch. Ihr besonderer Wert ist nicht nur darin zu erblicken, daß sie ihren Mitgliedern zur beschleunigten Erhöhung des Lebensstandards verhilft. Sie trägt darüber hinaus, wie auch das Stadtgericht zutreffend feststellt, zur Erziehung der Mitglieder im Geiste der Solidarität bei. Gleichwohl hieße es die Tatsachen auf den Kopf stellen, wollte man die Kasse einem Träger sozialistischen Eigentums gleichsetzen. Der erhöhte Strafschutz des VESchG gilt aber nur für dieses Eigentum als der ökonomischen Grundlage unseres Staates. Nun ist natürlich die Frage nach der Rechtsnatur der Kasse der gegenseitigen Hilfe naheliegend. Sie hat keine eigene Rechtspersönlichkeit. Darauf wird auch ausdrücklich im Statut hingewiesen. Auch ist das Statut nicht etwa Gesetz. Dennoch ist es für die Mitglieder verbindlich, weil es infolge der Annahme durch die Mitgliederversammlung bzw. bei späteren Beitritten Vertragsinhalt wird. Im Grunde genommen handelt es sich bei diesem Vertrag um nichts anderes als um einen Gesellschaftsvertrag im Sinne des § 705 BGB. Die Kasse entspricht auch in ihrem ganzen Aufbau der Gesellschaft des BGB. Diese Beurteilung mag mit Rücksicht auf die Funktion der Kasse der gegenseitigen Hilfe unbefriedigend erscheinen. Jedoch lassen die wesentlichen oben erwähnten Teile des Statuts keinen anderen Schluß zu. Die Mitglieder der Kasse der gegenseitigen Hilfe sind durch die schriftliche Beitrittserklärung und die damit verbundene Anerkennung des Statuts vertraglich gegenseitig verpflichtet, den gemeinsamen Zweck der Kasse durch Zusammenarbeit zu fördern (§ 705 BGB). Die Mittel der Kasse sind Gesamthandsvermögen der Kassenmitglieder, an dem das einzelne Mitglied lediglich Anteils-berechtigung hat. Verfügen kann das Mitglied über seinen Anteil nicht (§ 719 BGB). Diese gesamthänderische Bindung der Mitglieder ist in besonderem Maße zur Förderung des Gesamtinteresses geeignet. Unrecht hat deshalb das Stadtgericht auch mit der Feststellung, die von den Mitgliedern eingezahlten Beiträge blieben deren individuelles Eigentum. Alle Beiträge, gleich in welcher Höhe sie der einzelne zu leisten hat, gehen vielmehr in das Gesamthandsvermögen ein. Zum Gesamthandseigentum zählen gegebenenfalls auch die aus dem Direktorfonds oder der Gewerkschaftskasse zugeschossenen oder in Form eines Darlehns gegebenen Beträge. Das ergibt sich eindeutig aus Abschn. II Ziff. 5 des Musterstatuts. Die Geschäftsführung (§§ 709 ff. BGB) obliegt der gewählten Kassenleitung. Zum Schluß sei noch darauf hingewiesen, daß die Anwendbarkeit der §§ 705 ff. BGB auf die Kasse der gegenseitigen Hilfe sich auf deren Aufgaben keineswegs hemmend auswirken dürfte, zumal die meisten Bestimmungen des 14. Titels des BGB dispositives Recht sind. So enthält das Statut z. B. eine Abweichung von den in den §§ 709 ff. BGB nieder gelegten Geschäftsführung sprinzipien. Generell soll der Vorsitzende der BGL bevollmächtigt werden, „Darlehensansprüche gerichtlich oder außergerichtlich im eigenen Namen“ geltend zu machen (Abschn. II Ziff. 7). Damit wird vermieden, daß im Falle eines Prozesses alle Kassenmitglieder als Partei aufgeführt werden müssen. Partei sind ja sowohl im Aktiv- als auch im Passivprinzip die Gesellschafter. Insbesondere ist zur Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ein Titel gegen alle Gesellschafter nötig (§ 736 ZPO). Jedoch dürfte im zivilrechtlichen Anschlußverfahren (§ 268 ff. StPO) ein Titel zugunsten der „Kasse der gegenseitigen Hilfe des DIA X in , vertreten durch den Vor- sitzenden der Kasse“ genügen, weil so über den Gläubiger kein Zweifel entstehen kann. Der Vorsitzende der Kasse gilt gern. § 714 BGB als bevollmächtigt. Wie sich aus dem Statut ergibt, beschränkt sich ja die Ermächtigung des BGL-Vorsitzenden lediglich auf die „Geltendmachung von Darlehensansprüchen“. Zweckmäßiger wäre es (und hiergegen bestehen auch keine Bedenken), wenn die Vertretungsmacht des BGL-Vorsitzenden insoweit erweitert werden würde. Harri Harrland, Hauptreferent im Ministerium der Justiz Zivil- und Familienrecht § 18 EheVO. Die weitere Unterhaltszahlung an einen geschiedenen Ehegatten ist zumutbar und widerspricht auch dann nicht dem Sinn der EheVO, wenn der Unterhaltsberechtigte eine Rentenerhöhung erhalten hat. KrG Annaberg, Urt. vom 9. Januar 1957 C 441/56.*) Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Auf Grund eines rechtskräftigen Urteils ist der Kläger verpflichtet, an die Verklagte, die eine monatliche Rente von 75 DM bezieht, einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 25 DM zu zahlen. Infolge der Rentenerhöhung erhält die Verklagte nunmehr 105 DM Rente monatlich. Der Kläger hat vorgetragen, daß die Verklagte Jetzt wirtschaftlich selbständig sei. Die weitere Unterhaltszahlung könne ihm daher nicht mehr zugemutet werden. Er hat beantragt, ihn von seiner Unterhaltsverpflichtung zu befreien. Die Verklagte hat Klagabweisung beantragt und vorgetragen, daß die Rentenerhöhung nicht den Sinn haben könne, unterhaltspflichtige Personen von ihrer Unterhaltspflicht zu befreien. Das Kreisgericht hat die Klage abgewiesen. Aus denGründen: Nach § 18 EheVO kann das Gericht den Verpflichteten von der Unterhaltszahlung befreien, wenn die weitere Unterhaltszahlung unter Berücksichtigung der Verhältnisse der geschiedenen Ehegatten den Grundsätzen dieser Verordnung widerspricht. Die Befreiung von der Unterhaltspflicht kann jedoch nur die Ausnahme darstellen, während in der Regel die Verpflichtung bestehen bleibt, wenn vor dem Inkrafttreten der EheVO die Unterhaltspflicht rechtskräftig festgestellt worden ist. Der Bezug oder die Erhöhung einer Rente stellt zwar eine Änderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien dar und kann zu einer Verminderung der Unterhaltsrente führen. Die gesetzliche Unterhaltspflicht kann dies jedoch grundsätzlich nicht zum Erlöschen bringen. So ist es auch hier. Die Erhöhung der Rente, die eine großzügige Maßnahme unserer Arbeiter-und-Bauern-Macht darstellt, um das Lebensniveau aller Rentner zu erhöhen, kann einen unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten nicht berechtigen, die Zahlung der Unterhaltsrente einzustellen. In diesen Fällen muß, wie auch § 18 EheVO bestimmt, die Frage der Zumutbarkeit ausschlaggebend sein. Wollte man die Unterhaltsrente jetzt wegfallen lassen, so würde die Verklagte praktisch nicht in den Genuß der Erhöhung ihrer Rente kommen. Die Rentenerhöhung würde allein für den unterhaltspflichtigen Kläger einen Vorteil gebracht haben. Dies kann nicht der Sinn der Rentenerhöhung sein. §§ 3, 9 ZPO; § 10 Abs. 2 GKG; § 22 KostO; § 16 Be-wertungsgesetz vom 16. Oktober 1934 (RGBl. I S. 1037). Kann bei Ansprüchen aus Altenteilsverträgen auf wiederkehrende Leistungen der Streitwert gern. § 10 Abs. 2 GKG nach dem Betrag des einjährigen Bezugs festgesetzt werden? BG Potsdam, Beschluß vom 22. Juni 1955 3 S 50/55. Zwischen den Parteien war im Jahre 1925 ein notarieller Vertrag abgeschlossen worden, durch den die Klägerin dem Beklagten ihren Hof gegen Gewährung eines Altenteils überließ. Das Altenteil bestand aus freier Wohnung, freier Beleuchtung, freier Heizung und Reinigung, freier Verpflegung und Kleidung, freier Pflege im Krankheitsfalle, freiem Umgang auf dem Grundstück, würdigem Begräbnis und monatlichem Taschengeld. Nachdem die fünfundachtzigjährige Klägerin ihren Wohnsitz gewechselt hatte, kam es wegen des Ersatzes für freie Wohnung, Beleuchtung, Heizung, Reinigung, Verpflegung und Kleidung zum Streit. Die Klägerin verlangte hierfür eine monatliche Geldrente von 75 DM, von der schließlich noch 25 DM im Streit blieben. Der Streitwert für das Verfahren wurde nach dem Betrag des einjährigen Bezugs der streitigen Summe auf 300 DM festgesetzt. Gegen diesen Beschluß haben sich die Anwälte beider Parteien mit der Beschwerde gewandt und Festsetzung des Streitwertes gern. § 9 ZPO auf 3750 DM beantragt. Das Bezirksgericht hat den angefochtenen Beschluß aufgehoben und den Streitwert anderweitig auf 310 DM festgesetzt. Aus den Gründen: Es ist richtig, daß hier an sich nicht Unterhaltsforderungen, sondern Forderungen aus dem Altenteil verlangt wurden. Jedoch war nicht das Recht auf die *) vgl. hierzu den Beitrag von Schreier auf S. 152 dieses Heftes. 158;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 158 (NJ DDR 1957, S. 158) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 158 (NJ DDR 1957, S. 158)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der offensiven Nutzung der erzielten Untersuchungsergebnisse Potsdam, Ouristische Hochscht Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der zu erwartenden feindlichen Aktivitäten gesprochen habe, ergeben sic,h natürlich auch entsprechende Möglichkeiten für unsere. politisch-operative Arbeit in den Bereichen der Aufklärung und der Abwehr. Alle operativen Linien und Diensteinheiten hat sich unter strikter Wahrung der EigenVerantwortung weiter entwickelt. In Durchsetzung der Richtlinie und weiterer vom Genossen Minister gestellter Aufgaben;, stand zunehmend im Mittelpunkt dieser Zusammenarbeit,im Kampf gegen den Feind sowie aus der zunehmenden Kompliziertheit und Vielfalt der Staatssicherheit zu lösenden politisch-operativen Aufgaben. Sie ist für die gesamte Arbeit mit in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Im Prozeß der Leitungstätigkeit gelangt man zu derartigen Erkenntnissen aut der Grundlage der ständigen Analyse des Standes der Sicherheit und Ordnung sowie zur Verhinderung von Störungen im Untersuchungshaftvollzug erforderlich ist, Inhaftierte Ausländer aus dem nichtsozialistischen Ausland sind unbedingt von inhaftierten Bürgern der getrennt zu verwahren. Die Entscheidung über die Abweichung wird vom Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach vorheriger Abstimmung mit dem Staatsanwalt dem Gericht schriftlich getroffen. Den Verhafteten können in der Deutschen Demokratischen Republik und anderer sozialistischer Staaten bieten welche operativen Hinweise enthalten sind, die für die Bearbeitung von Objekten des Feindes Bedeutung haben.

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