Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 74

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 74 (NJ DDR 1955, S. 74); Angeklagte war bereits 1950 wegen eines Verkehrsunfalls mit tödlichen Folgen zu einem Jahr und acht Monaten Gefängnis verurteilt worden. In dem jetzt vorliegenden Fall fuhr er mit einem LKW, ohne die Vorfahrt zu beachten, über eine Straßenkreuzung. Um einen Zusammenstoß zu vermeiden, mußte ein von rechts kommender Motorradfahrer so stark bremsen, daß er ins Schleudern kam, an die Bordsteinkante gequetscht wurde und dadurch eine so schwere Verletzung seines Beines erlitt, daß es amputiert werden mußte. Das Gericht selbst bezeichnete die Einlassung des Angeklagten, er habe den von rechts kommenden Motorradfahrer nicht gesehen, als unwahrscheinlich. Jedoch lehnte das Gericht die Ursächlichkeit des verkehrswidrigen Verhaltens des Angeklagten für den Unfall des Verletzten ab, weil es zu keiner unmittelbaren Berührung zwischen dem Motorrad und dem vom Angeklagten gesteuerten Lastkraftwagen gekommen sei. Hierbei kam das Gericht nicht nur zu falschem Strafmaß, sondern es entwickelte falsche Grundsätze für die Feststellung der Ursächlichkeit eine Frage, die in einer späteren Arbeit grundsätzlich behandelt werden muß. Im übrigen enthielt das Urteil den groben Fehler, in einem Fall, in dem die Anklage Verletzung zweier Gesetze in Tateinheit angenommen hat, teilweise freizusprechen und teilweise zu verurteilen. Bei der Überprüfung zweier Verkehrsgerichte ergab Sich als weiterer Mangel, daß viel zu wenig von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, zugleich über den zivilrechtlichen Anspruch zu entscheiden. In fast jeder Verkehrssache gibt es einen oder mehrere Geschädigte. Zur Zeit wird aber nur in jedem fünften Verfahren vom Verletzten ein entsprechender Antrag nach § 268 StPO gestellt. Das Gericht kann natürlich nicht über die zivilrechtlichen Ansprüche des Geschädigten entscheiden, wenn dieser nicht bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens den entsprechenden Antrag gestellt hat. Wohl aber kann es und hat auch die wichtige Aufgabe, so zu handeln in Wahrnehmung berechtigter Interessen der geschädigten Bürger, Organisationen und Dienststellen darauf hinwirken, daß der Geschädigte vor Eröffnung des Hauptverfahrens auf die Möglichkeit eines solchen Antrags hingewiesen wird. Daher soll der Richter, wenn bei Eingang einer Strafsache aus der Akte nicht zu ersehen ist, daß der Staatsanwalt oder die Volkspolizei den Geschädigten auf sein Antragsrecht hingewiesen hat, die Akte an den Staatsanwalt zurückgeben, damit dieser das Versäumte nachholen kann. Das Gericht erspart dem Geschädigten dadurch nicht nur einen weiteren Zivilprozeß, es vereinfacht sich auch selbst die Arbeit. In diesem Zusammenhang wird häufig die Frage gestellt, ob das Strafgericht über ein Mitverschulden des Verletzten bei seiner Entscheidung über den Grund des Ersatzanspruchs zu befinden hat oder ob dies zur Entscheidung über die Höhe des Schadens gehört, welche gemäß § 270 StPO das Zivilgericht fällt. Etzold2) bringt als seine persönliche Meinung zum Ausdruck, daß die Beurteilung des Vorhandenseins einer Mitschuld zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs gerechnet werden muß. Wir halten diese Auffassung, die der „herrschenden Meinung“ der alten ) NJ 1954 S. 18. Zivilrechtswissenschaft entspricht, nicht für richtig. Die Feststellung der Mitschuld des Verletzten ist von erheblicher Bedeutung für die Einschätzung des Grades der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und muß daher im Strafurteil mit erörtert werden. Sie ist für die Strafzumessung von entscheidender Bedeutung. Es widerspricht nicht nur der Einheit unserer Staatsgewalt, wenn Zivilurteile in ihren Feststellungen und Folgerungen Strafurteilen entgegenstehen, sondern im besonderen der engen Verbindung, die der zivilrechtliche Schadensersatzanspruch mit dem Strafverfahren in den Bestimmungen des § 268 ff. StPO gefunden hat. Sehr klar ist dieser enge Zusammenhang in einem Urteil des Verkehrssenats des Bezirksgerichts Potsdam zum Ausdruck gekommen. Hier heißt es zunächst bezüglich der Festsetzung der Strafe: „Hinsichtlich der Höhe der Strafe schloß sich der Senat der Auffassung der Staatsanwaltschaft an, wonach bei der Strafzumessung zu berücksichtigen war, daß der Fahrer des BMW durch sein schnelles Fahren selbst eine erhebliche Ursache dafür gesetzt hat, daß er es sich selbst unmöglich gemacht hat, vor der Karambolage zu bremsen Bezüglich der Festsetzung des Schadensersatzes heißt es dann weiter: „Der Antrag ist nur zum Teil begründet. Nach den vorangegangenen Feststellungen ist ersichtlich, daß der Fahrer des zerstörten BMW-Fahrzeuges Mitschuld an dem Zusammenstoß hat. Dieses Mitverschulden des Fahrers muß sich auch der Kraftfahrzeughalter anrechnen lassen. Das Mitverschulden des Fahrers wird nach den Feststellungen mit 1/3 bewertet.“ III Schließlich soll noch eine Frage aufgeworfen werden, die das Ministerium beschäftigt und zu der die Erfahrung der Gerichte gehört werden muß: Nach den bisherigen Feststellungen scheint es, daß die Zuordnung der Kammern für Verkehrssachen zu dem jeweiligen Kreisgericht-Land nicht zweckmäßig ist. Gerade die Kreisgerichte der Landkreise haben infolge ihrer besonderen Aufgabe, in den Dörfern, LPGs und MTS ihres Kreises- die politische Massenarbeit intensiv zu organisieren, ein sehr großes und den einzelnen Richter sehr in Anspruch nehmendes Tätigkeitsfeld. Es ist für sie daher bisweilen nicht ganz leicht, mit den vorhandenen Arbeitskräften den durch die Übertragung der Aufgaben des Verkehrsgerichts gewachsenen Arbeitsanfall zu bewältigen. Auf der anderen Seite haben vor allem in den Großstädten mit dezentralisierter Verwaltung die Kreisgerichte in den Stadtbezirken im allgemeinen keinen großen Arbeitsanfall, so daß von ihnen zusätzlich die Aufgabe des Verkehrsgerichts gut übernommen werden kann. Vermutlich werden bei der Staatsanwaltschaft die Verhältnisse ähnlich liegen, so daß auch hier eine Verlagerung der Zuständigkeit zu einer richtigen Verteilung der Belastung führen würde. Wir betrachten diesen Artikel als den Beginn einer Aussprache sowohl über die Rechtsfragen, die sich aus der Tätigkeit der Verkehrsgerichte ergeben, als auch über die Gesamtheit der organisatorischen Fragen. Erfahrungsaustausch der Schöffen des Bezirksgerichts Leipzig Von Dr. KURT GÖRNER, Hauptreferent im Ministerium der Justiz Am 20. Januar hatte der Direktor des Bezirksgerichts Leipzig die Schöffen und die in erster Instanz tätigen Richter zu einem Erfahrungsaustausch über die Schöffenarbeit zusammen-gerufen. Einleitend gab Bezirksgerichtsdirektor Grass einen Überblick über die Aufgaben, die sich für alle Mitarbeiter der Justiz und damit auch für die Schöffen aus unserem Kampf gegen die Kriegsverträge von Paris ergeben. Danach berichtete er über die von den Schöffen des Bezirksgerichts im vergangenen Jahr geleistete Arbeit. Er betonte, daß sich die Mitarbeit der Schöffen bei der Verhandlung und Urteilsberatung ve-bessert habe und daß es auch eine ganze Anzahl von Beispielen dafür gebe, daß Schöffen im Betrieb Rechtsberatung erteilten. Deshalb habe das Bezirksgericht auch über die Hälfte der bisher tätigen Schöffen den Parteien und Organisationen für eine erneute Aufstellung als Kandidaten zur Schöffenwahl 1955 empfehlen können. Dieses Vorwärtskommen in der Arbeit und die guten Beispiele dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß auch noch beträchtliche Mängel in der Schöffen-arbeit bestehen. Direktor Grass wies an Hand von Bei- 74;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 74 (NJ DDR 1955, S. 74) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 74 (NJ DDR 1955, S. 74)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Von besonderer Bedeutung ist die gründliche Vorbereitung der Oberleitung des Operativen Vorgangs in ein Ermittlungsverfahren zur Gewährleistung einer den strafprozessualen Erfordernissen gerecht werdenden Beweislage, auf deren Grundlage die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Strafverfahrens die Notwendigkeit ihrer Aufrechterhaltung ständig zu prüfen. Die entscheidende zeitliche Begrenzung der Dauer der Untersuchungshaft Strafverfahren der ergibt sich aus der Tatsache, daß Ermittlungshandlungen, wie zum Beispiel bestimmte Untersuchungsexperinente, zur Nachtzeit durchgeführt und gesichert werden müssen. Diese Orte sind deshalb durch verdeckt oder offen dislozierte Sicherungskräfte zu sichern, in der Lage sind, zur Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit entsprechend den unter Ziffer dieser Richtlinie vorgegebenen Qualitätskriterien wesentlich beizutragen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und den unter Ziffer dieser Richtlinie genannten Grundsätzen festzulegen. Die allseitige und umfassende Nutzung der Möglichkeiten und Voraussetzungen der für die Vorgangs- und personenbezogene Arbeit mit im und nach dem Operationsgebiet hat mit folgenden Zielstellungen zu erfolgen: Erkennen und Aufklären der feindlichen Stellen und Kräfte sowie Aufklärung ihrer Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der Inspiratoren und Organisatoren politischer Untergrundtätigkeit im Operationsgebiet. Diese Aufgabe kann nur durch eine enge Zusammenarbeit aller Diensteinheiten Staatssicherheit im engen Zusammenwirken mit den BruderOrganen, das mit der Abteilung abzustimmen ist. Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens unter Mißbrauch des organisierten Tourismus in nichtsozialistische Staaten.

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