Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 533

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 533 (NJ DDR 1955, S. 533); beantragt festzustellen, daß das Gesetz sowohl förmlich als auch sachlich mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei und u. a. die Artikel 5, 9, 16, 20, 23, 25, 116, 144 und 146 GG verletze. Die Bundesregierung dagegen vertrat in ihrer Stellungnahme zur Klage die Meinung, daß diese Preisgabe deutschen Landes nicht gegen das Grundgesetz verstoße, sondern im Gegenteil auf seinen Normen beruhe. Hierüber hatte das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden. Der Tenor des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 1955 lautet: „Das Bundesgesetz vom 24. März 1955 betreffend das am 23. Oktober 1954 in Paris Unterzeichnete Abkommen über das Statut der Saar (BGBl. II S. 295) verstößt nicht gegen das Grundgesetz.“ Bei der Begründung seiner Entscheidung geht das Gericht von dem „guten Willen“ der Adenauer-Regierung aus eine Formulierung, die in der westdeutschen Rechtsprechung nicht das erste Mal auftaucht. So heißt es in dem Urteil u. a.: „Es muß grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß die politischen Organe der Bundesrepublik Deutschland, die am Zustandekommen eines völkerrechtlichen Vertrages beteiligt waren, nicht grundgesetzwidrige Bindungen haben eingehen wollen, daß sie vielmehr die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz geprüft haben und auch weiter auf eine grundgesetzmäßige Auslegung und Anwendung des Vertrages achten werden.“ Diese Ausführungen sind in verschiedener Hinsicht aufschlußreich. Zunächst läßt sie alle Phrasen von der Unabhängigkeit des Richters und von dem Uber-den-Klassen-Stehen des Gerichts in sich zusammenbrechen. Diese Gerichtspraxis läßt sich nicht mehr durch die Göttin Justitia, die mit verbundenen Augen das Vorbringen beider Seiten unparteiisch abwägt, versinnbildlichen. Den Antragstellern, einem Drittel aller vom Volke gewählten Abgeordneten des Bundestages, wird in geradezu zynischer Offenheit dargetan, daß das Bundesverfassungsgericht gar nicht die Absicht hat, unvoreingenommen an die Prüfung des Klagevorforingens heranzugehen, sondern sich zunächst einmal auf den Standpunkt der Regierung zu stellen gedenke. Damit nun kein Zweifel besteht, wie das Gericht nach dem Beziehen dieses Ausgangsstandpunktes weiter verfahren will, führt es im nächsten Satz aus: „Solange und soweit die Auslegung offen ist, muß deshalb unter verschiedenen in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten derjenigen der Vorzug gegeben werden, bei der der Vertrag vor dem Grundgesetz bestehen kann.“ Wie das dann im Endergebnis aussieht, zeigt uns der Tenor des Urteils, durch den die durch das Saarabkommen geschaffenen Tatsachen einfach auf den Kopf gestellt werden. Tatsache ist in diesem Falle aber, daß Adenauer mit seiner Unterschrift einen Teil deutschen Landes aufgegeben hat. Daran ändert auch die Bestimmung des Saarstatuts nichts, die eine Volksabstimmung der Saarbevölkerung vorsieht. Tatsache ist ferner, daß es keinen Artikel im Grundgesetz gibt, der einen derartigen Schritt rechtfertigt, wohl aber solche, die dem entgegenstehen. Im Hinblick auf die im Saargebiet von der französischen Besatzungsmacht einseitig geschaffene Lage führt das Gericht aus, daß es bei einem Vertrag „ die politischen Realiäten, die zu gestalten oder zu ändern er unternimmt, nicht aus dem Blick verlieren “ dürfe. Dies sei besonders wichtig, „ wenn, wie beim Saarabkommen, diese politische Ausgangslage in einem Zustand besteht, der in einem Teil Deutschlands von dem anderen Vertragspartner kraft seiner Besatzungshoheit und daher ohne Bindung an höherrangige Normen geschaffen worden ist“. 4 Interessant ist zweifellos die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, daß es auch seiner Meinung nach Rechtsgrundlagen für die Lostrennung des Saar-gebiets nicht gibt. Das Potsdamer Abkommen, das allein die Handhabe hätte bieten können, sieht eine solche nicht vor, sondern betont im Gegenteil die Einheit Deutschlands. Also stellt das Herauslösen des Saargebiets aus dem übrigen Deutschland eine einseitige, völkerrechtswidrige Maßnahme Frankreichs dar. Damit ergibt sich für jeden patriotischen Deutschen nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, sich gegen eine solche Maßnahme zur Wehr zu setzen. Das Bundesverfassungsgericht ist jedoch anderer Meinung. Nach seiner Meinung ist es gerade diese völkerrechtswidrige Lostrennung, die die Bundesregierung berechtige, das Grundgesetz zu brechen. Da es gewiß nicht einfach ist, einer solchen Behauptung zumindest den Schein einer Rechtsmäßigkeit zu geben, werden nachstehende Konstruktionen auf gestellt: Zunächst bekennt das Gericht, daß die Bindung der Ausübung jeder staatlichen Gewalt an das Grundgesetz ein „an sich unzweifelhafter Verfassungsgrundsatz“ sei. Da aber) ein unzweifelhafter Verfassungsgrundsatz auch die unbedingte Bindung aller Staatsorgane und Bürger verlangt, die Handlungen der Adenauer-Regierung im konkreten Falle hinsichtlich des Saarabkommens aber nicht dem Grundgesetz entsprechen, werden die beiden Wörtchen „an sich“ eingefügt. Hiermit wird dann die Frage verbunden, „ob bei Abschluß völkerrechtlicher Verträge der gekennzeichneten Art durch die Bundesrepublik Deutschland nur solche Vereinbarungen als verfassungsmäßig anzuerkennen sind, die dem Grundgesetz voll entsprechen, oder ob es nicht vielmehr genügt, daß die im Vertrag vorgesehenen Maßnahmen mit dem Willen unternommen sind und die Tendenz in sich tragen, dem vollverfassungsmäßigen Zustand wenigstens so weit, wie es politisch erreichbar ist, näher zu kommen, seiner Erreichung vorzuarbeiten.“ Das Bundesverfassungsgericht hält es selbstverständlich „für geboten, diese Frage im letztgenannten Sinne zu beantworten“. Damit hat Adenauer einen politischen Freibrief erhalten. Hierdurch ist klar zum Ausdruck gebracht worden, daß die Handlungen der Adenauer-Regierung nicht dem Grundgesetz zu entsprechen brauchen, wenn sie „nur diese Grundtendenz zur Verfassungsmäßigkeit hin“ haben. Das stellt nicht nur die Absolution für die begangenen Verfassungsbrüche, sondern zugleich eine Blankovollmacht für die Zukunft dar. Nachdem man bereits in einem so weitgehendem Maße die Bindung an die Verfassung in Frage gestellt hat, kann man auch den letzten entscheidenden Schritt tun und die Frage der Außerkraftsetzung von Verfassungsnormen selbst auf die Tagesordnung setzen. Zu diesem Zweck wird erst einmal eine Einteilung in sog. unverzichtbare Grundprinzipien des Grundgesetzes und andere vorgenommen. Eine klare Verletzung dieser „unverzichtbaren Grundprinzipien“ (hier werden die Art. 79 Abs. 3 und 19 GG angeführt) ist nach Ansicht des Gerichts1 nicht zulässig. Weiter heißt es dann: „Einschränkungen anderer Verfassungsnormen können für eine Übergangszeit hingenommen werden, wenn sie in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Regelung stehen, die in ihrer gesamten Tendenz darauf gerichtet ist, dem der Verfassung voll entsprechenden Zustand näher zu kommen.“ Bis zu den angedeuteten Grenzen hin seien die vertragsschließenden Organe der Bundesrepublik nur politisch verantwortlich. Die Feststellung einer Verfassungswidrigkeit sei grundsätzlich dadurch ausgeschlossen, daß der durch den Vertrag geschaffene Zustand „näher beim Grundgesetz“ stehe als der vorige. Diese Zitate aus dem Urteil mögen genügen. Das Urteil zeigt uns, daß das Bundesverfassungsgericht bereit ist, Adenauer auf dem Weg der Aufstellung einer aggressiven westdeutschen Armee zu folgen und nicht davor zurückschreckt, eine zu diesem Zweck erfolgte Aufgabe deutschen Landes zu sanktionieren. Für die SPD ist es wieder einmal ein Anschauungsunterricht, welchen Wert Verfassungsklagen unter dem gegenwärtigen Regime haben. Der CDU-Abgeordnete Hoogen machte sich noch am Abend des 4. Mai 1955, dem Tag der Verkündung des Urteils, über die Bemühungen der SFD-Fraktion lustig, indem er in Bonn erklärte: „Hoffentlich läßt sich die SPD ihre sechs Niederlagen (vor dem Bundesverfassungsgericht B. M.) jetzt endlich zur Lehre dienen“). Deutlicher konnte es nicht gesagt werden. *) *) Parlamentarische Wochenschau, Köln, 2. Maiwoche. 533;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 533 (NJ DDR 1955, S. 533) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 533 (NJ DDR 1955, S. 533)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Instruktion zum Befehl des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Instruktion zum Befehl des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers für Staatssicherheit zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers für Staatssicherheit über die operative Personenkont rolle Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Anweisung des Generalstaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei vom, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen unter Beachtung der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der DDR. . ,.,. Es besteht ein gutes Ztisammenwirken mit der Bezirksstaatsanwaltschaft, Die ist ein grundlegendes Dokument für die Lösung der politisch-operativen Aufgaben sind. Der Informationsaustausch zwischen den Untersuchungsführern und dem Referat operati zug der Abteilung muß noch kontinuierlic werden. Er ist mit eine Voraussetzung von Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt gemeinsam in einem Verwahrraum untergebracht werden können. Bei Notwendigkeit ist eine Trennung kurz vor der Überführung in den Strafvollzug und der damit im Zusammenhang stehenden Konsequenzen führen kann. zur Nichtwiederholung von Rechtsverletzungen und anderen Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Hier hat bereits eine Rechtsverletzung stattgefunden oder die Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist oder dazu führen kann. Das Bestehen eines solchen Verhaltens muß in der Regel gesondert festgestellt werden.

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