Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 204

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 204 (NJ DDR 1955, S. 204); Diese und viele andere organisatorische Maßnahmen fördern natürlich die Beseitigung von Mißständen und tragen wesentlich zur Erhöhung der Vertragsdisziplin auch in bezug auf ordnungsgemäßen Abschluß der Verträge bei. VI Es verbleibt noch, zu der Frage Stellung zu nehmen, wie in den Fällen zu verfahren ist, in denen ohne einen rechtswirksamen Vertrag tatsächlich Lieferungen durchgeführt worden sind. Es handelt sich hier um die von Gentz im Beginn seines Artikels als die praktisch häufigsten Fälle gekennzeichneten Tatbestände. Ausgehend von unserer grundsätzlichen Auffassung, daß nach unserem Recht formgerechte Vertragsabschlüsse stets erforderlich und möglich sind, ist dazu im einzelnen zu sagen: 1. Wird die Planaufgabe den Bedarfsträgern zu spät bekanntgegeben, so daß sich diese im Interesse der kontinuierlichen Versorgung der Bevölkerung, insbesondere mit Lebensmitteln, zur Durchführung von „Vorlieferungen“ genötigt finden, so ist in keiner Weise einzusehen, weshalb es nicht möglich sein sollte, auch über diese Vorlieferungen einen formgerechten Vertrag abzuschließen, der dann von dem später abzuschließenden Quartals- oder Jahresvertrag ergänzend umfaßt wird. Ein solcher Vertrag über Vorlieferungen ist um so eher möglich, als sich die Partner dabei stets auf solche Waren und Mengen beschränken werden, von denen sie auf Grund der vorjährigen Erfahrungen mit Bestimmtheit annehmen können, daß sie auch in der neuen Planauflage enthalten sein werden. Infolgedessen braucht man in Fällen, in denen gleichwohl unzulässigerweise ohne Vertrag mit der Abrede geliefert wird, später den Vertragsabschluß nachzuholen, keine Bedenken zu tragen, diese Lieferungen nach Vertragsgrundsätzen, sondern nach den Grundsätzen zu behandeln, die das Gesetz für Leistungen ohne rechtlichen Grund zur Verfügung stellt. Das heißt also, daß weder Vertragsstrafe für Überschreitung der formlos vereinbarten Lieferfrist noch Schadensersatz wegen Nichteinhaltung der formlos zugesicherten Eigenschaften verlangt werden kann. Vielmehr sind auf diese Warenbewegung die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung anzuwenden, wobei hier nicht untersucht werden soll, ob die Anwendung sämtlicher dieser Vorschriften auf unser Vertragssystem zulässig ist10 * *). Daneben besteht noch die Möglichkeit, einem oder beiden Partnern nach § 10 VGVO eine in den Staatshaushalt fließende Strafe wegen Lieferung ohne Vertragsabschluß aufzuerlegen. Daß dieses Verfahren etwa zu Planstörungen oder Zirkulationsstörungen führen könnte, weil der „Lieferer“ theoretisch einen Anspruch auf Rückgabe des Liefergegenstandes besitzt, braucht um so weniger erwartet zu werden, als in der Regel weder der „Lieferer“ an der Rücknahme der Ware interessiert (mehrfache Transportkosten), noch der „Besteller“ zur Rückgabe der längst weiterveräußerten Ware in der Lage sein wird. Was aber mit Bestimmtheit erwartet werden kann, ist, daß der durch die Versagung jeglicher Vertragsansprüche geschädigte Partner es kein zweites Mal zu einer vertragslosen Lieferung kommen lassen wird! 2. Haben die Partner, wenn die Planauflage vorliegt, sich über Modalitäten der Erfüllung nicht geeinigt, trotzdem aber geliefert bzw. abgenommen und sich erst nachträglich an das Vertragsgericht gewandt, so sind auch diese Lieferungen, gleichgültig ob sie voll durchgeführt sind oder nicht, als vertragslos anzusehen und entsprechend zu behandeln. 3. Dieselben Grundsätze müssen auch beim Streit über die Vertragsmenge infolge mangelhafter Plankoordinierung gelten. Gemäß § 11 Abs. 1 VGVO muß das Vertragsgericht in einem etwaigen vorvertraglichen Schiedsverfahren die zuständigen Stellen auf die mangelhafte Koordinierung der Pläne hinweisen; wollen die Partner aber liefern bzw. abnehmen, ohne die Hilfe des Vertragsgerichts abzuwarten, so ist jedenfalls 10) Der Anwendung des § 814 BGB z. B. werden dieselben Be- denken, die sieh schon bei seiner Anwendung im sonstigen Zivilrecht ergeben, in erhöhtem Maße entgegenstehen. zu verlangen, daß sie dann wenigstens über die vorläufige Liefermenge einen Vertrag abschließen, sonst sind auch diese Lieferungen als außervertraglich zu behandeln. 4. Das letzte der Gentzschen Beispiele ist offenbar so aufzufassen, daß es sich um einen Fall handelt, in dem die Planaufgabe nicht geändert wurde, da nur dann u. U. eine Zustimmung der übergeordneten Organe zur Vertragsänderung erforderlich ist. Aber auch mit dieser Unterstellung ist nicht recht zu verstehen, was dieses Beispiel in unserem Zusammenhang eigentlich soll. Durch das Erfordernis der Zustimmung werden doch die Partner in keiner Weise gehindert, die Vertragsänderung formgültig zu vereinbaren und alsdann die Zustimmung einzuholen wie es tatsächlich ja auch in der Regel geschieht. Das Problem, das sich in diesem Beispielsfall ergibt, ist in Wirklichkeit das Problem der Lieferung auf Grund eines infolge noch ausstehender Genehmigung schwebend unwirksamen Vertrages (das verschieden zu lösen ist, je nachdem, ob die Zustimmung nachträglich erteilt wird Oder nicht); es hat aber mit unserer Frage der Lieferung auf Grund eines wegen Formmangels nichtigen Vertrages nichts zu tun. Da nach § 8 Abs. 6 der 6. DB zur WO für die Abänderung von Verträgen einfache Schriftform regelmäßig genügt und diese im Wege des Schriftwechsels fast stets gewahrt sein wird, kann dieses Beispiel also völlig aus der Betrachtung ausscheiden. Zusammenfassend ist danach zu sagen, daß der Hinweis auf die von Gentz gebrachten Beispiele nicht geeignet ist, unsere Auffassung zu erschüttern, vielmehr bleibt es bei der Feststellung, daß die Formvorschrift des § 4 Abs. 1 WO ein Wesenselement der Verträge ist, wie sie zwischen den sozialistischen und ihnen gleichgestellten Betrieben zur Erfüllung der Planaufgaben abgeschlossen werden müssen, und schon aus diesem Grunde, daneben auch nach § 125 BGB, ein Verstoß gegen diese Formvorschrift zur Nichtigkeit des Vertrages führen muß. Lediglich in einem Punkte stimmen wir mit Gentz überein allerdings vom gegenteiligen Standpunkt her , nämlich in der entschiedenen Ablehnung der von Such in seiner Schrift über „Die Bedeutung des Vertragssystems bei der Verwirklichung des neuen Kurses“17) angebotenen Lösungsversuche. Offensichtlich sind diese nicht aus dem Wesen und der Bedeutung des Vertragssystems erarbeitet, sondern resultieren aus dem Bestreben, einerseits dem Wortlaut des Gesetzes, andererseits aber auch der einer Anpassung an die faktischen Verstöße gegen diese Vorschrift darstellenden Rechtsprechung gerecht zu werden. Wenn man von Suchs Grundsatz ausgeht, daß „die Verletzung der Formvorschrift, weil sie den ganzen Vertrag erfaßt, Nichtigkeit des Vertrages zur Folge“ hat, und seine weiteren Schlußfolgerungen untersucht, dann ergibt sich, daß er trotz der angeblichen Nichtigkeit doch die Existenz eines Vertrages unterstellt, denn er sagt: „Aus dem Fortbestand der Planaufgabe bei Verletzung der Formvorschrift ergibt sich die Verpflichtung zur Nachholung der Form, solange der Vertrag (von mir gesperrt A. H.) noch nicht oder nicht völlig erfüllt ist.“ Also ist der Vertrag vor dem Abschluß in der vorgeschriebenen Form da. Das kann nur bedeuten, daß er auf Grund mündlicher Abmachungen, faktischer Lieferungen bzw. auf Grund der Planaufgabe da ist. Also bewirkt hier die Verletzung der Formvorschrift nach Such, entgegen seinem vorher aufgestellten Grundsatz, keine Nichtigkeit des ganzen Vertrages. Denn, wenn die Form, um den Vertrag wirksam werden zu lassen, nachgeholt werden kann, dann war dieser nach Suchs Auffassung vorher nicht „nichtig“, sondern nur schwebend unwirksam. Wenn es nun heißt, daß der Vertrag „im Zeitpunkt der Nachholung der Form wirksam“ wird, so bleibt weiter unklar, ob Such den vorher schwebend unwirksamen Vertrag nunmehr ex nunc oder ex tune wirksam werden lassen will aber gerade das ist von Bedeutung für die Behandlung der vorherigen faktischen Lieferungen. Wird der Vertrag ex nunc wirksam, dann 204 17) Berlin 1954, S. 45 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 204 (NJ DDR 1955, S. 204) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 204 (NJ DDR 1955, S. 204)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Untersuchungsergebnissen, Anzeigen und Mitteilungen sowie Einzelinformationen fprozessuale Verdachtshinweisp rüfungen im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat Ausgewählte Probleme der Offizialisierung inoffizieller Beweismittel im Zusammenhang mit der sich vertiefenden allgemeinen Krise des Kapitalismus stehende zunehmende Publizierung von Gewalt und Brutalität durch die Massenmedien des Gegners. Durch eine Glorifizierung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Tatausführung vor genommen wird;. Der untrennbare Zusammenhang zwischen ungesetzlichen Grenzübertritten und staatsfeindlichem Menschenhandel, den LandesVerratsdelikten und anderen Staatsverbrechen ist ständig zu beachten. Die Leiter der Diensteinheiten haben zu gewährleisten, daß rechtzeitige Entscheidungen über die Weiterbearbeitung der Materialien in Operativvorgängen getroffen werden, sofern die in der Vorgangs-Richtlinie genannten Anforderungen erfüllt sind.

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