Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 203

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 203 (NJ DDR 1955, S. 203); V In diesem Zusammenhang ist es lehrreich, auf die Erfahrungen der Sowjetunion im Kampf gegen vertragslose Lieferungen hinzuweisen. Die KPdSU, die Regierung der UdSSR und die sowjetische Zivilrechtswissenschaft haben in allen Phasen der Entwicklung der sozialistischen Wirtschaft einen konsequenten Kampf gegen vertragslose Lieferungen geführt, worunter insbesondere Lieferungen ohne Einhaltung der entsprechenden Formvorschrift zu verstehen sind. Dabei ist die Feststellung von Interesse, daß auch dort die Staatliche Arbitrage nicht immer konsequent auf vertragslose Lieferungen reagierte. In der sowjetischen Wissenschaft wurde 1949 darauf hingewiesen, daß „als Resultat der falschen Praxis der Staatlichen Arbitrage ernste Hindernisse für den Abschluß von Verträgen entstanden sind, daß eine Basis für vertragslose Verhältnisse geschaffen wurde“10 *). Seitdem ist eine Änderung dieser Praxis eingetreten; schon in den letzten Jahren gewährte die Staatliche Arbitrage der Sowjetunion keinen Schadensersatz und keine Vertragsstrafe mehr bei Lieferungen ohne Vertrag und bei Begründung der Ansprüche nur aus dem Planungsakt, und schon in den Jahren 1950 und 1951 6ind daher vor der Staatlichen Arbitrage fast keine derartigen Anträge mehr gestellt worden. Jedoch kamen noch Ansprüche aus vertragslosen Lieferungen auf Annahme und Bezahlung der Lieferung vor, die jedoch von der Staatlichen Arbitrage, nunmehr ebenfalls schon seit längerer, Zeit, abgelehnt werden11). Der Stellvertreter des Hauptarbiters der Staatlichen Arbitrage, M. F. Schaljupa, sagt hierzu: „Zu der Frage des Abschlusses der Lieferverträge in den letzten Jahren sind auf Grund der ergriffenen Maßnahmen bedeutende Erfolge errungen worden: Die Anzahl der vertragslosen Lieferungen ist stark gesunken, die Verträge sind konkreter.“12) Besonders das letzte Werk von R. O. C h a 1 -f i n a vertritt einen sehr konsequenten Standpunkt in der Frage der Gewährung von Rechtsschutz für Ansprüche aus vertragslosen Verhältnissen. R. O. Chalfina ist der Ansicht, es sei schädlich, in Fällen, in denen Verträge nicht ordnungsgemäß abgeschlossen worden sind, die Ansprüche so zu behandeln, als ob keine Gesetzesverletzung stattgefunden habe. Sie sagt: „Wenn der Käufer sicher ist, daß er unabhängig vom Vertragsabschluß gleichwohl die ihm gemäß dem Plan zukommende Produktion erhält, wenn er das Recht hat, sie zu erhalten, wenn dieses sein Recht durch zivilrechtliche Sanktionen gesichert ist, so wird er wohl kaum an einem rechtzeitigen Abschluß des Vertrages interessiert sein. Ferner: wenn der Käufer die Erfüllung der Verpflichtung auch vor dem Abschluß eines Vertrages fordern kann, so ist es offensichtlich, daß der Lieferer, der keinen Vertrag abgeschlossen hat, auch die Bezahlung der Produktion, die er auf der Grundlage des Planes, ohne Abschluß eines Vertrages geliefert hat, fordern kann. Auf diese Weise wird ein breiter Boden für vertragslose Verhältnisse geschaffen, der Vertrag zwischen den Partnern erhält nicht die Bedeutung, die er auf der Grundlage des Gesetzes haben muß.“13) Indem sie die von einigen sowjetischen Zivilrechtlern vertretene Theorie, daß ein Planungsakt zugleich auch ein zivilrechtliches Lieferverhältnis begründe, bekämpft, zeigt R. O. Chalfina den fehlerhaften Kreis, der durch die Anerkennung von Ansprüchen aus solchen Lieferungen entsteht. Sie sagt: „Die Möglichkeit, die Erfüllung einer Lieferungsverpflichtung ohne Abschluß eines Vertrages zu er- 10) X. Raranow, „Der Wirtschaftsvertrag ein Instrument der Erfüllung der staatlichen Pläne“, in Planwirtschaft 1949, Heft 5, S. 69 [zitiert bei R. O. Chalfina „Das Wesen der Verträge im sowjetischen sozialistischen Zivilrecht“, Moskau 1954, S. 156 (russ.)). 1!) R. O. Chalfina, a.a.O. S. 159: M. P. Schaljupa/J. A. Donde, „Die Staatliche Arbitrage in der UdSSR“, Moskau 1953, S. 43 (russ.). i 12) M. P. SChaljupa, „Der Wirtschaftsvertrag und seine Rolle im Kampf für den Plan und die wirtschaftliche Rechnungsführung“, Sowjetstaat und Sowjetrecht 1953, Heft 4, S. 85 (russ.). 13) R. O. Chalfina, a.a.O. S. 157. halten, erzieht zur Lässigkeit gegenüber dem Vertrag, fördert die Verzögerung seines Abschlusses; eine schwache Vertragsdisziplin, systematische Verzögerungen der Vertragsabschlüsse dienen als Begründung dafür, daß aus dem Planungsakt außer der Verpflichtung, den Vertrag abzuschließen, noch eine andere zivilrechtliche Verpflichtung entstehe. Auf diese Weise führt der Versuch, die Parteien von den ungünstigen Folgen des nicht rechtzeitigen Vertragsabschlusses zu befreien, dazu, daß ein nichtrechtzeitiger Vertragsabschluß eine Gewohnheit und etwas Alltägliches wird.“14) Diese Beispiele aus der sowjetischen Literatur zeigen, daß man dort grundsätzlich für eine strenge Einhaltung der Vertragsdisziplin auch in bezug auf formgerechten Abschluß der Verträge kämpft. Außerdem ergreift die Staatliche Arbitrage gegen die Verzögerung der Vertragsabschlüsse bzw. gegen vertragslose Lieferungen verschiedene organisatorischerzieherische Maßnahmen15): 1. Es werden gemeinsame Beratungen der Arbitrage mit den Ministerien, Betriebsleitern, Leitern der Handelsorganisationen durchgeführt, auf denen die i m Vorjahr beim Abschluß der Verträge aufgetretenen Schwierigkeiten klargestellt werden. Hierbei werden gemeinsame Maßnahmen beraten, wie man einen rechtzeitigen Abschluß von Verträgen für das kommende Jahr sichern kann. Diese Beratungen finden jährlich rechtzeitig vor der Kampagne für den Abschluß der Jahresverträge statt. 2. Die Staatliche Arbitrage führt für die Mitarbeiter der Ministerien, der Betriebe und der Wirtschaftsorganisationen Konsultationen durch, bei denen diese über den Abschluß der Verträge beraten werden. 3. Die Staatliche Arbitrage verfolgt in den Ministerien, Betrieben und Wirtschaftsorganisationen den Verlauf der Vertragsabschlüsse, deckt rechtzeitig die Ursachen auf, die dem Abschluß entgegenstehen und signalisiert sie den zuständigen Stellen. 4. Die Staatliche Arbitrage beteiligt sich an der Ausarbeitung der Allgemeinen Lieferbedingungen. Hierbei war es ihr möglich, manche Bestimmungen, die beim Abschluß von Verträgen zum Gegenstand von Streitigkeiten hätten werden können, rechtzeitig zu beseitigen. 5. Die Staatliche Arbitrage schaltet sich aus eigener Initiative in den Abschluß von Verträgen ein, indem sie Betriebe, die keine Maßnahmen hierzu ergreifen, obwohl sie durch den Plan dazu verpflichtet sind, zum Abschluß anregt und hierbei gleich die Frage entscheidet, welcher der beiden Partner die Strafe für die Verzögerung des Vertragsabschlusses zu tragen hat. 6. Als eine sehr wesentliche Maßnahme für die Förderung der Vertragsdisziplin wird die persönliche Anwesenheit des Betriebsleiters oder seines Stellvertreters als Vertretung der Partei in der mündlichen Verhandlung erachtet. Von seiten der Ministerien müssen die Hauptabteilungsleiter und ihre Stellvertreter anwesend sein. Die Justitiare sind nicht zur Vertretung bevollmächtigt, sie bereiten jedoch den Prozeß vor. Diese Maßnahme, die in der sowjetischen Vertragsverordnung verankert ist und über deren Verwirklichung die Staatliche Arbitrage wacht, wird als besonders wirksam angesehen. Sie ist deshalb wichtig, weil die Fehler in der Arbeit des Betriebes, die sich im Laufe der Verhandlung zeigen, am ehesten dann abgestellt werden, wenn der Betriebsleiter selbst sich unmittelbar von ihrer Auswirkung überzeugen konnte. Der Kreis der Bevollmächtigten in den Vorvertragsstreitigkeiten ist besonders eng gehalten, und die Teilnahme des Betriebsleiters und der Hauptvertreter der übergeordneten Instanzen wird bedingungslos verlangt. Hier zeigt sich die Bedeutung, die man gerade dem Vertragsabschluß bzw. der Schlichtung der Vorvertragsstreitigkeit beimißt. Die schriftliche Übereinstimmung der beiden Partner ist schon der erste Schritt zur Erfüllung der Verpflichtungen. 14) R. O. Chalfina, a.a.O. S. 158. 15) s. hierzu M. P. Schaljupa / J. A. Donde, a.a.O. S. 20 f und S. 78: ferner J. A. Donde / S. M. Freidman / G. I. Tschir-kow „Der Wirtschaftsvertrag und seine Rolle in der Versorgung der Volkswirtschaft der UdSSR“, Moskau 1954, S. 216 223 (russ.). 203;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 203 (NJ DDR 1955, S. 203) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 203 (NJ DDR 1955, S. 203)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels. Die vom Feind angewandten Mittel und Methoden. Die Zielgruppen des Feindes. Das Ziel der Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und des vor allem von kriminellen Menschenhändlerbanden betriebenen staatsfeindlichen Menschenhandels hat Staatssicherheit durch den zielstrebigen, koordinierten und konzentrierten Einsatz und die allseitige Nutzung seiner spezifischen Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung -und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Ausgehend davon, daß - die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels angefallenen Bürger intensive Kontakte und ein großer Teil Verbindungen zu Personen unterhielten, die ausgeschleust und ausgewiesen wurden legal in das nichtsozialistische Ausland bestünden. Diese Haltungen führten bei einer Reihe der untersuchten Bürger mit zur spätereri Herausbildung und Verfestigung einer feindlich-negativen Einstellung zu den verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der angegriffen werden bzw, gegen sie aufgewiegelt wird. Diese ind konkret, detailliert und unverwechselbar zu bezeichnen und zum Gegenstand dee Beweisführungsprozesses zu machen. Im Zusammenhang mit der Inhaftierung von Ausländern in der konnten im Ergebnis eines engen, koordinierten Zusammenwirkens eine Reihe offensiver, die Positionen der weiter stärkende diplomatische Maßnahmen durchgeführt werden.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X