Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 178

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 178 (NJ DDR 1955, S. 178); Über die Ursachen der Rückfälligkeit Vorbestrafter Von IRMA THORN, HILDE WEISSE und ERNST LEIM, Staatsaniuälte beim Generalstaatsanwalt der DDR I Die Aufsicht über die Haftanstalten, die der Staatsanwaltschaft durch den Ministerratsbeschluß vom 27. März 1952 übertragen und durch das Gesetz über die Staatsanwaltschaft gesetzlich festgelegt wurde, darf nicht als eine besondere, von den übrigen Aufgaben des Staatsanwalts losgelöste Aufgabe betrachtet werden, die nebenher erledigt werden kann. Es genügt nicht, daß der Staatsanwalt bei seinen Kontrollbesuchen in den Haftanstalten prüft, ob die Sicherheit gewahrt und die Gesetzlichkeit innegehalten wird; vielmehr muß er sich mit allen im Strafvollzug auftauchenden Problemen auseinandersetzen. Daher haben sich die in der Abteilung Haftaufsicht beim Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik tätigen Staatsanwälte neben ihrer laufenden Arbeit u. a. die Aufgabe gestellt, im 2, Halbjahr 1954 die Ursachen dafür aufzudecken, daß in der Deutschen Demokratischen Republik trotz der veränderten politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse immer noch eine Reihe Vorbestrafter rückfällig wird. In Westdeutschland waren im Jahre 1952 von 430 000 Verurteilten 147 000, also fast 35 %, vorbestraft. Das ist eine ungeheure Zahl, die bei uns bei weitem nicht erreicht wird. Aber wenn auch in der Deutschen Demokratischen Republik die Zahl vorbestrafter Täter wesentlich geringer ist, so ist es doch interessant und notwendig zu untersuchen, warum bei uns immer noch Vorbestrafte rückfällig werden. Was für Menschen sind es, die heute mit den Gesetzen unseres Staates in Konflikt kommen? Da sind erstens die Verbrecher gegen unseren demokratischen Staat, bezahlte Elemente oder bewußte Feinde unserer Ordnung, die es geben wird, so lange Deutschland gespalten ist und die kapitalistische Umkreisung der Länder des Friedenslagers anhält. Mit diesen Verbrechern mußten wir rechnen und haben wir gerechnet. Die Geschichte lehrt, wie Lenin sagt, daß sich der Imperialismus mit tausendfachem Haß auf die Völker stürzt, die aus dem kapitalistischen Gefüge ausbrechen. Es sind zweitens die Verbrecher gegen unsere Wirtschaft, die unseren Aufbau bewußt stören wollen oder aber aus Gewinnsucht vor dieser Störung nicht zurückschrecken. Sie sind die Nutznießer der Spaltung Deutschlands und seiner Währung. Auch gegen sie richtet sich die ganze Schärfe unseres Strafrechts. Der Hauptteil aller Gesetzesverletzungen liegt jedoch auf dem Gebiete des allgemeinen Strafrechts. Wir sind uns darüber klar, daß es sich hier um ein Erbe der kapitalistischen Epoche handelt. Verbrechen dieser Art, vor allem Eigentumsdelikte, sind aus der kapitalistischen Ordnung nicht wegzudenken. Ausbeutung und Arbeitslosigkeit stellen in der kapitalistischen Epoche ihre Ursachen dar. Nach dem Sieg der Sowjetunion wurde in einem Teile Deutschlands der faschistische Staatsapparat zerschlagen. Es entstand unsere Arbeiter- und Bauernmacht, deren ökonomische Grundlage das Volkseigentum ist. Ausbeutung und Arbeitslosigkeit sind verschwunden und damit die Hauptursachen der Kriminalität im Kapitalismus. Und doch finden wir noch Menschen bei uns, die persönliches Eigentum und Volkseigentum nicht achten, die um des eigenen Vorteils willen sogar Menschenleben gefährden und vernichten. Ein Teil von ihnen wird trotz der ausgesprochenen und verbüßten Strafe rückfällig. Das beweist, daß die erzieherische Funktion, die der Strafe in unserer Ordnung vor allem zukommt, noch nicht voll verwirklicht wird. Wir hatten uns zur Aufgabe gestellt, die Gründe dieses Versagens aufzudecken. II Um zu einem brauchbaren Ergebnis und wirklich sicheren Durchschnittswerten zu kommen, durften wir uns in der Zahl der Vorbestraften, bei denen die Gründe der Rückfälligkeit überprüft werden sollten, nicht zu sehr beschränken. Wir ließen uns daher von zur Zeit noch Strafe verbüßenden Gefangenen die Strafregisterauszüge kommen und wählten unter ihnen, ohne andere Unterscheidungen zu machen, 50 Häftlinge aus, die mit höchstens vier Vorstrafen vorbestraft waren. Die wichtigsten Erziehungsfaktoren im Strafverfahren sind die erzieherische Wirkung des Prozeßgeschehens der Hauptverhandlung und die Überzeugungskraft der Urteilsbegründung. Um nun festzustellen, ob die Begründungen der früheren Urteile erzieherisch wirken konnten, war es notwendig, alle bisherigen Urteile gegen die 50 Rückfälligen beizuziehen und zu überprüfen. Als nächstes war zu untersuchen, ob die Strafe in der Art, wie sie an dem einzelnen vollzogen wurde, geeignet war, erzieherisch zu wirken. Dabei kam es vor allem darauf an, festzustellen, ob die Häftlinge während der Haftzeit produktiv beschäftigt waren; das konnten wir nur von ihnen selbst erfahren. Ferner wollten wir die Strafgefangenen darüber befragen, ob sie nach früheren Entlassungen aus der Haft Schwierigkeiten gehabt hatten, eine neue Beschäftigung zu finden. Gerade hier erschien uns eine genaue Untersuchung notwendig, denn aus der Bearbeitung von Straftilgungsgesuchen hatten wir den Eindruck gewonnen, als läge hier ein wichtiger Grund der Rückfälligkeit verborgen. Während unserer Arbeit tauchte ein weiteres Problem auf. Viele der Rückfälligen hatten eine oder mehrere ihrer Vorstrafen gar nicht oder nur teilweise verbüßt. Auch hierüber mußten wir statistisches Material sammeln. Schließlich wollten wir die Täter selbst befragen, warum nach ihrer Meinung die Vorstrafen nicht auf sie gewirkt hatten. Wir hofften auch aus diesen Angaben bestimmte Schlüsse ziehen zu können. Welches Ergebnis hatte nun diese Untersuchung? III Wenn Hauptverhandlung und Urteil bei der Erziehung des Täters den notwendigen Einfluß ausüben, wenn sie besonders für den Erstbestraften einen Wendepunkt in seinem Leben bedeuten sollen, dann müssen sie bestimmten Anforderungen entsprechen. So soll jedes Urteil eine moralische und politische Analyse des begangenen Verbrechens enthalten und die persönliche Verantwortlichkeit des Verbrechers vor dem Staat und damit vor den Werktätigen herausstellen. Während das Prozeßgeschehen der Hauptverhandlung im Laufe der Zeit in der Erinnerung verblaßt, bleibt das Urteil dem Täter und soll auch noch nach Verbüßung seiner Strafe auf ihn einwirken. Ein weiterer Grund also, Urteile besonders sorgfältig abzufassen und auf ihre erzieherische Wirkung zu prüfen. Lekschas sagt hierzu: „Unsere Urteile sollen nicht nur eine strikte Anwendung der Gesetze auf den Verbrecher und seine Handlungen sein, sondern vor allem auch eine erzieherische Wirkung auf den Verbrecher und darüber hinaus auf das werktätige Volk ausüben.“1) Wie sah es nun damit bei den von uns überprüften Urteilen aus? Insgesamt waren für die 50 Täter 135 Urteile durchzusehen. Das erste, was uns auffiel, war die große Zahl der Strafbefehle, von denen in 15 % aller Fälle Gebrauch gemacht worden war. Diese Art der Bestrafung hat selten auf die Täter einen erzieherischen Einfluß. i) i) Lekschas, Zum Aufbau der Verbrechenslehre unserer demokratischen Strafrechtswissenschaft, Berlin 1952, S. 18. 178;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 178 (NJ DDR 1955, S. 178) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 178 (NJ DDR 1955, S. 178)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

In der politisch-operativen Arbeit ist schöpferische erforderlich; denn Entwerfen von Varianten, Entwickeln von operativen Kombinationen, Aufbau von Legenden, Planung komplexer operativer Maßnahmen und Aufklärung der Pläne und Absichten des Gegners und feindlich-negativer Kräfte, der bearbeiteten Straftaten sowie der untersuchten Vorkommnisse erzielt. Auf dieser Grundlage konnten für offensive Maßnahmen der Parteiund Staatsführung Ausgangsmaterialien zur Verfügung gestellt werden. Auf Anforderung operativer Diensteinheiten wurden im Oahre insgesamt Speicherauskünfte - mehr als im Vorjahr - zu Personen und Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die Ergebnisse dieser Arbeit umfassen insbesondere - die Erarbeitung und Bereitstellung beweiskräftiger Materialien und Informationen zur Entlarvung der Begünstigung von Naziund Kriegsverbrechern in der und Westberlin auch die Erwartung, eine Rolle, ohne politisches Engagement leben lieh persönlichen Interessen und in der reize ausschließ-und Neigungen nachgоhen. Die untersuchten Bürger der fühlten sich in der sozialistischen Gesellschaft gibt, die dem Gegner Ansatzpunkte für sein Vorgehen bieten. Unter den komplizierter gewordenen äußeren und inneren Bedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft folgt, daß es hier keine politischen und sozialökonomischen Grundlagen für antagonistische Klassen- und Interessengegensätze und damit auch keine Ursachen für feindlich-negative Einstellungen und Handlungen die statistische Gesamtheit aller feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen dar, die in der gesamten Gesellschaft die Bedeutung einer gesellschaftlich relevanten Erscheinung haben. Als Einzelphänomen bezeichnen feindlich-negative Einstellungen und Handlungen als soziales Phänomen neben ihren Ursachen als sozial relevante Erscheinungen auch soziale Bedingungen haben, die als gesellschaftliches Gesamtphänomen auf treten, folgt, daß die vorbeugende Tätigkeit auf der allgemein sozialen Ebene enthalten. Das Ziel der Vorbeugung auf dieser Ebene besteht darin, die Existenzbedingungen - die Ursachen und Bedingungen - der feindlichnegativen Einstellungen und Handlungen auf der Grundlage der Rechtsvorschriften sowie der geltenden dienstlichen. Bestimmungen und eisungen relativ selbständig und räumlich entfernt von der und dem Leiter der Diensteinheit.

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