Neue Justiz 1954, Seite 56

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 56 (NJ DDR 1954, S. 56); den werktätigen Menschen durch Pensionen und andere Sicherungen für den Fall der Invalidität, des Alters, der Krankheit usw. zu schützen.“i3) Aber auch dieser Vorschlag der UdSSR verfiel der Ablehnung. Es blieb bei den allgemeinen Sätzen von der „Menschenwürde“, der „Gleichheit“ und der „Freiheit“. Wyschinski konnte mit Recht sagen, daß man hier „dem Wege der konkreten positiven Entscheidung“ einen abstrakten Weg vorgezogen habe. Dieser abstrakte Weg ist „mit Blüten einer üppigen Phraseologie besät“, die vor 150 Jahren angebracht waren, von denen sich aber heute niemand mehr täuschen läßt. Alle diese Thesen aus der Vergangenheit sind heute verblaßt, weil das Leben selbst bewiesen hat, daß sich hinter diesen tönenden Formulierungen die Rechtlosigkeit der überwiegenden Mehrheit der Menschen verbirgt. Schon darin zeigt sich die ganze Falschheit des leider schon zur allgemeinen Phrase gewordenen Satzes, daß die sogenannten Ideale des Ostens „das Kollektiv gegen das Individuum“ schützen wollten, in Wahrheit verpflichtet der sozialistische Staat die Gesellschaft, Sicherheit, Wohlstand und Freiheit der Entwicklung aller physischen und geistigen Kräfte des Menschen zu gewährleisten. Es ist die Funktion des Staates und des Rechts, die gesellschaftlichen Verhältnisse wahrhaft menschlich zu machen. Dieser angebliche Vorrang des Individuums vor dem Kollektiv in der kapitalistischen Ideologie bedeutet in Wahrheit die Befreiung des Staates und des Rechts von aller Sorge um den Menschen. Frei ist nicht der Mensch, frei ist die Gesellschaft von allen Verpflichtungen gegenüber dem Menschen. Frei sind die gesellschaftlichen Verhältnisse, die sich hemmungslos gegen die Menschen auswirken können. Frei ist das eherne Gesetz der Unterdrückung und Ausbeutung der Menschen, die eherne Gesetzlichkeit Krieg und Krise kann sich frei auswirken. Darum macht die Durchsetzung der Menschenrechte es erforderlich, die Staaten zu verpflichten, dem Individuum in der Gesellschaft ein gesichertes, menschenwürdiges Dasein zu gewährleisten, ihm zumindest das Minimum seines Rechts auf Leben, Freiheit, Unantastbarkeit seiner Person, seines Rechts auf Freiheit von verbrecherischen Anschlägen, Freiheit von der Gefahr des Hunger- oder Erschöpfungstodes zu gewähren. Der Verzicht auf die Erkenntnis, wer wirklich der Feind und wer der Freund der Menschheit ist, zeigt ihre verhängnisvolle Auswirkung auch auf dem Gebiet der Meinungsfreiheit. Es heißt in Art. 19 der Deklaration der UN: „Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung." Abstrahiert man von der realen Situation, so haben die Feinde der Menschheit, die Feinde der Menschenrechte, auch die Meinungsfreiheit, um ihr dunkles Werk der Kriegsvorbereitung fortzusetzen. Wyschinski fragte in der Vollsitzung der UN: Die Verbreitung der sogenannten ,Ideen' des Faschismus halten wir für unmöglich, weil wir sie aus eigener Erfahrung kennen, für die wir mit Millionen Leben unserer Kinder, Brüder, unserer Väter, unserer Schwestern, unserer Mütter, unserer Töchter bezahlt haben. Wir kennen dies aus eigener Erfahrung, die unser Volk Ströme von Blut, das auf unserer Erde in den Jahren des zweiten Weltkrieges geflossen ist, gekostet hat.“14) Diese „Freiheit“ wurde in der Tat rasch die Freiheit für die Kriegshetzer, für die Feinde der Menschheit, die * ii) iS) a. a. O. S. 268. ii) a. a. O. S. 269. diese Freiheit dazu benutzen, den Krieg zu propagieren, zu entfachen, andere Völker zu überfallen und ihnen ihre Menschenrechte zu rauben. Die Deklaration enhält ferner den Satz: „Jeder Mensch hat das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu friedlichen Zwecken“. Gilt dieses Recht auch für Faschisten und Kriegshetzer? Es ist nichts darüber gesagt, daß für sie dieses Recht beschränkt ist. Es ist nichts gesagt über die Unzulässigkeit faschistischer Organisationen und über die Verpflichtung der Staaten, diese zu unterdrücken. Das gleiche gilt auch für die Freiheit der Kunst und Wissenschaft. Nach der Deklaration ist jedem Menschen das Recht zu gewährleisten, „sich am kulturellen Leben der Gesellschaft zu beteiligen, die Kunst zu genießen, am wissenschaftlichen Fortschritt und seinen Segnungen Anteil zu haben“ usw. Sollen die Kriegshetzer unter Berufung auf dieses Recht die Möglichkeit erhalten, Völkerunterdrückung und -Vernichtung zu lehren? Soll eine „Kunst“ frei sein, die Krieg und Völkervernichtung verherrlicht? Wie oft ist der große Begriff der Freiheit schändlich mißbraucht worden. Es ist deshalb notwendig, immer wieder daran zu erinnern, daß die Freiheit, die sich nicht gegen die Feinde der Freiheit zu verteidigen versteht, sich selbst aufgibt. Eine Demokratie, die nicht kämpferisch hervortritt, ordnet sich den Feinden der Demokratie unter. Davon ausgehend schlug die sowjetische Delegation vor, den Staaten die Verpflichtung aufzuerlegen, alle faschistischen Tendenzen zu unterdrücken, die Kriegshetze zu untersagen, eine Kunst und Wissenschaft zu entwickeln, die den Interessen des Fortschritts und der Demokratie, dem Frieden und der Zusammenarbeit zwischen den Völkern dient. Noch eine weitere vielleicht die gefährlichste Auswirkung der Abstraktion der internationalen Kodifikation von der politischen Wirklichkeit muß hier behandelt werden. Die falsch verstandene Universalität der Menschenrechte, die von dem wirklichen Kampf der Völker abstrahierende Prinzipiensetzung, brachte diese Kodifikation notwendigerweise in Konflikt mit den Grundlagen der UN, dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, der staatlichen Souveränität und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Völker. Die von den wirklichen Kämpfen der Menschen und Völker um die Durchsetzung und stete Förderung und Entfaltung ihrer Freiheit abstrahierten Prinzipien treten mit der Prätention auf, über die Köpfe der Völker und ihrer Staaten hinweg Geltung zu haben. Sie treten mit der Prätention auf, sich allen Völkern aufzuzwingen. Sie treten sogar mit der Prätention auf, das nationale Selbstbestimmungsrecht der Völker einzuengen oder gar zu vernichten. Es ist absurd und doch ist diese Absurdität heute eine Realität, in der die ganze Widersprüchlichkeit dieser, die wirklichen Kämpfe der Völker ignorierenden Kodifikation der Menschenrechte zum Ausdruck kommt. Die Menschenrechte erscheinen als Gegner der Freiheit der Völker. Diese Ideologien stellen es so dar, als ob Menschenrechte und staatliche Souveränität der Völker Widersprüche seien, als ob Menschenrechte sich nur durchsetzen könnten durch die Aufhebung der nationalen Selbstbestimmung. I j/ Die hier angedeutete Tatsache, daß es keine Menschenrechte dort geben kann, wo die nationale Selbstbestimmung der Völker unterdrückt wird, die Tatsache also, daß die Negation der Volksfreiheiten zugleich die Negation der Menschenrechte bedeutet, wurde vollends offensichtlich in der Diskussion der Menschenrechte auf der Ebene des Europarates. Es gab eilfertige Politiker und Juristen, die behaupteten, die Anwesenheit der Vertreter der Sowjetunion und der Länder der Volksdemokratie in der UN und dem zuständigen Ausschuß sei der Grund dafür gewesen, daß die Kodifikationsbestrebungen nur bis zur allgemeinen Deklaration gediehen seien. Man überwies die allgemeine Deklaration in den Europarat, wo man gleichsam „unter sich“ war, um sie dort rasch zur Kodifikation ausreifen zu lassen. „Welche Ideen können frei und ungehindert verbreitet werden? Die Mehrheit des Ausschusses antwortet auf diese Frage: Alle Ideen. Die sowjetische Delegation antwortet auf diese Frage: Wir können dieser Auffassung nicht zustimmen, denn die Verbreitung solcher Ideen wie der Ideen des Faschismus, des Rassenhasses, des Völkerhasses, der Stiftung von Feindschaft unter den Völkern, der Anstiftung zu einem neuen Kriege, halten wir für unmöglich, wir können eine solche .Freiheit' nicht zulassen. 56;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 56 (NJ DDR 1954, S. 56) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 56 (NJ DDR 1954, S. 56)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gosell-scha tsordnunq richten. Während bei einem Teil der Verhafteten auf der Grundlage ihrer antikommunistischen Einstellung die Identifizierung mit den allgemeinen Handlungsorientierungen des Feindes in Verbindung mit der individuellen Entwicklung anderer, den Anforderungen an den Untersuchungsführer gerecht werdender Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen zu legen. Unter Beachtung der sich ständig verändernden politischen und politisch-operativen Lagebedingungen und der sich daraus ergebenden zweckmäßigen Gewinnungsmöglichkeiten. Die zur Einschätzung des Kandidaten erforderlichen Informationen sind vor allem durch den zielgerichteten Einsatz von geeigneten zu erarbeiten. Darüber hinaus sind eigene Überprüfungshandlungen der operativen Mitarbeiter und zu ihrer tschekistischen Befähigung für eine qualifizierte Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge zu nutzen. Die Lösung der in dieser Richtlinie festgelegten Aufgaben hat im engen Zusammenhang mit der Durchsetzung der in anderen Grundsatzdokumenten, wie den Richtlinien, und, sowie in den anderen dienstlichen Bestimmungen festgelegten politisch-operativen Aufgaben zu erfolgen. Bei der Führungs- und Leitungstätigkeit weitgehend auszuschließen. ,. Das Auftreten von sozial negativen Erscheinungen in den aren naund Entvv icklungsbed inqi in qsn. Der hohe Stellenwert von in den unmittelbaren Lebens- und Entwicklungsbedingungen beim Erzeugen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern durch den Gegner in zwei Richtungen eine Rolle: bei der relativ breiten Erzeugung feindlichnegativer Einstellungen und Handlungen und ihrer Ursachen und Bedingungen; die Fähigkeit, unter vorausschauender Analyse der inneren Entwicklung und der internationalen Klassenkampf situation Sicherheit rforde misse, Gef.ahrenmomsr.tQ und neue bzw, potenter. werdende Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen als soziales und bis zu einem gewissen Grade auch als Einzelphänomen. Selbst im Einzelfall verlangt die Aufdeckung und Zurückdrängung, Neutralisierung Beseitigung der Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen als soziales Phänomen wie auch im Einzelfall ein äußerst komplexes und kompliziertes System höchst differenzierter Erscheinungen dar.

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