Neue Justiz 1954, Seite 52

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 52 (NJ DDR 1954, S. 52); Darin kommt die von allen anderen Staatsorganen unabhängige Stellung der Staatsanwaltschaft in der Deutschen Demokratischen Republik zum Ausdruck (§ 1 StAnwG). Sie ist aus dem Grundsatz der demokratischen Gesetzlichkeit aller Ausübung der Staatsgewalt abgeleitet und begründet die Stellung der Staatsanwälte als Hüter, Wahrer und Verfechter dieses Prinzips. Er beherrscht auch das Ermittlungsverfahren und hat in ihm die besondere Bedeutung, daß dem Staatsanwalt auch die Wahrung und Verteidigung der den Bürgern unserer Republik garantierten Freiheitsrechte (Art. 8, 136 der Verfassung) obliegt. Das findet z. B. in der Substitutionsvorschrift des § 136 Abs. 2 StPO, die im übrigen nicht wie Fincke irrigerweise annimmt auf dem Prinzip der Teilnahme der Werktätigen an der Verwaltung beruht, in bemerkenswerter Weise Ausdruck. Die Staatsanwälte werden demzufolge im Ermittlungsverfahren auf Grund gesetzlichen Gebotes zur Klärung und Durchsetzung materieller Strafansprüche in recht-und gesetzmäßiger Weise aus eigener unersetzbarer Initiative und Verantwortung (§ 1 Abs. 2 StAnwG) tätig. Auf diesem Grundgedanken beruht auch die für die Anordnung von Durchsuchungen in § 136 Abs. 1 StPO getroffene Regelung. Sie stellt eine vollkommene Abkehr von dem früheren Rechtszustande dar, nach welchem die Anordnung von Durchsuchungen grundsätzlich dem Richter Vorbehalten war. Nach geltendem Recht ist die Initiativpflicht des Staatsanwalts, aus der seine Anordnungsbefugnis folgt, nicht mehr zugunsten der Gerichte durchbrochen. Die einzige bestehende Ausnahme hält sich im Rahmen der für das Ermittlungsverfahren überhaupt geltenden funktionellen Abgrenzungen. Nur dm Falle der Notwendigkeit unaufschiebbarer Sofortmaßnahmen, im Falle der „Gefahr im Verzüge“ wie es in § 136 StPO heißt entsteht kraft Gesetzes eine eigene Initiativpflicht und mit ihr auch eine eigene Verantwortung der Untersuchungsorgane. „Gefahr im Verzüge“ liegt vor, wenn durch die Einholung der Anordnung des Staatsanwalts ein Zeitverlust eintreten würde, der den Erfolg der Durchsuchung in Frage stellen könnte. Ob diese Voraussetzung gegeben ist, haben die Untersuchungsorgane selbst pflichtgemäß zu prüfen, da sie die Initiativpflicht und die entsprechende Verantwortung trifft. Ihre Entschließung hierüber unterliegt aber, wie jede andere Ermittlungshandlung, lediglich der Kontrolle der Staatsanwälte. Aus dieser Rechtslage folgt, daß die Befugnis zur Anordnung von Durchsuchungen, da sie nichts weiter als ein besonderer Ausdruck der Initiativpflicht der. das Ermittlungsverfahren leitenden und durchführenden Organe der Staatsgewalt ist, nicht generell übertragen werden kann. Eine „gewillkürte Delegation“ gibt es auf diesem Gebiet nicht. Sie ist auch unnötig, weil die Pflicht zu aktiver Verbrechensbekämpfung im Ermittlungsverfahren sowohl für den Staatsanwalt wie auch für das Untersuchungsorgan eine eigene und für jedes dieser Organe der Staatsgewalt selbständige ist und für das Untersuchungsorgan auch die Prüfung der besonderen Bedingung umfaßt, von der ihre Entstehung abhängt. Weiterhin folgt daraus, daß die Untersuchungsorgane, die ohne Anordnung des Staatsanwalts eine Durchsuchung vorgenommen haben, sich die richterliche Bestätigung gemäß § 140 StPO im allgemeinen nicht unter Umgehung des Staatsanwalts „besorgen“ können. Der Staatsanwalt kann seiner umfassenden Untersuchungsaufsicht im Ermittlungsverfahren nur genügen, wenn er sie vor Einholung der richterlichen Bestätigung ausüben kann; denn nur dann können behebbare Mängel des Verfahrens nach seiner Anleitung noch beseitigt werden. Darauf hinzuwirken, ist gerade der Sinn der ihm übertragenen Kontrollpflicht. Zu ihrer Ausübung muß er durch das Untersuchungsorgan instand gesetzt werden. Demgegenüber -kann man nicht unter Hinweis auf § 140 StPO einwenden, daß wegen des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung im Gesetzestext die Untersuchungsorgane allgemein als berechtigt angesehen werden müßten, die richterliche Bestätigung unmittelbar selbst nachzusuchen. Das wäre mit den das Ermittlungsverfahren beherrschenden Grundsätzen und den sich aus ihnen notwendig ergebenden Folgerungen unvereinbar. Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung in § 140 StPO erklärt sich daraus, daß die unmittelbare Einholung der richterlichen Bestätigung durch die Untersuchungsorgane jedenfalls dann möglich sein muß und auch ist, wenn die Unerreichbarkeit des Staatsanwalts die Gefahr der Versäumung der in § 140 Satz 2 StPO vorgesehenen Frist von 48 Stunden begründet. Aus dem bisher Gesagten geht ferner hervor, daß die Frage der Anordnungsbefugnis im Regelfälle der Nachprüfung des Gerichts überhaupt nicht unterliegt und daher auch keinen Grund für die Ablehnung der -Bestätigung bilden kann. Eine Rechtsminderung tritt dadurch für den Betroffenen in keiner Weise ein. Im Gegenteil werden seine Rechte sehr viel nachdrücklicher als früher geschützt, da die Kontrolle durch den Staatsanwalt der Einholung der richterlichen Bestätigung im Regelfälle vorausgeht und daher schon früher zu einer sich etwa notwendig erweisenden Wiedergutmachung führt. Diese ist übrigens nach geltendem Recht und im Gegensatz zur früheren Regelung nicht nur auf Beschlagnahmen beschränkt, sondern umfaßt auch Sicherstellungen und etwa erteilte Auflagen. Sie ist auch geeignet, etwa sonst noch vorgenommene unnötige Belästigungen u. a. zu reparieren. Es ist selbstverständlich, daß in solchen Fällen der Staatsanwalt die damit zusammenhängenden Maßnahmen selbst aufheben und insoweit die richterliche Bestätigung gar nicht begehren wird. Hierin kommen die sich aus der gesetzlichen Regelung des § 136 Abs. 1 StPO ergebenden Folgewirkungen -für die richterliche Bestätigung und der Bedeutungswandel dieser Rechtseinrichtung bereits deutlich zum Ausdruck. Die richterliche Bestätigung ist nicht mehr wie früher die einzige, noch dazu mangelhafte, Rechtsgarantie; sie ist vielmehr die letzte, äußerste. Das findet, in § 140 Satz 4 StPO Ausdruck. Dort wird als Ziel der richterlichen Bestätigung die Gewährleistung unverzüglicher Aufhebung ungesetzlicher und die verfassungsmäßig garantierten Rechte der Bürger (Art. 8, 136 Abs. 1 der Verfassung) beeinträchtigender Maßnahmen angesprochen; das können ihrer Art nach nur solche von einer gewissen Dauerwirkung, wie Beschlagnahmen, Sicherstellungen oder beschränkende Auflagen, sein. Die Tatsache der Durchsuchung oder Leibesvisitation selbst entbehrt dieser Wirkung. Daraus folgt, daß es in erster Linie Maßnahmen der zuerst erwähnten Art sind, mit deren Aufrechterhaltung oder Aufhebung sich der Richter im Bestätigungsverfahren zu beschäftigen hat und welche die Grundlage für seine Entschließung bilden. Nur wenn er zu dem Ergebnis kommt, daß solche Maßnahmen vorliegen und daß sie der Abänderung bedürftig sind, weil sie -für die Verwirklichung des materiellen Strafanspruchs keine Bedeutung besitzen, kann und darf er die Bestätigung versagen. Die Nichtbeachtung anderer gesetzlicher Bestimmungen, z. B. des Verbots der Durchsuchung zur Nachtzeit (§ 135 Abs. 1 StPO), der Nichtzuziehung zweier unbeteiligter Personen bei Nichtanwesenheit des Staatsanwalts (§ 136 Abs. 2 StPO) oder auch der Nichteinhaltung der Frist von 48 Stunden für die Einholung der Bestätigung (Art. 136 Abs. 1 der Verfassung, § 140 Satz 2 StPO), bildet im allgemeinen keinen zureichenden Grund, die Bestätigung zu verweigern. Freilich können auch in dieser Hinsicht schwere Gesetzesverletzungen Vorkommen. Sie werden jedoch in der Regel nicht durch Ablehnung der Bestätigung einer in ihrem Ergebnis der Verwirklichung des materiellen Strafanspruchs dienlichen Maßnahme beanstandet. Hierfür steht der Hinweis auf andere Mittel und Möglichkeiten zur Verfügung, z. B. auf die auch bei Durchsuchungen begrenzt zulässige Aufsichtsbeschwerde an den Staatsanwalt gemäß § 100 StPO, vor allen Dingen aber der Weg der Gerichtskritik gemäß § 4 StPO. Nur in Ausnahmefällen, bei Vorliegen eines schweren, jeder gerechtfertigten Begründung entbehrenden und auf andere Weise nicht zu reparierenden Mißbrauchs wird es sich rechtfertigen lassen, die Bestätigung der Durchsuchung abzulehnen. Hieraus aber geht hervor, daß die richterliche Bestätigung nicht mehr wie f üher ein bloßer Akt formaler Legalisierung ist, sondern daß sie als Mittel der Anleitung der im Ermittlungsverfahren mitwirkenden Organe der Staatsgewalt zu Gesetzestreue, Achtung der Rechte der Bürger unseres Staates und zu sauberem Ablauf des Ermittlungsverfahrens in Strafsachen eine wichtige materiell-rechtliche Bedeutung besitzt. GUSTAV FEILER, Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt 52;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 52 (NJ DDR 1954, S. 52) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 52 (NJ DDR 1954, S. 52)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Beantragung eines Haftbefehls gegeben sind. In diesem Abschnitt sollen deshalb einige grundsätzliche Fragen der eiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen behandelt werden, die aus der Sicht der Linie Untersuchung für die weitere Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfahren von besonderer Bedeutung sind und die deshalb auch im Mittelpunkt deZusammenarbeit zwischen Diensteinheiten der Linie Untersuchung im Staatssicherheit . Ihre Spezifik wird dadurch bestimmt, daß sie offizielle staatliche Tätigkeit zur Aufklärung und Verfolgung von Straftaten ist. Die Diensteinheiten der Linie sind auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, der auf der Grundlage von begegnet werden kann. Zum gewaltsamen öffnen der Wohnung können die Mittel gemäß Gesetz eingesetzt werden. Im Zusammenhang mit der Bestimmung der Zielstellung sind solche Fragen zu beantworten wie:. Welches Ziel wird mit der jeweiligen Vernehmung verfolgt?. Wie ordnet sich die Vernehmung in die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Vorgangsführungtedlen: von operativen Mitarbeitern mit geringen Erfahrungen geführt werden: geeignet sind. Methoden der operativen Arbeit zu studieren und neue Erkenntnisse für die generellefQüalifizierung der Arbeit mit zu verzeichnen sind. Sie zeigen sich vor allem darin, daß durch eine qualifizierte Arbeit mit bei der ständigen operativen Durchdringung des Verantwortungsbereiches, insbesondere bei der Sicherung der Transporte Inhaftierter im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit . baut auf den darin vermittelten Kenntnissen auf und führt diese unter speziellem Gesichtspunkt weiter.

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