Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 130

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 130 (NJ DDR 1952, S. 130); Das werktätige Volk hat sich zur Erfüllung dieser Aufgaben demokratische Einrichtungen und Organisationen geschaffen, die in der Entwicklung und Stärkung unserer Ordnung, dem Streben nach einem einheitlichen, friedliebenden und demokratischen Deutschland, der Herbeiführung eines Friedensvertrages für ganz Deutschland und der Erhaltung und Sicherung des Weltfriedens eine unerläßliche und entscheidende Rolle spielen. Gegen sie gerichtete Störungshandlungen bewirken weit mehr als eine Störung der äußeren Ordnung. In unserer Republik dienen zur Sicherung gegen solche Angriffe in erster Linie nicht die Bestimmungen des Strafgesetzbuches, sondern Strafgesetze mit einem viel weiteren, eben der vorstehenden Betrachtung entsprechenden Zweck, insbesondere Art. 6 der Verfassung, das spezifische Gesetz zum Schutze unserer staatlichen und gesamten gesellschaftlichen Ordnung! Wenn durch Verletzung dFeses“ überragenden Grurlcfgesetzes unsere antifaschistische Ordnung als Ganzes angegriffen und gefährdet wird, werden Verstöße gegen Gesetze, die unsere Ordnung nur in begrenztem Umfange und nach gewissen Richtungen hin schützen, nicht aber die dargelegte Entwicklung sichern, im allgemeinen unberücksichtigt zu bleiben haben. Insbesondere kommen Einzelbestimmungen, die nur die äußere Ordnung schützen, nicht in Betracht, wenn der Angriff, wie hier, in unmittelbarer Gegnerschaft gegen unsere Ordnung als solche mit dem Ziele der Schwächung oder Zermürbung oder gar Vernichtung einer demokratischen Organisation gerichtet ist. Dann ist die den Tatbestand des § 125 StGB erfüllende Handlung lediglich ein Mittel; die Verletzung dieser Bestimmung geht in dem gegen unsere Ordnung als Ganzes gerichteten Verbrechen (Art. 6 der Verfassung) auf. Dagegen muß Art. Ill A III KRD 38 angewandt werden. Diese wichtige Bestimmung schützt, wie Art. 6 der Verfassung, gleichfalls unsere frei von ledern Militarismus und Faschismus zu entfaltende, dem Frieden dienende Ordnung und Entwicklung. Auch sie ist e!n bedeutungsvolles Verteidigungsmittel unserer antifaschistisch-demokratischen Ordnung. Die Anwendung des Art. Ill A III KRD 38 entfällt neben Art. 6 der Verfassung auch nicht etwa deshalb, weil sogenannte Spezialität vorläge. Das ist schon deshalb nicht der Fall, weil manche Verbrechen gegen Art. 6 der Verfassung nicht unter Art. Ill A III KRD 38 fallen und umgekehrt. Es sind also beide Bestimmungen anzuwenden, wenn ihre Tatbestände erfüllt sind. Die Tat des Angeklagten erfüllt den Tatbestand des Art. Ill A III ebenfalls. Bei der Beurteilung ist hierbei nicht nur, wie dies die Strafkammer getan hat, die Äußerung „ Kommunistenschweine “, sondern sind auch die weiteren in Frage stehenden Handlungen, die gesamte Tat des Angeklagten abgesehen von der Körperverletzung gegen W. zu prüfen. Die Äußerung selbst ist als neufaschistische Betätigung im Sinne des Art. Ill A III nicht aus dem Grunde zu werten, weil der Angeklagte ein tendenziöses Gerücht verbreitet habe. Sie ist vielmehr als ein Angriff gegen die in Abkehr vom Nationalsozialismus und als Gegensatz zu diesem entfaltete Demokratie anzusehen ein Vorgehen mit allen Merkmalen des Nationalsozialismus, vor allem mit Schmähungen, Terror und Gewalt, wie sie von den faschistischen Sohläfferkolonnen der SA und SS angewandt wurden. Besonders der Ausspruch Kommunistenschweine “ ist gerade die von den Nationalsozialisten gebrauchte Ausdrucksweise. Wer derartige Methoden des Nationalsozialismus Jetzt aufgreift, setzt sich in klarster und stärkster Art für ihn ein. Propaganda für den Nationalsozialismus bedeutet aber nichts anderes als ein Sicheinsetzen für seine oder ihm verwandte Anschauungen und Taten: die Schmähungen, den Terror und die Gewalt gegen die Träger der Demokratie. Diese Erwägung führt dazu, nicht nur die Äußerungen, sondern auch die übrigen Handlungen des Angeklagten, seine ganze hier in Frage stehende Tat als Propaganda im Sinne des Art. Ill A III KRD 38 zu werten und diesen Tatbestand neben dem des Art. 6 der Verfassung als erfüllt anzusehen. Art. Ill AIII KRD Nr. 38; Art. 6 der Verfassung. Verbreitung friedensstörender Gerüchte fällt auch dann unter Art. Ill A III KRD Nr. 38, wenn der Verbreitende hinzufügt, er bezweifle ihre Wahrheit. Die Verbreitung solcher Gerüchte kann durch deren Inhalt den Grad eines Verbrechens erreichen. Dann ist sie als Bekundung von Völkerhaß im Sinne des Art. 6 der Verfassung zu bestrafen. OG, Urt. vom 7. Dezember 1951 la Zst 26/51. Aus den Gründen: Die Angeklagten M. und H. sind durch rechtskräftiges Urteil der Kleinen Strafkammer des Landgerichts E. vom 3. Januar 1951 auf Grund von Abschnitt II Art. Ill A III der KRD Nr. 38 zu Gefängnisstrafen, M. zu sechs, H. zu fünf Monaten, und den durch Art. IX Ziff. 3 8 dieser Bestimmungen zwingend vorgeschriebenen weiteren Sühnemaßnahmen verurteilt und in die Gruppe der Belasteten eingestuft worden. Das Urteil ist seit dem 11. Januar 1951 rechtskräftig. Das angefochtene Urteil stellt fest: Der Angeklagte H. habe im September 1950 von einem Arbeitskollegen, dem Zeugen G., in seinem Betriebe gehört, eine Frau in E. habe von ihrem in sowjetische Kriegsgefangenschaft geratenen Ehemann einen Brief aus Amerika erhalten, aus dem sich ergebe, daß dieser aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft in Korea auf der Seite der Volksarmee eingesetzt worden und dort von den Amerikanern gefangengenommen worden sei. H. habe dieses Gerücht seinem Schwager, dem Angeklagten M., erzählt. M. habe in seiner Dienststelle, dem Eichamt I., vor einer größeren Zahl von Mitarbeitern von dem angeblichen Brief als einem ihm zugetragenen Gerücht Mitteilung gemacht. Daß M. behaupte, er habe hinzugefügt, daß er selbst an die Richtigkeit der Mitteilung nicht glaube, ändere nichts an der Tatsache der Gerüchteverbreitung. Die Strafkammer hat die Tat der Angeklagten als Verbreitung eines tendenziösen, im Sinne der amerikanischen Kriegstreiber liegenden, den Frieden des deutschen Volkes und der Welt gefährdenden Gerüchtes im Sinne des Art. Ill A III der KRD Nr. 38 gewertet. Das Vorliegen eines Verbrechens nach Art. 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik wurde dagegen „mit Rücksicht auf die Persönlichkeit der Angeklagten nicht als erwiesen erachtet, weil eine Kriegshetze von den Angeklagten nicht gewollt und nicht beabsichtigt“ gewesen sei. Die Angeklagten seien „politisch in keiner Weise belastet, insbesondere nicht als Anhänger des Faschismus oder Neofaschismus hervorgetreten“. M. habe unwiderleglich behauptet, für die koreanische Volksarmee sogar Spenden gegeben zu haben, und damit zum Ausdruck gebracht, daß er „nicht gegen die Friedensfront eingestellt“ sei. H. habe das Gerücht lediglich seinem Schwager unter vier Augen erzählt, und zwar in einer Weise, daß er möglicherweise angenommen habe, es sei „bei seinem Schwager gut aufgehoben“. Die Zeitdauer der ausgesprochenen Freiheitsstrafen berücksichtige weitgehend die „vorgelegenen persönlichen Milderungsgründe“. Der Generalstaatsanwalt hat die Kassation des Strafkammerurteils beantragt. Der Kassationsantrag ist begründet. 1. Den Ausführungen des angefochtenen Urteils kann entnommen werden, daß die Strafkammer in der Verbreitung des Gerüchts, angeblich noch in sowjetischer Kriegsgefangenschaft befindliche Deutsche seien in Korea zum Kampf auf der Seite der koreanischen Volksarmee eingesetzt worden, objektiv nicht nur friedensgefährdende Gerüchteverbreitung im Sinne des Art. Ill A III KRD Nr. 38, sondern darüber hinaus auch Kriegshetze im Sinne des Art. 6 der Verfassung erblickt hat. Denn das Strafkammerurteil kennzeichnet das Gerücht als „gerade dasjenige, was die amerikanischen Kriegstreiber suchen, um ihrerseits Bezichtigungen gegen die Sowjetunion erheben zu können“, es sei dies „eine Gerüchtemacherei im Sinne der Kriegstreiber“. Diese Auffassung der Strafkammer ist richtig. Es ist hier aber noch beizufügen: Das Gerücht enthält nicht nur die Behauptung völkerrechtswidriger Verwendung von Kriegsgefangenen, sondern weit mehr. Es schließt 130;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 130 (NJ DDR 1952, S. 130) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 130 (NJ DDR 1952, S. 130)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat begründet werden kann, oder wenn zumindest bestimmte äußere Verhaltensweisen des Verdächtigen die Verdachtshinweisprüfung gerechtfertigt haben. Komplizierter sind dagegen jene Fälle, bei denen sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermitt-lungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen -wurde. Schwerpunkt bildeten hierbei Ermittlungsverfahren wegen Stral taten gemäß Strafgesetzbuch und gemäß sowie Ermittlungsverfahren wegen Straftat! gegen die staatliche und öffentliche Ordnung entwickeln können, die von Gegner als Ausdruck eines systemimmanenten Widerstandes, der Unzufriedenheit und inneren Opposition angeblich breiter Kreise der Jugend mit der Politik der Partei zu leisten. Besondere Aufmerksamkeit erfordertendabei !X - die strikte Durchsetzung der uchung rinzip ien und dei Qualität und ekt itä Untersuchungsarbeit unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Grundlage der laufenden Versorgung mit materiell-technischen Mitteln und Versorgungsgütern ist der zentrale Berechnungsplan Staatssicherheit . Zur Sicherstellung der laufenden Versorgung sind im Ministerium für Staatssicherheit - Energieoj dnung -. zu gewährleisten. Technische und bau technische Erfordernisse sind mit der Abteilung Bauwesen der Verwaltung Rückwärtige Dienste abzustimmen.

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