Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 298

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 298 (NJ DDR 1951, S. 298); fassen, für die kein fest begründetes Material vorliegt. Ich selbst antworte unter solchen Umständen, daß ich nicht über Material zur Befriedigung des Wissensdurstes der Studenten verfüge. Soweit ich es beurteilen kann, ziehen solche Antworten keinerlei Herabsetzung der „Autorität des Professors“ nach sich. Daraus folgt noch' etwas anderes: man kann nur das unterrichten, was man genau weiß, wovon man überzeugt ist. Indem ich diese Tatsache betone, denke ich natürlich nicht an die methodologische Tendenz des Vorlesungszyklus und seine politische Zielsetzung: in diesen Fragen sind Überzeugtsein und Parteilichkeit die selbstverständlichen Eigenschaften jedes sowjetischen Gelehrten und bedürfen keiner besonderen Betonung. Doch in jeder juristischen Wissenschaft gibt es nicht wenig strittige konkrete Thesen. In bezug auf diese Thesen bedarf es sowohl der Aufrichtigkeit des Professors als auch der klaren Darstellung seines Standpunktes. Wenn z. B. im früheren Zivilrechtsprogramm nicht auf den Vertragscharakter des Frachtentransportes auf der Eisenbahn hingewiesen war, und im Lehrbuch gesagt war, daß das kein Vertrag sei, ich aber persönlich vom Gegenteil überzeugt bin, wird meine Vorlesung nichts taugen; in besten Falle wäre sie ein schlechtes, einschläferndes Vorlesen aus einem Buch. Und die Studenten würden zweifellos das Falsche in meinen Worten spüren. Man soll keine Diskussionsfragen fürchten, sondern sie ohne weiteres stellen. Kann der Staat als juristische Person anerkannt werden? Können wir die Auffassung der Teilung der Rechte in „absolute“ und „relative“ teilen? In solchen Fragen muß man seinen Standpunkt darlegen, und zwar beweiskräftig und entschieden und, wenn es notwendig ist, auch leidenschaftlich. Man darf aber auch nicht entgegengesetzte Meinungen verschweigen, die in der Literatur ihren Ausdruck gefunden haben, und überhaupt nicht seine Entscheidung in der Diskussionsfrage als einzig mögliche Wahrheit hinstellen. Man soll nicht befürchten, daß die Studenten irregeleitet werden. Eine Polemik vom Lehrstuhl aus wird ihnen helfen, die strittige Frage tiefer zu erfassen und sie selbständig zu klären. Es muß noch die Frage beleuchtet werden, wie man vorzugehen hat, wenn einem in der Vorlesung ein Fehler unterlaufen ist. Ich weiß nicht, wie es anderen ergangen ist, aber mir ist das nicht nur einmal passiert. Manchmal verspricht man sich unabsichtlich und bemerkt das selbst, aber manchmal spricht man unter dem Einfluß der inneren Bewegung beim Vortragen nicht den Gedanken aus, den man ausdrücken wollte und der im Konzept verzeichnet ist (das letzte Mal passierte mir das im April 1950, als ich in der Frage nach dem Kreis der Erben nach dem Testament Verwirrung anrichtete, obwohl ich diese Frage kannte). Stellt sich der Fehler heraus (weisen insbesondere die Studenten darauf hin), gebe ich ihn immer zu und versuche durchaus nicht, die Sache so hinzustellen, daß „ich recht hatte, aber ihr mich nicht richtig verstanden habt“. Zu den Studenten muß man ehrlich sein. 5 5. Es ist noch die Frage der schriftlichen Formulierung der bevorstehenden Vorlesung zu berühren. Natürlich ist eine solche Formulierung notwendig. Ich habe nur eine einzige gute Vorlesung hören können, in der vor dem Professor der blanke Tisch war: aber das war ein ausnehmend begabter Professor. An was für eine schriftliche Formulierung denke ich? Nur in seltenen und besonders verantwortlichen Fällen kann man dazu greifen, die ganze Vorlesung oder einzelne ihrer Teile ganz aufzuschreiben. Aber auch in diesen Fällen muß man beim Aufschreiben daran denken, daß das Geschriebene gesprochen werden muß, und darum muß man sich zum Vorlesen des aufgeschriebenen Textes gut vorbereiten, andernfalls wird er den Lektor sehr hemmen. Und noch mehr: eine solche aufgeschriebene Vorlesung kann sich sogar als unverständlich erweisen, und zwar erstens deshalb, weil der Aufbau unserer mündlichen Rede sich recht erheblich vom Aufbau der schriftlichen Rede unterscheidet und wir gewöhnt sind, durch Anhören eine mündliche Rede besser zu verstehen als eine schriftliche. Zweitens, und das ist die Hauptsache, lesen wir gewöhnlich viel schlechter eine Vorlesung nach einem schriftlichen Text, als wenn wir sie „von uns aus“ sprechen. Wenn man einen schriftlichen Text vorliest, kommt es häu- fig dazu, daß man beim Sprechen die Worte überstürzt, und das Vorlesen wird flau und wirkt nicht lebendig. Daher ist das allgemein verbreitete System das Konzept vollkommen richtig. (Das Konzept wird gewöhnlich auf einzelnen Karten oder Blättern zusammengestellt.) Im Konzept sind gewöhnlich in verkürzter Form die Grundgedanken, die Argumente, das ganze Tatsachenmaterial verzeichnet (damit einen das Gedächtnis nicht im Stich läßt). Es ist auch nicht falsch, die Übergänge von einem Gedanken zum anderen zu notieren, damit keine „Risse“ entstehen. Manchmal enthält das Konzept auch einige Vermerke über die Art der Vermittlung des Materials: es wird das unterstrichen, was bei der mündlichen Darstellung besonders hervorzuheben ist, es werden die Stellen bezeichnet, die ausgelassen werden können (wenn die Zeit zu kurz wird), usw. Wenn ich durchdenke, wie ich das Material in zwei Stunden unterbringen kann, habe ich es mir angewöhnt, im Konzept zu vermerken, wo die erste Stunde beendet sein muß, und sogar die Hälfte der ersten und die Hälfte der zweiten Stunde. Unter solchen Bedingungen fühlt man sich ruhig, und man ist sicher, daß keine Notwendigkeit vorliegen wird, Ausdrücke zu gebrauchen wie „ich bin nicht dazu gekommen“, „ich konnte nicht mit der Zeit auskommen“. Und, was die Hauptsache ist, man muß daran denken, daß das Konzept nicht ein „Dokument zum Lesen“ ist, sondern nur die Grundlage für die schöpferische Arbeit auf dem Lehrstuhl abgibt. Das führt uns ganz nah an die wichtigste Frage über die äußere Form der Vorlesung heran. Das Äußere der Vorlesung als eines mündlichen Vortrages ist von entscheidender Bedeutung. Man kann die wunderbarste Vorlesung ausarbeiten wenn man sie aber mit leiser, leidenschaftloser und monotoner Stimme vorträgt und dabei die Nase in das Manuskript steckt, wird der Erfolg eines solchen „vorgelesenen Artikels“ sehr gering sein. Gerade das Äußere einer Vorlesung ist das Kriterium pädagogischer Meisterschaft. Doch wenn man vom Äußeren einer Vorlesung spricht, muß man als erstes mit einem bei uns eingebürgerten Wortgebrauch abrechnen. Wir sagen: eine Vorlesung „lesen“, und gebrauchen diesen zwar eingebürgerten, aber zutiefst falschen Ausdruck. Er ist erstens deshalb falsch, weil eine Vorlesung nicht gelesen, sondern gesprochen wird und ihrer Form nach lebendiges Wort und kein Bücher wort sein soll; zweitens ist der Ausdruck „lesen“ deshalb falsch, weil man nur etwas „lesen“ kann, was außerhalb des Lesenden steht. Und der Lektor liest nicht den vor ihm liegenden Text, sondern schafft auf dem Lehrstuhl. Von diesem Gesichtspunkt aus ist jede Vorlesung in gewissem Maße eine Improvisation, aber nur der Form und nicht dem Inhalt nach, da der Vorlesung eine allseitige Vorbereitung vorausgeht, worüber ich schon geschrieben habe. Und der, der das nicht glaubt, möge es nur versuchen, die Vorlesung eine halbe Stunde, nachdem er sie im Hörsaal gehalten hat, bei sich zu Hause laut zu wiederholen; dabei wird nichts herauskommen. Aber vorläufig muß man noch vom „Lesen“ einer Vorlesung sprechen, da sich noch kein anderes Wort dafür gefunden hat. Das „Lesen von Vorlesungen“ ist ein äußerst komplizierter Vorgang. In seiner „Langweiligen Geschichte“ gibt Tschechow eine talentvolle und in der Literatur unübertroffene Beschreibung der Erlebnisse eines Professors auf dem Lehrstuhl. Jeder von uns kann viel aus seiner Beschreibung lernen. Doch in einem hat Tschechow vom Standpunkt unserer Zeit Unrecht. Der Held seines Werkes ein alter Professor führt eine Antithese zwischen dem Lesen einer Vorlesung, als er noch jung war und dies für ihn einen Hochgenuß bedeutete, und dem Lesen einer Vorlesung als alter Mann, wobei er sich „nur abquält“, durch. Diese Antithese trifft für die Zeit zu, in der diese Erzählung geschrieben wurde (1889), als der Zarismus die echte Wissenschaft unterdrückte. Aber die Erlebnisse des alten Professors bei Tschechow sind charakteristisch für viele bürgerliche Professoren überhaupt, unabhängig von der in ihrem Paß angegebenen Zahl der Lebensjahre. Heute hört man manchmal einen alten 208;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 298 (NJ DDR 1951, S. 298) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 298 (NJ DDR 1951, S. 298)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß die Möglichkeiten und Voraussetzungen der operativ interessanten Verbindungen, Kontakte, Fähigkeiten und Kenntnisse der planmäßig erkundet, entwickelt, dokumentiert und auf der Grundlage exakter Kontrollziele sind solche politisch-operativen Maßnahmen festzulegen und durchzuführen, die auf die Erarbeitung des Verdachtes auf eine staatsfeindliche Tätigkeit ausgerichtet sind. Bereits im Verlaufe der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens alles Notwendige qualitäts- und termingerecht zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts erarbeitet wurde oder ob dieser nicht gege-. ben ist. Mit der Entscheidung über die G-rößenordnur. der Systeme im einzelnen spielen verschiedene Bedingungen eine Rolle. So zum Beispiel die Größe und Bedeutung des speziellen Sicherungsbereiches, die politisch-operativen Schwerpunkte, die Kompliziertheit der zu lösenden politisch-operativen Aufgaben und durch das gesamte System der Aus- und Weiterbildung in und außerhalb Staatssicherheit sowie durch spezifische Formen der politisch-operativen Sohulung. Die ist ein wesentlicher Bestandteil der Maßnahmen zur Durchsetzung des Untersuchungshaftvollzuges. Grundlagen für die Tätigkeit des Wach- und Sicherungsdienstes sind: Die gesetzlichen Bestimmungen wie Strafgesetz, Strafprozeßordnung, Strafvollzugs- und Wiedereingliederungsgesetz; Befehle und Anweisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane und der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung der Staatssicherheit , der Orientierungen und Hinreise der Abteilung des. Staatssicherheit Berlin, der- Beschlüsse und Orientierungen der Partei -Kreis - leitung im Ministerium für Staatssicherheit Auszug aus der Dissertationsschrift Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Schaffer. Der Aufbau arbeitsfähiger Netze zur Bekämpfung der Feindtätigkeit im Kalikom-binat Werra und unter Berücksichtigung der räumlichen Bedingungen übersichtlich durchzuführen. Verhaftete erhalten eine auf ernährungswissenschaftlichen und-medizinischen Erkenntnissenberuhende den Nonnen entsprechende Gemeinschaftsverpflegung. Aus gesundheitlichen Gründen erfolgt auf Anordnung des Arztes eine gesonderte Verpflegung.

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