Zwie-Gespräch 31 1995, Seite 36

Zwie-Gespräch, Beiträge zum Umgang mit der Staatssicherheits-Vergangenheit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Ausgabe Nr. 31, Berlin 1995, Seite 36 (Zwie-Gespr. Ausg. 31 1995, S. 36); ZWIE - GESPRÄCH Nr. 31 Zwiegespräch mit Kurt Zeiseweis Martin Böttger Geb. 1947 in einer Pfarrerfamilie, promovierter Physiker. In der DDR aus politischen Gründen mehrere Arbeitsstellen, Mitbegründer der Initiative Frieden und Menschenrechte sowie des Neuen Forums. Von 1990 bis 1994 Abgeordneter des Sächsichen Landtages für Bündnis 90/ Grüne. Tätig als Geschäftsführer einer GmbH im Landkreis Zwickau, die Alten-und Pflegeheime betreibt. Beim Lesen der Ausarbeitung von Kurt Zeiseweis unter der Überschrift ich soll mich entschuldigen (Zwie-Gespräch Nr. 27, S. 1-10) frage ich zunächst: Sollen sich ehemalige MfS-Angehörige bei ihren Opfern entschuldigen? Wenn ja, bei welchen? Auch bei mir? Dazu möchte ich in aller Bescheidenheit und durchaus provokant bemerken, daß ich mich weniger als Opfer, sondern vielmehr als Täter fühle. Denn immerhin habe ich, was mein Verhältnis zur Stasi in den letzten 20 Jahren der DDR betrifft, einiges getan, und nicht nur einiges erduldet. Meine Täterschaft bestand im Aufbau von Gruppen, in der aktiven Ablehnung der SED-Alleinherr-schaft und folgerichtig in der Ablehnung und Bekämpfung des Schutzschildes der SED - des MfS. Schließlich ist es mir - im Verein mit vielen anderen natürlich - gelungen, die SED zu stürzen, das MfS aufzulö- sen und eine demokratische Entwicklung in Ostdeutschland einzuleiten. Auch wenn diese Entwicklung viele Ursachen hatte - als erste nenne ich die Gorbatschowsche Perestroika - so halte ich es für nicht unbescheiden, mich zu den Siegern zu zählen. Frage: Sollen sich die Besiegten bei den Siegern entschuldigen? Mit anderen Worten: Was bringen Entschuldigungsadressen der Gestürzten an die Umstürzler? Ich glaube, nicht viel. Eher behindern sie das notwendige sachliche Gespräch über die Ursachen des Scheiterns und die Verstricktheit vieler in ein untaugliches Gesellschaftssystem, das einmal mit dem Anspruch real existierender Sozialismus angetreten war. Entschuldigungen sind schon zu fordern, aber zuerst doch wohl vom Schuldirektor bei den relegierten Schülern, vom Kaderleiter bei politisch gefeuerten Mitarbeitern, vom Richter bei zu Unrecht Inhaftierten. Wenn ich von einem Stasi-Chef, der PUT (politische Untergrundtätigkeit) bearbeitete, eine Entschuldigung mir gegenüber verlangen würde, so erschiene es mir gegenüber den vielen unschuldigen Opfern als nicht angemessen. Immerhin hatte ich bewußt den Untergrund gewählt, allerdings mit öffentlicher Ausstrahlung und unter einem gewissen Schutz der Öffentlichkeit. Und deswegen hatte ich, wie viele meiner Untergrund-Freunde auch, weniger zu leiden als diejenigen, die nicht wußten, warum sie in die Stasi-Mühlen gerieten. Ein erpreßter IM dürfte wohl mehr Grund haben, Entschuldigung von seinem Führungsoffizier zu 36;
Zwie-Gespräch, Beiträge zum Umgang mit der Staatssicherheits-Vergangenheit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Ausgabe Nr. 31, Berlin 1995, Seite 36 (Zwie-Gespr. Ausg. 31 1995, S. 36) Zwie-Gespräch, Beiträge zum Umgang mit der Staatssicherheits-Vergangenheit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Ausgabe Nr. 31, Berlin 1995, Seite 36 (Zwie-Gespr. Ausg. 31 1995, S. 36)

Dokumentation: Zwie-Gespräch, Beiträge zum Umgang mit der Staatssicherheits-Vergangenheit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Ausgabe Nr. 31, Redaktionsschluß 12.12.1995, herausgegeben von Dieter Mechtel und Ulrich Schröter, Berlin 1995 (Zwie-Gespr. Ausg. 31 1995, S. 1-66).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingung: ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit führten zur Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Personen. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr, wo auf dieser Grundlage gegen Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, eine Steigerung um, Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Gesamtzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegenüber dem Jahre gestiegen ist ergibt sich bezüglich des Anteils von Verfahren, die auf der Basis von Arbeitsergebnissen des ElfS eingeleitet wurden, an der Gesamtzahl der in Bearbeitung genommenen Verfahren, entwickelte sich seit folgendermaßen:, Bei Verfahren wegen Staatsverbrechen hat der Anteil des operativen Materials folgende Entwicklung genommen:, Der Anteil registrierten operativen Materials an der Gesamtzahl der bearbeiteten Ermittlungsverfahren. Darunter befanden sich Personen oder, der insgesamt in Bearbeitung genommenen Beschuldigten, die im Zusammenhang mit rechtswidrigen Ersuchen auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Tatbegehung, der Ursachen und Bedingungen, des entstandenen Schadens, der Persönlichkeit des Beschuldigten sowie des Verhaltens vor und nach der Tat.

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