Wörterbuch der Psychologie 1976, Seite 254

Wörterbuch der Psychologie [Deutsche Demokratische Republik (DDR)] 1976, Seite 254 (Wb. Psych. DDR 1976, S. 254); Instinktlehren des Verhaltens 254 Eine I. kann sich nur dann herausbilden, wenn vorhandene instinktive Regulationsmuster einer Optimierung durch Lernen zugänglich sind. Der Bienenwolf (Philanthus triangulum) lernt z. B. die Lage seiner Bruthöhle, in die er durch Stich gelähmte Bienen als Larvenfutter einträgt, nach Geländemarken rasch und zuverlässig. Sein Jagdverhalten ist dagegen einer Modifikation durch Erfahrung unzugänglich. Durch Lernen werden aber nicht nur instinktive Verhaltensweisen wie etwa das Nüsseöffnen des Eichhörnchens (Sciurus vulgaris) optimiert. Vielmehr kann sich nach ethologi-scher Auffassung auch der Angeborene Auslösemechanismus (j AAM) derart verändern, daß er spezifischer auf auslösende Reize anspricht. Ein Beispiel dafür ist die erfahrungsbedingte Auswahl geeigneteren Nistmaterials beim Kolkraben (Cor-vus corax) und bei anderen Vögeln. Instinktlehren des Verhaltens: zusammenfassende Bezeichnung für solche psychologischen KQnzep-tionen, in denen das menschliche Verhalten primär auf angeborene biologische Regulationsmechanismen zurückgeführt wird. Theoretischer Ausgangspunkt der I. ist die Annahme einer kontinuierlichen, nur quantitative Veränderungen umfassenden Evolution, an deren Endpunkt der Mensch steht. Folglich wird die Organisation menschlichen Verhaltens nur als eine quantitative Zunahme des Differenzierungs- und Plastizitätsgrades tierischen Verhaltens interpretiert. Damit wird in den I. geleugnet, daß die menschliche Verhaltensorganisation gegenüber der tierischen eine qualitativ neue und höhere Stufe darstellt, die dadurch charakterisiert ist, daß im Gefolge der Arbeit als ,,Gattungswesen des Menschen“ (MARX/ENGELS) das Verhalten primär sozial, gesellschaftlich determiniert ist. Einflußreichster Vertreter der I. war W. McDOUGALL, der insbesondere das soziale Verhalten des Menschen instinkttheoretisch interpretierte: „Das Leben der Menschen ist genau so tief in Instinkten verwurzelt wie das der Tiere.“ Er stellte einen Katalog von angeborenen Triebkräften zusammen, aus denen soziales Verhalten und soziale Bildungen hergeleitet werden, z. B. Herden-und Geselligkeitstrieb, Triebkraft der Selbstbehauptung, der Unterwürfigkeit, des Besitzenwol-lens, der Fürsorge u. a. McDOUGALL geht sogar so weit, eine morphologisch-physiologische Funktionsinstanz für diese angeborenen Regulationseigenschaften anzugeben, nämlich die Basalganglien des Mittelhirns. Als Quelle für das Wirksamwerden der angeborenen Triebmechanismen wird die sog. hormische Energie betrachtet (f hor-mische Psychologie). Häufig bedienen sich Instinkttheoretiker bei ihren biologistischen Erklärungsversuchen des sozialen Verhaltens einfacher Tier-Mensch-Analogisierungen. L. W. COLE z. B. vertritt die Auffassung, daß der Instinkt der Soziabilität, aus dem sich das Zusammenleben von Tie- ren in Herden herleite, im menschlichen Bereich in Form der Organisation des öffentlichen Lebens wirksam werde. Als weitere Instinkttheoretiker im angloamerikani-schen Bereich sind A. C. GARNETT, I. DREVER, W. JAMES, С. T. MORGAN, T. HOBHOUSE, in neuerer Zeit ist R. FLETCHER zu nennen. Im deutschsprachigen Bereich entwickelte W. HELL-PACH eine instinkttheoretisch fundierte Sozialpsychologie. Gemeinschaftsbildungen führt er auf den sog. Menschengesellungstrieb zurück; die Fähigkeit, den ,,Innenzustand des Mitmenschen“ zu erfassen, beruhe auf dem sog. expressiven Spürinstinkt. Zahlreiche Anleihen an instinkttheoretische Auffassungen vom menschlichen Verhalten finden sich in der Tiersoziologie (F. AL VERDES), in der Ethologie (K. LORENZ), in teleologisch-finali-stisch bestimmten Konzeptionen der Persönlichkeitspsychologie (Ph. LERSCH) sowie in der Psychoanalyse bzw. in der psychoanalytisch orientierten Sozialpsychologie. Kritik: Bereits die theoretischen Prämissen der I., die Annahme einer evolutionären Kontinuität vom Tier zum Menschen, sind falsch. Sie führen zur Leugnung der qualitativen Besonderheit der menschlichen Verhaltensdetermination. Dem entspricht eine undialektische Bestimmung des Verhältnisses von Biologischem und Sozialem zugunsten einer Verabsolutierung der biologischen Verhaltensdeterminanten. Mit den I. ist stets die Vorstellung vom Angeborensein menschlicher Verhaltensweisen oder -dispositionen, der Nativismus, verbunden. Sie verkennen die Tatsache, daß menschliches Verhalten, insbesondere soziales Verhalten, in der praktischen Lebenstätigkeit erlernt wird. Mit der Ausweitung ihrer Auffassungen auf das gesellschaftliche Leben überhaupt nehmen die I. eine unzulässige Biologisierung und Psychologisierung bei der Interpretation gesellschaftlicher Verhältnisse, Institutionalisierungen und Entwicklungen vor. In ihrer objektiven ideologischen Funktion sind diese gesellschaftstheoretischen Ausweitungen auf die Stabilisierung antagonistischer Klassenverhältnisse und das Glaubhaftmachen einer Unveränderbarkeit der antagonistischen Klassengesellschaft gerichtet. Methodisch unzulässig sind willkürliche Tier-Mensch-Analogisierungen, denn es ist nicht statthaft, aus formalphänomenalen Analogien zwischen strukturell unterschiedlichen Qualitäten konditionalgenetische oder kausalanalytische Zusammenhänge abzuleiten. Häufig bedienen sich I. des simplen Verfahrens, für alle vermeintlich nicht auf Erfahrung zurückführbaren psychischen Erscheinungen einfach einen Instinkt zu konstruieren. Am Ende der Determinationskette zur Erklärung von Verhaltensund Erlebensweisen stehen vielfach sog. Urphäno-mene, die als nicht weiter erklärbar oder als transzendent-teleologisch bestimmt gelten. Den I. liegt;
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Dokumentation: Wörterbuch der Psychologie [Deutsche Demokratische Republik (DDR)] 1976, Günter Gaußing (Gesamtleitung), Helmut Kulka, Joachim Lompscher, Hans-Dieter Rösler, Klaus-Peter Timpe, Gisela Vorweg (Hrsg.), 1. Auflage, Bibliographisches Institut Leipzig, 1976 (Wb. Psych. DDR 1976, S. 1-596).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eins hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel unzweckmäßig, Aufzeichnungen von schriftungewandten Beschuldigten und solchen mit mangelndem Intelligenzgrad anfertigen zu lassen; hier genügt die abschließende Stellunonahme zur Straftat.

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