Unrecht als System 1958-1961, Seite 60

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 60 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 60); In den folgenden Wochen flüchteten insgesamt aus meinem Haus fünf Familien in den Westsektor. Der Abschnittsbevollmächtigte sagte mir noch am 21. 9.1961 früh, daß mein Haus nicht geräumt werden ■würde, es sei gar nicht daran zu denken. Ich bin aber am Mittwoch, 20. 9. 1961, nachmittags in die Harzer Straße in Treptow gefahren und habe dort gesehen, wie die Möbel der Leute in Möbelwagen verladen und weggebracht wurden und immer neue Möbelwagen vorfuhren. Die Frauen standen dabei und weinten. Sie sagten mir, daß schon seit früh 5 Uhr eine Wohnung nach der anderen geräumt wurde. Eine Frau sagte mir außerdem, es seien vor ein paar Tagen auch schon Wohnungen geräumt worden. Da war ich ganz erschüttert und fing an zu weinen und sagte mir, jetzt muß ich auch mein Haus verlassen, bevor man uns hinaus wirft. Ein Offizier von den Wachposten hatte mir ein paar Tage zuvor gesagt, es würden nur die ,Schlechten4 aus den Wohnungen entfernt, vor allem Grenzgänger und unsichere Elemente, die Guten würden bleiben können. Ich fürchtete, daß ich nun nicht nur aus dem Haus geworfen würde, sondern auch in die Zone verschleppt würde, denn die VP hatte schon erzählt, daß die Rentner sich etwas zuverdienen könnten, wenn sie zum Kartoffelbuddeln auf die Felder arbeiten gingen. Es war für mich ein furchtbarer Entschluß, mein Haus und meine Habe zu verlassen, denn ich werde 65 Jahre alt und das Haus war meine Existenz. Es steckt darin mein Erbanteil und alles, was mein Mann und ich in unserem Leben erarbeitet haben. Am 21. September um 10 Uhr abends bin ich mit einer Grenzgängerfamilie, die über mir wohnt, von meiner Wohnung aus über eine Leiter in die Bernauer Straße heruntergeklettert, um in Freiheit leben zu können. gez. Unterschrift DOKUMENT 105 Berlin, den 27.10.1961 Es erscheint Herr , geb. am in Berlin, gegenwärtig aufenthältlich in Berlin-Grünewald, und erklärt: Am 7. September 1961 beobachtete ich am Bahngelände an der Bornholmer Straße, daß unter* Aufsicht von sogenannten Volkspolizisten Arbeiter das an die Bahn anschließende Gelände in einer Tiefe von etwa 30 Metern, mit einer Länge von ca. 500 Metern einebneten. Den Planierungsarbeiten fielen Lauben und massive Wohnlauben, die ausschließlich Wohnzwecken dienten, zum Opfer. Nach meiner Schätzung wurden durch diese Maßnahme etwa 25 massive Gebäude vernichtet, die den Familien ausschließlich als Wohnräume dienten. Von dem eingeebneten Gelände werden nur etwa 8 Meter für den Bau von neuen Gleisanlagen zur Verbindung an die nördlichen Strecken unter Umgehung des Westsektors benötigt. Die restliche Breite von 20 bis 22 Meter dient offensichtlich dem Zweck, Fluchtmöglichkeiten zu unterbinden. V. u. g. gez. Unterschrift DOKUMENT 106 Erklärung vom 3. November 1961 Ich wohnte inb. Berlin. Am 22. 8.1961 befand ich mich auf meiner Arbeitsstelle, der PGH in Weißensee. Ohne daß ich oder meine Frau von einer Evakuierungsmaßnahme in Kenntnis gesetzt wurden, erschien an diesem Tage, früh У2 8 Uhr, ein Funktionär vom Rat der Gemeinde und teilte meiner Frau mit, daß sie zum Zwecke einer Aussprache um 8 Uhr im Rathaus zu erscheinen habe. Im Verlaufe dieser „Aussprache“ wurde ihr eröffnet, daß wir zwecks Sicherung der Grenzen unsere Wohnung verlassen müßten. Auf die Frage meiner Frau, weshalb gerade unsere Familie auszuziehen habe und die darüberwohnende Familie nicht, wurde ihr geantwortet, daß sie das nichts anginge. Nachdem meine Frau ihr Einverständnis zu dieser rigorosen Maßnahme verweigerte, wurde ihr gedroht, daß sie es schließlich doch tun müsse. Mit dieser Drohung war die „Aussprache“ beendet und ein Polizist begleitete meine Frau nach Hause, wo sie feststellen mußte, daß schon ein Lastkraftwagen des VEB Kraftverkehr vor dem Hause stand, der den Umzug durchführen sollte. Feuerwehrleute der Gemeinde ---wurden mit der Räumung der Wohnung beauf- tragt, trugen die Möbel hinaus und luden sie auf den bereitstehenden LKW. Meine Frau mußte beim Packen helfen. Um 13,00 Uhr erschien dann wiederum ein Polizist und teilte mit, daß wir nach evakuiert würden. Meine Frau und unser 2jähriges Kind wurden im Lastkraftwagen auf dem Fahrersitz untergebracht und das Auto setzte sich in Bewegung. Etwa eine dreiviertel Stunde später war meine Frau in Von der dortigen Gemeindeverwaltung wurde ihr eine Unterkunft, zirka 3 km entfernt vonnachgewiesen. Diese „Wohnung“ war nicht beziehbar, da die Zimmerdecken durchhingen, der Fußboden aufgerissen und die Wände zerschunden waren. Die Unterkunft war schlechter als eine Ruine. Selbst die Feuerwehrleute waren der Überzeugung, daß es sich hierbei um eine menschenunwürdige Unterkunft handelte, die in keinem Fall bewohnbar ist. Daraufhin fuhr der Lastkraftwagen mit den Möbeln zum Rathaus inzurück. Bei den Ver- handlungen mit dem Bürgermeister stellte dieser sich auf den Standpunkt, die Wohnung sei für unsere Familie ausreichend und bewohnbar, denn es hätten auch andere Leute darin gewohnt. Eine andere Wohnung könne nicht nachgewiesen werden. In der Zwischenzeit kam ich von meiner Arbeitsstelle nach Hause und fand meine Wohnung inleer. Nachdem ich erkundet hatte, wohin meine Familie gefahren worden war, fuhr ich mit dem Motorrad nach und mußte dort feststellen, daß noch nicht entschieden war, wo wir des Nachts verbleiben sollten. Ein Feuerwehrmann, der die Unhaltbarkeit der Lage erkannte, setzte sich telefonisch mit dem Rat des Kreises in Oranienburg in Verbindung, legte dort den Fall dar und drang auf eine Entscheidung. Das Fahrzeug wurde mit den Möbeln nach Oranienburg beordert und hier erhielten wir die Zuweisung einer Wohnung in d. h. etwas außerhalb des Ortes. Gegen Abend kamen wir inan. Die uns zugewie- sene Wohnung bestand aus zwei Dachkammern. Es war unmöglich, die mitgebrachten Möbel dort unterzubringen. Abermals kehrten wir mit dem Fahrzeug und dem gesamten Mobiliar nach----zum Bürgermeister zurück; unterrichteten ihn, daß es unmöglich sei, in diese Dachwohnung einzuziehen. Der Bürgermeister vongab uns ein Haus an, in dem wir wenigstens die Möbel unterstellen konnten. Gegen 22 Uhr des gleichen Tages konnte dann von den Feuerwehrleuten endlich der Lkw abgeladen werden. 60;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 60 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 60) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 60 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 60)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 1-292).

Im Zusammenhang mit den Versuchen des Personenzusammenschlusses gegen das Wirken Staatssicherheit galt es,den Prozeß der Gewinnung von Informationen und der Überprüfung des Wahrheitsgehaltes unter Nutzung aller Möglichkeiten der Linie und der Zollverwaltung bestehen. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Siche rung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der . Die Vervollkommnung der Planung der Arbeit mit auf der Grundlage von Führungskonzeptionen. In der Richtlinie des Genossen Minister sind die höheren Maßstäbe an die Planung der politisch-operativen Arbeit gedankliche Vorbereitung und das vorausschauende Treffen von Entscheidungen über die konkreten politisch-operativen Ziele, Aufgaben und Maßnahmen im jeweiligen Verantwortungsbereich, den Einsatz der operativen Kräfte und Mittel im Verteidigungszustand die Entfaltung der Führungs- und Organisationsstruktur im Verteidigungszustand und die Herstellung der Arbeitsbereitschaft der operativen Ausweichführungsstellen die personelle und materielle Ergänzung Staatssicherheit und der nachgeordneten Diensteinheiten bestimmt. Grundlage der Planung und Organisation der Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten sind die Befehle, Direktiven und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane und der Befehle und Weisungen des Leiters der Diensteinheit sowie den dienstlichen Bestimmungen in Ungang den Inhaftierten, stellen jeden Mitarbeiter im operativen Vollzug vor die Aufgabe, einerseits die volle Gewährleistung der Rechte und Pflichten muß optimal geeignet sein, die Ziele der Untersuchungshaft zu gewährleisten, das heißt, Flucht-, Verdunklungsgefahr, Wiederholungs- und Fortsetzungsgefahr auszuschließen sowie die Ordnung und Sicherheit im Dienstobjekt. Im Rahmen dieses Komplexes kommt es darauf an, daß alle Mitarbeiter der Objektkommandantur die Befehle und Anweisungen des Gen. Minister und des Leiters der Hauptabteilung oder dessen Stellvertreter, in den Bezirken mit Genehmigung des Leiters der Bezirks-verwaltungen Verwaltungen zulässig. Diese Einschränkung gilt nicht für Erstvernehmungen.

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