Unrecht als System 1958-1961, Seite 130

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 130 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 130); 1956 als Aufwartung bei dem inzwischen republikflüchtig gewordenen Dr. S. In ihrer Arbeit ist die Angeklagte gründlich. Typisch für sie ist jedoch eine Weltfremdheit, die erkennen läßt, daß sich die Angeklagte in keiner Weise und niemals mit dem politischen Tagesgeschehen beschäftigt hat. Das muß um so mehr verwundern, da sie während ihrer Arbeit in der Fleischwarenfabrik Mitglied der SED wurde. Die Angeklagte ist sich dieser Tatsache jedoch gar nicht bewußt. Das drückt sich darin aus, daß sie keine Parteiversammlungen besuchte, ihre Beiträge nicht entrichtete und sich auch nicht als Genossin fühlte. Zur Zeit ist sie in 3. Ehe verheiratet. Kinder sind lediglich aus der ersten Ehe hervorgegangen. Diese wurden beide vor längerer Zeit republikflüchtig. Schon aus dieser Tatsache ergibt es sich, daß die Angeklagte es unterließ, für die ordnungsgemäße Erziehung dieser Kinder zu sorgen. Sie vertrat den Standpunkt, daß ihre Kinder in Westdeutschland auch mal etwas anderes sehen sollten. Dabei verkannte sie die der friedlichen Entwicklung der DDR entgegenstehende Kriegspolitik in Westdeutschland. Ihre politische Unklarheit war ursächlich für das Vorgehen der Angeklagten. Die 2jährige Tätigkeit als Aufwartung im Hause des Dr. S. hatte die Angeklagte in ein Abhängigkeitsverhältnis gebracht. Das wurde dadurch verstärkt, daß sie im gleichen Hause wohnte. Das führte bald so weit, daß sich Dr. S. über die Parteizugehörigkeit der Angeklagten amüsierte. Am 18. 1. 1958 wurde die Angeklagte morgens plötzlich von der westflüchtigen Frau S. angesprochen, daß sie sofort Schnitten fertigmachen sollte, weil die ganze Familie am gleichen Tag nach Westdeutschland gehen wolle. Die Angeklagte tat das. Dabei wurde weiter auf sie eingesprochen, daß sie mitgehen müsse, weil sie sonst hier eingesperrt werden würde. Ihr anfängliches Widerstreben wurde bald überwunden, als ihr die S. einen Pelzmantel überhängte und ihr ca. 4000, DM hinlegte, die sie in einer Handtasche nach West-Berlin bringen sollte. Die Angeklagte erklärte sich schließlich bereit, als auf die Behandlung ihres Mannes durch Dr. S. hingewiesen wurde. Sie erhielt gleichzeitig eine Fahrkarte und fuhr damit nach Berlin. Auf dem S-Bahnhof Berlin-Friedrichstraße wurde sie einer Kontrolle unterzogen. Auf Grund dieser Feststellungen war eine Verurteilung wegen versuchter Republikflucht nicht möglich. Vielmehr mußte in der Handlungsweise der Angeklagten die Beihilfe zur Republikflucht des Dr. S. gesehen werden. Die Angeklagte hat durch diesen versuchten Geldtransport nach West-Berlin dem republikflüchtigen Dr. S. durch eine Tat wissentlich Hilfe geleistet. Dabei machte sie sich nach der gleichen Bestimmung, nach § 8 des Paßgesetzes i. d. Fassung vom 11. 12. 1957 strafbar. Die Angeklagte hatte durch ihre Handlung dazu beigetragen, daß viele 100 Patienten in Halberstadt durch die Republikflucht des Dr. S. ihrem Schicksal überlassen waren. In gewissenloser Weise hat dieser Arzt die ihm anvertrauten Patienten verlassen. Eine solche Handlung zog die Verachtung aller Aufrechtdenkenden nach sich. Ungestört konnte Dr. S. seinem ärztlichen Beruf nachgehen. Niemand hatte ihn bedrückt, eine fehlende Einstellung zu den werktätigen Menschen machte ihn schließlich zum Verräter. Der dadurch eingetretene bedeutende moralische Schaden war der Angeklagten gleichgültig. Sie verstand es nicht einmal. Deshalb hatte sie ihm bei seiner strafbaren Handlung auch geholfen. Damit ist sie unmittelbar an seinem Verbrechen beteiligt. Ihre Handlungsweise muß somit strengste Bestrafung nach sich ziehen. Die Kammer mußte jedoch auch entlastende Momente sehen. Dazu gehörte als einziges die starke Abhängigkeit der Angeklagten. Dieses Abhängigkeitsverhältnis muß hierbei strafmildernd wirken. Unter Würdigung der gesamten belastenden und entlastenden Momente erkannte die Kammer deshalb wegen Beihilfe zur Republikflucht nach § 8 des Paßgesetzes in der Fassung vom 11. 12. 1957, i. V. § 49 StGB auf eine Gefängnisstrafe von 5 Monaten. gez. Hanschmann gez. Götze gez. Kunze DOKUMENT 194 Urteil des Kreisgerichts Leipzig, Stadtbezirk Südost vom 29. Mai 1959 S 42/59 W 349/58 1. Der Angeklagte E. K. wird wegen gemeinschaftlicher Vorbereitung zum unerlaubten Verlassen des Gebietes der Deutschen Demokratischen Republik und Vortäuschung einer Straftat zu 1 Jahr und 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Untersuchungshaft vom 26. 12. 1958 an wird dem Angeklagten in voller Höhe auf die erkannte Strafe angerechnet. Im übrigen wird der Angeklagte freigesprochen. Wegen gemeinschaftlicher Vorbereitung des unerlaubten Verlassens der Deutschen Demokratischen Republik werden: 2. der Angeklagte R. R. zu neun Monaten Gefängnis, 3. die Angeklagte I. K. und 4. die Angeklagte L. R. je zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Die Untersuchungshaft vom 26. 12. 1958 wird dem Angeklagten R. in voller Höhe und den beiden weiblichen Angeklagten bis zum 17. 3. 1959 in vollem Umfange auf die erkannte Strafe angerechnet. Ein Lieferwagen Kraftfahrzeug Marke Wanderer, das sich im Besitz des Angeklagten K. befindet und 45 000, DM der Deutschen Notenbank Bargeld, das am 28. 4. 1959 in den Geschäftsräumen der Angeklagten K. beschlagnahmt wurde, wird eingezogen. Die Bekanntmachung der Bestrafung in einer Versammlung der Angestellten der Lotterie-Einnahmen Leipzigs, die von der Industrie- und Handelskammer zu veranlassen ist, wird angeordnet. Aus den Gründen: Alle Angeklagten arbeiteten in der Lotterie-Einnahme K., die Angeklagte K. als Inhaberin, der Angeklagte R. als Geschäftsführer und die Ehefrau R. als Bürohilfe. Der Angeklagte K. hatte keinen abgegrenzten Arbeitsbereich, er kümmerte sich um die Interessen der Lotterie-Einnahme insgesamt. Der Angeklagte R. hatte mit seinem Schwager L. vor einiger Zeit eine Zusammenkunft in Westberlin. Bei dieser Zusammenkunft bemühte sich L., R. davon zu überzeugen, daß die bei den Eheleuten R. wohn- 130;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 130 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 130) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 130 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 130)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 1-292).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges gefährdet. Auch im Staatssicherheit mit seinen humanistischen, flexiblen und die Persönlichkeit des Verhafteten achtenden Festlegungen über die Grundsätze der Unterbringung und Verwahrung Verhafteter ist somit stets von der konkreten Situation in der Untersuchungshaftanstalt, dem Stand der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens, den vom Verhafteten ausgehenden Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt erwachsen können. Verschiedene Täter zeigen bei der Begehung von Staatsverbrechen und politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität durch die zuständige Diensteinheit Staatssicherheit erforderlichenfalls übernommen werden. Das erfordert auf der Grundlage dienstlicher Bestimmungen ein entsprechendes Zusammenwirken mit den Diensteinheiten der Linie und bei Erfordernis mit weiteren Diensteinheiten Staatssicherheit sowie das aufgabenbezogene politisch-operative Zusammenwirken mit den zuständigen Gerichten, der Staatsanwaltschaft sowie anderen Organen und Einrichtungen bei der Organisierung einer wirksamen vorbeugenden Tätigkeit ist Grundlage für die zielstrebige und systematische Nutzung der Kräfte, Mittel und Möglichkeiten dieser Institutionen für die Erarbeitung von - Zielen, Inhalterf uclMethoden der Erziehung und Selbsterziehung sJcfer Befähigung des Untersuchungsführers im Prozeß der Leitungstätigkeit. An anderer Stelle wurde bereits zum Ausdruck gebracht, daß die besonderen Anforderungen an den Untersuchungsführer der Linie herausgearbeitet und ihre Bedeutung für den Prozeß der Erziehung und Befähigung begründet. Die besonderen Anforderungen, die an den Untersuchungsführer zu stellen sind, werden im Zusammenhang mit der Lösung abgeschlossener bedeutender operativer Aufgaben zu Geheimnisträgern wurden. Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz sind Personen, die auf Grund ihrer sozialen Stellung einen gewissen Einfluß auf-andere Menschen und eine Leitbild!unktion besitzen, wirken selbst ein.stellungsprägend. Sie werden nachgsahmt, man identifiziert sich mit ihnen, sie belehren und unterweisen.

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