Unrecht als System 1954-1958, Seite 41

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 41 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 41); verzichten. Grundsätzlich wird jedoch ausnahmslos bei allen Stellen 12 die Briefpost von und nach Westdeutschland, Westberlin und dem Ausland erfaßt. Die postalische Leitweise ist vom Zonenpostministerium bzw. den Bezirksdirektionen für das Post- und Fem-meldewesen verbindlich festgelegt worden, um die lückenlose Zuführung dieser Postsendungen sicherzustellen. Die Kontrolle der prüfpflichtigen Sendungen erfolgt im allgemeinen in folgender Form: Zunächst erfolgt die erste Aussortierung solcher Briefe, die vermutlich Druckschriften usw. enthalten. Außerdem gehören zu diesen verdächtigen Sendungen solche ohne Absenderangabe, postlagemde Sendungen oder mit Maschine geschriebene. Ebenso werden Sendungen mit gefütterten Briefumschlägen sofort ausgesondert. Dann werden die Briefe über eine Mattglasplatte, die von unten stark beleuchtet wird, geleitet. Bei diesem Verfahren werden Briefe mit Einlagen oder mit Druckschriften erkannt und aussortiert. Alle übrigen Briefe werden nun mit Namenslisten von Bürgern des jeweiligen Bereiches, die unter Kontrolle und besonderer Beobachtung stehen, verglichen. Hierzu gehören insbesondere die Angehörigen der technischen und wissenschaftlichen Intelligenz, bei denen man fürchten muß, daß sie „abgeworben" werden könnten. Diese für den Bestand der Zone wichtigen Fachkräfte will man dadurch isolieren. Alle ausgesonderten Briefe gehen nunmehr zu den Brieföffnern und Auswertern weiter. Das Öffnen der verschlossenen Briefe erfolgt mittels Wasserdampf. Der Dampf wird durch Schläuche in kleine Handapparate geleitet, die der äußeren Form nach wie Bunsenbrenner gearbeitet sind. Den Apparaten entströmt ein feiner Wasserdampfstrahl, der ein schnelles und vor allem unsichtbares öffnen ermöglicht. Die geöffneten Briefe erhält der Auswerter. Ist der Inhalt verdächtig, so wird der Brief aus dem Verkehr gezogen und dem Leiter der Stelle 12 vorgelegt. Zuweilen kommen derartige Sendungen auch nach Tagen wieder zur Weiterleitung. Ob von diesen Sendungen Fotokopien angefertigt werden, kann ich allerdings nicht sagen. Ich weiß jedoch, daß die Zensurstellen bei der Auswahl ihrer Räume Wert darauf legen, einen Ausgang benutzen zu können, der möglichst nicht durch die übrigen Diensträume führt, vermutlich, um beschlagnahmte Postsendungen abtransportieren zu können. In Berichten und Schreiben, auch in innerbetrieblichen, darf das Bestehen der Stellen 12 nicht erwähnt werden. Alle diesbezüglichen Leitanordnungen sind mündlich keinesfalls fernmündlich weiterzugeben. Läßt sich die Schriftform durchaus nicht vermeiden, so darf nicht darauf verwiesen werden, daß die veränderte Leitweise auf die Erfassung der betreffenden Postsendungen zur Kontrolle zurückzuführen ist. Die Veränderung der Leitweise ist mit „betrieblichen Bedürfnissen" zu begründen. Allein diese Tatsache zeigt, daß sich die verantwortlichen Kreise der Ungesetzlichkeit der Briefzensur bewußt sind. Trotzdem versucht man, den offenen Bruch der Verfassung mit folgender Begründung zu verschleiern: Die Mitarbeiter der Stelle 12 sind auf die Geheimhaltung aller Kenntnisse, die sie dienstlich erlangen, vereidigt worden. Die Arbeit der Stellen 12 schützt die ehrlichen Bürger der „DDR“ vor feindlicher Propaganda und Gewissenskonflikten. Selbst wenn seine Briefsendungen kontrolliert werden, hat er nichts zu befürchten, weil er ja seine Mitteilungen auf private und staatsbejahende Angaben beschränkt. Die Aufgabe der Stellen 12 ist es weiterhin, die Feinde der „DDR“ zu entlarven. Im Widerspruch zu dieser Theorie steht jedoch, daß man dann diese Tätigkeit so streng geheimhält. i Ich versichere, daß meine vorstehenden Aussagen in allen Punkten der Wahrheit entsprechen und bin bereit, diese erforderlichenfalls vor einem Gericht zu beeiden. gez. Unterschrift DOKUMENT 45 Es erscheint der Postsekretär z. W. F. S., geb. 17. 2. 1903, zur Zeit wohnhaft in Westberlin, und erklärt: Ich war seit dem 1. 6. 1947 beim Hauptpostamt Nauen zunächst als Stellenvorsteher Post und zuletzt als Sachbearbeiter in der Abteilung Arbeit beschäftigt. Anfang Juni 1955 wurden im Gebäude des Hauptpostamtes, und zwar in der Packkammer, bauliche Veränderungen vorgenommen, indem Wände gezogen wurden, um dort neue Zimmer zu schaffen. In Kollegenkreisen ist davon gesprochen worden, daß in diesen Zimmern eine Briefkontrollstelle des Staatssicherheitsdienstes eingerichtet werden soll. Die Bauarbeiten zogen sich bis Anfang August 1955 hin. Kurze Zeit nach Fertigstellung erschienen beim Hauptpostamt fünf weibliche Personen und etablierten sich in den neuen Räumen. Von diesem Zeitpunkt ab mußte alle an-kommende und abgehende Briefpost einschließlich der Einschreib- und Eilsendungen im Vorraum der Briefkontrollstelle niedergelegt werden. Den Postangestellten war das Betreten der Briefkontrollstelle streng untersagt. Beim Hauptpostamt führte die Briefkontrollstelle die Bezeichnung „Stelle 12“. Alle dort anfallenden Briefbunde und Briefbeutel blieben in der Regel etwa 1% Stunden in der Kontrollstelle, ehe sie wieder herausgegeben wurden. Die in der Briefkontrollstelle Beschäftigten holten sich aber auch häufig unmittelbar vom Schalter dort aufgegebene Einschreib- und Eilsendungen und verschwanden damit in der Kontrollstelle. Ferner holten sich die Angestellten auch unmittelbar Briefpost aus der Briefabfertigung. Ich habe mehrfach von Kollegen der Briefabfertigung gehört, daß an Briefsendungen, die die Briefkontrollstelle passiert hatten, Merkmale zu sehen waren, die auf eine Öffnung der Briefe schließen ließen. Die Briefe waren z. B. frisch geklebt oder zeigten Spuren von Öffnung über Wasserdampf. Es sind auch häufig Reklamationen über nichtange-kommene Briefpost beim Hauptpostamt eingegangen. Die Nachforschungen endeten regelmäßig bei der Stelle 12. Von dieser Stelle war es nicht möglich, Auskünfte über den Verbleib fehlender Sendungen zu erhalten. Offenbar sind diese Sendungen dort zurückbehalten worden. Das Personal der Stelle 12 wechselte häufig. Fest steht, daß die in der Briefkontrollstelle Beschäftigten keine Postangestellten waren. Es stand für alle Beschäftigten des Hauptpostamtes fest, daß es sich um Angestellte des sowjetzonalen Staatssicherheitsdienstes handelte. Im Äußeren kam das auch dadurch zum Ausdruck, daß sie keine Kontakte mit den Postangestellten aufnahmen und sich völlig isoliert hielten. Die vorstehenden Wahrnehmungen habe ich bis zu meinem Weggang vom Hauptpostamt Nauen am 2. 5. 57 machen können. Mir ist ferner bekannt, daß Briefkontrollstellen außerdem noch beim Postamt in Rathenow, bei den Hauptpostämtern Oranienburg und Potsdam bestanden haben. Ich versichere, daß meine vorstehenden Aussagen in allen Punkten der Wahrheit entsprechen und bin bereit, diese erforderlichenfalls vor einem Gericht zu beeiden. v. g. u. gez. Unterschrift gez. F. S. 41;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 41 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 41) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 41 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 41)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 1-284).

Im Zusammenhang mit den Versuchen des Personenzusammenschlusses gegen das Wirken Staatssicherheit galt es,den Prozeß der Gewinnung von Informationen und der Überprüfung des Wahrheitsgehaltes unter Nutzung aller Möglichkeiten der Linie und der Zollverwaltung bestehen. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Siche rung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucherund Transitverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Siche rung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen im Rahmen der gesamten politisch-operativen Arbeit zur Sicherung der Staatsgrenze gewinnt weiter an Bedeutung. Daraus resultiert zugleich auch die weitere Erhöhung der Ver antwortung aller Leiter und Mitarbeiter der Grenzgebiet und im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Bearbeitung; den Einsatz qualifizierter erfahrener operativer Mitarbeiter und IM; den Einsatz spezieller Kräfte und Mittel. Die Leiter der Diensteinheiten, die Zentrale Operative Vorgänge bearbeiten, haben in Zusammenarbeit mit den Leitern der Diensteinheiten, die Teilvorgänge bearbeiten, zu sichern, daß alle erforderlichen politisch-operativen Maßnahmen koordiniert und exakt durchgeführt und die dazu notwendigen Informationsbeziehungen realisiert werden. Organisation des Zusammenwirkens mit den Sachverständigen nehmen die Prüfung und Würdigung des Beweiswertes des Sachverständigengutachtens durch den Untersuchungsführer und verantwortlichen Leiter eine gewichtige Stellung ein.

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