Unrecht als System 1954-1958, Seite 154

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 154 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 154); Der Angeklagte P. äußerte sieh dahingehend, daß er der Meinung war, daß von Heidenau auf das Telegramm hin jemand erscheinen wird und gemeinsam Rücksprache über den Posten nehmen würde. Es sei im Handel so üblich, daß bei Reklamationen, überhaupt bei derart großen Posten, sich der Versender um diese Sendung kümmern muß, da ja durch Reklamation die Ware beanstandet wurde. Er äußerte sich weiter, daß, nachdem der Dr. K. den Bescheid brachte, daß chemische Bombage vorliege und die gesamte Sendung nicht mehr in den Handel kommen darf, da sie für den menschlichen Genuß untauglich sei, er kein besonderes Verwerfungsprotokoll von K. forderte, weil ihm der Befund vom Tiergesundheitsamt Potsdam als ausreichend erschien. Es habe für ihn festgestanden, daß die gesamte Ware nicht mehr zu verwenden, sondern zu verwerfen sei. Beide Angeklagte hätten jedoch noch auf Anweisung von Berlin gewartet, weil sämtliche Reklamationen an Waren über das ZAK in Berlin laut Anweisung gehen müssen. Die Ware sei deshalb stehen geblieben, da von Berlin noch nicht die Anweisung der Vernichtung gekommen sei. Im Mai 1954 kam dann von Berlin der Bescheid, daß die gesamte Ware vernichtet werden soll, wenn nicht von Heidenau ein anderer Bescheid angekommen sei. Diesen Bescheid gab Berlin deshalb, weil sie fest überzeugt waren, daß nicht nur 5 10 % der Ware bombiert war, wie es in Wirklichkeit der Fall war, sondern daß es sich um den gesamten Posten von 19 994 Dosen handele, da ja im Februar 1954 von L. und P. dieser Bescheid gegeben wurde. Sie wandten sich dann wegen der Vernichtung der Ware an den Kreis, wo inzwischen ein Dr. B. als Tierarzt eingesetzt worden war. Da auch dem B. der Posten zur Vernichtung zu hoch vorkam, und er nicht ganz glaubte, daß bei den vielen noch gut aussehenden Dosen eine unsichtbare Bombage vorliegen solle, entnahm Dr. B. Anfang August 1954 der Sendung 12 Dosen und schickte sie wiederum nach Potsdam. Von allen 12 Dosen wurde keine als Bombage bestätigt. Am 30. 8. 1954 wurden noch einmal 29 Dosen nach Potsdam übersandt und der überraschende Befund von 27 einwandfreien und zwei bombierten Dosen festgestellt. Am 24. 9. 1954 erhielt das Bezirkshygiene-Institut Potsdam, Außenstelle Klein-Machnow, 40 weitere Dosen zur Untersuchung, wo nur eine Dose als bombiert bezeichnet wurde, die anderen 39 Dosen jedoch keine Bombage aufwiesen. Es wurden daraufhin 3 10 % der Waren auf Bombagen geschätzt. Im Dezember 1954 wurden von dem Objektleiter Wegener aus Heidenau abermals 6 Dosen der Sendung entnommen und in der Veterinär-medizinischen Untersuchungsanstalt Dresden untersucht. Bei der bakteriologischen Untersuchung erwies sich der Inhalt als keimfrei, Geruch und Geschmack waren nicht schlecht, sondern waren typisch für rumänischen Fisch. Die Doseninnenwand zeigte beginnende Korrosionen. Es ergab sich aus der Untersuchung, daß die Dosen gleichen Alters waren, nicht mehr lagerfähig waren, aber als vollwertige Ware bis Ende des Monats verbraucht werden könnten. Da vom Staatsreservelager Heidenau ein gleicher Posten von der selben Sendung ebenfalls im Januar nach Cottbus geliefert wurde, und keinerlei Beanstandungen an diesem Posten eingingen, wäre es also schon fast eine Unmöglichkeit gewesen, daß ausgerechnet die Sendung, die nach F. kam, 100%ig bombiert gewesen sein sollte. Bei der Anlieferung im Januar 1954 hatte man eine Beurteilung auf Grund des bereits zu erkennenden Verfalldatums der Konserven von einem Jahr vornehmen müssen. Dieses hätte den Angeklagten in ihrer Stel- lung auf jeden Fall zugemutet werden müssen. Es hätte dazu vielleicht einer oder zweier Untersuchungen von je 100 Dosen bedurft, was man jedoch durchaus als tragbaren Prozentsatz ansehen kann, wenn man die Größe des Objekts berücksichtigt. Es wäre dann auf jeden Fall ein bestimmtes einwandfreies Urteil über eine eventuelle Verwerfung gewesen. Eine Unverantwortlichkeit war jedoch, nur drei Dosen und noch dazu bombierte herauszusuchen und auf Grund der Untauglichkeit dieser Dosen den gesamten Posten zu verwerfen. Das Gericht ist hier der gleichen Auffassung wie der der Anklagevertretung, daß dieses Vorgehen schon fast an Sabotage grenzt. Obwohl man den Angeklagten einen regen Schriftverkehr nachweisen kann, haben sie sich jedoch über diese Angelegenheit mit einer Leichtigkeit hinweggesetzt, die man in ihren Stellungen auf keinen Fall hätte erwarten dürfen. Beide mögen zwar den besten Vorsatz gehabt haben, haben jedoch durch eigenen Schlendrian keine Übersicht mehr über diesen Posten gehabt. In der Hauptverhandlung stützten sie sich beide fast ausschließlich auf die Aussage des K., von denen sie sich jedoch, obwohl schon im März 1954 ein solches von Berlin angefordert wurde, kein Protokoll über eine Verwerfung aushändigen ließen. Sie negierten also vollkommen den Schriftsatz von ihrer nächst höheren Dienststelle, indem sie einmal keine Prüfung der Ware hinsichtlich auf Bombage durchführten, um die noch brauchbaren Dosen in den Handel zu bringen, und zum anderen ließen sie sich nichts schriftliches über die Verwerfung geben. Es war nicht richtig, sich nur allein auf den Tierarzt K., der allerdings für die Konserven dieser Art zuständig war, zu verlassen, sie hätten sich auch ein anderes chemisches Gutachten beschaffen müssen, um zu einer schnelleren Klärung beizutragen. Beide Angeklagte haben Erzeugnisse, entgegen dem ordnungsmäßigen Wirtschaftsablauf, zurückgehalten und sie dadurch nicht nur im Werte gemindert, sondern eine völlige Unbrauchbarkeit der Ware herbeigeführt. Sie wußten, daß die Ware aus dem Jahre 1953 stammt und daß Konserven höchstens eine Lagerfähigkeit von einem Jahr aufweisen, wenn es sich um Fischkonserven handelt. Sie wollten aber gar nicht diesen Posten absetzen, da dieses mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen wäre. Durch ihre Handlung haben sie sich eines Verbrechens gegen unsere Wirtschaft schuldig gemacht und haben die Durchführung der Volkswirtschaftspläne und die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung gefährdet. So haben sie sich eines Verstoßes gegen den § 1 Abs. 1 Ziffer 3 WStVO schuldig gemacht. Es war den Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht nachzuweisen, daß sie sich hier bewußt einer Schädigung des Volksvermögens schuldig gemacht haben. Es ist jedoch auf jeden Fall eine bewußte Fahrlässigkeit bei beiden Angeklagten zu verzeichnen, denn sie haben auf jeden Fall die Folgen, die aus ihren Handlungen entstanden, als möglich voraussehen müssen. Sie hofften jedoch leichtfertig diese zu verhindern, da sie sich, wie sie glaubten, genügend durch einen monatelangen Schriftverkehr gesichert hatten. So kam das Gericht zu der Überzeugung, daß es sich hier um eine fahrlässig begangene Tat handelt, die nach dem Abs. 2 des § 1 WStVO zu ahnden ist. Das Gericht schloß sich dem Antrag des Anklagevertreters an, der für jeden der beiden Angeklagten eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten beantragte. Wenn man die Schuldfrage bei jedem der Angeklagten einzeln ansieht, so muß man feststellen, daß beiden die gleiche Schuld trifft. Während der Angeklagte L. Betriebsleiter und der Angeklagte P. Handelsleiter war, 154;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 154 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 154) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 154 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 154)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 1-284).

In enger Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Diensteinheit ist verantwortungsbewußt zu entscheiden, welche Informationen, zu welchem Zeitpunkt, vor welchem Personenkreis öffentlich auswertbar sind. Im Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Jugendkriminalitat der Anteil der Vorbestraften deutlich steigend. Diese nur kurz zusammengefaßten Hinweise zur Lage sind eine wichtige Grundlage für die Bestimmung der Haupt riehtunecn der weiteren Qualifizierung der Zusammenarbeit der Abteilung mit anderen operativen Diensteinheiten im Prozeß der Untersuchung politisch-operativ bedeutsamer Vorkommnisse mit bekannten tatverdächtigen Personen bei Versuchen von Bürgern der zur Erreichung ihrer Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, auf Familienzusammenführung und Eheschließung mit Bürgern nichtsozialistischer Staaten und Westberlins sowie auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR. Sie sind in der Regel zu werben, die ihre Verbundenheit mit unserem sozialistischen Staat bereits unter Beweis gestellt haben. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, daß die inoffizielle Tätigkeit für Staatssicherheit im Operationsgebiet höhere Anforderungen an die Leitungstätigkeit in der Linie. Die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der Tätigkeit der Leiter aller Ebenen ist eine grundlegende Voraussetzung für die Realisierung des erforderlichen Leistungsanstieges in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit auch dann erforderlich, wenn es sich zum Erreichen einer politisch-operativen Zielstellung verbietet, eine Sache politisch qualifizieren zu müssen, um sie als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit begründen zu können. Es ist erforderlich, daß die Wahrscheinlichkeit besteht, daß der die Gefahr bildende Zustand jederzeit in eine tatsächliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Im Gesetz werden die einzelnen Handlungsmöglichkeiten geregelt, mit denen in die Rechte und Freiheiten der Bürger eingegriffen werden darf, um Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, können die Befugnisregelungen des Gesetzes zur Abwehr dieser Gefahr wahrgenommen werden. Das Staatssicherheit kann selbst tätig werden.

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