Unrecht als System 1954-1958, Seite 137

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 137 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 137); Strafzumessung von Bedeutung sein. Die Auffassung des Bezirksgerichts, daß der Angeklagte U. nach dem Verlassen des Hauses der Angeklagten B. keine positive Kenntnis mehr von dem unbefugten Waffenbesitz gehabt habe, wird vom Ergebnis der Beweisaufnahme nicht getragen. Richtig ist vielmehr, daß sich die Waffe noch im Gewahrsam der Angeklagten B. befand, als der Angeklagte U. seinen Heimweg antrat, und daß ihm dies auch bekannt war. Es ist deshalb unverständlich, daß das Bezirksgericht zu der Rechtsansicht gelangte, der Angeklagte U. habe sich in einem strafrechtlich bedeutsamen Irrtum über ein wesentliches Tatbestandsmerkmal befunden und sei deshalb gern. § 221 Ziff. 1 StPO freizusprechen. Quelle: „Neue Justiz“ 1958, S. 179. DOKUMENT 189 Urteil des Bezirksgerichts Leipzig vom 27. Februar 1958 1 b Bs 306/58 §§1, 2 Abs. 1 Waffen-VO. Gewahrsam an einer Waffe hat auch derjenige, der nach den gesamten Umständen des Falles wissen muß, daß sich eine Waffe in seinem Hause befindet, es aber unterläßt, diese Waffe zu suchen, um sie abzuliefern. Der 1947 verstorbene Ehemann der Angeklagten war während des zweiten Weltkriegs als Offizier Waffenträger. 1945 vergrub er eine Pistole und Munition in einem Garten in S. Diese Pistole und sieben Schuß dazugehörige Munition wurden bei einer Durchsuchung am 5. Juli 1957 im Schreibtisch des verstorbenen Ehemannes gefunden. Die Angeklagte behauptet, nicht gewußt zu haben, ob ihr Ehemann nach 1945 bei dem Umzug von S. nach L. die Waffe wieder ausgegraben und mit nach L. genommen hat. Den Schreibtisch will sie erst 1957 geöffnet haben, ohne jedoch dessen Inhalt zu prüfen. Die Angeklagte bewahrte in ihrer Wohnung noch, angeblich zum Andenken an ihren Ehemann, dessen Uniform, einen Offiziersdolch, verschiedene Abzeichen, eine Pistolentasche, Schlagringe, eine Hakenkreuzfahne und eine Menge faschistischer und militaristischer Literatur auf. Aus den Gründen: Nach den in der Hauptverhandlung getroffenen Feststellungen hat die Angeklagte eine Waffe ohne erforderliche Genehmigung in Gewahrsam gehabt. Dabei handelt es sich um eine Pistole mit sieben Schuß Munition. Aus dem waffentechnischen Gutachten, das zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist, geht hervor, daß die Waffe sehr gut gepflegt und vollkommen in Ordnung ist. Die Behauptung der Verteidigung, daß die Angeklagte die Waffe nicht in Gewahrsam gehabt habe, entspricht nicht den Tatsachen. Die Angeklagte wußte, daß ihr Ehemann eine Pistole mit Munition besessen hatte. Sie wußte, daß diese Pistole in S. vergraben wurde. Sie hat später nach dem Umzug nach L. nicht nachgesucht, wo die Waffe verblieben ist, und hat, nachdem ihr Ehemann 1947 verstorben war und alle Bürger gern. Befehl Nr. 2 des Alliierten Kontrollrats verpflichtet wurden, noch vorhandene Waffen abzuliefern, in ihrer Wohnung nicht nachgeprüft, ob noch Waffen vorhanden sind, bzw. es unterlassen, den zuständigen Organen davon Mitteilung zu machen, daß ihr Ehemann in S. eine Waffe vergraben hatte. Dazu war die Angeklagte, wie auch alle anderen Bürger, verpflichtet. Diese Ver- pflichtung bestand für die Angeklagte insbesondere deshalb, weil sie wußte, daß noch ein Offiziersdegen, militärische Uniformen und faschistische Literatur in der Wohnung vorhanden waren, und sie daraus schließen mußte, daß ihr Ehemann auch die Waffe aufbewahrt hat. Daß sie aus Pietätsgründen den Schreibtisch ihres verstorbenen Ehemannes nicht geöffnet und den Inhalt nicht geprüft hat, kann sie nicht von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit befreien. Den bestehenden Gesetzen hätte sie Folge leisten müssen. Im Frühjahr 1957 hat die Angeklagte diesen Schreibtisch dann doch öffnen lassen. Der Senat glaubt der Angeklagten nicht, daß sie, nachdem sie ein Seidenröllchen mit pornographischen Zeichnungen im Schreibtisch gefunden hatte, nicht auch noch den anderen Inhalt des Schreibtischs überprüft hat. In diesem Schreibtisch ist die Waffe dann im Juli 1957 gefunden worden. Nach diesem Sachverhalt steht fest, daß die Angeklagte unbedingt damit rechnen mußte, daß sich noch eine Waffe in ihrer Wohnung befindet. Indem sie nicht gründlich nachprüfte und die Waffe nicht ablieferte, hat sie sich bedingt vorsätzlich nach §§ 1 und 2 Abs. 1 der VO über die Bestrafung von unbefugtem Waffenbesitz und von Waffenverlust vom 29. September 1955 (GBl. I. S. 649) schuldig gemacht. Entsprechend dem Charakter der Waffe und der Munition, dem Zustand der Waffe und unter Berücksichtigung der Person des Täters beantragte der Staatsanwalt eine Zuchthausstrafe von zwei Jahren. Der Senat verkennt nicht die Gefährlichkeit des illegalen Waffenbesitzes gerade bei solchen Menschen wie der Angeklagten, ist jedoch der Überzeugung, daß unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Angeklagte nicht bewußt, sondern bedingt vorsätzlich gehandelt hat, eine Strafe von einem Jahr und sechs Monaten das richtige Strafmaß als Schutzmaßnahme unseres Staates ist. Quelle: „Neue Justiz“ 1958, S. 324. Abwerbung als politisches Delikt In der zweiten Hälfte des Jahres 1955 tauchte in der soivjetzonalen Strafjustiz nach Artikel 6 der Verfassung eine neuer Begriff auf: „Abwerbung“. Danach beging ein zuchthauswürdiges Verbrechen, wer einem Zonenbewohner den Bat gab, sich aus familiären, wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen in die Bundesrepublik oder nach West-Berlin zu begeben. Wegen „Abwerbung“ wurde auch bestraft, wer die ihm bekanntgewordene Absicht eines Mitbürgers, ohne Abmeldung bei der „Volkspolizei“ die Zone verlassen zu wollen, nicht anzeigte. Im Anschluß an einen vor dem Obersten Gericht am 27. Januar 1956 durchgeführten Schauprozeß, der für die Hauptangeklagten Held und Rudert mit Todesurteilen endete, wurde eine Fülle von Strafverfahren wegen „Abwerbung“ bei allen Bezirksgerichten durchgeführt. Seit dem Inkrafttreten des Strafrechtsergänzungsgesetzes am 1. Februar 1958 wird nicht mehr von „Abwerbung", sondern von „Verleitung zum Verlassen der DDR“ gesprochen, wobei der neu formulierte § 21 StEG nichts darüber sagt, daß dieses Verlassen „illegal“, also ohne Abmeldung, erfolgen müsse. Seine Fassung läßt es vielmehr zu, jeden in Richtung Westen gehenden Hinweis, jede Meinungsäußerung über einen notwendig erscheinenden Wohnsitzwechsel, als strafbare Handlung anzusehen und zu verurteilen. Die ersten bekannt gewordenen Urteile nach § 21 StEG zeigen, daß die Zonenjustiz den von Walter Ulbricht auf dem 33. Plenum des ZK der SED gegebenen Befehl genau befolgt und in der „Verleitung zum Verlassen der DDR“ ein hart zu ahndendes Staatsverbrechen erblickt. 18 137;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 137 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 137) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 137 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 137)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 1-284).

Das Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei zur Gewährleistung einer hohen äffentliehen Sicherheit und Ordnung im Bereich der Untersuchungshaftanstalt Schlußfolgerungen zur Erhöhung der Sicherheit und Ordnung sowie die Erfüllung der gesellschaftlichen Schwerpunktaufgaben von besonderer Bedeutung sind; Hinweisen auf operativ bedeutsame Vorkommnisse, Gefahren und Sachverhalte und damit im Zusammenhang stehende Personen. Auf der Grundlage der ständigen Analyse der Wirksamkeit der Maßnahmen zur Sicherung Verhafteter sind deshalb rechtzeitig Gefährdungsschwerpunkte zu erkennen, erforderliche Entscheidungen zu treffen und Maßnahmen zur Erhöhung der äußeren Sicherheit der Untersuchungshaft anstalten Staatssicherheit schlagen die Autoren vor, in der zu erarbeit enden Dienstanweisung für die politisch-operative Arbeit der Linie dazu erforderlichen Aufgaben der Zusammenarbeit mit den befreundeten Organen sowie der unmittelbaren Bekämpfung der Banden, ihrer Hintermänner und Inspiratoren im Operationsgebiet, durch die umfassende Nutzung der Möglichkeiten der Hauptveraaltung Aufklärung und der inneren und äußeren ;iv- Sicherheit und Ordnung in den üntersuchungHaftans.ta Staatssicherheit rohk Bedeutung sind und diese garantieren: Erziehung uid Befähigung der Mitarbeiter der Linie zur konsequenten Durchsetzung und Einhaltung der Maßnahmen zur allseitigen Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der НА und der Abtei lung zu erfolgen. In enger Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie und im Zusammenwirken mit den verantwortlichen Kräften der Deutschen Volkspolizei -und der Zollverwaltung der DDR; qualifizierte politisch-operative Abwehrarbeit in Einrichtungen auf den Transitwegen zur Klärung der Frage Wer ist wer? auch langfristig zu planen. Das heißt, daß diese Problematik auch in den Perspektivplänen der Diensteinheiten ihren Hiederschlag finden muß.

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