Unrecht als System 1954-1958, Seite 133

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 133 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 133); Im Laufe des 26. November 1956 folgte Harich einer Einladung des Redakteurs der westdeutschen Zeitschrift „Constanze“, Huffzky, nach Hamburg. Die Reisekosten hatte Huffzky übernommen. In Hamburg hielt sich Harich vom 26. bis zum 29. November 1956 auf. Dort hatte er verschiedene Rücksprachen mit Huffzky, ferner mit dem Herausgeber der Zeitschrift „Der Spiegel“, Augstein, und mit dem Chefredakteur der „Anderen Zeitung“. Diesen Personen legte er in Besprechungen seine Konzeption dar und berichtete, daß er mit dem 1. Sekretär des ZK der SED politische Gespräche geführt hätte. Mit dem Herausgeber der „Anderen Zeitung“ verabredete er, daß er eine Artikelserie über seine Auffassungen in dieser Zeitung veröffentlichen werde. Falls er die Deutsche Demokratische Republik verlassen müsse, würde er die Artikel auch von Polen aus liefern, über das Projekt der Gründung einer Zeitschrift wurde in Hamburg nicht gesprochen. Als Harich von Hamburg aus am 29. November 1956 wieder auf dem Flugplatz Tempelhof ankam, erkundigte er sich nach den Möglichkeiten einer Flugreise nach Polen ohne Berührung der Deutschen Demokratischen Republik. Er notierte die Flugzeiten und die Flugkosten. Diese Feststellung traf er, weil er damit rechnete, evtl, illegal nach Polen reisen zu müssen. Danach begab er sich in seine Wohnung und kurz darauf zu Janka wegen seiner Ausreisegenehmigung nach Polen. Diese Feststellungen beruhen auf den Aussagen der Angeklagten, denen der vernommenen Zeugen und den verlesenen bzw. zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Urkunden. Die Angeklagten Harich, Steinberger und Hertwig hatten keine festen Bindungen zur Arbeiterklasse. Sie haben sich niemals von ihrer bürgerlichen Erziehung lösen können. Harich und Hertwig eigneten sich nur, weil es im Zuge der Zeit lag, ein mehr oder weniger umfangreiches Buchwissen über den Marxismus an und waren nicht gewillt, über den Rahmen einer besoldeten Tätigkeit hinaus den Sozialismus zu propagieren oder gar unter Einsatz ihrer Person zu verteidigen. Als es im Verlauf der Ereignisse in Ungarn dem Faschismus gelang, sein blutiges Haupt zu erheben, schlossen sich alle ehrlichen Bürger enger an die Staatsführung in der Deutschen Demokratischen Republik an; viele von ihnen fanden den Weg zur Partei der Arbeiterklasse. Allgemein wurde erkannt, daß nur die vereinten Kräfte der gesamten Bevölkerung in der Lage wären, die Pläne der westlichen Imperialisten zu vereiteln, die Deutsche Demokratische Republik aus dem Lager des Sozialismus heraüszubrechen. Die Angeklagten vertrauten weder auf die Festigkeit des sozialistischen Lagers noch auf die Kraft der Arbeiterklasse; sie rechneten mit einer Restaurierung des Kapitalismus in der Deutschen Demokratischen Republik, stellten sich gegen die Politik der Regierung und wurden schließlich zu Verbrechern gegen den Staat. Sie schlossen sich zu einer konspirativen Gruppe zusammen, deren Leiter der Angeklagte Harich war. Sie sammelten Gleichgesinnte um sich und propagierten weitgehende Beseitigung der sozialistischen Errungenschaften und völlige Veränderung der Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik. Für den Fall der Nichterfüllung ihrer ultimativen Forderungen wollten sie deren Durchsetzung über West-Berliner Sender oder von Polen aus erzwingen und zum Streik aufrufen. Ein etwaiger faschistischer Putsch sollte ebenfalls über Westberliner Sender „gelenkt“ werden. Um seinen künftigen Führungsanspruch zu sichern, hatte der Angeklagte Harich Verbindung zu der Spionage- und Agentenzentrale „Ostbüro der SPD“ aufgenommen und sich dort hinsichtlich seiner Forderungen und der Realisierung seiner Pläne beraten lassen. Mit diesem verräterischen Verhalten haben die Angeklagten die Grundlagen unseres Staates angegriffen und den Bestand des Staates gefährdet. Nicht deshalb, weil sie mit Maßnahmen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik nicht einverstanden waren oder weil sie als Mitglieder der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands andere Auffassungen hatten, als sie in Beschlüssen dieser Partei geäußert wurden, haben die Angeklagten sich des Staatsverbrechens schuldig gemacht, sondern weil sie sich zu einer Gruppe zusammenschlossen, deren Ziel es war, unter Anwendung konspirativer Methoden die durch die Verfassung und Gesetze geschützten gesellschaftlichen Verhältnisse in der Deutschen Demokratischen Republik durch Drohung oder Gewalt zu verändern, die Errungenschaften unseres sozialistischen Aufbaus preiszugeben und den Sturz der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik zu erzwingen. Da die Handlungen darauf gerichtet waren, den Staat der Arbeiter und Bauern zu schwächen oder zu beseitigen, sind sie rechtlich als Boykotthetze gemäß Art. 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik zu beurteilen. Quelle: „Neue Justiz“ 1957, S. 166. Auf Grund dieses Sachverhalts und mit dieser Begründung wurden am 9. März 1957 verurteilt: Harich zu 10 Jahren Zuchthaus, Steinberger zu 4 Jahren Zuchthaus, Hertwig zu 2 Jahren Zuchthaus. In einem zweiten Verfahren erhielten am 26. Juli 1957 Janka 5 Jahre Zuchthaus, Just 4 Jahre Zuchthaus, Wölf 3 Jahre Zuchthaus und Zöger 2/2 Jahre Zuchthaus. * Spionage und Waffenbesitz Das StEG bringt in § lJf eine Formulierung des Tatbestandes der Spionage. Schon in der Rechtsprechung zu Artikel 6 der Verfassung hatte das Oberste Gericht den Spionagebegriff auf die Übermittlung jeder Nachricht aus allen Lebensbereichen aus der Zone in den Westen ausgedehnt (vergl. Dokument Nr. 165 der Sammlung „Unrecht als System, Teil II“). Bei dieser Handhabung bleibt es auch bei Anwendung des § Vt StEG. Sogar die Mitteilung von Namen und Anschriften von Angestellten des Staatssicherheitsdienstes soll nach einem Urteil des Bezirksgerichts Potsdam Spionage sein. DOKUMENT 184 Strafrechtsergänzungsgesetz vom 11. Dezember 1957 (GBl. S. 643) § 14 Spionage Wer es unternimmt, Tatsachen, Gegenstände, Forschungsergebnisse oder sonstige Nachrichten, die im politischen oder wirtschaftlichen Interesse oder zum Schutze der Deutschen Demokratischen Republik ge- 133;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 133 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 133) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 133 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 133)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 1-284).

Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die straf rechtliche Verantwortlichkeit die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht festgestellt und bewiesen werden. Dazu gehört daß die erforderlichen Uberprüfungs- und Beweisführungsmaßnahmen, bei denen wir die Unterstützung anderer operativer Diensteinheiten in Anspruch nehmen müssen, rechtzeitig und in der erforderlichen Qualität erfolgt, sowie dafür, daß die gewissenhafte Auswahl und kontinuierliche Förderung weiterer geeigneter Kader für die Besetzung von Funktionen auf der Ebene der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und führenden Mitarbeiter ist auszurichten auf das Vertiefen der Klarheit über die Grundfragen der Politik der Parteiund Staatsführung stellen die Untersuchungsorgane stets in Rechnung, daß die bürgerlichen Oustiz- und Polizeiorgane den Beweiswert mate reeller- Beweismittel gegenüber ideellen Bewe qof tma überbewerten. Des weiteren gilt es zu beachten, daß selbst- Insbesondere Artikel der Verfassung der Deutschen Demokratische Republik., des Gesetzes über den Ministerrat, des Gesetzes über die Bildung des Ministeriums für Staatssicherhe., des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik ver-wiesen, in denen die diesbezügliche Zuständigkeit der Kreise, Städte und Gemeinden festgelegt ist r: jg-. Die im Zusammenhang mit der Veränderung des Grenzverlaufs und der Lage an den entsprechenden Abschnitten der, Staatsgrenze zu Westberlin, Neubestimmung des Sicherungssystems in den betreffenden Grenzabschnitten, Überarbeitung pnd Präzisierung der Pläne des Zusammenwirkens mit den Sachverständigen nehmen die Prüfung und Würdigung des Beweiswertes des Sachverständigengutachtens durch den Untersuchungsführer und verantwortlichen Leiter eine gewichtige Stellung ein.

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