Unrecht als System 1954-1958, Seite 131

Unrecht als System, Dokumente ueber planmaessige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil III 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium fuer gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 131 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 131); ?DOKUMENT 183 Die staatsfeindliche Taetigkeit der Harich-Gruppe Aus dem Urteil des Obersten Gerichts vom 9. Maerz 1957 1 Zst (I) 1/57. Nach dem XX. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion glaubte Harich, dass er durch die demokratische Presse nicht genuegend ueber die Ergebnisse dieses Parteitages unterrichtet wuerde. Er hielt es deshalb fuer erforderlich, sich in erster Linie aus westlichen Presseberichten und Rundfunksendungen zu informieren. Die dort gegebenen Nachrichten und Kommentare fuehrten dazu, dass Harich, der auch schon vorher eine schwankende Haltung eingenommen hatte, nunmehr den Standpunkt bezog, dass die von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik durchgefuehrte Politik fehlerhaft sei. Im Laufe des Sommers 1956 diskutierte er ueber diese seine Auffassungen mit einer Anzahl ihm bekannter Intellektueller. Bei diesen Diskussionen ging es ihm weniger darum, sich Klarheit ueber bestimmte Probleme zu verschaffen, sondern einen Kreis gleichgesinnter Menschen um sich zu sammeln. Das Bestreben Harichs ging dahin, eine Aenderung der gesamten Politik der Deutschen Demokratischen Republik zu erreichen. Unter Berufung auf missverstandene Ergebnisse des XX. Parteitages der KPdSU erklaerte er, es sei ein besonderer deutscher Weg zum Sozialismus erforderlich. Im Laufe des Sommers verdichteten sich seine Vorstellungen ueber diesen besonderen deutschen Weg zu bestimmten konkreten Forderungen. Nunmehr stellte er bei den Diskussionen, die er in erster Linie in der Betriebsparteiorganisation des Aufbauverlages und in der Redaktion des ?Sonntag? fuehrte, diese Forderungen in den Mittelpunkt. Mit der Verschaerfung der westlichen Hetze gegenueber den Laendern des Sozialismus wurden auch bestimmte Kreise in einigen volksdemokratischen Laendern unsicher und schwankend. Insbesondere polnische und ungarische Intellektuelle aeusserten in ihren Heimatlaendern aehnliche Gedanken wie Harich. So kam er mit dem ihm seit langem bekannten ungarischen Literaturwissenschaftler Lukacz mehrmals zusammen, der ihn in seiner Auffassung bestaerkte. In aehnlicher Weise wirkten auf der Internationalen Heine-Konferenz Anfang Oktober 1956 in Weimar polnische Literaturhistoriker. Die staendigen Forderungen und Diskussionen Harichs im Aufbau-Verlag fuehrten dazu, dass er dort eine Gruppe von Intellektuellen finden konnte, die sich grundsaetzlich mit seinen Zielen einverstanden erklaerte. Es handelte sich dabei im wesentlichen um den Leiter des Verlages, Janka, und die Redakteure Zoeger und Just. Von dieser Gruppe, insbesondere von Janka und Just, wurde Harich mehrfach aufgefordert, seine Forderungen schriftlich zu fixieren und zu einem Programm auszuarbeiten. Ende Oktober 1956 wurden die konterrevolutionaeren Aufstaende in Ungarn bekannt. Nunmehr begann Harich, fuer seine persoenliche Sicherheit zu fuerchten. Er glaubte, als Mitglied der SED bei aehnlichen Ereignissen in der Deutschen Demokratischen Republik, die er fuer unausbleiblich hielt, besonders gefaehrdet zu sein. Er hatte jedoch nicht die Absicht, sich fuer die Partei und den Staat der Arbeiter und Bauern mit seiner Person einzusetzen. Am 1. November 1956 suchte der Angeklagte Harich den stellvertretenden Landesvorsitzenden der SPD, Josef Braun, auf. Er erklaerte ihm, dass er einen kleinen bewussten Kern oppositioneller Mitglieder der SED repraesentiere. Diese oppositionelle Gruppe, die aus Intellektuellen bestehe, habe sich das Ziel gesetzt, die Politik der SED und der Regierung sowie bestimmte wirt- schaftliche Verhaeltnisse in der Deutschen Demokratischen Republik zu veraendern. Er legte Braun seine Konzeption dar und erklaerte ihm, dass er es fuer notwendig halte, mit Sozialdemokraten, insbesondere mit Funktionaeren und Theoretikern, ueber seine Gedanken zu diskutieren. Dabei erklaerte er Braun, dass er glaube, dass die SPD den groessten Einfluss auch auf die Arbeiter der Deutschen Demokratischen Republik besitze und es deshalb erforderlich sei, dass die SPD durch Rundfunkaufrufe die Bevoelkerung der Deutschen Demokratischen Republik zur Ruhe und Ordnung anhalte. Braun erklaerte sich einverstanden, Harich mit sozialdemokratischen Theoretikern zusammenzubringen. Eine solche Zusammenkunft sollte am 3. November 1956 stattfinden. Am Nachmittag des 3. November 1956 fand die vereinbarte Zusammenkunft im Gebaeude des Landesvorstandes der SPD in Westberlin statt. Nachdem Harich zu Braun gefuehrt worden war, stellte ihm dieser einen Mann namens Weber vor, von dem er behauptete, er sei ein Funktionaer des Bundesvorstandes der SPD. Harich setzte nunmehr beiden seine Konzeption fuer die Neugestaltung der Politik und der gesellschaftlichen Verhaeltnisse in der Deutschen Demokratischen Republik anhand der zum Gegenstand des Beweises gemachten umfangreichen schriftlichen Notizen auseinander. Weber erhob gewisse Einwendungen gegen diese Konzeption, erklaerte aber, die SPD waere bereit, Harich in gewissem Umfange zu unterstuetzen. Zunaechst sei es jedoch erforderlich, dass Harich noch mit einem theoretisch besser geschulten Mitglied der SPD seine Gedanken bespreche. Braun beendete die Zusammenkunft mit dem Hinweis darauf, dass Harich sich in Zukunft in erster Linie an Weber zu halten habe. Harich und Weber verliessen darauf das Gebaeude des Landesvorstandes und begaben sich in ein in der Naehe gelegenes Lokal. Bei der nun folgenden Unterhaltung merkte Harich, dass Weber nicht als Vertreter des Bundesvorstandes an der Unterhaltung teilgenommen hatte, sondern als Vertreter des Ostbueros der SPD. Weber gab Harich seine Telefonnummer und erklaerte ihm, er moege nicht mehr in das Gebaeude des Landesvorstandes der SPD gehen, weil er dabei gesehen werden koennte, und vereinbarte mit ihm eine weitere Zusammenkunft fuer den 6. November 1956. Am 6. November 1956 abends gegen 20 Uhr traf Harich am vereinbarten Treffpunkt mit Weber und einem weiteren Mann, der nur unter dem Vornamen Siegfried vorgestellt wurde, zusammen. Alle drei fuhren daraufhin zu einer Villa in Berlin-Dahlem. Dort hatte Harich mit Siegfried eine mehrstuendige Aussprache, in der er seine Konzeption und die Plaene zur Durchsetzung seines Programms eingehend erlaeuterte. Siegfried erklaerte sich mit den Gedanken Harichs im wesentlichen einverstanden und machte ergaenzende Vorschlaege, die von Harich akzeptiert wurden. Im Anschluss an diese Unterhaltung erhielt Harich von Weber mehrere Hetzdruckschriften, die vom Ostbuero der SPD herausgegeben waren. Dann wurde ihm der Vorschlag gemacht, seine Konzeption schriftlich auszuarbeiten und ebenfalls durch das Ostbuero der SPD in der Deutschen Demokratischen Republik verbreiten zu lassen. Harich nahm zu diesen Vorschlag keine klare Stellung. Im Augenblick erschien ihm die Propagierung seiner Plaene durch das Ostbuero der SPD noch nicht am Platz; er wollte sich aber diese Moeglichkeit auf jeden Fall offenhalten. Nunehr wurde zwischen Harich, Siegfried und Weber vereinbart, wie sie jederzeit in der Lage sein koennten, sich wieder zu treffen. Zu diesem Zweck erhielt Harich zwei Telefonnummern, die er sich in verschluesselter Form aufschrieb. Dann wurde ihm von Weber erklaert, dass er sich in Zukunft in erster Linie an Siegfried zu halten habe. 17* 131;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 131 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 131) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 131 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 131)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 1-284).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan regelrecht provozieren wellten. Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Grundlage der laufenden Versorgung mit materiell-technischen Mitteln und Versorgungsgütern ist der zentrale Berechnungsplan Staatssicherheit . Zur Sicherstellung der laufenden Versorgung sind im Ministerium für Staatssicherheit sowie zur Durchsetzung der Rechtsnormen des Untersuchungshaftvollzuges und der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane auf dem Gebiet des Unter-suchungshaftvollzuges und zur Kontrolle der Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der Achtung und Wahrung der Würde des Menschen werden Aufgaben, grundsätzliche Arbeitsweise und die konkrete Gestaltung einzelner straf prozessualer Verdachtshinweisprüfungen durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit ist selbstverständlich an die strafprozessuale Voraussetzunq des Vorliecens eines der. im aufgeführten Anlässe gebunden. Der Anlaß ist in den Ermittlungsakten euszuWeisen. In den meisten Fällen bereitet das keine Schwierigkeiten, weil das zu untersuchende Vorkommnis selbst oder Anzeigen und Mitteilungen von Steats-und Wirtschaftsorganen oder von Bürgern oder Aufträge des Staatsanwalts den Anlaß für die Durchführung des Untersuchungshaftvollzuges arbeiten die Diensteinheiten der Linie eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zusammen. Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie übermittelt werden Kommen mehrere Untersuchungsführer zur Klärung eines durch mehrere Personen verursachten Sachverhaltes zum Einsatz, muß vorher bei jedem beteiligten Untersuchungsführer Klarheit darüber bestehen, was als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist oder dazu führen kann. Das Bestehen eines solchen Verhaltens muß in der Regel gesondert festgestellt werden.

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