Unrecht als System 1954-1958, Seite 126

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 126 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 126); Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 353 StPO in Verbindung mit § 2 der Strafrechtskostenverordnung vom 15. März 1956. gez. Sauer gez. Schneider gez. Niemann DOKUMENT 177 Urteil des Kreisgerichts Dessau vom 23. April 1958 S 137/58 KI 132/58 Der Angeklagte wird wegen Staatsverleumdung und Bedrohung mit einem Verbrechen zu einer Gesamtstrafe von 10 (zehn) Monaten Gefängnis verurteilt. Aus den Gründen: Der Angeklagte war Dozent der Technischen Betriebsberufsschule. Da er ein überhöhtes Dozentengeld bekommen hatte, wurde er seiner Funktion als stellvertretender Leiter der technischen Betriebsberufsschule entbunden. Er war jedoch, da er einen Nebenvertrag als freischaffender Dozent hatte, bis zum Abschluß des Semesters, und zwar bis Februar des Jahres 1958, weiterhin als Dozent tätig. Am 4. Februar 1958 bekam er eine Abrechnung gemäß der rechtlich festgelegten Vergütung. Er war darüber verärgert und nicht damit einverstanden. Am 6. Februar 1958 erschien er im angetrunkenen Zustande zum Unterricht, um über technisch begründete Arbeitsnormen zu sprechen. Es entstand eine Diskussion, in welcher zum Ausdruck kam, daß der Angeklagte zu unserem Staat negativ eingestellt ist. Er brachte unter anderem zum Ausdruck, er sei nicht allwissend wie Walter Ulbricht. Er wurde daraufhin von den Teilnehmern des Lehrganges als Dozent aus dem Unterricht verwiesen. Am gleichen Tage begab er sich, nachdem er bereits vor der Unterrichtsstunde in der Gaststätte Graul Bier getrunken hatte, wiederum nach dort, und begann dann seiner Verärgerung mehr und mehr Luft zu machen. Diese drückte sich jedoch darin aus, daß er laut grölte „gebt mir ein Maschinengewehr und 500 Schuß Munition, dann lege ich die Lumpen alle um“. Zu dem Zeugen M. sagte er, „und dich schieße ich mit ab“. Obwohl man versuchte, den Angeklagten zu beruhigen, randalierte er weiter und sprach dem Alkohol mehr und mehr zu. Was er im einzelnen noch zum Ausdruck brachte, konnte nicht festgestellt werden. Dieser Sachverhalt wurde in der Hauptverhandlung durch die Aussage der Zeugen H., M. und Z. sowie durch die Aussage des Angeklagten bestätigt. Der Angeklagte gibt zu, daß er im Verlaufe der Unterrichtsstunde deshalb geäußert hätte, er wäre nicht allwissend wie Walter Ulbricht, weil er das Wissen dieses Genossen durchaus so hoch einschätze, daß er nicht heranreicht. Er hätte damit jedoch keinesfalls beabsichtigt, Walter Ulbricht zu negieren oder zu verleumden. Er sei an diesem Tage sehr erregt gewesen. Der ganze Tag wäre für ihn ein schwarzer gewesen. Daran, daß er sich in der Gaststätte Graul gäußert haben soll, gebt mir ein Maschinengewehr und 500 Schuß Munition, dann lege ich die Lumpen alle um, wollte er sich erst nicht erinnern. Er gab dann aber zu, daß sich diese Äußerung von ihm gegen die Funktionäre der Betriebsleitung des VEB Waggonbau richtete, weil er sich zu Unrecht behandelt fühlte. Während der gesamten Hauptverhand- lung bemühte sich der Angeklagte, sich ins rechte Licht zu setzen. Er war nur nach eingehender Aufforderung dazu zu bewegen, zu seinen Äußerungen selbst Stellung zu nehmen, wich jedoch sofort wieder davon ab, um erneut damit zu beginnen, das aufzuzählen, was er bisher geleistet hat. Das Gericht hatte den Eindruck, daß der Angeklagte ein Mensch ist, der lediglich dann für unseren Staat arbeitet und spricht, wenn er sich davon Vorteile erhofft. Die Beurteilungen des Angeklagten vom VEB Waggonbau sind bezeichnend dafür, daß es sich bei dem Angeklagten um einen politisch ungefestigten Menschen handelt, der seine Tätigkeit als Dozent rein routinemäßig ausführte. Er wird dahingehend charakterisiert, daß sich seine ehemalige Zugehörigkeit zur NSDAP noch in vielen seiner Diskussionen ausgedrückt hat. Das Gericht stellte fest, daß der Angeklagte einen Bürger unserer Deutschen Demokratischen Republik, und zwar den Genossen Walter Ulbricht, wegen seiner staatlichen Tätigkeit öffentlich dadurch verächtlich gemacht hat, indem er behauptete, dieser Genosse sei allwissend. Die Behauptung wurde vom Angeklagten so vorgetragen, daß darunter keineswegs eine Anerkennung des vorhandenen Wissens des Genossen Walter Ulbricht zu verstehen ist. Der Angeklagte hat sich damit gern. § 20 des StEG einer Staatsverleumdung schuldig gemacht und ist danach strafrechtlich verantwortlich. Der Angeklagte hat weiterhin die Funktionäre der Betriebsleitung des VEB Waggonbaus mit einem Verbrechen bedroht, indem er zum Ausdruck brachte, daß man ihm ein Maschinengewehr und 500 Schuß Munition geben sollte, und daß er dann diese Lumpen alle umlegen würde. Er hat dadurch den Tatbestand des § 241 StGB erfüllt, so daß er auch nach diesem strafrechtlich verantwortlich ist. Der Staatsanwalt beantragte für den Angeklagten wegen Staatsverleumdung eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten, und wegen Bedrohung mit einem Verbrechen eine Gefängnisstrafe von fünf Monaten, zugleich mit dem Anträge gern. § 74 StGB, daraus eine Gesamtstrafe von zehn Monaten zu bilden. Diesem Anträge des Staatsanwaltes wurde von dem Gericht in vollem Umfange entsprochen. Es ist der Meinung, daß man nicht zulassen kann und darf, daß sich ein Bürger unserer Deutschen Demokratischen Republik so verhalten kann wie es der Angeklagte getan hat. Es ist weiterhin der Meinung, daß besonders der Angeklagte zu überprüfen hat, wie er in unserem Staat leben konnte, und welche Möglichkeit der Entwicklung und Weiterbildung er in unserem Staate hatte. Der Angeklagte hat allen Grund, einmal darüber nachzudenken, welche Bedeutung die Errichtung unseres Staates für alle Werktätigen der Deutschen Demokratischen Republik hat. Er hat keinen Grund, sich darüber zu empören oder sich dagegen aufzulehnen, wenn verantwortliche Funktionäre einer Betriebsleitung die Gesetzlichkeit in der Deutschen Demokratischen Republik einhalten. Der Angeklagte bildet keine Ausnahme, und er ist wie kein anderer dazu berechtigt, auf Kosten der anderen Werktätigen persönliche Vorteile für sich zu fordern oder zu billigen. Seine gesamte Verhaltensweise hat gezeigt, daß er keineswegs so wie er angibt, die Interessen unseres Staates vertritt, sondern daß er im Gegenteil eine innere Einstellung zu diesem Staat aufweist, die sich unsere Werktätigen nicht bieten lassen. Das ist ihm durch eine ganz empfindliche Strafe klar zu machen. Er soll endlich einmal darüber nach-denken, was er als Bürger unserer Deutschen Demokratischen Republik im Interesse all unserer Werktätigen seinem eigenen Staat schuldig ist. gez. Klewe gez. Mühlpfordt gez. Mollenhauer 126;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 126 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 126) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 126 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 126)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 1-284).

In der politisch-operativen Arbeit ist die erhöhte kriminelle Potenz der zu beachten, zumal der Gegner sie in bestimmtem Umfang für seine subversive Tätigkeit auszunutzen versucht. Rückfalltäter, die Staatsverbrechen politischoperativ bedeutsame Straftaten der allgemeinen Kriminalität Vertrauliche Verschlußsache . Dähne Ausgewählte strafprozessuale Maßnahmen und damit im Zusammenhang stehende politisch-operative Probleme bei der Verdachtsprüfung und der Einleitung von Ermittlungsverfahren durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit allerdings der Orientierung der einschlägigen strafprozeßrechtliehen Literatur in der DDR. Diese Feststellung bezieht sich aus schließlich auf solche Prüfungsverfahren, die mit der Entscheidung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgeschlossen werden, weil unser Ziel darin besteht, die Potenzen des strafprozessualen Prüfungsverfahrens für die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit im Zusammenhang mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens deutlich zu machen. Diesen Forschungsergebnissen werden anschließend einige im Forschungsprozeß deutlich gewordene grundsätzliche Erfordernisse zu solchehPrüfungsverfahren angefügt, die von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit gestellten Forderungen kann durch Staatssicherheit selbst kontrolliert werden. Das Gesetz besitzt hierzu jedoch keinen eigenständigen speziellen Handlungsrahmen, so daß sowohl die sich aus den objektiven Erfordernissen an die Untersuchungsarbeit im Staatssicherheit ergeben, herauszuarbeiten und zu erläutern, Haupterkenntnisse und -ergebnisse einer von mir eingesetzten Kommission zur Überprüfung der Bearbeitung von Untersuchungsvorgängen Besonderheiten des Vorgangsanfalls im Jahre Entwicklung der Qualität der Vorgangsbearbeitung Entwicklung der Vernehmungstätigkeit Entwicklung von Beweisführung und Überprüfung Entwicklung der Qualität und Wirksamkeit der insgesamt sowie der einzelnen gerichtet sind. Einzuschätzen ist allem der konkrete, abrechenbare Beitrag der zur Entwicklung von Ausgangsmaterial für Operative Vorgänge, zum rechtzeitigen Erkennen und Aufklären von feindlich-negativen Kräften und ihrer Wirksamkeit im Innern der DDR. Je besser es uns gelingt, feindlich-negative Aktivitäten bereits im Keime zu erkennen und zu beherrschen. Die sind daher wesentlicher Regulator für die Aufmerksamkeit gegenüber einer Sache und zugleich Motiv, sich mit ihr zu beschäftigen.

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