Unrecht als System 1954-1958, Seite 113

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 113 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 113); DOKUMENT 155 Urteil des Bezirksgerichts Potsdam vom 29. August 1955 I Ks, 199/55 I 278/55 Der Angeklagte wird wegen verbrecherischer Trunkenheit zu einer Gefängnisstrafe von 1 (einem) Jahr verurteilt. Die Untersuchungshaft seit dem 26. Juni 1955 wird auf die erkannte Strafe angerechnet. Die Kosten des Verfahrens trägt der Angeklagte. Am 25. Juni 1955 versah der Angeklagte von morgens 7 Uhr bis 17 Uhr seine Arbeit als Kraftfahrer, kam nach Hause, zog sich um und suchte in Babelsberg eine Gaststätte auf, in der er etwa 2 bis 3 Biere zu sich nahm. Daraufhin betrat er eine andere Gaststätte, trank dort 3 X 100 g Schnaps und etwa 14 bis 15 Biere. Zwischendurch aß der Angeklagte, da er den ganzen Tag infolge der Hitze noch nicht einen Happen zu sich genommen hatte, eine Bockwurst mit Brötchen. Wann der Angeklagte diese Gaststätte verlassen hat, konnte nicht mehr festgestellt werden. Er betrat daraufhin den Babelsberger Park, in dem das Pressefest der „Märkischen Volksstimme“ stattfand. In seinem betrunkenen Zustand torkelte er vor die Bühne III und belästigte dort in unflätigster Weise ein junges Mädchen, die mit ihrem Begleiter den Darbietungen auf der Bühne folgte. Er beschimpfte sie mit den Worten: „Du Rotzneese, Du Rotzgöre, mache Platz, sonst kriegst Du eine von einem Bauarbeiter gedonnert!“ Der Zeuge Scholz, der unmittelbar neben dem Begleiter des jungen Mädchen stand, forderte diese, um einem Streit aus dem Wege zu gehen auf, etwas zur Seite zu treten. Daraufhin wandte sich der Angeklagte an den Zeugen Scholz und sagte zu diesem: „Was willst Du denn da mit Deinem Bonbon, ich habe vor Deinem Bonbon keine Angst, deswegen habe ich schon gesessen." Mit diesem „Bonbon“ meinte der Angeklagte das Parteiabzeichen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, das der Zeuge an seinem Rock trug. Der Angeklagte sagte weiter: „Ihr lebt ja nur von unseren Steuergroschen, die wir und die Privatunternehmer verdienen, wir müssen Euch das Geld verdienen, denn die volkseigenen Betriebe sind ja alle verschuldet!“ Der Zeuge Scholz, der sah, daß er es mit einem völlig betrunkenen Menschen zu tun hatte, ließ sich auf keine Diskussion mit dem Angeklagten ein, sondern benachrichtigte die Volkspolizei, um den Angeklagten von der großen Zuschauermenge, die sich um die Bühne versammelt hatte, zu isolieren. Der Angeklagte hat zwar die objektive Seite der KD 38 Abschn. II Art. Ill A III erfüllt. Er hat tendenziöse Gerüchte verbreitet, die geeignet sind, den Frieden Deutschlands und der Welt zu gefährden. Die Partei der Arbeiterklasse, die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, ist die führende Kraft im nationalen Befreiungskampf des deutschen Volkes. Ihre Mitglieder sind im politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben die aktivsten Menschen. Durch seinen Ausspruch „Ihr lebt von unseren Steuergroschen und wir Privatunternehmer müssen Euch das Geld verdienen, denn die volkseigenen Betriebe sind ja alle verschuldet,“ hat der Angeklagte das Gerücht erfunden und verbreitet, die SED sei eine parasitäre Partei und beute andere Menschen aus. Dieses Gerücht untergräbt die Ver- trauensfrage der Werktätigen zur Partei der Arbeiterklasse und gefährdet dadurch den Frieden in Deutschland, weil der Kampf des deutschen Volkes gegen den ausländischen und deutschen Imperialismus zugleich ein Kampf um die Erhaltung des Friedens ist. Die subjektive Seite der KD 38 hat der Angeklagte nicht erfüllt, denn er befand sich durch den Genuß geistiger Getränke in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand. Er war daher wegen verbrecherischer Trunkenheit nach § 330 a StGB zu bestrafen, weil er sich vorsätzlich in diesen Rauschzustand versetzt hat und in diesem eine mit Strafe bedrohte Handlung beging. Das Gericht verurteilte den Angeklagten dem Anträge des Staatsanwaltes folgend zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr. Dieses Strafmaß ist für die Umerziehung des Angeklagten unbedingt notwendig. Die Untersuchungshaft wird in voller Höhe angerechnet gemäß § 219 Abs. 2 StPO. Die Kostenentscheidung beruht auf § 353 StPO, gez. Galler gez. Maschke gez. Hacke DOKUMENT 156 Anklageschrift des Staatsanwalts des Bezirkes Erfurt vom 16. April 1956 Den Musiker L. W. in Haft seit dem 23. Februar 1956 in der U-Haftanstalt Erfurt klage ich an: die volksdemokratischen Grundlagen unseres Arbeiterund Bauernstaates angegriffen zu haben. Der Beschuldigte betreibt seit längerer Zeit eine systematische und gemeine Hetze gegen leitende Funktionäre unserer Republik und der Sowjetunion, indem er die Funktionäre in den Gaststätten durch sogenannte „politische Witze“ bei den Werktätigen in Mißkredit zu bringen versucht. Ferner beschimpfte er Mitglieder der LPG in G. ungefähr Mitte Januar 1956 in der gemeinsten Art und Weise. Verbrechen strafbar nach: Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung der DDR. Wesentliches Ermittlungsergebnis : Der Beschuldigte entstammt kleinbürgerlichen Kreisen und wurde auch im Elternhaus und in der Schule in diesem Sinne erzogen. Nach seiner Berufsausbildung im Jahre 1934 meldete er sich freiwillig zum faschistischen Reichsarbeitsdienst und Wehrmacht und kam dort zum Musikzug. Diese in seiner Jugend erhaltene Erziehung war für das ganze spätere Leben des Beschuldigten richtungweisend, obwohl er nach der Zerschlagung des Hitlerfaschismus zuerst als Arbeiter und später durch Unterstützung unseres Staates als Angestellter in einem volkseigenen Betrieb tätig war, konnte er sich hiervon nicht trennen. Im Gegenteil, er unternahm alles, um seine kleinbürgerliche, faschistische Ideologie weiter zu erhalten und zu nähren, sei es das Aufbewahren von faschistisch-militaristischer Literatur und Bildern, militärische Ausrüstungsgegenstände und schriftliche 15 113;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 113 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 113) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958, Seite 113 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 113)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅲ 1954-1958, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1958 (Unr. Syst. 1954-1958, S. 1-284).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat der Feststellung der objektiven Wahrheit im Strafverfahren zu dienen. Die Feststellung der Wahrheit ist ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens, heißt es in der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts der zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß. Untersuchungshaftvollzugsordnung -. Ifläh sbafij.ng ; Änderung vom Äderung. Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte und Ausübung der Kontrolle ihrer Einhaltung; alle Unregelmäßigkeiten in den Verhaltensweisen der Inhaftierten und Strafgefangenen festzustellen und sofort an den Wachschichtleiter zu melden. Die Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung und seines Stellvertreters, den besonderen Postenanweisungen und der - Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvollzugsordnung , die Änderung zur Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvollzugsordnung , die Änderung zur Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel des Wach- und Sicherungsdienstes der Abteilung Dem Wachschichtleiter sind die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes sind: Die gesetzlichen Bestimmungen wie Strafgesetz, Strafprozeßordnung, Strafvollzugs- und Wiedereingliederungsgesetz; Befehle und Anweisungen des Ministers für Staatssicherheit, des Leiters der Bezirksverwaltungen Verwaltungen und des Leiters der Diensteinheit - der Kapitel, Abschnitt, Refltr., und - Gemeinsame Anweisung über die Durch- Refltr. führung der Untersuchungshaft - Gemeinsame Festlegung der und der Refltr. Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmurigen der Untersuchungshaftvollzugsordnung -UHV in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit vom Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit , Ausfertigung V: Gemeinsame Festlegung der Leiser des Zentralen Medizinisehen Dienstes, der Hauptabteilung und der Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung Verhafteter und Strafgefangener in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit.

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