Unrecht als System 1952-1954, Seite 80

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 80 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 80); Die Mittel, mit denen die von der SED gelenkte Justizverwaltung zu den erstrebten Zielen zu gelangen hofft, sind verschieden. Ein Richter, der ein Urteil nicht im gewünschten Sinne fällt oder der eine von ihm geforderte Maßnahme nicht durchführt, kann aber immer damit rechnen, daß er wegen seiner Tätigkeit oder seines Unterlassens in peinliche Verhöre genommen wird, und daß ihm eine sehr unbequeme und auch keinesfalls ungefährliche Berichterstattung und Rechtfertigung auferlegt wird. Die Justizverwaltung weiß, daß viele Richter derartige Unbequemlichkeiten lieber vermeiden und sich daher in ihrer richterlichen Tätigkeit den Anordnungen und Wünschen von Partei und Verwaltung fügen werden. Glaubt man seitens der Justizverwaltung, daß gegen einen Richter etwas schärfer vorgegangen werden muß, so bietet ein Disziplinarverfahren dazu alle Möglichkeiten. Wie sich aus dem Beschluß gegen den ehemaligen Volksrichter Perleberg ersehen läßt, wird ein Verweis wegen Verletzung der Arbeitsdisziplin erteilt, weil ein Richter keine Neigung zeigte, dem ihm von der Instrukteurin Grube (vergleiche Aussage Dr. Reinartz Dokument 92) übermittelten Befehl, Demonstranten des 17. Juni in einer ganz bestimmten Weise abzuurteilen, Folge zu leisten. DOKUMENT 96 Es erscheint Herr Heinrich Reuter, bis zum 30. Juli 1954 Oberrichter am Bezirksgericht Suhl in Meiningen, jetzt Flüchtling in Westberlin, und erklärt: Im Mai 1954 hatte das Kreisgericht Ilmenau den Erlaß eines Haftbefehls gegen einen wegen eines angeblichen Mordversuchs Beschuldigten abgelehnt. Der Mordversuch wurde darin erblickt, daß sich der Beschuldigte nachts auf dem Heimwege von einem Gasthaus mit einem Hammer in der Hand an einen anderen Mann, mit dem er eine Auseinandersetzung gehabt hatte und der sich in Gesellschaft von 3 weiteren Personen befand, herangemacht hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den ablehnenden Beschluß des Kreisgerichts Ilmenau Beschwerde eingelegt, worüber ich als zuständiger Richter des Bezirksgerichts zu entscheiden hatte. Da ein Tatverdacht auf Mordversuch in keiner Weise vorlag, lehnte auch ich den Erlaß eines Haftbefehls ab. Kurz danach erschien der Instrukteur Wendlandt vom sowjetzonalen Justizministerium und führte mit mir eine Art Vernehmung durch, warum ich diesen Haftbefehl nicht erlassen hatte. Ich setzte meine Gründe auseinander. Dies schien noch nicht befriedigend ausgefallen, denn nach kurzer Zeit erschien Wendlandt erneut und vernahm mich wieder. Anfang Juli mußte ich dann noch auf Anforderung des W. eine schriftliche Begründung dem Justizministerium für meinen ablehnenden Beschluß einreichen. Ich kam dieser Aufforderung nach. Ende Juli 1954 war ein gewisser E p p 1 e r vom Kreisgericht in Suhl wegen fahrlässiger Tötung zu 1 Jahr 6 Monaten Gefängnis verurteilt und durch Beschluß des gleichen Gerichts sofort in Haft genommen worden. Diesem Urteil war zunächst ein auf 1 Jahr 4 Monate lautendes Urteil des Kreisgerichts Hildburghausen vorausgegangen, welches auf die durch den Angeklagten eingelegte Berufung aufgehoben worden war. Hildburghausen erkannte in der erneuten Hauptverhandlung auf Freispruch. Dieser wiederum wurde auf Protest der Staatsanwaltschaft aufgehoben und die Sache nunmehr an das Kreisgericht Suhl verwiesen. Gegen dessen Urteil legte nunmehr der Angeklagte erneut Berufung ein. Da die Bestimmungen über das Verbot der „reformatio in peius“ nicht beachtet waren und der Angeklagte bisher im Laufe des Verfahrens nicht flüchtig geworden war, bestand m. E. kein Anlaß für einen Haftbefehl. Ich hob den Haftbefehl des Kreisgerichts Suhl auf. Der Staats- anwalt Schubart von der Bezirksstaatsanwaltschaft in Meiningen erklärte mir, daß die Staatsanwaltschaft sich diesen weiteren Beschluß von mir nicht gefallen lassen würde und die Sache erneut nach oben berichten würde. Ich hätte ja schon seinerzeit einmal gegen die Staatsanwaltschaft entschieden und die Auswirkungen einer solchen Entscheidung verspürt. Schubart drohte mir also mit einem erneuten Eingreifen seitens der Justizverwaltung. Folgen habe ich nicht mehr bemerkt, da ich mich inzwischen aus der Sowjetzone absetzte. gez. Heinrich Reuter gez. Unterschrift DOKUMENT 97 I 3/53 Beschluß In dem Disziplinarverfahren gegen den Richter beim Bezirksgericht Halle Georg Perleberg hat der Disziplinarausschuß des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik durch Präsident Schumann als Vorsitzenden Oberrichter Ziegler und Richter H i n t z e als Mitglieder nach mündlicher Verhandlung am 10. September 1953 in Berlin folgenden Beschluß verkündet: Der Richter am Bezirksgericht Georg Perleberg wird wegen Verletzung der Arbeitsdisziplin mit einem Verweis bestraft. Gründe: Am 23. oder 24. Juni 1953 wurde von dem Stellvertreter des Bezirksgerichtsdirektors in Halle, Oberrichter Kaul-fersch, eine Dienstbesprechung einberufen, auf der die Abteilungsleiterin Grube vom Ministerium der Justiz über die Vorbereitung der Strafverfahren sprach, die gegen die faschistischen Provokateure vom 17. Juni 1953 durchzuführen waren. Richter Perleberg wurde von dem stellvertretenden Bezirksgerichtsdirektor zur Teilnahme an dieser Dienstbesprechung aufgefordert. Er erkannte, daß er für die Verhandlung der mit besonderer Beschleunigung durchzuführenden Verfahren vorgesehen war. Nach Teilnahme an der Besprechung suchte er zusammen mit Richter Oswald den stellvertretenden Bezirksgerichtsdirektor in seinem Dienstzimmer auf und beide erklärten ihm, daß sie derartige Strafverfahren nicht durchführen könnten. Richter Perleberg erklärte, er habe einen schweren inneren Kampf bestehen müssen, um die Politik der Regierung in der letzten Zeit bejahen und die Gesetze mit den hohen Mindeststrafen anwenden zu können, jetzt habe er keinen inneren Halt mehr, um ein richtiges Strafmaß finden zu können. Richter Perleberg blieb auch dabei, nachdem ihm Oberrichter Kaulfersch dargelegt hatte, daß der neue Kurs der Regierung für jeden Richter eine innere Auseinandersetzung zur Folge haben mußte. Auf den Hinweis, ob er die Folgen seiner Ablehnung bedenke, erklärte Perleberg, er sei sich über die Bedeutung seiner Weigerung klar und auch bereit, die Folgen zu tragen, die seitens der Vorgesetzten Dienststelle aus seiner Weigerung gezogen werden könnten. Mit dieser Weigerung hat der Richter Perleberg die Arbeitsdisziplin verletzt und sich eines Disziplinarvergehens nach § 1 Ziff. 1 der Disziplinarordnung für Richter schuldig gemacht. Die Gerichte sind Organe der demokratischen Staatsgewalt unserer Republik. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben 80;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 80 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 80) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 80 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 80)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 1-294).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge Ziele und Grundsätze des Herauslösens Varianten des Herauslösens. Der Abschluß der Bearbeitung Operativer Vorgänge. Das Ziel des Abschlusses Operativer Vorgänge und die Abschlußarten. Die politisch-operative und strafrechtliche Einschätzung abzuschließender Operativer Vorgänge. Im Stadium des Abschlusses Operativer Vorgänge ist eine konzentrierte Prüfung und Bewertung des gesamten Materials nach politisch-operativen, strafrechtlichen und strafprozessualen Gesichtspunkten vorzunehmen, um die Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuehungshaft nicht erfüllt. Inhaftierten dürfen nur Beschränkungen auf erlegt werden, die für die Durchführung der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt zu Gefährden, - die Existenz objektiv größerer Chancen zum Erreichen angestrebter Jliele, wie Ausbruch Flucht, kollektive Nahrungsverweigerung, Revolten, Angriffe auf Leben und Gesundheit von Menschen. Zugenommen haben Untersuchungen im Zusammenhang mit sprengmittelverdächtigen Gegenständen. Erweitert haben sich das Zusammenwirken mit der Arbeitsrichtung der Kriminalpolizei und die Zusammenarbeit mit anderen operativen Linien und Diensteinheiten darauf, bereits im Stadium der operativen Bearbeitung mit den-Mitteln und Möglichkeiten der Untersuchungsarbeit daran mitzuwirken, die gegnerischen Pläne und Absichten zur Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit. Zur Organisierung des staatsfeindlichen Menschenhandels Feststellungen zu weiteren Angriffen gegen die Staatsgrenze Angriffe gegen die Volkswirtschaft Angriffe gegen die Landesverteidigung Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie zur Aufklärung anderer politischioperativ bedeutsamer Sachverhalte aus der Zeit des Faschismus, die zielgerichtete Nutzbarmachung von Archivmaterialien aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die Ergebnisse dieser Arbeit umfassen insbesondere - die Erarbeitung und Bereitstellung beweiskräftiger Materialien und Informationen zur Entlarvung der Begünstigung von Naziund Kriegsverbrechern in der und Westberlin ausgeübte berufliche Tätigkeiten als sogenannte Scheinarbeitsverhältnisse des amerikanischen Geheimdienstes zu deklarieren, wenn dazu weder operativ gesicherte noch anderweitige Überprüfungen vorliegen.

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