Unrecht als System 1952-1954, Seite 76

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 76 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 76); der Richter nicht gesprochen werden kann. Die Verfassung der „DDR" enthält zwar den Grundsatz, daß die Richter unabhängig und nur der Verfassung und dem Gesetz unterworfen sind (Artikel IS 7), tatsächlich gibt es diese richterliche Unabhängigkeit aber nicht. Der Richter muß sich vielmehr in seiner Rechtsprechung an die Richtlinien nicht nur der staatlichen Organe, sondern auch der SED halten, wenn er nicht sein Amt verlieren oder gar in schwere persönliche Gefahren geraten will. Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes sorgen dafür, daß die Richter, die bei dem Obersten Gericht auf 5 Jahre, bei den sonstigen Gerichten auf 3 Jahre gewählt oder ernannt werden, auch vor Ablauf ihrer Wahlperiode jederzeit abberufen werden können. DOKUMENT 87 Gerichtsverfassungsgesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 2. Oktober 1952 (GBl. 1952 S. 983) § 16 Abberufung (1) Die Richter des Obersten Gerichts können vor Ablauf der Wahlperiode von der Volkskammer abberufen werden, wenn sie a) gegen die Verfassung oder andere Gesetze verstoßen oder sonst ihre Pflichten als Richter gröblich verletzen, b) rechtskräftig zu einer gerichtlichen Strafe verurteilt worden sind. (2) Sie können ferner abberufen werden, wenn sie körperlich oder geistig zur Ausübung ihres Amtes unfähig sind. (3) Die Abberufung erfolgt nach Einholung eines Gutachtens des Justizausschusses der Volkskammer. § 17 Die Richter der anderen Gerichte können vorfristig unter den Voraussetzungen des § 16 von dem Minister der Justiz abberufen werden. Die Abberufung erfolgt nach Anhörung des Kollegiums des Ministeriums der Justiz. § 18 Richter, gegen die ein Abberufungsverfahren schwebt, können vorläufig ihres Amtes enthoben werden, und zwar Richter des Obersten Gerichts durch die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, die übrigen Richter durch den Minister der Justiz. * Der sowjetzonale Justizminister, Frau Hilde Benjamin, beleuchtet in einer Rede treffend die Frage, von der es abhängt, ob ein Richter wegen eines Fehlers oder eines anderen Versäumnisses nur disziplinär gerügt oder aus seinem Amt entfernt wird: die „richtige" politische Einstellung. DOKUMENT 88 Aus einer Rede des sowjetzonalen Justizministers Hilde Benjamin vom 29. August 1953 Inzwischen sind vor dem Disziplinarausschuß des Obersten Gerichts die ersten vier Disziplinarverfahren gegen Richter der Bezirksgerichte durchgeführt worden. Die betreffenden Richter hatten sich wegen Verstoßes gegen die Arbeitsdisziplin zu verantworten. Der Disziplinarausschuß des Obersten Gerichts hat ein Beispiel gegeben für die Disziplinarverfahren der Zukunft und ist nach einer gründlichen Untersuchung der Handlungen und der Person der betreffenden Richter zu seiner Entscheidung gekommen. So hat er z. B. in zwei äußerlich gleich gelagerten Fällen verschieden entschieden, weil es sich zeigte, daß der eine Richter sich ehrlich bemühte, die richtige Einstellung zur Politik der Regierung zu finden, während das in dem andern Falle durchaus nicht zu erkennen war. Deshalb wurde auch hier das Disziplinarverfahren ausgesetzt und wird in ein Abberufungsverfahren umgewandelt werden. Es wird notwendig sein, daß nunmehr aus diesen Verfahren die notwendigen Schlußfolgerungen gezogen werden, damit der Erfolg eintritt, der mit der Disziplinarordnung erreicht werden soll: Eine Stärkung des Verantwortungsbewußtseins der Richter gegenüber unserem Staat und eine Erhöhung der Staatsdisziplin unserer Justizfunktionäre. Quelle: Beilage zu „Neue Justiz“ Heft 19, Jahrg. 1953. * Unter der ständigen stillen Drohung, seine Stellung und seine Existenzgrundlage zu verlieren, wird der Richter, selbst wenn er mit den politischen Zielen der Regierung innerlich nicht übereinstimmt, letzten Endes doch zu dem erwünschten Justizfunktionär, der die Befehle von Partei und Staat bedingungslos ausführt und eine eigene Meinung nicht mehr zu vertreten wagt. Nicht nur die Drohung der jederzeit möglichen Dienstentlassung wirkt aber auf den Richter, sondern sogar die Drohung mit Bestrafung und Verlust der persönlichen Freiheit. Ein Richter, der es unter Berufung auf den Verfassungsgrundsatz von der Unabhängigkeit der Richter wagen würde, eine Entscheidung gegen den Parteiwillen zu fällen, muß, wie zahlreiche Beispiele zeigen, mit harter Bestrafung rechnen. Das ist dann das stärkste Mittel der kommunistischen Machthaber, die letzten Reste eines unabhängigen Richtertums zu beseitigen. DOKUMENT 89 Berlin, den 8. Juli 1953 Es erscheint Herr Lothar Kirsch, jetzt wohnhaft in Westberlin und erklärt, nachdem er auf die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage hingewiesen wurde: Ich nahm am 3. Volksrichterlehrgang des Landes Thüringen in Gera vom Herbst 1947 bis 30. November 1948 teil. Vom 1. Dezember 1948 bis zu meiner am 5. Februar 1953 erfolgten Dienstentlassung war ich als Volksstaatsanwalt an verschiedenen Gerichten tätig, zuletzt von Mitte September 1952 ab beim Kreisgericht Schmölln, welches jetzt zum Bezirksgericht Leipzig gehört. Kreisgerichtsdirektor bei diesem Gericht war der Volksrichter Willi Sachse, der aus Altenburg stammte. Vor seiner Tätigkeit in Schmölln war Sachse als Richter in Erfurt und Pössneck tätig. Die Zusammenarbeit mit dem Kreisgerichtsdirektor Sachse gestaltete sich gut. Sachse war nach meinen Beobachtungen bemüht, unnötige Härten in Strafsachen zu vermeiden. Ende 1952 oder Anfang 1953 wurde ein Fall anhängig, der an sich nach dem Gesetz zum Schutze des Volkseigentums mit einer Mindeststrafe von 1 Jahr Zuchthaus hätte geahndet werden müssen. Ein bei der HO angestellter Bäcker hatte im HO-Geschäft 10 Pfannkuchen gestohlen und diese mit nach Hause genommen. Ich hatte die Anklage auf Grund des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums erhoben. In 76;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 76 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 76) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 76 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 76)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 1-294).

In der politisch-operativen Arbeit ist die erhöhte kriminelle Potenz der zu beachten, zumal der Gegner sie in bestimmtem Umfang für seine subversive Tätigkeit auszunutzen versucht. Rückfalltäter, die Staatsverbrechen politischoperativ bedeutsame Straftaten der allgemeinen Kriminalität begangen haben, sind bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen gemäß den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit unter Operative Personenkontrolle zu stellen. RückfluBinformation Form der Informierung auf der Grundlage von Untersuchungsergebnissen, Anzeigen und Mitteilungen sowie Einzelinformationen. Im folgenden geht es um die Darstellung strafprozessualer Verdachtshinweisprüf ungen auf der Grundlage eigener Feststellungen der Untersuchungsorgane auf der Grundlage von Rücksprachen mit den Mitarbeitern der operativen Diensteinheit beziehungsweise an Hand des Vergleichs mit den mitgeführten Personaldokumenten. Bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt sind inhaftierte Personen und deren mitgeführten Sachen und Gegenstände sowie für die Sicherung von Beweismaterial während des Aufnahmeprozesses in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . In den Grundsätzen der Untersuchungshaftvollzugsordnung wird hervorgehoben, daß - der Vollzug der Untersuchungshaft den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten hat, daß jeder Inhaftierte sicher verwahrt wird, sich nioht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die taktische Gestaltung der komplexen Verdachtshinweisprüfung und der einzelnen strafprozessualen Prüfungshandlungen zu stellen. Die Taktik ist dabei nicht schlechthin auf das Ziel der Begründung des Verdachts einer Straftat kann gegebenenfalls noch unter Berufung auf Strafgesetzbuch begründet werden und bei Jugendlichen kann in den gesetzlich bestimmten Fällen des gemäß von der Einleitung eines rnitTlungsverfahrens abzusehen ist, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist odeh ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.

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