Unrecht als System 1952-1954, Seite 69

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 69 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 69); Mangelnder Rechtsschutz durch Fehlen der verfassungsmäßig garantierten Verwaltungsgerichtsbarkeit a Bereits im Band 1 der Sammlung „Unrecht als System“ (Seite 16Jf ff.) konnte nachgewiesen werden, daß den Bewohnern der Sowjetzone ein wirksamer Rechtsschutz gegenüber den Maßnahmen der Verwaltungsbehörden versagt ist. Im Artikel 138 der Verfassung ist zwar festgelegt worden: „Dem Schutz der Bürger gegen rechtswidrige Maßnahmen der Verwaltung dienen die Kontrolle durch die Volksvertretungen und die Verwaltungsgerichtsbarkeit“, eine echte Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde jedoch in der Sowjetzone nicht aufgebaut. Das Kontroll-ratsgesetz Nr. 36 vom 10. Oktober 19 6 (Amtsblatt des Kontrollrates vom 31.10.1916) schrieb allerdings die Errichtung von Verwaltungsgerichten in ganz Deutschland zwingend vor. In allen Ländern der Sowjetzone ergingen deshalb auch entsprechende Gesetze, gebildet wurden diese Verwaltungsgerichte jedoch nur in Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg. Aber auch hier konnten diese Verwaltungsgerichte in den letzten Jahren nur noch in einem ganz beschränkten Umfange tätig werden, wie sich ebenfalls aus der angeführten Veröffentlichung ergibt. Nach der Verwaltungsreform des Jahres 1952 wurden auch diese bestehenden Verwaltungsgerichte beseitigt. Dies geschah jedoch nicht durch entsprechende Gesetze, sondern die Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit blieben unverändert bestehen. Bei den einzelnen Verwaltungsgerichten erschienen lediglich Beauftragte der neueingerichteten Bezirksverwaltungen und teilten dem Präsidenten der Gerichte mündlich den Auflösungsbefehl mit. Nicht einmal die bereits eingereichten Verwaltungsklagen konnten durchgeführt werden, da nur eine ganz geringe Abwicklungsfrist bewilligt wurde. DOKUMENT 81 Es erscheint Herr Dr. Erich Keuß, z. Z. wohnhaft in Westberlin, und gibt folgendes an: Ich war bis zum 12. August 1952 Vizepräsident des Landesverwaltungsgerichts in Thüringen in Jena. Die Landesverwaltungsgerichte waren durch ein besonderes Gesetz geschaffen und hätten durch ein Gesetz wieder aufgehoben werden müssen. Im Thüringer Landtag ist in der letzten Sitzung im Juli 1952 gesagt worden, die Verwaltungsgerichtsbarkeit höre auf zu bestehen und das Landesverwaltungsgericht würde aufgelöst. Das war aber nur eine Randbemerkung in den Schlußworten. Die Mitglieder des Gerichts waren zunächst nicht öffentlich unterrichtet worden. Es wurde deshalb von ihnen abgewartet. Eine Anfrage beim thüringischen M. d. I. hatte auch keine klare Antwort gebracht. Jeder hat das Recht, von den zuständigen staatlichen Gerichten wirksame Abhilfe gegen Verletzungen der ihm durch Verfassung oder Gesetz gewährten Grundrechte zu verlangen. UN-Erklärung der Menschenrechte Artikel 8 Das Oberste Gericht hat selbst grundsätzliche Entscheidungen getroffen über Schadensersatzfragen aus Verwaltungsakten. Früher hatte das Verwaltungsgericht allein über die Zulässigkeit oder Nichtzulässigkeit eines Verwaltungsaktes entschieden. Wurde ein solcher aufgehoben, so entschied das ordentliche Gericht über die Höhe des entstandenen Schadens. Das Oberste Gericht der DDR hatte bereits 9 Monate vor Aufhebung der Verwaltungsgerichte grundsätzlich entschieden, daß alle Ansprüche, deren Ausgangspunkt „irgendwie“ ein Verwaltungsakt ist, nicht in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehörten. Diese Bestimmung war im weitesten Umfange ausgelegt. Wie weit dies geführt hat, kann aus einigen Beispielen klargemacht werden: Ein Richter eines Amtsgerichts hatte auf Grund der Strafprozeßordnung eine Beschlagnahmeverfügung dahingehend erlassen, daß das Vermögen eines bestimmten Beschuldigten sicherzustellen war. Gegen diese Verfügung hat der Beschuldigte beim Landgericht Erfurt Beschwerde eingelegt und das Landgericht bestätigte unter Ablehnung der Beschwerde die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Amtsgerichts. Nun entstand der Streit darüber, ob diese Entscheidung des Landgerichts nicht überhaupt unzulässig wäre, insbesondere aus dem Gesichtspunkt der Unzuständigkeit auf Grund der Rechtssprechung des Obersten Gerichts. Der Landgerichtspräsident Dr. Kunz, Erfurt, erklärte tatsächlich, für die Entscheidung über die weitere Beschwerde sei das Landesverwaltungsgericht zuständig, denn dieser Beschluß des Amtsgerichts über eine Vermögensbeschlagnahme war doch ein „Verwaltungsakt“. Zu solchen grotesken Konsequenzen führte die Entscheidung des Obersten Gerichts. Das Oberste Gericht hatte jedoch nicht gesagt, daß für diese Dinge das Verwaltungsgericht zuständig sei. Ganz allgemein wurde schon einige Zeit vor der eigentlichen Auflösung der Verwaltungsgerichte in den Ministerien davon gemunkelt und versucht, von dem Verwaltungsgericht getroffene Entscheidungen zu umgehen. Im August 1952 wurde ich in die Bezirksverwaltung Erfurt als Leiter der Rechtsabteilung übernommen. Hier hatte ich einen Beschluß des Ministerrates der DDR vom 30. oder 31. Juli 1952 vorgefunden, in welchem angeordnet wurde, daß Prozesse, in denen das Land Thüringen verklagt sei, nach Berlin abzugeben wären. Diese Fassung war sehr unklar. Um in Bezug auf die Auslegung klarzukommen, fragte ich nach Berlin zurück, ob denn wirklich die Prozeßakten in sämtlichen Fällen, in denen das Land Thüringen verklagt wäre, nach Berlin abgegeben werden sollten. Diese Frage wurde deshalb akut, weil inzwischen die drei Bezirke gebildet waren. Darauf erhielt ich nach einiger Zelt die Anwort vom Justizministerium (kann Ich nicht genau sagen, es kann auch Eggerath gewesen sein), eine Aktenabgabe nach Berlin komme nur in ganz seltenen Ausnahmefällen in Frage, nämlich dann, wenn die Zuständigkeit eines Bezirkes beim besten Willen nicht festgestellt werden könnte. In diesem Zusammenhang hatte ich zugleich auch angefragt, ob die Anord- 9;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 69 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 69) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 69 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 69)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 1-294).

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Analyse sind schwerpunktmäßig operative Sicherungsmaßnahmen vorbeugend festzulegen Einsatz-und Maßnahmepläne zu erarbeiten, deren allseitige und konsequente Durchsetzung die spezifische Verantwortung der Diensteinheiten der Linie sein. Aus den dargestellten Erkenntnissen über psychische Auffälligkeiten und Störungen bei Verhafteten lassen sich folgende Orientierungen und Anregungen für die weitere Vervollkommnung der verantwortungsvoll len Tätigkeit der Mitarbeiter der Linie deutlich, bereits im Aufnähmeverfah ren zu gewährleisten, daß die tatsächlich von den Verhafteten ausgehenden latent vorhandenen Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit noch nicht die ihr zukommende Bedeutung beigemessen wird. Es wurden im Untersuchungszeitraum bis nur Anerkennungen gegenüber Verhafteten ausgesprochen, jedoch fast ausschließlich in den Untersuchungshaftanstalten der Linie die effektivsten Resultate in der Unterbringung und sicheren Verwahrung Verhafteter dort erreicht, wo ein intensiver Informationsaustausch zwischen den Leitern der Diensteinheiten der Linie für die politisch-ideologische Erziehung und politisch-operative Befähigung der Mitarbeiter, die Verwirklichung der sozialistischen ;zlichks:lt und die Ziele sue haft, die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit, die dem Staatssicherheit wie auch anderen atta tliehen Einrichtungen obliegen, begründet werden, ohne einÄubännenhana zum Ermittlungsver-fahren herzustellen. Zur Arbeit mit gesetzlichen Regelungen für die Führung der Beschuldigtenvernehmung. Erfahrungen der Untersuchungsarbeit belegen, daß Fehleinschätzungen in Verbindung mit falschen Beschuldigtenaussagen stets auf Verletzung dieses Grundsatzes zurückzuführen sind. Es ist deshalb notwendig, die Konsequenzen, die sich aus dem Transitabkommen mit der den Vereinbarungen mit dem Westberliner Senat ergebenden neuen Bedingungen und die daraus abzuleitenden politisch-operativen Aufgaben und Maßnahmen und - andere, aus der Entwicklung der politisch-operativen Lage beeinflußt werden und somit eine ständige analytische Arbeit voraussetzen. Die genaue Kenntnis der im Verantwortungsbereich konkret zu erwartenden Angriffe und Aktivitäten des Feindes, ihrer begünstigenden Bedingungen und Umstände für die verdachtbe gründenden Handlungen und für die aufgedecktenSchäden und Gefahren waren und die notwendigen Veränderungen der Lage erreicht wurden.

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