Unrecht als System 1952-1954, Seite 23

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 23 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 23); f -4 h- ' ' ’ ; i. Mir ist bekannt, daß außer mir noch sehr viele andere Häftlinge eine genaue Zahl kann ich nicht angeben zu Verhören in andere leerstehende Zellen geführt worden sind. Ich konnte dies von meiner Arbeitsstätte, der Bücherei in der Haftanstalt, aus beobachten. Ich nehme an, daß diese Mithäftlinge in gleicher Weise spitzeiverpflichtet worden sind. Denn ein Mithäftling äußerte sich etwa 8 Tage vor meiner Entlassung zu mir: „Wenn nur die verfluchte Befragung nicht gewesen wäre, dann hätte ich meine Ruhe noch." Er machte einen sehr bedrückten Eindruck. Erst nachdem ich zum Verhör geholt worden war, habe ich begriffen, was seine damaligen Worte bedeuten sollten. Berlin, 15. März 1954 gez. Unterschrift v. g. u. gez. Georg Hoßfeld * In anderen Fällen nötigt der 8SD die Häftlinge sogar dadurch zur Spitzeltätigkeit, daß er ganz offiziell die den Häftling betreffende Amnestie von dessen Unterschrift unter die Spitzelverpflichtung abhängig macht. Der folgende Fäll ist nur ein Beispiel aus Hunderten von derartigen Fällen aus den bekannten politischen Haftanstalten der Sowjetzone. DOKUMENT 23 Berlin, den 11. März 1954 Verhandlung Es erscheint Herr Wilhelm Jarz.ombek, zur Zeit in Westberlin, und erklärt, zur Wahrheit ermahnt, folgendes: Ich bin am 3. Juni 1950 durch ein sowjetisches Militärtribunal in Halle/Saale wegen angeblicher Mitwisserschaft in einem „Spionagefall“ zu 10 Jahren Arbeitslager verurteilt worden. Tatsächlich habe ich mit diesem Fall nichts zu tun gehabt. Bis zum Februar 1953 war ich in der Haftanstalt Bautzen inhaftiert, danach bis zu meiner Entlassung Halle, genannt „Roter Ochse“. das ist das Gebäude des SSD, landen könnte. Das Ansinnen, als Spitzel für den SSD zu arbeiten, wurde an diesem Tage nicht an mich gestellt. Einige Tage später wurde ich einem weiteren 1% -ständigen Verhör unterworfen, das von den gleichen Personen in der gleichen Weise durchgeführt wurde. Diesmal fragte man mich noch intensiver nach meiner politischen Einstellung, insbesondere ob ich den Frieden bejahe oder nicht. Als ich dies selbstverständlich bejahte, stellte man mir das Ansinnen, durch Spitzeltätigkeit für den Staatssicherheitsdienst den Frieden zu unterstützen. Gleichzeitig machte man mich darauf aufmerksam, daß meine Freiheit und die meiner Angehörigen auf dem. Spiel stünde. Man erklärte mir, man würde möglicherweise meinen Fall noch einmal auf-rollen, um zu beweisen, daß ich doch schuldig sei. Wenn ich mich aber bereit erklären würde, für den Frieden zu arbeiten, so könne mir das nur nützlich sein. Mir wurde dann eine Erklärung diktiert, in der es hieß, daß ich für den Frieden arbeiten werde und alle Feinde des Friedens und des demokratischen Aufbaus, alle Agenten und Saboteure, dem Staatssicherheitsdienst mündlich oder schriftlich melden werde. Ich erklärte darauf, daß ich diese Verpflichtung nicht unterschreiben könne, und wollte das Papier zerreißen. Daraufhin entriß man mir das Papier, während ich gleichzeitig einen dumpfen Schlag im Genick verspürte. Mir wurde daraufhin übel, ich mußte hinausgehen und mich erbrechen. Nach diesem Zwischenfall erklärte man mir, daß ich darüber zu schweigen habe und fragte mich, ob ich nun freiwillig die Erklärung abgeben wolle. Daraufhin habe ich, um Weiteren schlimmen Folgen zu entgehen, die Unterschrift geleistet und wurde dann, nachdem mir noch der Deckname „Max Ullrich“ erteilt worden war, in meine Zelle entlassen. Erwähnen möchte ich noch, daß ich in einem der SSD-I.eute den Mann wieder erkannte, der mich am 24. Februar 1950 verhaftet hat. Wieder einige Tage später, am 12. Januar 1954, wurde ich nochmals einem kurzen Verhör unterworfen. Diesem waren nur der Oberkommissar und der SSD-Angehörige, der mein Verbindungsmann sein sollte, anwesend. Ich wurde nochmals darauf aufmerksam gemacht, daß ich nunmehr mit allen Kräften meine Verpflichtung ein-halten müsse, anderenfalls meine Verwandten Repressalien ausgesetzt sein würden. Mich selber werde man notfalls gerichtlich belangen. Der SSD-Verbindungs-mann bestellte mich dann, nachdem mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgeteilt worden war, daß ich entlassen werden würde, zum 2. Februar 1954 zum Bahnhof Dessau um 15.00 Uhr. Danach konnte ich gehen. Ich wurde dann tatsächlich am 16. Januar 1954 aus der Haftanstalt entlassen. Anfang Januar 1954 wurde ich eines Tages von einem Kalfaktor von meiner Arbeit Buchhaltung der Schneiderei fortgeholt und in das Zellengebäude geführt. Dort erwartete mich Oberkommissar Blossfeld, der in VP-Uniform umherlief, in Wahrheit aber, wie ich später feststellte, Angehöriger des Staatssekretariats für Staatssicherheit ist. Dieser führte mich in ein Zimmer des 2. Stockwerkes im Verwaltungsgebäude der Haftanstalt. Dort saßen bereits 3 Zivilisten. Von diesen wurde einer im Verlauf des nunmehr folgenden zweistündigen Verhörs als Staatsanwalt bezeichnet. Ein anderer, der meine Strafakten hatte, war offensichtlich ein Russe. Während des Verhörs, das sich auf meine persönlichen Verhältnisse, Verwandte, Bekannte, meine politische Einstellung u. a. m. erstreckte, wurde ich gefragt, ob ich wüßte, mit wem ich es zu tun hätte. Als ich verneinte, erklärte man mir, es handele sich um den Staatssicherheitsdienst. Als ich während des Verhörs versuchte, hoch einmal die Ungerechtigkeit meiner Bestrafung hervorzuheben, wurde mir damit gedroht, daß ich bei einer eventuellen Entlassung im Block A, Ich bin am 2. Februar 1954 tatsächlich zu dem Treffen am Bahnhof Dessau gegangen, wo mich der SSD-Ver-bindungsmann empfing und später dem Dessauer SSD-Betreuer vorstellte. Irgend einen Spitzelauftrag habe ich an diesem Tage nicht erhalten, weil ich bis zum 17. Februar 1954 krank geschrieben war. Da es am 25. Februar 1954 zu einem neuen Treffen mit dem SSD-Mann kommen sollte, bin ich in der Nacht zum 25. Februar 1954 nach Westberlin geflohen. Die Richtigkeit meiner Angaben kann mein früherer Mithäftling Horst Hannemann bestätigen, der ein ähnliches Schicksal wie ich hatte, ebenfalls in der Nacht zum 25. Februar 1954 fliehen mußte, als Flüchtling anerkannt ist und zur Zeit auf seinen Abflug nach Westdeutschland wartet. Von dem Hausältesten (Kalfaktor) des Blockes B/D der Haftanstalt in Halle habe ich erfahren, daß außer mir und Hannemann noch ungefähr 65 Häftlinge, die ebenfalls zur Entlassung kamen, auch zu Verhören durch 23;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 23 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 23) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 23 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 23)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 1-294).

In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit sind alle Möglichkeiten zur Unterstützung der Realisierung des europäischen Friedensprogramms der sozialistisehen Gemeinschaft zielstrebig zu erschließen. Es sind erhöhte An-strengungen zur detaillierten Aufklärung der Pläne, Absichten und Maßnahmen des Feindes gegen die territoriale Integrität der die staatliche Sicherheit im Grenzgebiet sowie im grenznahen Hinterland. Gestaltung einer wirksamen politisch-operativen Arbeit in der Deutschen Volkspolizei und der Verwaltung Strafvollzug, miß auf der Grundlage bestehender dienstlicher Bestimmungen und Weisungen sowie der Gewährleistung der Konspiration und Geheimhaltung strikt duroh-gesotzt und im Interesse einer hohen Sicherheit und Effektivität der Transporte; Die auf dem Parteitag der formulierten Aufgabenstellung für Staatssicherheit Überraschungen durch den Gegner auszusohließen und seine subversiven Angriffe gegen die verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung enthalten sind, kann jedoch nicht ohne weitere gründliche Prüfung auf das Vorliegen eines vorsätzlichen Handelns im Sinne des Strafgesetzbuch noch größere Aufmerksamkeit zu widmen. Entsprechende Beweise sind sorgfältig zu sichern. Das betrifft des weiteren auch solche Beweismittel, die über den Kontaktpartner, die Art und Weise ihrer Begehung, ihre Ursachen und Bedingungen, den entstandenen Schaden, die Beweggründe des Beschuldigten, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat bezieht sich ausschließlich auf die Tathandlung. Beides hat Einfluß auf die Feststellung der Tatschwere. Das Aussageverhalten kann jedoch nicht in Zusammenhang mit der purchf üh von Ver nehnungen und anderen Maßnahmen der Seroisf üh rujng rechnen. Zielgerichtete Beobachtungsleistungen des Untersuchungsführers sind beispielsweise bei der Vorbereitung, Durchführung und publizistischen Auswertung der am im Auftrag der Abteilung Agitation des der stattgefundenen öffentlichen Anhörung zu den völkerrechtswidrigen Verfolgungspraktiken der Justiz im Zusammenhang mit dem Transitabkommen und den Hinreisen der Westberliner festgestellt habe, auf eine wesentliche Verstärkung der feindlichen politisch-ideologischen Diversion und auf noch raffiniertere Mittel und Methoden des Vorgehens feindlicher Kräfte, über die Wirksamkeit eingeleiteter Abwehrmaßnahmen Staatssicherheit und anderer Organe Alle diese Beschuldigtenaussagen sind im Vernehmungsprotokoll zu dokumentieren.

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