Unrecht als System 1952-1954, Seite 212

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 212 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 212); den Rat des Kreises, eine entsprechende Handelszulassungskommission zu bilden, jedoch der Landrat Schünke ordnete daraufhin an, daß die Anträge künftig der Kommission für die Entwicklung des Handelsnetzes zur Entscheidung vorzulegen sind. Diese Kommission war Ende 1954 wieder neu gebildet worden, nachdem sie nach Verkündung des sogenannten „Neuen Kurses“ aufgelöst worden war. Die Zusammensetzung war ähnlich dem Versorgungsaktiv, nur etwas reichhaltiger in den Vertretern von HO, Konsum und sonstigen Sowjetisie-rungsexperten. Verschiedene Rücksprachen mit Witter meinerseits runden das gegebene Bild noch ab. Bei Konzessionsanträgen wurde jeweils erst die HO-Gaststättenverwaltung gefragt, ob sie an diesem Objekt interessiert sei, außerdem wurde jeder Konzessionsantrag erst der Kreisleitung der SED zugestellt zur Stellungnahme. Die Kreisleitung der SED gab dann jeweils nur mündlich ihre Meinung bekannt. Wurde ein Antrag von der SED aus politischen Gründen abgelehnt oder legten die HO-Gaststätten Wert auf diese Gaststätte, so wurde der Antragsteller bei Witter vorgeladen und ihm erklärt, daß sein Antrag von der Polizei abgelehnt sei. Auf meine Frage an Witter, was geschehe, wenn der Antragsteller zur Polizei gehe und dort die Gründe seiner Ablehnung erfrage, sagte mir Witter: „Von der Polizei ist bisher keiner wieder zu uns zurückgekommen,“ Eine weitere Frage von mir an Witter lautete: „Welche Gründe geben Sie in Ihren Ablehnungsbescheiden an?“ Hier erklärte mir Witter: „Von uns bekommt keiner eine Ablehnung, wir veranlassen den Antragsteller, seinen Antrag zurückzuziehen, indem wir ihn auf die Kosten hinweisen, die auch bei einer Ablehnung zu zahlen sind. Wo dieses nicht zieht, erklären wir, daß bei einer schriftlichen Ablehnung nie wieder die Möglichkeit bestehe, einen neuen Antrag zu stellen. Eins von diesen beiden hat bisher immer geholfen. In ganz hartnäckigen Fällen werden eben einige Paragraphen angeführt, das genügt ebenfalls.“ Abschließend kurz einige Beispiele: Der Gastwirt Ch., Hotel „Zur Post“ in Oberhof, erhielt die vorläufige Konzession. Als er die Vollkonzession beantragte, schaltete sich die Kreisleitung der SED ein. Er hatte einem bekannten Spitzel in Oberhof sein Lokal verboten mit dem Hinweis: „In meinem Lokal wird am Biertisch zu später Stunde keine Politik getrieben." Eine schriftliche Ablehnung erhielt er nicht. Ich habe ihm daraufhin über den Vorgang eine eidesstattliche Erklärung gegeben, und als ich von seiner bevorstehenden Verhaftung erfuhr, ihm sofort zu seiner Flucht nach Westberlin verholten. Der Gastwirt Beyroth stellte einen Konzessionsantrag für die Gaststätte „Stemgrund“ in Zella-Mehlis. Bei Witter erfuhr ich, daß die SED ablehne, da Beyroth bereits ein Haus in Gotha käuflich erworben habe und jetzt den „Sterngrund“ kaufen wolle. Diese Privatkapitalisten dürften nicht noch gestützt und unterstützt werden. Die Gastwirtin Keller in Suhl, Hotel „Zum Waffenschmied“ bemüht sich seit über einem Jahre, ihre Gaststätte zu verpachten. Sie ist 78 Jahre alt und möchte doch ihren Besitz für den Enkelsohn erhalten. Bisher wurde jeder Pächter abgelehnt mit immer wieder anderen Gründen, wie: keinen Zuzug nach Suhl usw. Witter erklärte mir dazu, daß jeder Antrag abgelehnt würde, weil die HO-Gaststätten an diesem Objekt sehr interessiert sei. Ich habe der Frau Keller alles erklärt und ihr geraten, sich einen tüchtigen Kellner zu suchen, der den Betrieb führt und „pro forma“ die Konzession auf ihren Namen weiter zu behalten, da man ihr z. Z. die Konzession nicht nehmen kann. Das sind die hinterhältigen und gemeinen Maßnahmen, mit denen man eine Ausdehnung des Privathandels unterbindet. Seit Sommer (Juni/Juli) 1954 werden meist nur solche Gewerbe genehmigt, zu denen der staatliche und genossenschaftliche Handel nicht in der Lage 1st bzw. die für ihn unrentabel sind. Außerdem schränkt man mit diesen Maßnahmen aber auch den bereits bestehenden Handel ein, indem man Anträge auf Sortimentserweiterung wie Neuanträge behandelt und dabei erst die Bedürfnisfrage insgesamt prüft. Anträge auf Großhandelsgenehmigung und für Handelsvertretungen werden nur vom Rat des Bezirkes bearbeitet und haben in den seltensten Fällen Aussicht auf Erfolg. Im Bereich des Kreises Suhl habe ich auf diesem Gebiet keinen positiven Fall während meiner Tätigkeit kennengelernt. Der technische Fachhandel (die einzige Handelsbranche, bei der sich noch Großhandel und Einzelhandel in einer Hand befinden), der schon erheblich reduziert ist (im Kreis Suhl bestehen noch 5 Geschäfte dieser Art), ist inzwischen auch restlos am Ende. Er wurde durch die DHZ-Maschinen- und Fahrzeugbau beliefert, d. h. er bezog direkt von den entsprechenden VE-Betrieben, mußte aber an die DHZ eine Handelsspanne von meist 10% abgeben. Inzwischen wurden seitens der DHZ alle diese Verträge gekündigt mit dem Hinweis, sie wäre inzwischen selbst in der Lage, diese Versorgung durchzuführen. Diese Geschäfte sollten sich auf solche Handelsgeschäfte legen, bei denen der staatliche Großhandel nicht voll in der Lage ist, die Bedürfnisse der Abnehmer zu befriedigen. So sind Methoden und Begründungen wechselhaft zur Erreichung des Zieles: Endgültige Vernichtung jeglichen Privathandels. gez. Erich Röder * Trotz zunehmender Verschlechterung der Wirtschaftslage ändert das Regime doch nichts an der ideologischen Vormachtstellung der parteipolitischen Doktrin. Aus dieser Situation heraus wird es verständlich, wenn Wirtschafts- und Verwaltungsfunktionäre unter dem Zwang der Verantwortlichkeit Maßnahmen ergreifen, die wirtschaftlich gesehen zwar Unsinn darstellen, politisch als Methode des Klassenkampfes dennoch Anerkennung ihrer Partei finden, nach normalen Rechtsbegriffen aber als Willkür und Rechtsmißbrauch anzusehen sind. Die Erscheinungsformen politischer und wirtschaftlicher Willkürakte sind sehr verschieden und wechselhaft. Charakteristisch für alle diese Fälle ist jedoch ein diktatorisches, oft sinnloses Verhalten einerseits und Recht- und Wehrlosigkeit bei den Betroffenen andererseits. Auffallend ist auch hier ein schlagartiges Ansteigen derartiger Willkürfälle nach dem 2. Parteikongreß der SED im Herbst 1952. Ein aus der Sowjetzone geflüchteter Leiter einer HO-Gaststätte gibt am 2. 6.1953 u. a. folgende Feststellung aus seiner Tätigkeit in der Zone zu Protokoll: DOKUMENT 245 Es erscheint Herr Karl Winkler, z. Z. Westberlin, und erklärt: Ich wurde zum Pol.Hpt.Wm. Gleichner (Gewerbepolizei) bestellt, wo mir eröffnet wurde, in Rüdersdorf unbedingt eine zweite HO-Gaststätte zu eröffnen. Ich solle den Wunsch äußern, welche Gaststätte unseren Ansprüchen am besten gerecht würde. Als von mir eine genannt wurde, forderte G. von seinem Kollegen einen sofortigen Bericht über die letzte Schlägerei in dieser Gaststätte. (Es hatte natürlich nie eine stattgefunden). Daraufhin sollte die Gaststätte sofort geschlossen werden. Im anderen Falle wurde den Besitzern der Privatgaststätten durch Brief mitgeteilt: „Durch die Vorkommnisse in letzter Zeit in Ihrer Gaststätte sind Sie nicht in der Lage, ordnungsgemäß eine Gaststätte zu führen, 212;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 212 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 212) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 212 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 212)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 1-294).

In Abhängigkeit von den erreichten Kontrollergebnissen, der politisch-operativen Lage und den sich daraus ergebenden veränderten Kontrollzielen sind die Maßnahmepläne zu präzisieren, zu aktualisieren oder neu zu erarbeiten. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader haben durch eine verstärkte persönliche Anleitung und Kontrolle vor allen zu gewährleisten, daß hohe Anforderungen an die Aufträge und Instruktionen an die insgesamt gestellt werden. Es ist vor allem Aufgabe der mittleren leitenden Kader, dafür zu sorgen, daß die Einsatzrichtungen in konkrete personen- und sachgebundene Aufträge und Instruktionen an die vor allem zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers für Staatssicherheit für die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern und tsljUlschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der konsequenten Durchsetzung der politisch-operativen Grundprozesse. Durch eine verantwortungsbewußte und zielgerichtete Führungs- und Leitungstätigkeit, in der diese Kriterien ständige Beachtung finden müssen, werden wesentliche Voraussetzungen zur vorbeugenden Verhinderung von Entweichungen geschaffen. Das Wesen der politisch-operativen Hauptaufgabe der Linie. Die politisch-operative Hauptaufgabe der Linie besteht darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens entsprechenden Untersuchungshaftvollzug durchzuführen. Er hat insbesondere - die sichere Verwahrung, die Unterbringung, die Versorgung und medizinische Betreuung der Verhafteten, die Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaftanstalt beständig vorbeugend zu gewährleisten, sind die notwendigen Festlegungen zu treffen, um zu sichern, daß Wegen staatsfeindlicher Delikte oder schwerer Straftaten der allgemeinen Kriminalität, vor allem gegen die staatliche Ordnung und gegen die Persönlichkeit sein, sowie Verbrechen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung begünstigen.

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