Unrecht als System 1952-1954, Seite 153

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 153 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 153); \ Sekretär und Stellvertr. Ministerpräsident Walter Ulbricht bemängelte dies ganz offen auf einer Besichtigungsreise durch die Insel Rügen. Um diesem „übelstand“ abzuhelfen, ging man nun nicht mehr oder weniger mühsam einzeln gegen jeden Hotelbesitzer vor, sondern es wurde im Februar 1953 schlagartig eine Aktion durchgeführt, die unter der geheimen Bezeichnung „Aktion Rose“ lief. (Vgl. dazu auch Dokumente Nr. 227 bis Nr. 230.) Innerhalb weniger Tage wurde wegen angeblicher Wirtschaftsverbrechen in den bekannten Badeorten an der sowjetzonalen Ostseeküste eine große Anzahl von Hotel- und Fremdenheimbesitzern nach vorangegangener gründlicher Haussuchung verhaftet und dann in die Strafanstalt Bützow-Dreibergen transportiert, wo sie durch eigens dazu eingerichtete Sondergerichte zu Zuchthausstrafen und Vermögenseinziehung verurteilt wurden. Von dieser Aktion wurde auch Wilhelm Hedrich aus Binz (Rügen) betroffen. DOKUMENT 178 Protokoll! Berlin, den 15. 5.1953 Es erscheint heute Herr Wilhelm Hedrich, wohnhaft in Westberlin, und erklärt, zur Wahrheit ermahnt, folgendes: Ich bin seit 1920 Eigentümer des Hotels „Dünenhaus“ in Binz. Am 10.2.1953 morgens gegen 7,00 Uhr erschienen 6 Personen in Zivil, die sich als Angehörige der Kriminalpolizei ausgaben, um bei mir eine Haussuchung wegen verbotenen Waffenbesitzes vorzunehmen. Wie ich aus einem Telefongespräch hörte, hieß der Leiter der gegen mich durchgeführten Aktion Oberkommissar Schneider. Während 2 Mann mein Grundstück von außen bewachten, beteiligten sich die übrigen 4 an der Haussuchung. Nach einer Leibesvisitation, die an mir und meiner Ehefrau vorgenommen wurde, gingen je 2 Mann getrennt mit meiner Ehefrau und mit mir durch die Räume. Die Durchsuchung dauerte ununterbrochen von morgens 7,00 Uhr bis 4,00 Uhr früh des nächsten Tages. Sie wurde nach einer 3-stün-digen Pause, in der wir bei strengster Überwachung in getrennten Räumen schlafen durften, fortgesetzt und dauerte bis abends gegen 23,00 Uhr. Bei der Durchsuchung wurden die auf dem Durchsuchungs- und Beschlagnahmebescheid des Volkspolizeiamts Putbus vom 11. 2.53 aufgeführten Gegenstände gefunden. Bei den unter Ziffer 1 3 aufgeführten Sachen handelte es sich um Medikamente, die ich für mein langjähriges Blasenleiden benötigte. Die unter Ziffer 4 und 5 aufgeführten Büchsen wurden im Kaufmannsladen meiner 12-jährigen Tochter Petra gefunden. Die eine Büchse enthielt 9 ungebrannte Kaffeebohnen, die meine Tochter als Spielzeug benutzte. Die andere Büchse war eine leere Musterbüchse für eine Tasse van Houten-Kakao. Bei den übrigen Sachen handelt es sich um privaten Schriftverkehr mit meinem beim Westberliner Landesfinanzamt tätigen Bruder und um Bezugscheine, die mangels bei der HO und im Konsum vorrätiger Ware nicht hatten eingelöst werden können. Am 12. 2. 53 wurden Protokolle über das Ergebnis der Durchsuchung aufgenommen. Auf meinen mehrfachen Hinweis, daß ich unmittelbar vor einer Blasenoperation stünde, wurde ich dann unter dem Vorwand, einem Arzt vorgestellt zu werden, mit einem Kraftwagen zusammen mit mehreren anderen verhafteten Hotelbesitzern nach Sellin gebracht. Hier erhielten wir ohne vorherige richterliche Vernehmung von der Staatsanwältin Ziegenhagen Haftbefehle wegen des Verdachts eines Wirtschaftsverbrechens. In der Nacht zum 13.2.53 wurde 20 - ' . - ■: / ich zusammen mit den übrigen, etwa 20 verhafteten Hotelbesitzern nach Bergen zum Amtsgericht gebracht, von dort nach etwa 2-stündigem Aufenthalt gefesselt zum Bahnhof Bergen. Von Bergen ging es dann am Nachmittag des 13.2.53 nach Bützow-Dreibergen, wo wir nach vielem Hin- und Herfahren am Abend des 14. 2. eintrafen. Im Zuchthaus Bützow wurde mir am 26. 2. die Anklage nach § 1 Abs. 1 Ziff. 2 der Wtrtschaftsstrafverordnung mit der Ladung zum Termin zum 28.3. vorgelegt. Mein Antrag auf einen Verteidiger wurde nicht beachtet. Am 28. 2. wurde ich nach 2-stündiger Verhandlung vor dem Kreisgericht Bützow zu 1 Jahr Zuchthaus und Vermögenseinziehung nach dem Anträge des Vertreters der Staatsanwaltschaft verurteilt. Während der Hauptverhandlung spielte es eine Rolle, daß ich, wie während der Durchsuchung meines Hotels in den Fremdenbüchern festgestellt worden war, im Jahre 1944 den damaligen Reichsleiter Bohle aufgenommen hatte. Meine Hinweise auf meine Haftunfähigkeit waren bisher nicht beachtet worden. Ein Schreiben meiner Ehefrau an den Staatsanwalt des Kreises Bützow, dem Atteste der Universitätsklinik Greifswald und des Prof. Dr. Gülzow aus Stralsund beigefügt waren, führte dann aber doch zu mehreren Untersuchungen durch Häftlingsärzte. Die letzte entscheidende Untersuchung führte ein dänischer Professor aus Kopenhagen durch, der selbst in Bützow eine 10-jährige Zuchthausstrafe wegen angeblicher Spionage verbüßt. Da ich auch hierin als nicht haftfähig bezeichnet wurde, wurde ich 2 Tage später, am l.April aus der Haft entlassen, um im Krankenhaus Stralsund die notwendige Operation durchführen zu lassen. In Stralsund wurde ich von einem Arzt darauf hingewiesen, daß meine Entlassung nicht endgültig sei und das Krankenhaus angewiesen sei, eine Besserung meines Gesundheitszustandes nach Bützow zu melden. Ich benutzte daher meine Überweisung in das Hedwigkrankenhaus in Ostberlin, mich in Westberlin vor weiteren Maßnahmen in Sicherheit zu bringen. Meine Frau hatte sich einige Zeit vorher gleichfalls nach Westberlin begeben. Die von mir gemachten Angaben entsprechen in vollem Umfange der Wahrheit. Ich bin bereit, diese Angaben jederzeit vor Gericht zu wiederholen. v. g. u. gez. Unterschrift gez. Wilhelm Hedrich DOKUMENT 179 Volkspolizeikreisamt Binz, den 11. 2. 53 P u t b u s a. Rügen Abt. K. E. G. Durchsuchung und Beschlagnahme Auf Anordnung o. a. Dienststelle habe ich als Angehöriger der Abt. KEG in den Wohn-, Geschäfts- und sonstigen Räumen des Hedrich Willi, Hotelbesitzer, geb. am 21. 2. 98, wohnh. Binz auf Rügen, Promenadenstraße 23, ptr., eine Durchsuchung vorgenommen. An der Durchsuchung haben teilgenommen: 1. VP-Oberkommissar Schneider 2. VP (unleserlich) 3. VP (unleserlich) Der Wohnungsinhaber der durchsuchten Räume war zugegen. Als Zeugen wurden hinzugezogen: 153 1. Frl. Elisabeth Klöckner.;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 153 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 153) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 153 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 153)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 1-294).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Positionen herausgebildet, gesellschaftswidrige Verhaltensweisen hervorgerufen oder verstärkt und feindliche Handlungen ausgelöst werden können, um langfristig Jugendliche im Sinne konterrevolutionärer Veränderungen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der angegriffen werden bzw, gegen sie aufgewiegelt wird. Diese ind konkret, detailliert und unverwechselbar zu bezeichnen und zum Gegenstand dee Beweisführungsprozesses zu machen. Im Zusammenhang mit der Aufklärung straftatverdächtiger Handlungen und Vorkommnisse wurden darüber hinaus weitere Personen zugeführt und Befragungen unterzogen. Gegen diese Personen, von denen ein erheblicher Teil unter dem Einfluß der politisch-ideologischen Diversion und verstärkter Eontaktaktivitäten des Gegners standen, unter denen sich oft entscheidend ihre politisch-ideologische Position, Motivation und Entschluß-, fassung zur Antragstellung auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der gestellt hatten und im Zusammenhang mit der darin dokumentierten Zielsetzung Straftaten begingen, Ermittlungsverfahren eingeleitet. ff:; Personen wirkten mit den bereits genannten feindlichen Organisationen und Einrichtungen in der bei der Organisierung der von diesen betriebenen Hetzkampagne zusammen. dieser Personen waren zur Bildung von Gruppen, zur politischen Untergrundtätigkeit, zun organisierten und formierten Auftreten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Positionen herausgebildet, gesellschaftswidrige Verhaltensweisen hervorgerufen oder verstärkt und feindliche Handlungen ausgelöst werden können, um langfristig Jugendliche im Sinne konterrevolutionärer Veränderungen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung ausprägen zu helfen, Einen wichtigen und sehr konkreten Beitrag zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene enthalten. Das Ziel der Vorbeugung auf dieser Ebene besteht darin, die Existenzbedingungen - die Ursachen und Bedingungen - der feindlichnegativen Einstellungen und Handlungen auf der Grundlage der Verordnung zum Schutze der Staatsgrenze der DDR. Entlang der Staatsgrenze der zur besteht das aus dem Schutzstreifen und der Sperrzone.

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