Unrecht als System 1952-1954, Seite 15

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 15 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 15); DOKUMENT 14 Protokoll Erklärung des (Namen und Ortsangaben sind aus Sicherheitsgründen weggelassen). Zwei Wochen vor der „Volksbefragung“ wurde ich von dem Bürgermeister . aufgefordert, mich als Wahlhelfer für die „Volksbefragung“ zur Verfügung zu stellen. Ich habe versucht, die Annahme dieses Auftrages zu verweigern, da ich mir in etwa klar darüber war, daß es sich bei der „Volksbefragung“ wiederum nicht um eine Wahl im wirklichen Sinne handeln dürfte. Schließlich mußte ich den besonderen Umständen Rechnung tragen und meine Zustimmung geben. Als Wahlhelfer eingeladen, wurde mir die Punktion des Schriftführers übertragen. Als solcher habe ich die Namen der zur Abstimmung erschienenen Personen auf den mir vorgelegten Listen abgestrichen. In meinem Stimmlokal waren Wahlkabinen aufgestellt und ich kann sagen, daß die Wahlkabinen fast ausschließlich von allen Stimmberechtigten zur Abgabe der Stimme aufgesucht wurden. Es wurde auch seitens des Wahlvorstehers auf das Vorhandensein der Wahlkabinen ausdrücklich hingewiesen. Bemerken möchte ich noch, daß die Wahlurnen des Nachts in den Wahllokalen verblieben, und zwar unter Bewachung von Funktionären der verschiedenen Parteien. In den Wahllokalen selbst hielten sich ständig SED-Angehörige auf. Personen, die mir als Angehörige des SSD bekannt sind, konnte ich jedoch nicht feststellen. Vor Auszählung der Stimmen wurden die Wahlleiter zu dem Bürgermeister gerufen. Dort waren Funktionäre der SED-Kreisleitung und andere fremde Personen anwesend. Die Unterredung, in der Vorschriften für die Auszählung der Stimmen durchgesprochen wurden, dauerte lange Zeit an und war, soweit ich gehört habe, recht heftig. Der Wahlleiter nahm nunmehr die Auszählung der Stimmen vor. Während er anfänglich die Stimmzettel hochhielt und vorzeigte, nahm er bald davon Abstand und bemerkte jeweils bei dem in die Hand genommenen Stimmzettel von sich aus „Für den Frieden“ oder „Ungültig" und legte selbst die Stimmscheine in drei Gruppen ab. Das Wahllokal war fast ausschließlich angefüllt mit FDJlern und SED-Mitgliedem, die offenbar hinbeordert waren, um anderen Personen wegen Überfüllung des Wahllokals den Zutritt unmöglich zu machen. Nachdem auf diese Weise die Stimmauszählung erfolgt war, begab sich der Wahlleiter mit den nach seinem Belieben für ungültig herausgesuchten Stimmzetteln erneut zu dem Bürgermeister, um alsdann mit dem Ergebnis zurückzukehren, daß nun noch einmal von diesem y3 ohne jeglichen Kommentar zu den Ja-Stimmen hinzugegeben wurde. Während der Abwesenheit des Wahlleiters habe ich persönlich feststellen müssen, daß allein schon zu diesem Zeitpunkt unter den Ja-Stimmen sich mehrere Zweihunderter-Packungen (so waren die Stimmzettel gebündelt) ungültige und keine Stimmen befanden, so daß also die von dem Wahlleiter dem Bürgermeister vorgewiesenen ungültigen Stimmen ohnehin nur einen Bruchteil der tatsächlich abgegebenen ungültigen und Gegenstimmen darstellten. Einen genauen Überblick über das wirkliche Wahlergebnis konnte ich mir als Einzelperson nicht verschaffen. Ein Gedankenaustausch mit den übrigen Wahlhelfern war insofern unmöglich, als während der ganzen Zeit SED-Funktionäre der Kreisleitung und andere fremde Personen, die mit diesen in angekommen waren, vor der Tür auf und ab gingen und unsere Gespräche verfolgten. Aus einer vor- sichtig gemachten Andeutung des zweiten Wahlleiters habe ich entnehmen können, daß seiner Auffassung nach allein y3 der abgegebenen Stimmzettel weiß geblieben oder, und zwar zu einem erheblichen Teil, völlig durchgekreuzt war oder das Kreuz in dem mit „EVG-Vertrag“ bezeichneten Kreis trug bzw. mit Aufschriften, wie „Ihr Lumpen“, „Verräter“, „Verbrecher“, versehen war. Derartige Zettel sind mir auch persönlich zu Gesicht gekommen. Berlin, den 30. Juni 1954 gez.: Unterschrift * Auch bei den am 17. Oktober 1954 neuerlich durchgeführten sogenannten Volkswahlen, von denen nunmehr die „Abgeordneten" der sowjetzonalen Volkskammer und der Bezirkstage ihre Berechtigung ableiten wollen, im Namen der Bevölkerung zu wirken, wurde dem Wähler keine Möglichkeit gegeben, seinen Willen frei zum Ausdruck zu bringen. Wie im Jahre 1950 wurde eine Einheitsliste vorgelegt. In dieser Einheitsliste war zwar auch den Satelliten-Parteien eine bestimmte Anzahl von Kandidaten zugebilligt worden. Es durften von ihnen jedoch nur solche Personen benannt werden, gegen die von der SED keine Einwendungen erhoben wurden. Die Parteileitung der Liberal-Demokratischen Partei hatte sogar ihre Bezirksverbände angewiesen, vor der Nominierung eines Kandidaten die Genehmigung der SED einzuholen. (Siehe Aussage Werner Wurche vom 14. Oktober 1954 Dokument Nr. S8.) Im § 1 des Gesetzes über die Wahlen zur Volkskammer am 17. Oktober 1954 vom 4■ August 1954 GBl. S. 667 und im § 1 des Gesetzes über die Wahlen zu den Bezirkstagen vom gleichen Tage war unter Bezugnahme auf Artikel 51 der sowjetzonalen Verfassung eine geheime Abstimmung ausdrücklich vorgesehen. Weiter bestimmten die §§ 37 bzw. 34 der vorgenannten Gesetze, daß die Wähler das Recht hätten, auf dem Stimmzettel Veränderungen vorzunehmen. In den letzten Tagen vor der sogenannten Wahl wurden jedoch, wie 1950, die Wählvorstände angewiesen, möglichst eine offene Stimmabgabe in ihren Wahllokalen zu erreichen. In den meisten Wahllokalen waren zwar Kabinen auf gestellt. Diese mußten jedoch so auf gebaut sein, daß sie von den Wählern nur sehr umständlich erreicht werden konnten. Jeder, der eine Wahlkabine aufsuchen wollte, war also gezwungen, sich möglichst auffällig zu machen, so daß er fürchten mußte, von den anwesenden Funktionären notiert zu werden. Außerdem durften in den Wahlkabinen keine Bleistifte ausgelegt werden. Obwohl auf den Stimmzetteln überhaupt keine Möglichkeit vorgesehen war, durch ein Zeichen den Willen des Wählers auszudrücken, die aufgestellte Kandidatenliste also offiziell gar nicht abgelehnt werden konnte, fürchteten die Machthaber ein Votum der Bevölkerung. Deshalb erhielten die Mitglieder der Wählvorstände weiter die Weisung, um das Aufsuchen der Kabinen zu verhindern, bei der Übergabe der Stimmzettel die Wähler darauf hinzuweisen, daß jeder, der für die Kandidatenliste sei, die Stimmzettel falten und unmittelbar in die Wahlurne werfen könne. Nur derjenige, der gegen die Liatesei, möge in die Wahlkabine gehen. Allen diesen Unterdrückungsmaßnähmen zum Trotz ist auch bei dieser sogenannten Wahl ein verhältnismäßig großer Teil der Bevölkerung in die Wahlkabinen gegangen. Die Stimmzettel wurden mit Bleistiften, die sich die betreffenden Wähler selbst mitgebracht hatten, durchkreuzt, durchstrichen, mit „Nein“ beschriftet oder sonstwie ungültig gemacht. Um die gewünschte hohe Prozentzahl zu erreichen, waren die Machthaber deshalb ge- 15;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 15 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 15) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 15 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 15)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 1-294).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben; die Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anwendung des sozialistischen Rechts; Anforderungen an die weitere Qualifizierung der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren und der Klärung von Vorkommnissen verschiedenen Bereichen der bewaffneten Organe festgestellten begünstigenden Bedingungen Mängel und Mißstände wurden in Zusammenarbeit mit der und im Zusammenwirken mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen begangene Straftaten kurzfristig aufzuklären und die Verantwortlichen ohne Ansehen der Person zu ermitteln. Dazu bedarf es der weiteren Qualifizierung der Untersuchung gosell-schaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher von bis unter Jahren Eingeordnet in die Gesamtaufgaben Staatssicherheit zur vorbeugenden Vorhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Bugendlicher sowie spezifischer Verantwortungen der Linie Untersuchung zu deren Durchsetzung. Im Prozeß der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher sowie gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher in der Tätigkeit der Linie Untersuchung und im Zusammenwirken mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen begangene Straftaten kurzfristig aufzuklären und die Verantwortlichen ohne Ansehen der Person zu ermitteln. Dazu bedarf es der weiteren Qualifizierung der Arbeit mit wie sie noch besser als bisher befähigt werden können, die gestellten Aufgaben praxiswirksamer durchzusetzen. Mir geht es weiter darum, sich in der Arbeit mit übertragenen Aufgaben Lind Verantwortung insbesondere zur Prüfung der - Eignung der Kandidaten sowie. lärung kader- und sicherheitspolitischer und ande r-K-z- beachtender Probleme haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Abteilung zu geben; die Wach- und Sicherungsposten erhalten keine Schlüssel, die das Öffnen von Verwahrräumen oder Ausgängen im Verwahrhaus ermö glichen.

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