Unrecht als System 1952-1954, Seite 147

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 147 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 147); SPOT Gegen den Pfarrer Edgar Mitzenheim wurde ein Strafverfahren durchgeführt, weil dieser von dem in der Verfassung garantierten Recht der freien Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hatte. Dieses Strafverfahren stellt aber zum Teil auch schon eine Glaubensverfolgung dar. Man sah in dem angeklagten Pfarrer nicht nur einen freiheitlich gesinnten Menschen, sondern man wollte mit ihm den Amtsträger der Kirche und seinen Bruder, den thüringischen Landesbischof, treffen. DOKUMENT 170 Es erscheint Herr Rechtsanwalt Heinz Reuter, Berlin-Charlottenburg, Reichsstr. 8, lind erklärt: Im Juli 1953 fand der Strafprozeß gegen den Oberpfarrer Edgar Mitzenheim, Eckolstädt b. Apolda, statt. Angeklagt waren er und wohl noch 4 andere Bewohner des Ortes. Tatbestand: Mitzenheim, etwa 61 Jahre, ist Bruder des Landee-bischofs Moritz Mitzenheim, Eisenach. Er ist seit Jahrzehnten in Eckolstädt und hat, weil er sich rege am Gemeindeleben beteiligt, großen Einfluß im Orte. Nach dem 10.6.53 bewirkte er zusammen mit dem Vorsitzenden der BHG die Einberufung einer Einwohnerversammlung, die unter größtem Jubel aller eine Resolution annahm, die Mitzenhedm im wesentlichen entworfen hatte. Abgesehen von einer Reihe örtlicher Belange wurde in dieser Resolution der Rücktritt der Regierung gefordert. Hinsichtlich einiger örtlich mißliebiger Funktionäre wurde deren Entfernung aus dem Orte verlangt, zugleich aber darauf hingewiesen, daß man diesen gegenüber sich von allen Gewalttätigkeiten femhalten solle. Diese Resolution wurde den Kreisbehörden und Zeitungen zugeleitet. Außerdem fuhr eine Delegation, der Mitzenheim angehörte, nach Berlin und brachte im Landwirtschaftsministerium dem Vertreter des Ministers die Wünsche zur Kenntnis. Die Delegation begab sich dann in den Westsektor, um Bauern, die aus der Gegend geflohen waren, im Lager aufzusuchen und sie zu veranlassen, wieder zurückzukehren. Bei dieser Gelegenheit wurde Mitzenheim von Westberliner Polizei festgenommen. In Tempelhof erklärte er auf der Polizei, sie ständen im Osten im Kampf gegen ein Regime, das sie haßten. Das hat er später auch im Verfahren zugegeben. Am Abend des 16. 6. kam die Delegation nach Eckolstädt zurück. Am 17.6. hatte Mitzenheim im Filialdorf zu tun. In seiner Abwesenheit entstanden Unruhen. Das FDJ-Heim wurde u. a. gestürmt und Akten verbrannt. Personen kamen nicht zu Schaden. In der Nacht wurde der Pfarrer verhaftet. Darüber war im Dorfe große Aufregung. In den Morgenstunden wurde Kriminalpolizei, die in den Ort kam, angegriffen. Ein SSD-Spitzel entging nur durch seine Kaltblütigkeit dem Erhängtwerden. Wegen all dieser Vorfälle wurde der Prozeß durchgeführt. Obwohl Mitzenheim nachweisbar immer zu Ruhe und Frieden aufgefordert hatte, wurde ihm die Schuld für die Unruhen, die in seiner Abwesenheit bzw. nach seiner Verhaftung gewesen waren, in die Schuhe geschoben. Seine Mahnung, Frieden, Ruhe und Ordnung zu halten, wurde als besonders raffiniert getarnte Aufforderung zu Unruhen ausgelegt. Vorsitzender war der auch aus anderen Angelegenheiten berüchtigt gewordene Oberrichter Spränger" aus Gera, ein früherer Schneidergeselle, der vorher im thüringischen Justizministerium tätig gewesen war. Obwohl er nicht zuständig war, war er für diesen Prozeß extra ausgewählt. Die Staatsanwaltschaft wurde von Frau Grevenrath vertreten und einem Berliner Staatsanwalt. Das Urteil strotzte von tatsächlichen Unrichtigkeiten. Obwohl sie z. T. durch Urkunden nachgewiesen werden konnten (es handelte sich besonders hier um eine Vorstrafe wegen Wehrkraftzersetzung während der Nazizeit), wurde die Berufung formularmäßig als offensichtlich imbegründet verworfen. Mitzenheim wurde zu 7 Jahren Zuchthaus verurteilt. Mir war vor Beginn des Prozesses ausdrücklich erklärt, es handele sich hierbei nicht etwa um einen Kampf gegen die Kirche. Auch solle der Prozeß nicht einen indirekten Angriff gegen den Landesbischof darstellen. Bezeichnend ist aber, daß in den gleichen Tagen ein Prozeß gegen den Superintendenten von Bad Tennstedt stattgefunden hatte, der die Demonstranten das Niederländische Dankgebet und das Deutschlandlied hatte singen lassen. Er wurde unmittelbar nach seinem Prozeß auf freien Fuß gesetzt. Ich folgere daraus, insbesondere aber auch aus der hohen Bestrafung und aus der Verdrehung der Tatbestände (Verantwortlichmachen für Vorfälle, bei denen die Verantwortung nicht gegeben ist), daß man den Landesbischof Mitzenheim in seinem Bruder treffen wollte. Der Hauptgrund hierfür liegt meiner Ansicht nach darin, daß der Landesbischof bei den Besprechungen der evangelischen Bischöfe mit der Regierung der DDR hauptsächlichster Wortführer gewesen ist und sich am klarsten von allen für die Rechte der Gemeinden und der Jungen Gemeinde eingesetzt hat. Berlin, den 5.7.1954 gez. Unterschrift. gez. Reuter. * Schon in der Rundverfügung Nr. 125/51 (Vergl. „Unrecht als System“ Band I, S. 34) hatte der sowjetzonale Justizminister behauptet, daß es keine politischen Häftlinge in der Sowjetzone gäbe und daß niemand wegen seiner Gesinnung inhaftiert werde. Diese Behauptung wird, so unwahrscheinlich dies nach den vorstehenden Dokumenten dem objektiven Betrachter auch erscheinen mag, heute noch aufrechterhalten, wie sich aus einer Anklageschrift einer sowjetzonalen Staatsanwaltschaft ersehen läßt. DOKUMENT 171 Der Staatsanwalt des Bezirks Abt. I Anklage vor dem I. Strafsenat des Bezirksgerichtes Wesentliches Ermittlungsergebnis: Die Forderung auf Freilassung politischer Gefangener verstößt gegen die KR.-Dir. Jeder Mensch guten Willens in der DDR weiß, und kann sich täglich auch überzeugen, daß es keine politischen Gefangenen in der DDR gibt. I. A. gez. Unterschrift (Staatsanwalt) )9* 147;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 147 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 147) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 147 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 147)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 1-294).

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