Unrecht als System 1952-1954, Seite 103

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 103 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 103); bemüht sein müßten, andere zu belasten, um sich selbst zu entlasten. Im Anhang daran gebrauchte er wörtlich und sinngemäß folgende Äußerungen: „Die Zeugenaussagen der Döhrer waren früher nicht da, plötzlich sind sie da und niemand weiß, woher sie gekommen sind. Es handelt sich hier um gestellte Zeugen seitens der Staatsanwaltschaft.“ Juhnke sagte dann weiter; „man hätte das geschickter anfangen müssen, oder es hätte müssen geschickter angefangen werden“. Bei dieser Äußerung des Angeklagten unterbrach der Vorsitzer der Strafkammer, der Kreisrichter Eden, den Angeklagten und wies ihn auf das Ungehörige dieser Äußerung hin. Der Angeklagte berichtigte sich daraufhin in der Form, daß er erklärte, er hätte damit keinesfalls die Staatsanwaltschaft oder das Gericht, sondern nur die Zeugen Döhrer gemeint, wenn er den Ausdruck „geschickt“ erwähnt habe. Im weiteren Verlauf des Plädoyers beantragte der Angeklagte Freispruch für das Ehepaar Erxleben, weil der Tatbestand der Anklage ein Verbrechen aus § 1 der WSt.Vo. nicht erfüllt sei. Er wies in diesem Zusammenhang noch darauf hin, daß die Angeklagten sich nach den §§ 4 oder 5 der Wirtschaftsordnung evtl, zu bestrafen wären. Auf diese Ausführungen des Angeklagten erwiderte der Kreisstaatsanwalt, daß der Antrag auf Freispruch aus § 1 der WSt.Vo. lächerlich sei, weil die bezogenen Mengen von bewirtschafteten Erzeugnissen durch das Ehepaar Erxleben geeignet waren, die Wirtschaftsplanung zu gefährden. Bei der Betrachtung im Zusammenhang erkennt man durchaus die Absicht des Angeklagten, daß seine Ausführungen sich nur auf die Staatsanwaltschaft bzw. auf die Beweisführung durch die Stellung der Zeugen Döhrer beziehen konnten. Wenn sie sich nach dieser Feststellung auf die Art der Beweisführung beziehen, so ist durch den Angeklagten tatsächlich ausgedrückt, daß eben die beweisführende Stelle, nämlich die Staatsanwaltschaft, sich hätte geschickter benehmen müssen. Dazu kommt noch die Bekundung des Zeugen Steinhäuser, daß die besagten Äußerungen des Angeklagten in ironischem Ton erfolgt seien. Von dem Angeklagten waren 10 Zeugen benannt, die im Prozeß Erxleben als Zuhörer anwesend waren. Zwei von ihnen hatten sich durch Krankheit entschuldigt. Die restlichen acht hatten alle den Zwischenfall der Hauptverhandlung nicht mehr richtig in Erinnerung. Es handelt sich dabei um Zeugen, welche in der Mehrzahl dem Gewerbestand angehören und am gesellschaftlichen Leben desinteressiert sind. Auch waren diese Zeugen zum Teil mit Erxleben befreundet, der Zeuge Jacob sogar mit diesem verwandt. Diese Zeugen haben in der Mehrzahl in der Äußerung des Angeklagten nichts anstößiges gefunden. Die Zeugin Dittmar bezeichnete diese Ausführungen als korrekt. Bei der Wertung dieser Zeugenaussagen ist ein Vergleich dieser sogenannten unvoreingenommenen Zeugen mit der „Neutralität“ der Justiz aus der Weimarer Zeit zu ziehen. Damals konnte der Reichspräsident Ebert ohne weiteres beleidigt werden, ohne daß sich ein Gericht gefunden hätte, welches den Beleidiger bestrafte, weil man auch der Auffassung war, daß die subjektiven Voraussetzungen fehlen. Dieser Objektivismus der damaligen Justiz und die Gleichgültigkeit der Mehrheit des Deutschen Volkes führte dann zum Faschismus. Heute würde diese Gefahr wieder bestehen, wenn die Mehrheit des Volkes der Auffassung der Entlastungszeugen des Angeklagten Juhnke wären. Die Mehrheit unseres Volkes wird aber von unseren Werktätigen verkörpert, deren wirkliche Vertreter eben die von der Anklage genannten Zeugen sind. Bei der Wertung der Aussagen der von der Staatsanwaltschaft benannten Zeugen ist die Kammer auch davon ausgegangen, daß die Zeugen Tietz und Eden als unmittelbar an dem Geschehen interessierte Zeugen zu betrachten sind. Damit ist nicht ihre Glaubwürdigkeit in Frage gestellt, sondern nur gesagt, daß sie im gewissen Sinne als Partei anzusehen sind. Ihre Aussagen decken sich aber grundsätzlich mit den Bekundungen der anderen Zeugen, so daß auch bezüglich der Wertung der Aussagen der Zeugen Tietz und Eden keine Bedenken bestehen. Die Zeugen Simon, Steinhäuser, Kämpfe, Schumann und Kunze sind alle im öffentlichen Leben tätig. Sie haben das richtige Empfinden, daß die Äußerungen des Angeklagten im Prozeß Erxleben eine Herabwürdigung von Staatseinrichtungen darstellt. Der Zeuge Schumann erklärte, daß bei der Äußerung des Angeklagten ein Teil der Zuhörer lachte. Diese Wahrnehmung bestätigt auch der Zeuge Steinhäuser, der noch sagte, daß er der Meinung war, daß das Gericht und die Staatsanwaltschaft bloßgestellt werden sollte. Die Zeugin Deicke, die als Protokollführerin im Prozeß Erxleben tätig war, konnte sich im besonderen an Einzelheiten des Zwischenfalls nicht erinnern. Dieser Umstand erklärt sich jedoch daraus, daß die Zeugin Deicke während des Plädoyers mit der Vervollständigung des Protokolls, welches sie in Kurzschrift niedergelegt hatte, beschäftigt war. Was die sogenannte subjektive Seite der Strafbarkeit des Angeklagten Juhnke anlangt, so ist bereits zum Ausdruck gekommen, daß man an den Angeklagten in seiner Stellung als Rechtsanwalt und Funktionär einer Blockpartei höhere Ansprüche hinsichtlich der strafrechtlichen Verantwortung stellen muß. Dabei mußte der Angeklagte gerade nach seiner Erfahrung hinsichtlich der vorausgegangenen Ermahnungen durch das Justizministerium die Wirkungen seiner Ausführungen im Prozeß Erxleben kennen. Der Angeklagte hat sie auch gekannt. Das ergibt sich aus der Tatsache, daß sich selbst die sogenannten neutralen Zuhörer des Umstandes bewußt waren, daß die Staatsanwaltschaft lächerlich gemacht wurde. Ein anderer Grund für das Lachen im Publikum ist dafür nicht ersichtlich. Was die nachträgliche Richtigstellung, was der Angeklagte bezeichnet, anbelangt, so schließt die Richtigstellung die Strafbarkeit des Angeklagten nicht aus. Es ist ja eine Selbstverständlichkeit, daß de. Angeklagte nach der Unterbrechung durch den Vorsitzenden bemüht sein mußte, den Eindruck seiner Ausführungen abzu-schwächen bzw. zu verwischen. Der Angeklagte war daher gemäß §§ 131, 185, 187 und 73 des StGB zu bestrafen, weil er wider besseres Wissen in Beziehung auf die Staatsanwaltschaft diese verächtlich gemacht und gleichzeitig damit diese Staatseinrichtung ebenfalls verächtlich machte. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte eine Gefängnisstrafe von li/2 Jahren und als Nebenstrafe auf § 42 e StGB ein Berufsverbot von 5 Jahren beantragt. Im Hinblick auf die besondere strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten ist die Kammer dem Antrag hinsichtlich der auszuwerfenden Gefängnisstrafe gefolgt. Was das Verbot der Berufsausübung anbelangt, so ist die Kammer der Ansicht, daß diese Maßnahme nicht erforderlich erscheint, weil es ausgeschlossen ist, daß der Angeklagte jemals wieder als Rechtsanwalt und Notar zugelassen werden kann. Die Anrechnung der verbüßten Untersuchungshaft ergibt sich aus § 219 Abs. 2 StPO. Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 353 StPO, gez. Pschierer gez. Hauck gez. Böhm DOKUMENT 125 Berlin, den 5. 4.1954 Es erscheint Herr Rechtsanwalt Dr. Erich C r u s i u s aus Dresden, z. Z. wohnhaft in Westberlin, und erklärt: Bis zu meiner Flucht am 17.2.54 war ich Rechtsanwalt in Dresden. Ich befaßte mich in erster Linie mit Strafverteidigungen. 103;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 103 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 103) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955, Seite 103 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 103)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅱ 1952-1954, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1955 (Unr. Syst. 1952-1954, S. 1-294).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Untersuchungshaftanstalt bereits vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit - Richtlinie des Ministers für Staatssicherheit zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit über das politisch-operative Zusammenwirken der Diensteinheiten Staatssicherheit mit der und den anderen territorial und objektmäßig zuständigen operativen Diensteinheiten für die abgestimmte und koordinierte vorbeugende Bekämpfung und die Sicherung operativer Interessen, die Anwendung des sozialistischen Rechts -insbesondere des Straf- und Strafverfahrensrechts - mit dazu beizutragen, daß das Rocht stets dem Entwicklungsstand der sozialistischen Gesellschait, insbesondere den Erfordernissen der vorbeugenden Verhinderung und der offensiven Abwehr feindlicher Aktivitäten durch die sozialistischen Schutz- und Sicherheitsorgane. Latenz feindlicher Tätigkeit politisch-operativen Sprachgebrauch Bezeichnung für die Gesamtheit der beabsichtigten, geplanten und begangenen Staatsverbrechen, politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität durch die zuständige Diensteinheit Staatssicherheit erforderlichenfalls übernommen werden. Das erfordert auf der Grundlage dienstlicher Bestimmungen ein entsprechendes Zusammenwirken mit den Diensteinheiten der Linie und im Zusammenwirken mit den verantwortlichen Kräften der Deutschen Volkspolizei -und der Zollverwaltung der DDR; qualifizierte politisch-operative Abwehrarbeit in Einrichtungen auf den Transitwegen zur Klärung der Frage Wer sätzlichen aus der Richtlinie und nossen Minister. ist wer? ergeben sich im grund-er Dienstanweisung des Ge-. Diese Aufgabenstellungen, bezogen auf die Klärung der Frage Wer ist er? gestiegen ist. Das ergibt sich vor allem daraus, daß dieseshöhere Ergebnis bei einem um geringeren Vorgangsanfall erzielt werden konnte.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X