Unrecht als System 1950-1952, Seite 81

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 81 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 81); Besuch meiner schwer erkrankten Tochter in Berlin war. Als ich zurück kam, wurde mir der Sachverhalt, wie eben geschildert, von dem Personal des Amtsgerichts erklärt. Da auch ein mir bekannter Arzt, der mit dem, Beschuldigten und dessen Frau in persönlichen Beziehungen stand, mich über das, was in Potsdam gegen mich veranlaßt werden sollte, ins Bild setzte, zog ich es vor,' um einer Verhaftung zu entgehen, die Zone zu verlassen. Der Beschuldigte selbst hatte, als er merkte, daß seine Wiederverhaftung bevorstand-, die Zone ebenfalls verlassen. Das hatte die Wut der Vertreter der LKK natürlich wesentlich gesteigert. Es war für jeden rechtlich Denkenden bei dieser Sachlage ohne weiteres klar, daß es der LKK nur darauf ankam, ein Mittel zu finden, um den im Aufblühen befindlichen Betrieb, der 75 Leute beschäftigte, in die Hand zu bekommen. gez. Richard Reinidee Erklärung Perscheid DOKUMENT NR. 85 Im Mai 1950 wurde ich zum Sachbearbeiter in dem Untersuchungsverfahren gegen den damaligen thüringischen Finanzminister Moog bestellt. Es sollte auf Veranlassung der Zentralen Kontrollkommission eine Anklage gegen Moog erhoben werden, um Moog, der Mitglied der LDP war, zu vernichten. Ich hatte zu diesem Zwecke wiederholt Besprechungen Jmit dem Vorsitzenden der ZKK Fritz Lange. Gelegentlich einer dieser Besprechungen rügte Lange meinen Anklageentwurf als nicht genügend marxistisch-leninistisch formuliert und erklärte mir: „Der Richter, der nicht so spurt, wie wir es haben wollen, den lasse ich durch die Staatssicherheit öffentlich im Gerichtssaal verhaften!" Der mitanwesende Dr. Masius, der Justitiar der ZKK war, erklärte mir in diesem Zusammenhang: „Der Prozeß wird geführt von der ZKK, das, was wir dem Staatsanwalt hinten heineinpusten, muß er vom herausflöten, er ist unser Sprachrohr!" Groß-Flöthe, den 11. Juni 1952 gez. Perscheid Erklärung Matthes DOKUMENT NR. 86 Im Frühjahr 1950 bin ich mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Oberstaatsanwalts bei dem Landgericht Potsdam beauftragt worden. Zu dieser Zeit war bei der Staatsanwaltschaft Potsdam ein Verfahren gegen den Bankier Hechler aus Potsdam anhängig. Diesem wurden Wirtschaftsverbrechen zur Last gelegt, weil er sich u. a. der Hortung größerer Mengen Ascorbinsäure aus spekulativen Gründen schuldig gemacht haben sollte. An diesem Verfahren war insbesondere die Landesleitung Potsdam der SED stark interessiert, weil es der Partei darum ging, wieder -einen „Kapitalisten" zu vernichten. Die Hauptverhandlung, die auf den 27. 4. 1950 anberaumt war, fand vor erweiterter Öffentlichkeit in einem großen Saale statt. Von seiten der SED und anderen interessierten Kreisen war bereits vor dem Termin dahin gewirkt worden, daß Hechler zu lebenslangem Zuchthaus und Vermögenseinziehung verurteilt werden sollte. Um den Schauprozeß eindrucksvoll durchführen zu lassen und die gewünschte Verurteilung des Hechler durchzusetzen, berief das Mitglied der Landesleitung der SED Referat Justiz , Erich Frick, am Vorabend des Termins, den 26. 4. 1950 eine Konferenz ein, die im Dienstzimmer des Oberstaatsanwalts in Potsdam stattfand. An dieser Konferenz nahmen der Vorsitzende der großen Strafkammer Wohlgetan und die beisitzende Richterin Mo-rawietz sowie die Staatsanwälte Ostrowski und Wendt, letzterer als Vertreter des Generalstaatsanwalts des Landes Brandenburg, teil. Außerdem waren zu der Besprechung der Leiter der Richterschule in Babelsberg, Schmidt, sowie der als Sachverständiger fungierende Dr. med. Herrmann vom Landesgesundheitsamt Potsdam und die Nebenkläger des Wirtschaftsministeriums Potsdam erschienen. Die Anwesenden waren von vornherein einmütig der Ansicht, daß die von dem Vertreter der SED Frick geforderte Strafe für Hechler durchaus angemessen wäre. Gegenstand der Besprechung bildete weiterhin die Festlegung der Durchführung der Hauptverhandlung in allen Einzelheiten, um irgendwelche „Pannen" von vornherein auszuschließen. Aus diesem Grunde wurde auch besprochen, welche Fragen an den Angeklagten Hechler zu stellen wären und wie die Staatsanwälte und der Sachverständige bzw. Nebenkläger auf die vermuteten Antworten zu reagieren hätten. Somit ergab sich, daß der Prozeß gegen Hechler am 27. 4. 1950 genau nach Wunsch und Weisung der SED durchgeführt wurde und die Hauptverhandlung nur eine Farce war, weil das Urteil bereits schon gesnrochen war, bevor der Angeklagte überhaupt zu Wort gekommen war. Die vorstehenden Angaben mache ich aus eigener Wahrnehmung, denn ich war im Konferenzzimmer anwesend, weil ich während der Besprechung dort meine Dienstgeschäfte erledigte. Berlin-Zehlendorf-West, den 23. 5.1952. Limastraße 29. gez. Dr. Hans-Joachim Matthes. Erklärung Bohlmann DOKUMENT NR. 87 Als Verteidiger des Oberschülers Hermann Josef Flade, geb. am 22. 5. 1932, gebe ich folgende Erklärung ab: Nachdem der zunächst als Verteidiger des angeklagten Flade bestellte Rechtsanwalt Hemmann, Dresden, durch einen Unfall die Verteidigung nicht weiterführen konnte, wurde ich fernmündlich am 8. Januar 1951, also 2 Tage vor dem Termin zur Hauptverhandlung, zum Verteidiger bestellt. Mein Einwand, die Ladungsfrist sei nicht ge- wahrt, ich könnte mich infolge der Kürze der Zeit absolut nicht vorbereiten, wurde mit dem Hinweis zurückgewiesen, eine Verlegung des Termins sei unmöglich, da die Hauptverhandlung im Tatort Olbernhau vor erweiterter Öffentlichkeit stattfinde und hierzu alle Vorbereitungen bereits getroffen seien. Den angeklagten Flade selbst habe ich erst am Verhandlungstage früh um 7 Uhr in Gegenwart von 2 Angehörigen der Volkspolizei sprechen können. Da die Zeit drängte, die Verhandlung sollte um 9 Uhr beginnen, dauerte diese Unterredung nur etwa V2 Stunde., Die Gerichtsakten konnte ich nicht einsehen. Die Hauptverhandlung war ein Schauprozeß erster Ordnung. Sie fand im größten Saal der Stadt Olbemhau unter Einschaltung des Rundfunks in und außerhalb des Saales statt. Das Urteil ist bekannt. Aus einer späteren Äußerung des Leiters des SSD, Herrn Gutsche, weiß ich, daß er das auf Todesstrafe ergangene Urteil befohlen hat. Dies erfuhr ich am 27. 1. 1951. An diesem Tage befahl mich Herr Gutsche in seine Dienststelle und eröffnte mir, er habe die politischen Folgen eines Todesurteils gegen Flade nicht gebührend berücksichtigt, er könne deshalb ein solches Urteil nicht mehr halten und habe mit dem Vorsitzenden des Revisionssenats, Herrn Pogorschelsky, Termin zur Verhandlung über die von mir eingelegte Revision bereits auf Montag, den 29. Januar 1951, anberaumt. Auf meinen Einwand, die Ladungsfrist sei wiederum nicht gewahrt, auch sei die Revisionsbegründung noch nicht eingereicht, sagte er, er müsse das abgeänderte Urteil bereits am Dienstag, dem 30. Jan. 51, in Berlin dem Volkskammerpräsidenten vorlegen, ich müsse die Revisionsbegründung bis Sonntag 16 Uhr fertig haben, er lasse sie abholen und sodann zu Herrn Pogorschelsky bringen. Mir lag daran, die jetzige Ansicht des Herrn Gutsche über das neue Strafmaß zu erfahren. Aus diesem Grunde brachte ich das Gespräch auf diese Frage. Herr Gutsche meinte, eine lebenslängliche Freiheitsstrafe käme auch nicht in Frage, da sie einem, Todesurteil gleichstehe, bliebe also nur das Höchstmaß derzeitigen Zuchthausstrafe übrig. Meinen Protest gegen dieses neue Strafmaß beantwortete Herr Gutsche erregt mit den Worten, dann könne er den Dienst quittieren. Die Revisionsverhandlung fand dann unter den vorgesehenen Umständen am 29. Januar 1951 statt. Das Revisionsurteil lautete tatsächlich auf 15 Jahre Zuchthaus. Dies ist ein Beweis dafür, daß auch dieses Urteil von Herrn Gutsche dirigiert worden ist. Mein Antrag an den Generalstaatsanwalt der DDR, eine Kassation des Urteils der Revisionsinstanz herbeizuführen, ist durch Bescheid vom 12.4.51 mit dem Bemerken zurückgewiesen worden, es liege hierzu keine Veranlassung vor. Berlin, den 5. April 1952 Uhlandstraße 142. gez. Dr. Johannes Bohlmann. 81;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 81 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 81) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 81 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 81)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet [SBZ, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 1-240).

Durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung hat sicherzustellen, daß die Angehörigen zielgerichtet und wirksam zur Erfüllung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes eingesetzt werden. Er veranlaßt die Organisation und Planung des Wach- und Sicherungsdienstes der Abteilung Dem Wachschichtleiter sind die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes unterstellt. Er ist dem Vorführer gegenüber weisungs- und kontrollberechtigt. Der Wachschichtleiter leitet die Dienstdurchführung auf der Grundlage von Befehlen und Weisungen. Er übt die Disziplinarbefugnis auf der Basis der Disziplinarvor-schrift Staatssicherheit als Referatsleiter aus. Im Rahmen der politisch-operativen Aufgabenerfüllung beim Vollzug der Untersuchungshaft sowie in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verantwortlich. Dazu haben sie insbesondere zu gewährleisten: die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen bei der Aufnahme von Personen in die Untersuchungshaftanstalt zun Zwecke der Besuchsdurchführung mit Verhafteten. der gesamte Personen- und Fahrzeugverkehr am Objekt der Unter-suchungsiiaftanstalt auf Grund der Infrastruktur des Territoriums sind auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den humanistischen Werten der sozialistischen Gesellschaft und den gesetzlichen Bestimmungen zu verwirklichen. Aber nicht nur der Inhalt der Argumentation, sondern auch die Art und Weise der Begehung der Straftat-, Ihre Ursachen und Bedingungen, den entstandenen Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und die Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des erhöhten Vorgangsanfalls, noch konsequenter angestrebt werden.

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