Unrecht als System 1950-1952, Seite 76

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 76 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 76); Sachen getroffen haben, obwohl die Rundverfügung Nr. 793 grundsätzliche Hinweise für die Behandlung von Haftsachen bei Wirtschaftsstraftaten gegeben hat. So sah sich das Ministerium gezwungen, einen Amtsrichter in Leipzig wegen schwerer Dienstpflichtverletzung fristlos zu entlassen. Er hatte den Haftbefehl gegen einen Wirtschaftsverbrecher kurz vor der Hauptverhandlung aufgehoben, obwohl er aus den Umständen erkennen mußte, daß sogar ein Verbrechen nach Befehl 160 der SMA in Betracht kam. Der Angeklagte entzog sich der Aburteilung durch die Flucht. Ein Richter des Amtsgerichts Meißen entließ einen Rohproduktenhändler aus der Haft, der mehrere Tonnen Buntmetall nicht gemeldet hatte, obwohl die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen waren und der dringende Tatverdacht eines vorsätzlichen Verbrechens nach § 1 der Wirtschaftsstrafverordnung bestand. Der Beschuldigte hat sich der Verantwortung durch die Flucht entzogen. Eine Richterin des Amtsgerichts Dresden hob ohne ausreichende Aktenkenntnis den Haftbefehl gegen einen Wirtschaftsverbrecher auf, der offenbar nach Befehl 160 SM AD Sabotage gegen unsere Wirtschaftsordnung zu verantworten hatte. In der gleichen Sache hatte bereits der den Haftbefehl erlassende Richter diesen fehlerhaft begründet, indem er unter falscher Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo" Fahrlässigkeit des Beschuldigten unterstellte, obwohl die Ermittlungen eine solche Beurteilung noch nicht rechtfertigten. Die Sachbearbeiterin der Staatsanwaltschaft hat in diesem Falle trotz Kenntnis der unbegründeten und auch fehlerhaften Entscheidungen von den der Staatsanwaltschaft .gegebenen Möglichkeiten keinen Gebrauch gemacht. Auch in diesem Falle hat der Beschuldigte flüchten können. Die 2. Strafkammer des Landgerichts Dresden hob einen Haftbefehl gegen einen Wirtschaftsverbrecher auf, obwohl dringender Tatverdacht nach Befehl 160 SMAD vorlag und die zuständige Staatsanwaltschaft sowie die Landeskommission für Staatliche Kontrolle noch wenige Tage vor der Entscheidung durch die Kammer einer Haftentlassung begründet widersprochen hatten. Ein inzwischen entlassener Amtsrichter in Reichenbach i. V. setzte einen Wirtschaftsverbrecher wieder auf freien Fuß und hob die Beschlagnahme seiner Bankkonten auf, obwohl die vorläufige Festnahme und die Beschlagnahme durch die Landeskommission für Staatliche Kontrolle veranlaßt waren, und ohne daß er sich vor seiner Entschließung mit der Landeskommission für Staatliche Kontrolle in Verbindung gesetzt hatte. Diese und ähnliche Fälle zeigen, daß die Richter und Staatsanwälte nicht immer bei der Entscheidung über die Haftvoraussetzungen im Sinne von §112 StPO den heutigen Verhältnissen Rechnung tragen. Durch die Teilung Deutschlands und insbesondere Berlins, ist es viel leichter geworden, sich der Strafvollstreckung durch die Justizbehörden der DDR zu entziehen. Die Fluchtgefahr und damit die Voraussetzung für die Verhängung oder Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft ist deshalb viel eher zu bejahen, als dies in einem ungeteilten Deutschland zu sein brauchte. Alle Wirtschaftsstrafsachen sind zu betrachten als Störungen der Wirtschaftsplanung und der Wirtschaftlichen Neuordnung der DDR. Sie stellen sich dem auf Planerfüllung, Wiederherstellung der der Versorgung gerichteten Anstrengungen aller Werktätigen hemmend entgegen. Nicht entscheidend kann deshalb sein, ob die strafbare Handlung vorsätzlich oder fahrlässig begangen wird. Im Vordergrund muß vielmehr das Bestreben stehen, dafür zu sorgen, daß kein Wirtschaftsverbrecher sich der Aburteilung durch die Flucht zu entziehen Gelegenheit findet. Bei der Prüfung der die Verdunkelungsgefahr rechtfertigenden Tatsache darf nicht übersehen werden, daß der Angeschuldigte oft hoch über größere Geldmittel verfügt, ferner daß er durch Beeinflussung Dritter Belastungsmaterial vernichten lassen kann oder deren Angaben in eine für ihn günstige Beurtei-teilung zu lenken vermag. Dabei darf auch ein Geständnis des Angeschuldigten nicht darüber hinwegtäuschen, daß es möglicherweise nur einen Teil seiner strafbaren Handlungen enthält, um auf diese Weise die Freiheit und damit die Möglichkeit zur Flucht zu erlangen. Es ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft, in jedem Falle die den Haftbefehl begründenden Momente deutlich und umfassend aufzuzeigen. Die gesetzliche Strafbestimmung ist pflichtgemäß in ihren Tatbestandsmerkmalen in dem Antrag aufzunehmen. Es genügt nicht, nur wegen eines Wirtschaftsverbrechens einen Antrag auf Haftbefehl zu stellen. Es genügt auch ein formularmäßiger Antrag mit dem Hinweis auf Fluchtverdacht und Verdunklungsgefahr nicht. Der Richter muß in der Lase sein, eine ausreichende sachliche Nachprüfung der Voraussetzungen für die Verhängung der Untersuchungshaft vornehmen zu können. Handlungen und Entscheidungen, die dem nicht entsprechen, sind grobe Verletzungen der Dienstpflicht und zugleich der Grundsätze der. Verfassung der DDR. Sie müssen vom Ministerium in Ausübung der Dienstaufsicht dementsprechend gewertet werden. gez. Dieckmann Minister der Justiz Ausgefertigt: Dresden den 18. Juli 1950 gez. Rehm. DOKUMENT NR. 78 Landesregierung Brandenburg Minister der Justiz GZ.: 5112/7003 - 2313/48 Potsdam, den 14. Oktober 1948 Saarmunder Straße 23, Haus 6 Rundverfügung Nr. 354/VI (1948) An den Herrn Oberlandesgerichtspräsidenten, „ „ Generalstaatsanwalt des Lan- des Brandenburg, die Herren Landgerichtspräsidenten, „ „ Oberstaatsanwälte bei den Landgerichten, „ „ aufsichtführenden Richter bei den Amtsgerichten, „ „ Leiter der Amtsanwaltschaf- ten bei den Amtsgerichten. Betr. Kontrollkommissionen Anlagen: 2 Abschriften. Anliegend übersende ich Abschrift einer Rundverfügung der Deutschen Justizverwaltung und die Richtlinien über Organisation, Aufgaben und Vollmachten der Kontrollkommissionen zur Kenntnis und Beachtung. Auf die Berichtspflicht, die sich aus dem letzten Absatz des Schreibens der Deutschen Justizverwaltung ergibt, weise ich besonders hin. Ich ersuche, mir diese Berichte in doppelter Ausfertigung zu übersenden. Stargard L. S. Beglaubigt: Hoffmann, Justizsekretärin. Abschrift! Der Chef der Deutschen Justizverwaltung der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland 7003 E III. 1819/48 Berlin, den 22. September 1948 Dorotheenstraße 49/52 Fernsprecher: 42 00 18 Apparat 139 An die Landesregierungen Justizministerium Betrifft: Kontrollkommissionen 1 Anlage. Die Deutsche Wirtschaftskommission hat am 8. September 1948 die beigefügten Richtlinien über die Aufgaben der Zentralen Kontrollkommission bei der Deutschen Wirtschaftskommission, der Landeskontrollkommissionen bei den Landesregierungen und der Kontrollbeauftrag-ten in den Kreisen und kreisfreien Städten erlassen. Dabei ist vor allem auf folgendes hinten erlassen Zu Illb: Alle Organe der Justiz sind verpflichtet, jedem Ersuchen der Kontrollkommissionen mit besonderer Beschleunigung nachzukommen. Die „Mitteilung wirtschaftsschädigender Vorgänge" beschränkt sich vorerst auf solche 76;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 76 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 76) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 76 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 76)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet [SBZ, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 1-240).

Der Leiter der Hauptabteilung hat dafür Sorge zu tragen und die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen, daß die Bearbeitung von Ermittlungsverfahren wegen nachrichtendienstlicher Tätigkeit und die Untersuchung damit im Zusammenhang stehender feindlich-negativer Handlungen, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Anweisung zur einheitlichen Ordnung über das Betreten der Dienstobjekte Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit . Anweisung zur Verstärkung der politisch-operativen Arbeit in den Organen Staatssicherheit - Planungsrichtlinie - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers zur Weiterentwicklung und Qualifizierung der prognostischen Tätigkeit im Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Organisierung, Durchführung und des Besucherverkehrs in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Besucherordnung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes des Sozialismus bekannt sein muß und zu deren Einschätzung, Überprüfung, Sicherung, Nutzung oder Bearbeitung Aktivitäten duroh Staatssicherheit erforderlich sind. Eine ist operativ bedeutsam, wenn sie auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige durch den Untersuchungsführer mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens alle Beweisgegenstände und Aufzeichnungen, die vom Täter zur Straftat benutzt oder durch die Straftat hervorgebracht worden sind, im Rahmen der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit durch wahrheitsgemäße Aussagen zur Straftat als auch eine ausschließlich in Wahrnehmung seines Rechts auf Verteidigung erfolgende Mitwirkung am Strafverfahren, die gegen die Feststellung der objoktLvnWahrhsit gerichtet ist. Das berührt nicht die VerpfLxht des Untersuchungsorgans, daß die Beweismittel selbstverständlich dem Staatsanwalt und dem Haftrichter zur Begründung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens wird dem Beschuldigten der staatliche Schuldvorwurf mitgeteilt. Darauf reagiert der Beschuldigte, Er legt ein ganz konkretes Verhalten an den Tag.

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