Unrecht als System 1950-1952, Seite 69

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 69 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 69); interniert worden. Er hat nach mehrmaligem Lagerwechsel etwa 5 Jahre im KZ Buchenwald zugebracht und hoffte, wie er durch Entlassene seinen Angehörigen ausrichten ließ, im Frühjahr 1950 entlassen zu werden. Statt dessen wurde er in das Zuchthaus Waldheim bei Dresden verbracht und dort, wie er im ersten Brief seit 5 Jahren mitteilte, „nach Direktive Nr. 38 zu 20 Jahren Zuchthaus verurteilt", „weil ich durch meine Tätigkeit als Oberstaatsanwalt die nazistische Gewaltherrschaft unterstützt habe". Er hofft auf Begnadigung. Können wir etwas dazu tun? In den Jahren des Nationalsozialismus pflegte mein Schwager seinen Urlaub bei uns zu verbringen. Aus zahlreichen Unterredungen wissen meine Frau (seine Schwester) und ich genau, wie entsetzt er über die stets wachsende Rechtlosigkeit und die Übergriffe der Gestapo immer war und wie er mit Einsatz seiner ganzen Kraft dagegen angekämpft hat in Gemeinschaft mit seinem damaligen Chef, Generalstaatsanwalt und seinen Kollegen, den Oberstaatsanwälten Seine ganzen Erzählungen in jener Zeit waren erfüllt von solchen Kämpfen, und er war verzweifelt, daß er als Staatsanwalt an die Weisungen seines Ministeriums gebunden und dem Vordringen der Gestapo letzten Endes machtlos war. In die Partei war er mit allen Staatsanwälten gemeinsam übergeführt worden, nicht auf eigenen persönlichen Entschluß beigetreten. Aus seiner ganz geringen Parteibelastung kann seine lange Haft nicht erklärt werden. Für einen Hinweis, ob und wie wir etwas zu seiner Befreiung tun können, wären wir Ihnen außerordentlich dankbar. Sind Ihnen Anschriften früherer Kollegen in der Westzone bekannt, deren Aussagen ihn entlasten könnten? Wahrscheinlich nicht, da ihm eine persönliche Schuld offenbar gar nicht vorgeworfen wird. Mit ausgezeichneter und aufrichtiger Hochachtung * DOKUMENT NR. 64 Sehr geehrte Herren! Durch eine Meldung über Radio Stuttgart erfuhr ich, daß Sie sich mit den Waldheim-Prozessen befassen. Mein Mann ist auch einer der Betroffenen. Seit Oktober 1945 erhielt ich jetzt Ende Juli die erste Nachricht von ihm. Darin schreibt er u. a. folgendes': „Vom Landgericht Chemnitz wurde ich in Waldheim am 9. 5. 50 aufgrund des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 Direktive 38 zu 25 Jahren Zuchthaus, 10 Jahren Sühnemaßnahmen und Einziehung des Vermögens verurteilt, ohne daß man mir jedoch eine Handlung nachgewiesen hätte, die als Verbrechen gewertet werden könnte. In der Urteilsbegründung ist nur die Rede von allgemeinen Redewendungen wie ,aktive Unterstützung der nazistischen Gewaltherrschaft' und dergl." Seit 9.7.50 befindet sich mein Mann nun in Brandenburg (Havel), Anton Laefkow-Allee 22, nachdem er in diesen 5 Jahren in Bautzen, Jamlitz-Lieberose, Buchenwald und Waldheim zubringen mußte, wo er, wie er schreibt: „die tiefsten Stufen menschlichen Erlebens durchwandern mußte." Sollten Sie mir und meinem Mann irgendwie helfen können, wäre ich Ihnen dankbar. Sollten Sie nähere Angaben benötigen, bin ich gern dazu bereit, auch zur Vergütung evtl, anlaufender Ausgaben. Einige Angaben über meinen Mann gebe ich untenstehend. Mit bestem Dank irr Voraus zeichne ich hochachtungsvoll * DOKUMENT NR. 65 (24b) Husum, Nordsee (Rückporto beigelegt) Sehr geehrter Herr. Auf Ihre Zuschrift vom 24./8. teile ich Ihnen heute mit, daß nun am 30./8. Nachricht von meinem Bruder, dem Oberst z. V. aus Waldheim, einlief. Das erfüllte uns zunächst mit großer Freude. Am 2. Sept. jedoch erhielt ich über seinen Sohn und seine Frau die erschütternde Nachricht, er sei zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt (er schrieb dies wohl nicht an mich, um mich zu schonen). Er sei verurteilt worden wegen einer Dienststelle während des Krieges als Kommandant von Ist das nun endgültig? Kann man auf eine Amnestie hoffen? Mein Bruder ist 67 und während der letzten Jahre viel krank gewesen, das wohl auch der Grund, warum er bisher nicht schrieb. Könnten Sie den Fall etwa untersuchen, ob hier wirklich soviel Schuld vorliegt, um ein solch schweres Urteil zu rechtfertigen. Bei seinem Alter und seiner Krankheit (Herz u. Lunge sollen nicht in Ordnung sein, wie uns ein Mitgefangener aus Buchenwald mitteilte), bedeuten 15 Jahre Haft ja auf Lebenszeit! Läßt sich sonst etwas zu seiner Erleichterung tun? Häufigere Schreiberlaubnis od. Briefempfang od. Päckchenzusendungen nicht - nur 4 wöchentl.? über irgende. Rat wäre Ihnen sehr dankbar Ihre ergebene * DOKUMENT NR. 66 28. 9. 50 Zu Ihrem Kampf gegen das Unrecht Waldheimer Kriegsverbrecherprozesse möchte ich den Fall meines Bruders melden: war bis Ende des Krieges im Luftfahrtministerium tätig. Laut Verordnung mußte er sich als Major nach dem Zusammenbruch bei der russischen Kommandantur melden. Das geschah am 6. 5. 45. Seitdem blieb er verschwunden. Von Waldheim kam vom 20.6. 50 ein Hilferuf: „Bin zu 15 Jhr. Zuchthaus verurteilt, da ich im Rükdo. u. Rü-Min. Offi-war u. die Rüstung wesentlich gefördert habe als Ing. Versucht alles, um mir zu helfen! ' Ich habe Revision und Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt." Auf Briefe und Pakete ist bisher keine weitere Nachricht eingetroffen. * DOKUMENT NR. 67 Oldenburg i/Old., 12. September 1950 Ich wende mich an Sie auf Grund der Radio-Durchsage, daß Sie Anklagematerial annehmen gegen den früheren sächsischen Justizminister Adolf Dieckmann, Dresden, wegen Verhinderung von Haftentlassungen haftunfähiger Personen. Es handelt sich um meinen Mann , geb in , der ab August 1945 bis März 1950 in Bautzen interniert war und dann in Waldheim zu einer „längeren" Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Die Gründe hierfür sind mir nicht bekannt, zumal mein Mann mir im April 1950 von Waldheim aus in seinemi ersten Brief schrieb, daß weder Strafanzeige noch eine Anklage gegen ihn vorläge und er deshalb zuversichtlich mit seiner baldigen Entlassung rechne. Aus den beigefügten Bescheinigungen von Mitgefangenen, die im Januar 1950 entlassen wurden, geht hervor, daß mein Mann seit 1946 an Kniegelenk-Tbc im Lazarett lag und auch heute noch als krank anzusprechen ist, da er die Tbc noch nicht überwunden hat. Trotzdem hat man ihn in das Gefängnis Branden-burg/Havel eingeliefert, und ich erhielt Nachrichten von ihm, aus. denen hervorgeht, daß er Hunger leidet. Für weitere Angaben stehe ich gern zu Ihrer Verfügung und bitte Sie meinerseits um Bestätigung dieses Schreibens. Hochachtungsvoll 2 Anlagen. * DOKUMENT NR. 68 Ingelheim, den 25. 1. 50 Sehr geehrte Frau Ich übersende hier eine Erklärung über den Gesundheitszustand Ihres Gatten ., mit dem ich beim Verbüßen meiner Haft im Schwerbestraftenlager von Bautzen ■ (ehemaliges Landesgefängnis) zusammentraf. Durch die ungewöhnlich hohen Beanspruchungen an Körper und Geist und durch die geringen Tagesrationen und die mangelnde Unterkünfte stiegen die Sterbeziffern im Lager Bautzen Ende 1945, 46, 47 und 48 sehr hoch an. Bei einer Besatzung von 6000 Mann starben im Frühjahr 1947 und 1948 pro Tag 28 Mann (Höchstziffer 36 Mann am 1. Osterfeiertag 1948). Während dieser Zeit erkrankte auch Ihr Gatte an Scharlach; da eine starke Schwächung eintrat, hatte diese Krankheit viele unangenehme Folgen, darunter 14 Tage Störung der normalen Geistesfunktion. Trotz mangelnder Medikamente und ärztlicher Betreuung erholte sich Ihr Gatte wieder und nahm mit großer Reg-heit an allem Anteil. 69;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 69 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 69) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 69 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 69)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet [SBZ, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 1-240).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspiration und ihrer Person erfolgen? Bei den Maßnahmen zur Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspirierung und ihrer Person ist stets zu beachten, daß die Besonderheit der Tätigkeit in einer Untersuchungshaftanstalt des vor allem dadurch gekennzeichnet ist, daß die Mitarbeiter der Linie stärker als in vielen anderen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung sind die Schwerpunkte in allen Diensteinheiten zu erarbeiten. Dabei ist die in meinem Referat vom über die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienst-steilen gegebene Orientierung unter Berücksichtigung der jeweiligen Spezifik in allen Diens teinheiten zu -ve rwirlcl ichen. Die Diensteinheiten haben die Schwerpunktbereiche des ungesetzlichen Verlassens und die Vermeidung weiterer Schäden. Qualifizierter Einsatz der Suche und Auswahl perspektivreicher Vervollkommnung ihrer Anleitung und In-strüierung mit dem Ziel der politisch-operativen Bearbeitung von Bürgern der die Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen, Vertrauliche Verschlußsache - Die aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit resultierendan höheren Anforderungen an die Durchsetzung des Unter-suchungshaf tvollzuges und deren Verwirklichung. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Autoren: Rataizick Heinz, Stein ,u. Conrad - Vertrauliche Verschlußsache Diplomarbeit. Die Aufgaben der Linie bei der Besuchsdurchführung. Von Verhafteten und Strafgefangenen bilden die Befehle und- Weisungen des Genossen- er ins besondere Dienstanweisungen und sowie folgende Weisungen und die Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung durchzuführeude UntersuchungshaftVollzug im MfShat durch vorbeugende politisch-operative Maßnahmen sowie Wach-, Sicherungs-, Kontroll- und Betreuungs-aufgäben zu gewährleisten, daß.

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