Unrecht als System 1950-1952, Seite 50

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 50 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 50); allgemeinen Strafrechts, höchstens allerdings zu lebenslänglichem: Zuchthaus, verurteilt werden müssen, wenn sie sich des vollendeten oder versuchten Verbrechens des Mordes, der Vergewaltigung, der Sabotage oder eines Verbrechens gegen Artikel 6 der Verfassung oder gegen das Gesetz zum Schutze des Friedens schuldig gemacht haben. Diese neue Gesetzesbestimmung entspricht zwar nicht dem Wortlaut, aber ihrem Inhalt nach den nicht mehr anwendbaren Bestimmungen des nationalsozialistischen Jugendstrafrechts, wonach Jugendliche in politischen Sachen ebenfalls vor die politischen Sondergerichte und den Volksgerichtshof gestellt werden konnten, ohne daß die zu ihrem Schutz erlassenen gesetzlichen Bestimmungen beachtet zu werden brauchten. Nach § 33 Abs. 22 des neuen sowjetzonalen Jugendgerichtsgesetzes werden die Jugendlichen, die wegen ihrer gegnerischen politischen Einstellung angeklagt werden, nicht durch Jugendgerichte, sondern durch die für Erwachsene zuständigen Gerichte, d. h. also durch die politischen Sonderstrafkammern abgeurteilt. Diese gesetzliche Regelung gleicht der des nationalsozialistischen Jugendstrafrechts, in der praktischen Anwendung geht sie sogar noch darüber hinaus. Die dritte Stufe des Unrechts gegenüber Jugendlichen, und zwar grausamsten, unmenschlichsten Unrechts, stellen schließlich die Terrorurteile samt den die Jugendlichen auf Lebenszeit diskriminierenden und belastenden Nebenstrafen dar. Terrorurteile gegen Siebzehnjährige Die von Generalstaatsanwalt Melsheimer auf der Arbeitstagung der Generalstaatsanwälte und Oberstaatsanwälte am 25. September 1950 in Berlin als „unbedingt notwendig" erachtete Anwendung des Artikel III A III in politischen Jugendverfahren wirkte sich am 8. März 1951 gegen Ernst Spaleck in einer achtjährigen Zuchthausstrafe aus. Spaleck wird ferner als Belasteter eingestuft und erhält für 10 Jahre Berufsbeschränkungen. Außerdem werden ihm Sühnemaßnahmen auferlegt, sein Vermögen wird- eingezogen. Der am 19.9.1933 geborene Spaleck, der der Zwangsarbeit im Uranerzbergbau in Aue entgehen wollte, war am 15. Februar 1950 bei einer Berliner Flüchtlingstelle vorstellig geworden, um als politischer Flüchtling anerkannt zu werden. Dabei legte er der Flüchtlingsstelle seinen Notstand dar, um die Anerkennung nach dem Flüchtlingsnotaufnahmegesetz zu erreichen. Die Große Strafkammer des Landgerichts Potsdam sieht in diesem „Sozialamt von Groß-Berlin" eine „Deutsche Spionagedienststelle im anglo-amerikanischen Solde", wie es in der Urteilsbegründung heißt. Spaleck, der sich danach bis zum 9. Mai in einem Flüchtlingsauffanglager aufhielt und für seine Anerkennung als politischer Flüchtling weitere Auskünfte gab, wird im Urteil vorgeworfen, seine Aussagen vor den Flüchtlingsstellen „daß er gewaltsam nach Aue gepreßt worden sei", daß er später, als er aus Versehen in den Ostsektor fuhr, „unschuldig verhaftet" worden sei und seine weiteren Angaben über ihm widerfahrene unmenschliche Behandlung stellten „Boykotthetze . gegen die Deutsche Demokratische Republik" dar. Diese „hetzerischen Angaben", die gleichzeitig „die Erfindung und Verbreitung eines tendenziösen Gerüchts darstellten", seien geeignet, „den Frieden des deutschen Volkes zu gefährden", und erfüllten damit den Tatbestand des Artikel 6 der Verfassung und des Artikel III A III der Kontrollratsdirektive 38. „Es ist unbedingt notwendig", findet die Strafkammer, „daß Elemente vom Schlage des Angeklagten aus der Gesellschaft eine Zeitlang entfernt werden, damit der Aufbau unserer Wirtschaft und unser Kampf um die Erhaltung des Friedens durch ihre Sabotagehandlungen nicht gehemmt und beeinträchtigt werden." Unter „eine Zeitlang aus der Gesellschaft entfernt werden" versteht die sowjetzonale Strafkammer einen Zuchthausaufenthalt von 8 Jahren für einen Jugendlichen, dem nach seiner Rückkehr in die volksdemokratische Freiheit auch noch für die Dauer von 10 Jahren Berufsbeschränkungen auferlegt werden. Diese unmenschliche grausame Strafe hält das Gericht „für erforderlich" und fügt hohnvoll hinzu „aber auch für ausreichend, um ihn in dieser Zeit durch den demokratischen Strafvollzug zu einem nützlichen Mitglied der Gesellschaft umzuerziehen". Der „demokratische Strafvollzug zur Umerziehung" geht dann in Zuchthauszellen vonstatten, deren Luft von den tbc-kranken Mithäftlingen mit Tuberkelbazillen geschwängert ist. Ausdrücklich heißt es im Urteil: „Dem Antrag der Verteidigung, das JGG in Anwendung zu bringen und danach den Angeklagten mit einer Jugendgefängnisstrafe zu belegen, konnte das Gericht nicht stattgeben. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichts der DDR findet das JGG bei Verstößen gegen Artikel 6 der Verfassung der DDR keine Anwendung. Aus diesem Grunde mußte die Strafe für den Angeklagten Zuchthaus sein." Mit zwei Jahren Zuchthaus, die ihm die Große Strafkammer des Landgerichts Potsdam am 23. Januar 1951 auferlegte, muß der 17jährige Lehrling Joachim Graef aus Teltow das Verbringen der westlich lizenzierten Zeitung „Der Tag" in die Sowjetzone und deren angeblichen Weitergabe sühnen. Dazu legte ihm die Strafkammer als „Belasteten nach Direktive 38" noch die üblichen Sühnemaßnahmen auf. Graef hatte Exemplare dieser Zeitung im Aufträge seines Vaters nach Teltow wiederholt mitgebracht und war bei einer seiner Fahrten von Westberlin nach Teltow am 29. 8. 1950 festgenommen worden. Dabei wurden bei ihm auch 15 Flugblätter mit der Überschrift „Sowjetzonen-CDU verübt Selbstmord" gefunden. Das Gericht glaubte den Einlassungen des Angeklagten nicht, da er die der Zeitung beiliegenden Flugblätter, statt zu verbreiten, verbrennen wollte. „Aber auch bei der Unterstellung der Wahrheit dieser Behauptung würde sich an der rechtlichen Beurteilung dieser Tat des Angeklagten nichts ändern, weil allein der von ihm zugegebene Teil seiner Handlung den Tatbestand des vollendeten Verbrechens gegen den Artikel 6 der Verfassung erfüllt", heißt es in der Urteilsbegründung. Wer also eine westlich lizenzierte Zeitung in der Sowjetzone „vorsätzlich weiterverbreitet, treibt damit selbst Boykott-, Kriegs- und Mordhetze". Durch die gleiche Handlung habe Graef jedoch auch gegen die Direktive 38 verstoßen, denn „der Inhalt des ,Tag' besteht zu einem großen Teil aus Propaganda für den Militarismus und tendenziösen Gerüchten, die den Frieden des deutschen Volkes und der Welt gefährden", über den 17jährigen urteilte das Gericht: „Auch bei seiner Jugend war er doch seinem geistigen und körperlichen Reifegrad nach durchaus in der Lage, das verbrecherische seiner Tat einzusehen und dementsprechend zu handeln". Auch hier erachtet das Gericht aus dem „Schutzbedürfnis unserer Gesellschaft" heraus eine Absonderung für „längere Zeit" gegeben, während der dem 17jährigen „Gelegenheit gegeben wird, über das Verwerfliche seines Handelns nachzudenken". Zwei Jahre lang soll also Graef über sein Verbrechen, eine freie demokratische Zeitung verbreitet zu haben, im Zuchthaus nachdenken, um „zu einem für unseren friedlichen Aufbau brauchbaren Menschen zu werden". Schauprozeß gegen Jugendliche Aber auch bei Verfahren, die nach den Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes durchgeführt werden, weil sie nicht unmittelbar politische Strafverfahren darstellen, wird der an sich erforderliche nicht öffentliche Charakter der Verhandlung nicht nur nicht gewahrt, sondern es wird sogar vor erweiterter Öffentlichkeit ein Schauprozeß abgehalten, wie der Fall Liptow u. a. zeigt. Zwar erhielten hier die sechs abgeurteilten 15- und löjähri- 50;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 50 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 50) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 50 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 50)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet [SBZ, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 1-240).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge ist ein erfolgbestimmender Faktor der operativen Arbeit. Entsprechend den allgemeingültigen Vorgaben der Richtlinie, Abschnitt, hat die Bestimmung der konkreten Ziele und der darauf ausgerichteten Aufgaben auf der Grundlage - des Programmes der Partei ; der Beschlüsse des Zentralkomitees und des Politbüros des Zentralkomitees der Partei ; der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, erfolgen soll. der Übernahme der Strafgefangenen ten des Ministeriums des Innern wird wei Strafgefangene, bei denen eventuell auch operativen Linien Staatssicherheit vprliegen, tungen des Ministeriums des Innern und die Grundsätze des Zusammenwirkens. Die Deutsche Volkspolizei und andere Organe des Ministeriums des Innern erfüllen die ihnen zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens, der zum Schutz der Staatsgrenze und der Transitwege im Rahmen ihrer Zuständigkeit gestellten Aufgaben auf der Grundlage des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze, der Grenzordnung, anderer gesetzlicher Bestimmungen, des Befehls des Ministers des Innern und Chefs der. Deutschen Volkspolizei über den Gewahrsam von Personen und die Unterbringung von Personen in Gewahrsams räumen - Gewahrsamsordnung - Ordnung des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, des Leiters der Abteilung trägt die Verantwortung für die schöpferische Auswertung und planmäßige Durchsetzung der Beschlüsse und Dokumente von Parteiund Staatsführung, der Befehle und Weisungen der Dienstvorgesetzten zur Lösung der politisch-operativen Aufgaben befugt, den ihm unterstellten Angehörigen Weisungen zu erteilen sowie die Kräfte und Mittel entsprechend der operativen Situation einzuteilen und einzusetzen. Der Transportoffizier ist verantwortlich für die konsequente Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der geltenden Befehle und Weisungen, im Referat. Er hat zu gewährleisten, daß - bei der Durchführung von Aus- und Weiterbilduncs-maßnahmen, insbesondere auf rechtlichem Gebiet, unterstützt. Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet.

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