Unrecht als System 1950-1952, Seite 47

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 47 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 47); Aussage Raddas DOKUMENT NR. 46 Berlin, den 23. April 1952 Herr Willy Raddas aus Berlin SW 29, Gneisenaustraße 111, erklärt folgendes:. Im März 1949 fuhr ich von Westberlin in meine frühere Heimat Stralsund. Auf dem Hauptbahnhof Stralsund wurde ich von der Volkspolizei festgenommen und in das Amtsgericht Stralsund eingeliefert. Der Grund meiner Festnahme, die aus Anlaß einer allgemeinen Personalkontrolle erfolgte, wurde mir nicht bekanntgegeben. Auch wurde mir kein Haftbefehl vorgelegt. Im Mai 1949 wurde ich nach Bützow-Dreibergen in das dortige Zuchthaus eingeliefert. Im Stralsunder Gefängnis wurde ich wiederholt von dem dortigen Volksstaatsanwalt namens Blaurock (einem ehemali-en Bäckergesellen) wegen meiner Tätig-eit als Feldwebel in Rußland vernommen. Dabei schlug mich Blaurock wiederholt in rohester Weise mit den Fäusten. Er zerschlug mir sowohl das Nasenbein, als auch schlug er mir den größten Teil der Zähne heraus, sodaß ich heute sowohl eine Ober- als auch eine Unter-protese haben muß. Anschließend vernahmen mich auch Leute der NKWD. Im Juli 1950 wurde ich von Bützow-Dreibergen nach ückermünde überführt und der dortigen Heil- und Pflegeanstalt zugewiesen, obwohl ich mit meinen Nerven völlig in Ordnung war und lebhaft gegen die Einsperrurig in einer Nervenanstalt protestierte. Die Behandlung in ückermünde war sowohl für Kranke als auch für die dort untergebrachten völlig Gesunden außergewöhnlich roh. Die Insassen setzten sich zusammen aus elternlosen, manchmal schwer erziehbaren Kindern, aus alten Leuten, die aus einem aufgelösten Altersheim nach ückermünde übergeführt worden waren, aus vom SSD ein-, gelieferten unliebsamen Häftlingen und auch aus tatsächlich Kranken. Ganz gleich, welcher Art die Inhaftierten angehörten, sie wurden beim geringsten Anlaß roh geschlagen und insbesondere mit Vierkantschlüsseln bearbeitet. So entsinne ich mich an einen 76-jährigen alten Mann namens Max Bartels, an dem die Pfleger in besonders roher Weise ihre Wut ausließen und ihn bei jeder Gelegenheit, man kann beinahe sagen, Tag und Nacht prügelten. Ein anderer Fall war der des Patienten Köster. Dieser hatte lange keine Nahrung zu sich genommen und war vollkommen erschöpft. Einmal wurde er von dem Pfleger Bal-trusch mit der Faust in den Magen geschlagen und als er in sein Bett Blut spuckte, von ihm herausgezerrt und in dem Baderaum in eine Badewanne geworfen und dort mit mehreren Eimern kalten Wassers übergossen. Daraufhin wurde er im nassen Zustand ins Bett zurückgeschafft und starb etwa zwei Stunden später. Meldete etwa einmal einer dem Arzt derartige Mißhandlungen, so wurde er sofort als Lügner hingestellt und hatte sich den besonderen Haß der Pfleger zugezogen. Der Anstaltsarzt Dr. Sdiröder tat sich besonders durch rohe Behandlung hervor. Sein Ausspruch war einmal: „Alles, was sich in der Anstalt befindet, ist eine Belastung des Staates und muß ausgerottet werden, je schneller, je besser." Ich selbst bin in ückermünde nicht geschlagen worden, denn zwei Kameraden und ich zusammen hatten gleich in der ersten Nacht dem Pfleger erklärt, wir würden jedem die Knochen brechen, der uns anrühren würde. Im September 1949 wurde ich plötzlich wieder nach Bötzow-Dreibergen überführt und dort ins Lazarett eingewiesen. Von dort wurde ich Ostern 1950 entlassen. gez. Willy Raddas Aussage Regel DOKUMENT NR. 47 Verhandelt am 29. Mai 1952 zu Berlin-Zehlendorf-West, Limastr. 29 vor dem Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen der Sowjetzone Es erscheint Herr Hans Regel, geb. am 16. 8. 17 zu Stralsund wohnhaft zurzeit in Spandau-Pichelsdorf, Kolonie Bocksfelde, Kapellenweg Nr. 18 und erklärt zur Wahrheit ermahnt folgendes zur Sadie: Seit dem Jahre 1947 war ich bis zum Zeitpunkt meiner am 30. 11. 50 erfolgten Verhaftung Bauleiter für Bodenreformbauten im Kreise Rügen mit Dienstsitz in Bergen a. Rügen. Seit Frühr jahr 1950 wurde ich bereits laufend vom Sicherheitsdienst überwacht. Meine Verhaftung erfolgte zunächst unter dem Vorwände, daß ich gegen Wirtschaftsstrafbestimmungen angeblich verstoßen haben sollte. Idi merkte aber bald, daß der wirkliche Grund meiner Inhaftnahme auf politische Verdächtigungen zurückzuführen war. Nach meiner Festnahme wurde ich gefesselt und in einer Decke eingewickelt in einem Kraftwagen nach Bergen Breitsprecher Straße 12 überführt und dort in sogenannter Dauervernehmung laufend vernommen. 10 Tage lang kam ich aus dem Vernehmungszimmer nicht heraus mußte meistens stehen und wurde zum Teil unter Schlägen Tag und Nacht vernommen. Diese Methode ging bis an die Grenze meiner physischen Widerstandskraft. Der Kern der Vorhaltungen bestand darin, mir laufend und immer wieder vorzuhalten, daß ich einer Widerstandsgruppe angehören würde. Man verlangte ununterbrochen von mir Namen von Angehörigen dieser igmaniären Widerstandsgruppe zu nennen. Am 23. 12. 1950 wurde ich dann wiederum gefesselt, mit einer Decke über dem Kopf in Begleitung von SSD-Angehörigen in das SSD-Gefängnis Schwerin überführt. Hier wurde ich zunächst etwa 5 Tage lang „dauervernommen". Wieder wurden mir angebliche Widerstandsarbeit angelastet. Es wurden mir die Namen meiner Bekannten vorgelegt mit der Anweisung, diese Personen politisch zu beurteilen. Jedes Mal, wenn ich sagte, daß die betreffenden Personen positiv dem Regime gegenüber ständen, wurde ich von den Vernehmenden heftig und zum Teil auch erbarmungslos geschlagen. Weil ich gewünschte Angaben nicht machen konnte, wurde meine Verpflegung auf 100 g Brot täglich gekürzt und außerdem wiederholt in eine Dunkelzelle gesteckt. Nachdem mich im SSD-Gebäude Schwerin auch einmal zwei Russen vernommen hatten, auch hier wurde ich geschlagen, wurde ich am 20. 1. 51 in die Haftanstalt der NKWD in Schwerin überstellt. Mit allen nur möglichen Mitteln versuchte man hier, meine physische Widerstandskraft zu brechen. So mußte ich teilweise mit gebeugten Knieen, solange ich es aushalten konnte, dem vernehmenden Russen gegenüber stehen. Teilweise waren bei diesen Vernehmungen drei bis vier Russen anwesend. Diese schlugen mich wiederholt wahllos auf den Kopf, ins Gesicht, auf den Rücken, auf die Arme. Teilweise wurde ich von ihnen mit Füßen getreten. Da ich auch hier Angaben gewünschten Inhalts nicht madien konnte, wurde meine Verpflegung auf 100 g Brot reduziert. Eines Tages wurde ich in eine kleine Zelle geführt, wo auf dem steinernen Fußboden Blutspuren zu sehen waren. Ich mußte meine Kleidung vor dieser Zelle ablegen und mich völlig nackt in diese Zelle stellen. Das Glasfenster war geöffnet und die Zelle mit einer Gittertür, ähnlich der Vergitterung eines Raubtierkäfigs, verschlossen. Nachdem ich mich zwei Stunden, in der eisigen Zugluft stehend in der Zelle aufgehalten hatte, mußte ich mich wieder ankleiden und wurde zur erneuten Vernehmung den Offizieren vorgeführt. Hier drohte man mir an, daß der General Erlaubnis erteilt hätte, mich zu schlagen, man würde auf jeden Fall die Mittel dazu haben, mich zum Sprechen zu bewegen. Insgesamt mußte ich mich an drei verschiedenen Tagen in dieser Eiszelle aufhalten. Jedoch wurde der Aufenthalt in dieser Zelle beim zweiten Mal auf vier Stunden und beim letzten auf sechs Stunden festgesetzt. Danach wurde ich regelmäßig sofort wieder vernommen und mußte, wie auch sonst immer, meine Unterschrift unter die in fünffacher Ausfertigung abgesetzten Protokolle leisten. Bei einigen Vernehmungen konnte ich auf dem Stuhle sitzen. Einmal ist der vernehmende Offizier vor mich hingetreten und hat mich mit ganzer Kraft mit der Faust rechts und links ins Gesicht geschlagen, um mich auf diese Weise zu bewegen, nunmehr die Wahrheit zu sagen, zumal er ohnehin angeblich die Wahrheit bereits wisse, aber nur noch meine Aussage brauche. Sagte ich aus, würde ich mit 20 Jahren, würde ich weiterhin leugnen, mit 25 Jahren Freiheitsentzug davon kommen. Ein Gericht würde kein Urteil fällen, die Verurteilung würde allein von der NKWD bestimmt. Die Zellenordnung im NKWD-Gefäng-nis wurde strengstens von den auf Filzschuhen laufenden sowjetischen Soldaten überwacht. Es war streng verboten, sich stehend an die Wand zu lehnen, oder 47;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 47 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 47) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 47 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 47)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet [SBZ, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 1-240).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Beantragung eines Haftbefehls gegeben sind. In diesem Abschnitt sollen deshalb einige grundsätzliche Fragen der eiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen behandelt werden, die aus der Sicht der gesamtgesellschaftlichen Entwicklungsprozesse und deren Planung und Leitung gegen die feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen als soziale Erscheinung und damit auch gegen einzelne feindlich-negative Einstellungen und Handlungenund deren Ursachen und Bedingungen Seite - Übersicht zur Aktivität imperialistischer Geheimdienste Seite - Straftaten gegen die Volkswirt- schaftliche Entwicklung der Seite - Zu feindlichen Angriffen auf die innere Lage in der Deutschen Demokratischen Republik unterteilt. Zum Problem der Aufklärung von Untersuchungshaftanstälten Habe ich bereits Aussagen gemacht Mein Auftrag zur Aufklärung von Strafvollzugseinrichtungen in der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Tätigkeit des Untersuchungsführers in der Vernehmung, insbesondere bei der Protokollierung. Es ist Anliegen der Ausführungen, die ErfOrdermisse der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Aus den gewachsenen Anforderungen der Untersuchungsarbeit in Staatssicherheit in Durchsetzung der Beschlüsse des Parteitages der ergeben sich höhere Anforderungen an die Leitung- und Organisation der Zusammenarbeit mit . Sie erfordert ein neues Denken und Herangehen von allen Leitern und operativen Mitarbeitern.

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