Unrecht als System 1950-1952, Seite 41

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 41 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 41); Während der gesamten Haftzeit habe ich weder einen Haftbefehl noch eine Anklageschrift erhalten. Mir wurde lediglich einmal eine Bestätigung über die Beschlagnahme meines Vermögens übergeben. Diese Bescheinigung habe ich durch eine Wachtmeisterin meinem Ehemann zuleiten lassen. Meinem Mann wurde alle drei Wochen Sprechzeit in der Dauer von 15 Minuten gewährt. Wir durften alle drei Wochen sdireiben sowie jeden Donnerstag Verpflegung und Wäsche in Empfang nehmen." Ich versichere, daß diese Angaben in allen Punkten der Wahrheit entsprechen und bin bereit, sie jederzeit vor Gericht zu beeiden. gez. Frieda Brumm Aussage Griese DOKUMENT NR. 39 Dr. Emst Griese, Tierarzt. Berlin-Dahlem, 1. April 1952 Fontane Straße 9 c. Am 18. X. 51 erhielt ich in Querfurt einen fingierten Anruf zu einem erkrankten Hund. Ein mir für diesen Besuch gesandter Kraftwagen, der, wie sich später herausstellte, vom NKWD Eisleben war, brachte mich zu der Dienststelle des Staatssicherheitsdienstes in Querfurt, wo ich 2 russischen Offizieren in Zivil vorgeführt wurde. In einem Verhör, das ziemlich 7 .Stunden dauerte und sich bis gegen Mitternacht ausdehnte, wurden meine persönlichen Verhältnisse und meine brieflichen Verbindungen besonders nach Westberlin und der Bundesrepublik genauestens aufgenommen. Nach Abschluß des Protokolls, das in russischer Sprache aufgesetzt war und mir noch einmal von dem einen Offizier ins Deutsche übersetzt wurde, mußte ich meine Unterschrift geben. Nunmehr eröffnete mir dieser Offizier, daß die beiden Vernehmenden dem sowjetischen militärischen Geheimdienste angehörten und ich dazu ausersehen sei, als Mitarbeiter für diesen eingestellt zu werden. Mein Versuch einer Weigerung wurde brüsk zurückgewiesen und mir bedeutet, ich hätte nur mit „Ja" oder „Nein" zu antworetn. Da ich keinen Ausweg sah und ich bei Ablehnung ein Verfahren gegen mich auf Grund des vorangegangenen Verhörs befürchten mußte, gab ich meine Zustimmung, mußte meinen Lebenslauf schriftlich ausfertigen und eine schriftliche Erklärung abgeben, in der ich mich verpflichtete, gegen Feinde, Terroristen und Saboteure der DDR und Sowjetrepublik zu kämpfen und strengstes Stillschweigen über das Verhör und meine zukünftige Tätigkeit, besonders auch meiner Familie gegenüber, zu bewahren; gleichzeitig mußte ich mich in diesem Schriftstück der sowjetischen Militärgerichtsbarkeit unterstellen. Danach erhielt ich meine erste Aufgabe: am 29. X. sollte ich auf der NKWD-Dienststelle in Eisleben eine Liste abgeben mit Angaben von 6 bis 7 Personen, die mir gegenüber irgendwelche gegen die DDR oder Sowjetrepublik gerichtete feindliche Äußerungen gemacht hätten und genau zu benennen waren mit Namen, Alter, Wohnung, Parteizugehörigkeit etc. Die gemachten Äußerungen waren wörtlich wiederzugeben. Ich wies dieses Ansinnen zurück mit der Begründung, daß Ich midi weder in meiner Praxis noch sonst jemals in politische Erörterungen einließe und deshalb unmöglich das gewünschte Material besdiaffen könne. Der Offizier drohte mir darauf, daß ich auf jeden Fall bis zum genannten Termin & bis 7 Personen melden und sie eben durch Anbahnung und geschickte Lenkung politischer Geschwätze zu unvorsichtigen Äußerungen veranlassen müsse. Der Bericht war ohne Unterschrift mit dem Kennwort „Turm" abzugeben. Da es mir unmöglich war, die mir gestellte Aufgabe zu erfüllen, ich andererseits bei Nichterfüllung mit Repressalien rechnen mußte, floh idi in der Nacht zum 21.10. nach Westberlin. Am 2. XI. erschien plötzlich mein Sohn in Berlin-Dahlem, wo ich bei meiner Tochter Unterkunft gefunden hatte, und berichtete, daß er und meine Frau am Tag vorher zu einem Verhör in Querfurt geholt worden seien und er den Auftrag habe, mich auf jeden Fall nach Querfurt zurückzubringen. Er brachte einen Brief mit, der von meiner Frau bei Mein lieber Vati. Komm zurück, ich bitte Dich herzlich darum, mache uns nicht unglücklich. Ich bin solange eingesperrt, bis Du kommst. Sowj. Dienststelle hat gesagt, daß wir drei bestraft werden, wenn Du nicht kommst. Uns geschieht nichts, wenn Du wieder da bist, versichert uns der Sowj. Offizier. Mache uns nicht unglücklich, komm zurück, Vati. Ich bitte Dich herzlich darum. Deine Mutti. der Vernehmung des NKWD unter Zwang geschrieben war und mich aufforderte, sofort zurückzukommen, um meine Familie nicht unglücklich zu machen. Der sowjetische Offizier hatte versprochen, daß ich ohne Strafe bleiben und nur noch einen Auftrag in Berlin, den ich nach meiner Rückkehr erhalten würde, auszuführen hätte; die übrigen mir zugedachten Aufträge sollte in Zukunft mein Sohn ausführen. Autopapiere für meine Rückfahrt hatte er bei sich. Für meine Rückbringung war ihm eine Belohnung versprochen worden; für den anderen Fall drohte man mit Maßnahmen gegen meine Familie. Unterdessen war meine Frau als Bürgin für die Rückkehr meines Sohnes von den Russen in das Gefängnis nach Eisleben eingeliefert worden. Die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit riet dringend von meiner Rückkehr ab, und mein Sohn kehrte am 3. XI. nach Eisleben zurück und überbrachte dem NKWD ein ärztliches Attest, daß ich schwer erkrankt und nicht transportfähig sei. Nach heftigen Vorwürfen wurde mein Sohn von Eisleben nach Hause entlassen und konnte auch meine Frau aus dem Gefängnis mitnehmen. In der nächsten Zeit wurde er zu mehreren Zusammenkünften mit einem russischen Sergeanten in Querfurt am Ausgang der Stadt bei Dunkelheit bestellt. Am 20. XI. erschien er wieder im Auftrag der Dienststelle Eisleben in Berlin mit der Mitteilung, man lege keinen Wert mehr auf meine Rückkehr, ich sollte jetzt vielmehr in Berlin Spionage gegen die Westmächte treiben und über deren Kriegsvorbereitungen berichten. Für die Übermittlung der Nachrichten sollte mein Sohn sorgen, für den Briefverkehr sollten wir untereinander Decknamen verabreden. Gleichzeitig wurde ihm bedeutet, daß er spätestens am 6. XII. konkrete Angaben nach Eisleben zu überbringen habe und wir nun endlich etwas Positives für die Sowjetunion leisten müßten. Für verwertbare Angaben sollte ich eine Belohnung erhalten; sollte aber ein befriedigender Bericht nicht eingehen, drohte man mit Repressalien gegen meine Familie. Zugleich warnten die .Offiziere dringend davor, einen Fluchtversuch zu unternehmen, da meine Familie dauernd überwacht und ein solcher Versuch von einem sowjetischen Militärtribunal geahndet würde. Nach Mitteilung dieses Sachverhaltes an die Kampfgruppe ‘ erteilte mir diese den Rat, meine Angehörigen zu möglichst schneller Flucht aus der Ostzone zu veranlassen. Am 1. XII. trafen meine Frau, mein Sohn und dessen Frau in Westberlin ein. Ich lege bei Abschrift des Briefes, den meine Frau bei ihrer Vernehmung gezwungen war, an mich zu schreiben, um midi in die Ostzone zurückzulocken. gez. Dr. Emst Griese Aussage Wiebach DOKUMENT NR. 40 Berlin, den 15. Mai 1952. Herr Rudolf Wiebach, Berlin-Charlottenburg 4, Schlüterstraße 33,111, erklärt: Ich wurde am 30. Januar 1950 morgens 7,15 Uhr in Dresden auf der Löbtauer Straße von 3 Russen in Zivil festgenommen und zur NKWD-Dienststelle Dresden N., Bautzener Landstraße 108, gebracht. Bei der Vernehmung wurde mir dort zur Last gelegt, ich hätte mit Westberliner Zeitungen in Verbindung gestanden und Beziehungen zur Westberliner FDP, insbesondere deren Führer Schwennicke, gehabt. Nach 21stündigem Verhör, das ohne jegliche Zwangsmethoden stattfand, wurde ich unter der Bedingung freigelassen, Spitzeldienste für die NKWD in Berlin-West zu leisten. Ich unterschrieb eine entsprechende Spitzelverpflichtung. Man versprach mir, einen Gehalt von 1000, DM monatlich zu zahlen. Als Aufgabe wurde mir gestellt, zunächst grundsätzlich Feinde der DDR und der Sowjetunion zu melden, die ich in meinem Bekanntenkreise feststellen sollte. Da ich ehemaliger Offizier bin, sollte ich darüber hinaus die Verbindung mit ehemaligen Offizieren aufnehmen und diese auf etwaige Feindschaft zur DDR oder zur Sowjetunion bespitzeln. Weiterhin erklärte man mir, man wolle mich mit Geld versorgen und 41;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 41 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 41) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 41 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 41)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet [SBZ, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 1-240).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen känp, -sk?;i. Aus dieser und zli . Auf gabenstellung ergibt sich zugleich auch die Verpflichtung, die Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und ist für die Zusammenarbeit das Zusammenwirken mit den. am Vollzug der Untersuchungshaft beteiigten Organen verantwortlich. Der Leiter der Abteilung der zugleich Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist, nach dem Prinzip der Einzelleitung geführt. Die Untersuchungshaftanstalt ist Vollzugsorgan., Die Abteilung der verwirklicht ihre Aufgaben auf der Grundlage des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze, der Grenzordnung, anderer gesetzlicher Bestimmungen, des Befehls des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei, der Instruktionen und Festlegungen des Leiters der Verwaltung Strafvollzug im MdI, des Befehls. des Ministers für Staatssicherheit sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit sind planmäßig Funktionserprobunqen der Anlagen, Einrichtungen und Ausrüstungen und das entsprechende Training der Mitarbeiter für erforderliche Varianten durchzuführen. Die Leiter der Kreis- und Objektdienststellen ist entsprechend getroffener Vereinbarungen der Anschluß an die Alarmschleifen des Jeweiligen Volkopolizeikreisamtes herzustellen. Zur Gewährleistung der ständigen Einsatzbereitschaft der technischen Geräte und Anlagen haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung, dessen Stellvertreter oder in deren Auftrag an den Bereich Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung in seiner Zuständigkeit für das Disziplinargeschehen im Ministerium für Staatssicherheit sowie zur Durchsetzung der Rechtsnormen des Untersuchungshaftvollzuges und der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane auf dem Gebiet des Unter-suchungshaftvollzuges und zur Kontrolle der Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit in unserer gesamten Arbeit zu gewährleisten. Das ist eine wichtige Voraussetzung für unser offensives Vorgehen im Kampf gegen den Feind.

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