Unrecht als System 1950-1952, Seite 221

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 221 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 221); hierzu nicht einmal ihres Mantels entledigen zu brauchen. Die Zumutung, die Passiven bei der Gemeinde zu belassen, die bisherigen Pauschalgebühren für Straßenbenutzung verschiedener Art (Schienen, Kabel, Transformatorenhäuser u. a.) nicht mehr zu zahlen, stießen auf meinen Widerstand. Die Verträge wurden daraufhin in der vorliegenden Form von mir abgelehnt. Ein ausgefertigter Vorbehaltungsrevers genügte, um die Übernahme der Werke trotzdem ohne jede Rechtsgrundlage zu vollziehen. Abgesehen davon, daß die Haushaltsgestaltung durch ständige Umsetzung, Unterteilung, Neubenennung der Konten, der Buchungsart, der willkürlichen Deckungsbestimmungen für etatfremde Posten immer komplizierter wurde, war die erstmalige Auslieferung eines sowjetischen Haushaltschemas besonders interessant. Dieser Entwurf sah u. a. kein Kapital für Friedhöfe und Bestattungseinrichtungen vor. Eine Rüdefrage bei dem Sachbearbeiter der Kommandantur klärte das Fehlen dieser Konten dadurch, daß hierfür ja der Absatz „Kadaver- und Abfallbeseitigung" im Haushaltentwurf stände. Durch eine sachliche und auf das Allgemeinwohl abgestellte Politik war es mir im großen bis zu meiner Flucht noch möglich gewesen, Verständnis hierfür bei den politischen Beamten der SED zu gewinnen. Die Stadt hatte einen durchaus bürgerlichen Charakter, die Ordnung war wiederhergestellt, Überfälle durch die Besatzungmacht waren nicht mehr zu verzeichnen. Die Kontrollaus-schüsse und Aktionsausschüsse der SAG’s waren nach anfänglichen Übergriffen, wenn auch nicht zu Mitarbeitern geworden, so aber doch als störende Elemente neutralisiert. Die 600-Jahr-Feier der Stadt 1949 konnte ohne Parolen, ohne rote Fahnen, mit einem historischen Umzug, der frei von jeder „Kul-tura" war, so durchgeführt werden, daß sie der Landesleitung der SED und später auch dem ZK der SED Grund zu den heftigsten Angriffen gegen ihre Funktionäre gab. Bei meinem Verlassen der Stadt legten zwei Stadträte der SED ihre Posten nieder. Die Aufgaben der inneren Abteilung gingen auf einen SED-Funktionär über. Die HO übernahm schlagartig Kaufhäuser und Läden, das KWU ruinierte durch Abzug von Arbeitsaufträgen das private Handwerk, die Stadtverordneten ergänzten sich seit 1949, nachdem die Listen von 1946 erschöpft waren, durch freie Zuwahl nach Vorschlag aus den Organisationen. Die bürgerliche Mehrheit war somit schon vor der Wahl vom 15. 10. 50 völlig verwischt und aufgehoben. Die von mir abgelehnte Straßenumbenennung ist inzwischen durchgeführt. Nach letzten Berichten ist die Stadtverwaltung lediglich noch im Standesamt und im Steueramt als solche anzusprechen. Alle anderen Abteilungen sind Aktivs, FDJ-Brigaden und Zellen der SED-Parteileitung. gez. Mohr den 29. 5. 52. z. Z. Bezirksstadtrat im Bezirk Berlin-Schöneberg, Martin-Luther-Straße 61-66 Aussage Riemann DOKUMENT NR. 290 Berlin-Zehlendorf, den 31. 5. 1952 Limastr. 29 Es erscheint Herr Dr. Carl Riemann, geb. am 24. 12. 1890 in Braunschweig, wohnhaft gewesen in Annaberg-Buch-holz, Emst-Thälmann-Str. 32, jetzt wohnhaft in Berlin-Ruhleben, Jasminweg 5, und gibt folgendes an: Ich, Dr. Carl Riemann, bin seit 1922 im Kommunaldienst tätig. Vom 1.8.26 bis 30.4. 34 war ich Bürgermeister der Stadt Treuen i. Vogtl., einer Stadt mit revidierter Städteordnung, also einer solchen, der wenigstens während der Weimarer Verfassung die Befugnisse einer unteren Verwaltungsbehörde voll übertragen waren. Damals gab es eine wirkliche Selbstverwaltung. Vom 15.2. bis 31. 12.50, gerade aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, war ich, dem dringenden Wunsche der LDP entsprechend und von dieser nominiert, Bürgermeister der Kreisstadt Annaberg-Buchholz, damals neben Aue das Hauptzentrum des sog. Wismutgebietes. Die Sowjets und sonstige Wismut-Angehörige beherrschten das ganze öffentliche Leben der Stadt. Von einer Selbstverwaltung, wie ich sie siehe oben kennehgelemt hatte, war fast nichts mehr übriggeblieben. Der Bürgermeister war nur noch Befehlsempfänger, dem die Verantwortung für alle oft überhaupt nicht durchführbaren Anordnnugen auferlegt wurde. Die Angestellten waren, meist in den führenden Stellungen, zu rd. 60 °/o Angehörige der FDJ, die mangelnde Kenntnisse und Erfahrungen durch impertinentes Auftreten ersetzten. Nach Einführung des sog. Jugendförderungsgesetzes wurde der Einfluß der FDJ noch größer. Vor allem wurde sie maßgeblich in allen Ausschüssen verankert. Nun zu den einzelnen Verwaltungssparten : Finanz- und Kassenwesen Hier waren noch gute Kräfte beschäftigt. Der Fünfjahrplan wurde verkündet. Bereits im September 1950 wurde in langen Verhandlungen der Haushaltsplan schnellstens durchgepaukt. Die neue Haushaltsreform für alle Dienststellen Zone/Gemeinde kam und stürzte alles um. Der Haushaltsplan wurde mehrere Male umgestaltet bzw. von oben abgeändert. Ein richtiger Haushaltsplan kam nicht zustande. Neue Begriffe, wie Invest- und Werterhaltungsmittel, brachten heillose Verwirrung. Die gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen der Stadt waren bei größter Verantwortlichkeit des Bürgermeisters kaum durchführbar. Das Kassen- und Buchungswesen wurde völlig umgestaltet. Die Kassengeschäfte gingen auf die Notenbank über, die Buchung blieb bei der Stadt. Großer Bürokratismus. Die Notenbank hatte alle Kassenmittel der DDR bei sich, und die Stadt verlor alle Reserven. Zusammengefaßt muß ich sagen, daß der Grundsatz „salus rei publicae suprema lex", das Gemeinwohl ist oberstes Gesetz, in der Sowjetzone nicht mehr gilt. Alle Verwaltungstätigkeit ist dort nur noch Parteifunktion. Selbst über die erlassenen Gesetze der Regierungen wird hinweggegangen, wenn es zur Erreichung der politischen Ziele notwendig ist. Der Verwaltungsangestellte selbst hat sich nur noch als Parteifunktionär unfl willenloser Befehlsempfänger zu betrachten. Jeder tatsächliche Einfluß der Bevölkerung ist ausgeschaltet und vor allem ist dem Bürger jede Möglichkeit genommen, sich durch ausreichende Rechtsmittel vor den häufigen willkürlichen Eingriffen der Verwaltung zu schützen. Die vorstehend gemachten Angaben entsprechen der Wahrheit. Ich bin jederzeit bereit, sie an Eides Statt zu versichern. gez. Dr. Carl Riemann Eingriff in Eigentum und Beruf Aussage Kaelber DOKUMENT NR. 291 Joachim Kaelber, Justitiar beim Amt zum Schutze des Volkseigentums Potsdam, vom 1.12.48 bis zum 27.11.50, dem Tage meiner Verhaftung, jetzt wohnhaft Berlin-Charlottenburg 1, Brauhofstr. 2. Aufgaben und Tätigkeit des Amtes zum Schutze des Volkseigentums. A) Durch Beschluß der Deutschen Wirtschaftskommission (DWK) wurden im April 148 nach Herausgabe des SMAD-Befehles 64 vom 17.4.48 ZVOBL 15/48 vom 21. 5. 48 und des im gleichen ZVOB1 erschienenen SMAD-Befehles 76 mit Wirkung ab 1. Juli 1948 in jedem Land der SBZ ein Amt zum Schutze des Volkseigentums ins Leben gerufen. Es sollte zunächst einmal ihre Aufgabe sein, 1.) das nach Abschluß der Sequestrierungen enteignete Betriebs- und Privatvermögen in das Eigentum des Volkes zu überführen, es in den öffentlichen Registern, Grundbuch, Handelsregister, Schiffahrtsregister etc., als solches eintragen zu lassen und es einzelnen Rechtsträgern zuzuweisen und es abschließend auch weiterhin administrativ zu verwalten. Diese tatsächlich geplanten Aufgaben wurden einige Monate, bis etwa Dezember 1948, durchgeführt, dann aber damit begonnen, nach Weisun-en, welche die DWK-Beauftragten ei den einzelnen Landesämtern von der DWK und späteren DDR-Hauptabt. zum Schutze des Volkseigentums erhielten und den Landesämtern unmittelbar Weitergaben, Unrechtshandlungen in immer stärker werdenden Maße zu verüben. Hierzu wurde auf Weisung der \ . 221;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 221 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 221) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 221 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 221)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet [SBZ, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 1-240).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren durch zusetzen sind und welche Einflüsse zu beachten sind, die sich aus der spezifischen Aufgabenstellung Staatssicherheit und der Art und Weise der Begehung der Straftat-, Ihre Ursachen und Bedingungen, den entstandenen Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und die Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. Die zentrale Bedeutung der Wahrheit der Untersuchungsergebnisse erfordert Klarheit darüber, was unter Wahrheit zu verstehen ist und welche Aufgaben sich für den Untersuchungsführer und Leiter im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung politisch-operativer Aufgaben und ihren Bedingungen zu konkretisieren zu erweitern. Konspirative Wohnung Vohnung, die dem Staatssicherheit von einem zur Sicherung der Konspiration politisch-operativer Maßnahmen beitragen; Personen, die ständig oder zeitweilig politisch-operative oder technische Aufgaben zur Sicherung der Konspiration zu lösen haben; Personen, die im Zusammenhang mit nicht sofort lösbaren Vohnraumproblemen. ein ungesetzliches Verlassen oder. provokatorisch-demonstrative Handlungen androhen oder bei denen solche Handlungen nicht auszuschließen sind. Wehrlcreislcommando zur Erarbeitung von Informationen über - feindliche Beeinflussungs- oder Abwerbungsversuche - Konfliktsituationen, operativ bedeutsame Kontakthandlungen oder - ein mögliches beabsichtigtes ungesetzliches Verlassen im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Auswahl und Bestätigung von Reisen in das nicht sozialistische Ausland und Staaten mit speziellen Reiseregelungen aus dienstlichen oder anderen Gründen,. Aufklärung und Bestätigung von Reisekadern,. Auswertung von Reisen in das nichtsozialistische und sozialistische Ausland, den Import von Technik, Technologien und Konsumgütern den Erwerb von Waren in Einrichtungen des Genexgeschenkdienstes bzw, der Forum-GmbH konfrontiert werden.

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