Unrecht als System 1950-1952, Seite 220

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 220 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 220); Aussage Mohr DOKUMENT NR. 289 Von 1946 bis zum Februar 1950 war ich 1. Bürgermeister der Stadt Radebeul bei Dresden. In diesem Zeitraum hatte ich Gelegenheit, den Wechsel der Verhältnisse innerhalb der sowjetzonalen Verwaltung eindeutig kennenzulemen. Bei Übernahme meines Amtes wurde mir als erstes Schriftstück ein Beschluß des Kreistages übermittelt, durch den der Kreis zur Ausgleichung seines Haushaltsplanes die Kreisfreiheit der Stadt aufhob und sie mit einer Kreisumlage von 1,6 Millionen DM jährlich belastete, die in 4 Raten im voraus zu zahlen waren. Protest bei der Regierung war erfolglos. Der Kreis hatte die Aufgabe, sich aus eigener Substanz zu finanzieren. Durch diesen Beschluß flössen systematisch die stadteigenen Gelder in ortsfremde Objekte, Organisationen und Parteischulen. Meine Wahl zum Bürgermeister erfolgte noch durch die beschiußfreien Stadtverordneten. Nach meinen Amtsniederlegung war dann durch Anweisung des Ministers des Innern der DDR angeordnet, daß für die Wahl des Bürgermeisters die Gemeinden gegenüber den Kreisen nur noch ein Vorschlagsrecht besitzen. Ebenso werden die Personalakten der Bürgermeister und Stadträte nicht mehr in der Gemeinde, sondern bei den Kreisen geführt. Obwohl ich als Bürgermeister von einer bürgerlichen Partei nominiert war, unterstand mir damals noch die Abteilung Inneres. Seit 1950 ist dies nur noch Mitgliedern der kommunistischen Einheitspartei (SED) Vorbehalten und muß auf diese übertragen werden, sofern sie nicht selbst Gemeindeleiter sind. In den ersten Wochen meiner Amtstätigkeit waren meine Vorzimmer gefüllt mit Angehörigen 1945 Verhafteter. Wie bekannt, handelte es sich hier oftmals um kleine Lebensmittelkartenverteiler, Beamte und Besitzer von Eigenheimen. Durch mühsame Kleinarbeit war es mir möglich, alle Personalien der seit 1945 Verschwundenen festzustellen. Das Ansprechen aller deutschen und russischen Stellen, Regierung, Partei, Kommandantur durch Beigabe von Listen und persönliche Verhandlungen führte zu keinerlei Ergebnis. Bei dem Versuch, mir eine solche Aufstellung später nach Berlin zu bringen, um hier die Anmeldung für die aufgelegten Listen der Verschleppten vornehmen zu können, wurde der Überbringer im September 1950 vom SSD verhaftet. Bei der Korrigierung wilder Beschlagnahmen, die nach dem Mai 1945 vorgenommen waren es handelt sich hier vornehmlich um Wertstücke aus Privatbesitz: Bücher, Sammlungen, Bilder, Teppiche, Porzellan , fand ich keinerlei Unterstützungen von seiten der Polizei und meiner Verwaltung. Soweit die Beschlagnahme wertvoller Gegenstände rückgängig gemacht werden konnte, blieben die Besitzer nicht ohne Belästigungen, in zwei Fällen wurden sogar wegen angeblicher Verschleppung der Werte nach Westdeutschland Verhaftungen vorgenommen. Die Möglichkeit, kommunale Dinge durch Beschlüsse der Stadtverordneten und gestützt auf die Gemeindeordnung durchzuführen, verminderte sich in immer stärkerem Maße nach Bildung des „Demokratischen Blödes". Der Block nahm für sich in Anspruch als Stimme und Wille der Parteien die im Plenum zu behandelnden Beschlüsse vorzuberaten, ihre Annahme oder Ablehnung zu bestimmen. Da meine Stadt über eine bürgerliche Mehrheit verfügte, im Blöde aber durch Hinzuziehung der Organisationen, die ausschließlich durch Mitglieder der kommunistischen Einheitspartei, der SED, vertreten wurden, ein Übergewicht der Gegenseite entstand, war es der gewählten Mehrheit nicht mehr möglich, die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung in ihrem Sinne zu gestalten. Die Sitzungen der Abgeordneten wurden zu reinen Routine-Sitzungen, in denen sich die Anwesenden auf die Erklärungen, Kenntnisnahme und Billigung der Blockbeschlüsse, gegebenenfalls noch auf Annahme einer Resolution, beschränkten. Daneben liefen, gefördert durch den Oberbürgermeister Weidauer in Dresden und den Kommunalreferenten der SED Ebel, die Bemühungen bei der DWK auf den Erlaß der Kommunal-Wirtschafts-Verordnung (Komm.Wi.VO). Mit dieser sollte, wie es nach dem Erlaß später auch geschah, erreicht werden, daß alle Betriebe, die bebauten und unbebauten Grundstücke des Gemeindevermögens und sonstige werbende Einrichtungen, soweit sie nicht der inneren Verwaltung dienten, in eine Offene Handelsgesellschaft übergeführt werden. Meine Bemühungen als damaliger Vorsitzender des kommunalpolitischen Zonenausschusses meiner Partei, auf die Gestaltung der Verordnung einwirken zu können durch Umwandlung der Muß-Bestimmungen in Kann-Vorschriften, durch Begrenzung der auszugliedemden Objekte, durch Hinweis auf ihre Sonderheit (Friedhöfe, Schlachthöfe, Wasserwerke, Tiefbauanlagen u. a.), durch Verhandlungen bei dem parlamentarischen Ausschuß der DWK, wurden nach erreichtem Erfolg durch Erklärungen des damaligen Parteivertreters Ingo von Körber, später Finanzminister in Brandenburg, als politisch rückständig annulliert. Nach dem Erlaß wurde jede Gemeinde und jeder Kreis gezwungen, die Überführung der vor-bezeichneten Einrichtungen in das Kom-munal-Wirtschafts-Untemehmen vorzunehmen. Die Nichtdurchführung dieser Zwangsverordnung ist ein Teil der gegen mich erhobenen späteren Beschuldigungen. Seit 1947 machte sich immer stärker das Hineinregieren der Organisationen in die Verwaltung bemerkbar. Durch Bildung der Kontrollausschüsse aus Funktionären und Interessenten erfolgten laufend Verwaltungseingriffe, für die keinerlei Rechtsgrundlagen vorhanden waren. Beschlagnahmen, Schließungen und Enteignungen in kleinem Maßstabe wurden durchgeführt. Ihre Aufhebung bedurfte umständlicher, vorsichtiger Verhandlungen, die nicht immer zum Erfolge führten. Die Behandlung dieser Dinge war im lokalen Rahmen ein Vorläufer der Schauprozesse, da die Kontrollausschüsse und die Ausschüsse der Nationalen Front sich oft zur Stimme des Volkes erklärten, und in den Stadtverordnetensitzungen das Wort für sich verlangten, damit unter völliger Verstellung der Tatsachen ein aufpeitschender Bericht vor der bestellten Menge gegeben werden konnte, durch den alle Widerstände bei den Stadtverordneten für die nachfolgende Beschlußfassung unter Drohungen beseitigt wurden. In gleicher Weise griffen ohne Auftrag und Zuständigkeit die Vertreterinnen des DFD in das Leben und in die Verwaltung der Heime ein und ließen sich hierbei selten von sachlichen, meist von persönlichen Empfindungen für ihre Forderungen und eigenmächtigen Entscheidungen leiten. Durch die einseitige Besetzung des Kreises unter Führung des kriminellen Landrats Wehner fanden diese Kräfte immer wieder Unterstützung, so daß die Verwaltung der Stadt in den Jahren 1948/50 sich in einem ununterbrochenen Kleinkrieg erschöpfte. Natürlich kränkte die SED, daß in einer mit einer Großstadt verbundenen Stadt die HO noch nicht Platz gegriffen hatte. Diese versuchte mit allen Mitteln über die SED mit Hilfe der Kommandantur Läden, Kaufhäuser und Wohnungen für sich in Anspruch zu nehmen. Sie stützte sich hierbei als staatliche Einrichtung auf das damals noch in Kraft befindliche Reichsleistungsgesetz. Nur durch einen Protest bei der Regierung unter Hinweis darauf, daß im Rahmen des Reichsleistungsgesetzes nur Räume zur Unterbringung für dringende Wirtschaftseinrichtungen, nicht aber für Handelsunternehmungen beschlagnahmt werden dürften, war es mir möglich, die HO abzudrängen und ihr als Ausgleichsvorschlag eine Gastwirtschaft zuzuweisen, deren Weitervermietung wegen Gebäudeschwamms nicht möglich gewesen war. Unter Aufwendung von 60 000 Mark Baukosten beschied sie sich bis zu meiner Flucht damit, sich auf dieses Lokal zu beschränken. Da fünf bäuerliche Gemeinden 1935 der Stadtgemeinde eingemeindet waren, verlangte der Landrat hierfür die Bildung einer MAS. Die Abwehrung derselben und die Erhaltung des Pferdebestandes als Düngerquelle war nur mit Hilfe des damaligen Truppenkommandanten, Chef des in meiner Stadt liegenden Panzerregiments, möglich. Diesem, einem alten Kavalleristen, konnte ich durch seine Liebe zu Pferden dazu bewegen, die MAS abzuwehren und, wie schon vermerkt, den Pferdebestand zu erhalten. In Weiterentwicklung der KWVO (Kom-munal-Wirtschaftsverordnung) wurde die Verzonung aller Kraftbetriebe angeordnet. Am 2. 1. 1950 erschienen mit Vordrucken Unterhändler der Energieversorgungsbezirke, um mit allen Aktiven unter Abwehrung der Passiven die Städtischen Werke zu übernehmen. Sie erklärten den Obergabeakt als rein formale Angelegenheit und glaubten, sich 220;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 220 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 220) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 220 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 220)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet [SBZ, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 1-240).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan Staatssicherheit stellt in jedem Palle eine Situation dar, die den zur Orientierung und Entscheidung zwingt und es hat sich gezeigt, daß in der Regel die Gefahren für die Konspiration und die Sicherheit der - Derlängere Aufenthalt des Strafgefangenen in der muß legendiert werden. Ebenso!egendiert werden die Konsequenzen, die sich aus dem Transitabkommen mit der den Vereinbarungen mit dem Westberliner Senat ergebenden neuen Bedingungen und die daraus abzuleitenden politisch-operativen Aufgaben und Maßnahmen und - andere, aus der Entwicklung der politisch-operativen Lage an der Staatsgrenze der und den daraus resultierenden politisch-operativen Konsequenzen und Aufgaben. Es handelt sich dabei vor allem um neue Aspekte der politischoperativen Lage an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Bearbeitung; den Einsatz qualifizierter erfahrener operativer Mitarbeiter und IM; den Einsatz spezieller Kräfte und Mittel. Die Leiter der Diensteinheiten, die Zentrale Operative Vorgänge bearbeiten, haben in Zusammenarbeit mit den operativen Diensteinheiten lösen. Nur dadurch kann die in der Regel er forderliche Kombination offizie strafprozessualer Maßnahmen mit vorrangig inoffiziellen politisch-operativen Maßnahmen gewährleistet werden. Geht der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens in der Regel nicht vorausgesehen werden, ob und welche Bedeutung diese vom Beschuldigten als falsch bezeichneten Aussagen im weiteren Verlauf der Untersuchung erlangen. Es ist in Abhängigkeit von den objektiven Möglichkeitni cfr zu lösenden Beobachtungsauf gäbe -entweder noch währetid dfer Beobachtung oder sofort im Anschluß daran dokumentiert worden sind.

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